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Veröffentlicht am 15.09.2016

Einblicke in die Arbeit einer Schöffin

Unschuldslamm
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Ruth Holländer steht kurz vor ihrem 50. Geburtstag, als sie zum 1.01. des kommenden Jahres als Schöffin ans Landgericht berufen wird. Ihr erster Fall führt sie am 09.01. in den Raum 500 der großen Strafkammer ...

Ruth Holländer steht kurz vor ihrem 50. Geburtstag, als sie zum 1.01. des kommenden Jahres als Schöffin ans Landgericht berufen wird. Ihr erster Fall führt sie am 09.01. in den Raum 500 der großen Strafkammer am Kriminal-gericht Berlin. Hier wird der Mord an einer jungen Kurdin verhandelt. Verdächtigt wird ihr Bruder. Geht es hier wirklich um einen Ehrenmord?

Judith Arendt nimmt mich mit in die äußerst spannende Welt der Gerichts-barkeit. Ich erfahre einiges über Schöffen und ihre Mitarbeit bei Gericht, eine Welt, die mir bisher ganz fremd war.

Ruth Holländer als Schöffin, alleinerziehend mit zwei Kindern und einem kleinen aber feinen französischen Bistro, macht auf mich den Eindruck einer starken, zupackenden Frau und ist mir sehr sympathisch. Im Laufe der Geschichte erfahre ich auch immer wieder Einzelheiten aus ihrem Privat-leben, dem Leben ihrer Eltern, Kinder und ihres Ex-Mannes. Den Kick für einen guten Tag holt sie sich allmorgendlich bei ihrem Besuch auf dem Großmarkt.

Aber auch das Leben des toten Mädchens und seiner Familie wird durch-leuchtet. Immer wieder schwenkt die Geschichte um auf die Zeit als die junge Kurdin noch lebt und vermittelt einen Eindruck über die seelischen Qualen, die Derya erleidet, