All is quiet on New Year's day
Neujahrsingen U2 und das empfindet auch Henning, der sich am ersten Morgen des neuen Jahres per Fahrrad auf die Socken gemacht hat, um einen Gipfel zu erklimmen. Das ist ihm möglich, weil er mit seiner Familie ...
singen U2 und das empfindet auch Henning, der sich am ersten Morgen des neuen Jahres per Fahrrad auf die Socken gemacht hat, um einen Gipfel zu erklimmen. Das ist ihm möglich, weil er mit seiner Familie - Frau Theresa und zwei kleinen Kindern - die Feiertage auf Lanzarote verbringt, verbringen darf, muss man ja eigentlich sagen. Denn so etwas ist definitiv ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann, auch wenn die Familie den Urlaub eher bescheiden angeht.
Aber warum geht es Henning schlecht? Eigentlich läuft doch alles gut, seine Frau und er leben gleichberechtigt zusammen und nicht nur nebeinander her, und beruflich läuft es auch nicht so schlecht. Aber woher kommen diese Angst- und Panikattacken, unter denen er gerade in den letzten Jahren, seit er selbst Vater ist, leidet. Irgendwie ist ihm alles zuviel - das kann doch eigentlich gar nicht, so alt und "verbraucht" ist er doch noch gar nicht?
Dieser Tag, dieser einsame Ausflug am Neujahrsmorgen wird eine Auflösung bringen, zumindest die Ursache für diese Beklemmung aufdecken. Sie hat mit seiner eigenen Kindheit zu tun und er wird an einen Ort zurückkehren, der bei ihm damals etwas ausgelöst hat.
Weit hergeholt? Ja und nein. Dass es Zufälle gibt, steht außer Frage und dass unser Unterbewusstsein uns an Orte zurückführt, an denen wir schon mal waren und Schlüsselerlebnisse hatten, ohne uns daran zu erinnern, sowieso.
Schlimmes verdrängen - ein wichtiges Thema. Die Umsetzung der Autorin dazu hat mich nicht so fasziniert wie "Unterleuten" oder "Leere Herzen", doch Juli Zeh ist schon aufgrund ihrer Eloquenz und ihrer Auseinandersetzung mit immer neuen Themen stets lesenswert. Auf gewisse Art wirkt sie als Wegweisende - mich zumindest hat sie schon des öfteren auf neue Gedanken und wichtige Aspekte aufmerksam machen können!
Ein eher kleiner Roman der so abwechslungsreichen Autorin, der mich sensibilisiert hat für den Blick in die eigene Vergangenheit. Und der zeigt, dass man selbst sich das größte Rätsel sein kann!