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Veröffentlicht am 17.04.2020

Pageturner

Herzenskälte
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"Herzenskälte" ist der zweite Band in der Thriller-Serie um Jennifer Leitner und Oliver Grohmann der Autorin Saskia Berwein. Insgesamt sind bisher fünf Bände und eine Novelle um die beiden Ermittler Leitner ...

"Herzenskälte" ist der zweite Band in der Thriller-Serie um Jennifer Leitner und Oliver Grohmann der Autorin Saskia Berwein. Insgesamt sind bisher fünf Bände und eine Novelle um die beiden Ermittler Leitner und Grohmann erschienen.
Saskia Berwein hat ursprünglich eine Ausbildung zur Justizfachangestellten absolviert. Das dabei erworbene Wissen kann sie hervorragend in ihre Bücher einfliessen lassen.
Obwohl es sich wie erwähnt um eine Serie handelt, lassen sich die einzelnen Bände auch unabhängig von einander und in beliebiger Reihenfolge lesen, da es sich um in sich abgeschlossene Bücher handelt. Notwendige Verweise zu vorhergehenden Teilen werden hinreichend getätigt. Da es sich nichtsdestotrotz um eine Reihe handelt, fehlt dem Leser eines einzelnen Bandes der rote Faden und die Charakterentwicklung.

In "Herzenskälte" haben es Kommissarin Leitner und Staatsanwalt Grohmann mit einem brutalen Killer zu tun. Allem Anschein nach hat er es auf das Herz der Opfer abgesehen, denn dieses fehlt jeweils. Als wäre der Fall nicht kompliziert genug, steht plötzlich Grohmanns sechzehnjährige Tochter Hannah vor seiner Haustüre und eröffnet ihm, dass sie bei ihm einziehen wird. Die Lage spitzt sich zu als Hannah in den Dunstkreis des Mörders gerät.

"Herzenskälte" ist ein echter Pageturner. Bereits auf der ersten Seite gelingt es der Autorin die Leserschaft zu fesseln und Spannung zu erzeugen. Dabei ist ihre Sprache klar und gut verständlich. Der Leser kann den Geschehnissen problemlos folgen und auch die Ermittlungsschritte sind nachvollziehbar. Die Handlung ist in sich stimmig, ergibt Sinn und ist nicht durchschaubar, sodass der Mörder lange Zeit unbekannt bleibt. Auch wird die Handlung schnell vorangetrieben, ohne dabei überhastet zu wirken.
Beschreibungen von Personen, Orten etc. wirken realistisch. Die Autorin fand ein gutes Mass an ausführlichen Darstellungen ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen und den Leser damit unter Umständen zu langweilen.
Das Buch ist in mehrere Kapitel unterteilt, welche meiner Meinung nach eine gute Länge haben.

Für mich ein spannender Thriller, welche ich gerne weiterempfehlen kann. "Herzenskälte" bietet einige Stunden Lesevergnügen und ist problemlos als Einzelband zu lesen.

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Veröffentlicht am 17.04.2020

gefühlvoll

Mohnschwestern
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Die Autorin von "Mohnschwestern", Ilona Einwohlt, ist in Literaturkreisen bereits bestens als Kinder- und Jugendbuchautorin bekannt. Mit "Mohnschwestern" feiert sie nun ein gelungenes Belletristikdebüt. ...

Die Autorin von "Mohnschwestern", Ilona Einwohlt, ist in Literaturkreisen bereits bestens als Kinder- und Jugendbuchautorin bekannt. Mit "Mohnschwestern" feiert sie nun ein gelungenes Belletristikdebüt.

"Mohnschwestern" erzählt auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen die Geschichten von Lotte und Hazel. Die junge, zwanzigjährige Lotte verliebt sich 1943 zum ersten Mal. Wilhelm, der junge Mann, welcher sich in ihren Kopf und in ihr Herz geschlichen hat, ist ihre wahre grosse Liebe. Doch die Umstände sind gelinde gesagt schwierig. Nicht nur das NS-Regime, auch Wilhelms eigene Pläne scheinen dem Liebesglück im Wege zu stehen.
Hazel Geschichte ist in der Gegenwart angesiedelt. Auch sie scheint in Liebesdingen nicht gesegnet zu sein und sucht noch immer den Richtigen.
Ein kleines Bild von Mohnblumen verbindet die beiden Frauen über Generationen hinweg.

Wie bereits erwähnt, spielt "Mohnschwestern" in zwei verschiedenen Zeiten. Die beiden Zeitstränge werden abwechselnd weitergeführt, wobei Lotte in den 1940er Jahren mehr Raum gewährt wird, während Hazel in der Gegenwart zu einer Nebengeschichte wird.
Die Autorin schaffte es, nicht nur die Zeit, sondern auch den Erzählstil anzupassen. Hazels Geschichte wirkt viel oberflächlicher und modernen. Lottes hingegen ist tiefgründiger und vom Erzählstil her auch anspruchsvoller, jedoch noch immer leicht und flüssig zu lesen.
Ähnlich verhält es sich auch bei den beiden Protagonistinnen. Sie werden unterschiedlich porträtiert. Lotte wirkt zugänglicher, der Leser kann sich leicht mit ihr identifizieren, sich in sie hineinversetzen, mit ihr mitfühlen. Hazel bleibt irgendwie unnahbar und distanziert, schwer zu greifen.

Die Geschichte um Lotte ist sehr spannend, mitreissend, aufwühlend. Sie geht einem nahe und lässt den Leser innehalten. Dieses dunkle Kapitel der Menschheitsgeschichte ist noch gar nicht so lange her und wir vergessen heute oft, in welch guten Zeiten wir leben dürfen.
Die Geschichte mit Hazel jedoch hat mir relativ kalt gelassen. Hier frage ich mich warum überhaupt doppelgleisig gefahren wurde. Wirklich viel erfahren wir nicht von Hazel und die Abschnitte mit ihr haben mich immer aus der Geschichte mit Lotte gerissen. Es war als ob man einen Spielfilm im TV schaut, der immer wieder durch (nervige) Werbung unterbrochen wird.
Aufgrund des Klappentextes "Im Jahr 2018 entdeckt Hazel bei der älteren Frau Mathilda ein Bild, das sie magisch fesselt. Welche Bedeutung haben die Blumen darauf, die sie so in ihren Bann ziehen, und wie kommt es, dass Mathilda so viel über Hazels Leben zu wissen scheint?" habe ich mir etwas anderes vorgestellt. Hazel trifft Mathilda erst im letzten Teil des Buches (Randnotiz 2019 und nicht 2018) und dass Mathilda viel über ihr Leben zu wissen scheint, ist mir ehrlich gesagt nicht aufgefallen. Sie reden ja kaum miteinander und treffen sich insgesamt zweimal bei Mathilda und einmal kurz auf der Strasse.
Zudem ist auch die Auflösung inwiefern Hazel, Mathilda und Lotte miteinander in Verbindung stehen, nicht spannend oder wichtig, sondern meines Erachtens eher irrelevant.
Meiner Meinung nach wäre es besser gewesen nur Lottes Geschichte zu erzählen. Die Side-Story um Hazel hat sich auf mein Lesevergnügen negativ ausgewirkt.



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Veröffentlicht am 20.03.2020

fulminant

Ich erwarte die Ankunft des Teufels
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"Ich erwarte die Ankunft des Teufels" (Originaltitel: The Story of Mary MacLane) ist das Erstlingswerk von Mary MacLane. Geschrieben wurden die Aufzeichnungen bereits 1902, doch erst jetzt wurde erstmals ...

"Ich erwarte die Ankunft des Teufels" (Originaltitel: The Story of Mary MacLane) ist das Erstlingswerk von Mary MacLane. Geschrieben wurden die Aufzeichnungen bereits 1902, doch erst jetzt wurde erstmals eine deutsche Übersetzung veröffentlicht.
Mary MacLane (geb. 1881) schreibt in diesem (Tage)-Buch über ihr Leben in Kanada, ihre Gedanken, Gefühle, Hoffnungen, Wünsche. Bereits kurz nach der Erstveröffentlichung ihres Werkes hat dieses für grosse Aufmerksamkeit und Aufregung gesorgt. Mary MacLane, auch bekannt als Wild Woman of Butte, war eine sehr bekannte Schriftstellerin und hat vor allem mit ihrem Erstlingswerk für Skandal gesorgt.

Wie bereits erwähnt, schrieb sie in "Ich erwarte die Ankunft des Teufels" eine Art Tagebuch. Sie nahm dabei kein Blatt vor den Mund und schrieb in einem sehr direkten, hitzigen und eigenen Stil. Sie vergleicht sich selbst mit Marie Bashskirtseff, einer anderen bekannten Memoirenautorin. Sie bezeichnet sich selbst als Genie und findet unter den Bewohnern von Butte mit ihrer "stumpfen Blödheit" keine Entsprechung.
Sie schreibt über das öde Leben in einer öden Gegend, die vielen Spaziergänge und ihr auf gewisse Weise sehr tristes und belangloses Leben. Sie schreibt wie es ist eine junge, willenstarke, intelligente Frau ihrer Zeit zu sein und welche Steine die Gesellschaft einer solchen Person in den Weg legt.

Mir gefiel die deutsche Übersetzung gut obwohl ich das englische Original nicht gelesen habe und daher keine Vergleiche ziehen kann. Das Cover finde ich sehr gut gewählt, insbesondere da Mary MacLane eine Fotografie von sich erwähnt, welche ihren Aufzeichnungen beiliegt.
Insbesondere das Nachwort der Übersetzerin Ann Cotten und der Essay von Juliane Liebert runden die Ausgabe ab. Diese beiden zusätzlichen Texte geben dem Leser mehr Kontext zur damaligen Zeit und liefern Erklärungen und Präzisierungen, welche sonst möglicherweise Leerstellen beim Leser hinterlassen hätten.

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Veröffentlicht am 04.07.2018

poetisch, fantasievoll, anregend

Das Haus der Geschichten
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Thomas Franke ist ausgebildeter Sozialpädagoge und nur nebenberuflich als Autor tätig. 2010 erschien sein erster Roman „Das Haus der Geschichten“. Seither folgten „Das Tagebuch“ (2013), „Der Spiegel des ...

Thomas Franke ist ausgebildeter Sozialpädagoge und nur nebenberuflich als Autor tätig. 2010 erschien sein erster Roman „Das Haus der Geschichten“. Seither folgten „Das Tagebuch“ (2013), „Der Spiegel des Schöpfers“ (2014) sowie „Der Geschichtensammler“ (2015).
Marvin Heider lebt in Berlin und träumt von einer Karriere als Autor. In seiner Altbauwohnung stapeln sich Bücher um Bücher und auch er selbst hat schon einiges zu Papier gebracht. Leider war bisher kein Verlag von seinen schriftstellerischen Fähigkeiten überzeugt, sodass Marvin sich mit immer wechselnden Jobs über Wasser hält. Ein Stellenangebot sollte sein Leben jedoch grundlegend verändern. Ein Buchhändler und Antiquar sucht einen Gehilfen. Für den Bücherliebhaber also ein idealer Job. Doch der rätselhafte alte Mann betreibt im Keller seines Buchladens eine narratorische Apotheke. Was es damit auf sich hat und wer die hübsche junge Frau ist, welche immer wieder in der Buchhandlung auftaucht, wird Marvin schon bald erfahren.


„Das Haus der Geschichten“ erzählt in einer Rahmenhandlung die Geschichte von Marvin Heider. In mehreren voneinander unabhängigen Kurzgeschichten werden immer wieder Fragen zum Glauben und dem Sinn des Lebens aufgeworfen. Die Geschichten sind dabei sehr unterschiedlich, fantasievoll, tragisch, unterhaltsam, zum Nachdenken anregend. Dabei steht, wie zu erwarten war, der christliche Glaube im Vordergrund. Das Buch ist aber weder moralisierend noch missionierend und auch nicht nur für Menschen gedacht, welche dem christlichen Glauben angehören. Vielmehr werden auch allgemeinere Fragen gestellt resp. solche, die nicht zwingend mit dem Christentum in Verbindung gebracht werden müssen. Eindrücklich schafft es der Autor, dass man als Leser immer wieder neu in eine Geschichte eintauchen kann und so zeitweise sogar die Haupthandlung vergisst. Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich und dennoch hat er etwas Poetisches. Franke erzählt sowohl die Kurzgeschichten wie auch die Rahmenhandlung auf eine unaufgeregte, langsame und bedächtige Art und Weise. Dennoch lässt einem das Buch nicht los und Seite um Seite will gelesen werden. Dieses Zitat aus dem Buch beschreibt sehr schön wie es zumindest mir beim Lesen ergangen ist: "Die Zeit verging so rasch, als hätte jemand ein Loch in die Uhr gebohrt, sodass die Minuten reihenweise herauspurzelten."

Veröffentlicht am 04.07.2018

spannend bis zum Schluss

Libori-Lüge
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Mit einer Kinderbuchreihe startete Ludgera Vogt ihre Autorenkarriere. „Libori-Lüge“ ist ihr erster Ausflug ins Krimi-Genre, welcher unbestritten geglückt ist.
Bela Assmann und sein Partner Dominik Gerke ...

Mit einer Kinderbuchreihe startete Ludgera Vogt ihre Autorenkarriere. „Libori-Lüge“ ist ihr erster Ausflug ins Krimi-Genre, welcher unbestritten geglückt ist.
Bela Assmann und sein Partner Dominik Gerke ermitteln im Fall der jungen Louisa, welche beim Sturz von einem Hochhaus ums Leben gekommen ist. War es Selbstmord oder vielleicht doch ein Mord? Doch wie sieht es mit einem Motiv aus? Louisa hat sich so auf die Rückkehr ihres Freundes aus den USA gefreut, warum sollte sie also kurz vor seiner Ankunft Selbstmord begehen? Irgendwie passt das Ganze nicht zusammen und es braucht einiges an Ermittlungsarbeit bis Assmann und Gerke auf die richtige Spur kommen.

„Trocken-launiges Ermittlerteam trifft auf grotesken Todesfall – eine perfekte Mischung aus Drama, Liebe und Humor“ (Klappentext). Dieser kurze Satz trifft es sehr genau. Bei „Libori-Lüge“ handelt es sich um eine wundervolle Mischung aus Drama, Liebe und Humor. Vogt versteht es verschiedene Alltagssituation mit einer gehörigen Portion Situationskomik auszustatten, sodass der Leser seine helle Freude daran hat.
Die Figuren, allen voran die beiden Ermittler Assmann und Gerke, sind liebevoll und realitätsnah porträtiert. Beide schliesst man sofort ins Herz. Dies liegt bestimmt auch daran, dass sie so bodenständig, imperfekt und herrlich menschlich sind. Das Buch liest sich flüssig, die Sprache ist gut verständlich und der Erzählstil passt gut zu dieser Art von humorvollem Krimi. Obwohl wie erwähnt Situationskomik und Humor massgebend zur Geltung kommen, bleibt aber auch die Spannung eines Krimis nicht auf der Strecke. Der Leser selbst tappt wie die Ermittler lange Zeit im Dunkeln. Die Geschichte ist alles andere als vorhersehbar und somit spannend bis zum Schluss. Immer wieder kommt man ins Grübeln und Rätsel, ohne einen schlüssigen Ablauf konstruieren zu können. Perfekt also für Leser, welche selber als Schnüffler agieren und mitraten wollen. Was die Spannung und Neugierde zusätzlich verstärkt, sind Auszüge aus einem Tagebuch, welche zwischen den Kapiteln eingefügt sind. Ist es das Tagebuch von Louisa? Oder vom Täter, wenn es den einen gibt? Gerade diese tiefen Einblicke in eine unbekannte Psyche lassen das Leserherz höher schlagen.

Meiner Meinung nach handelt es sich bei „Libori-Lüge“ um einen tollen Kriminalroman und ein gelungenes Krimi-Debüt von Ludgera Vogt. Die Auflösung des Falles bleibt bis zum Schluss verborgen. Zahlreiche Spekulationen seitens des Leser sind möglich, doch die Chance, dass man ins Schwarze trifft ist bei diesem Krimi eher gering.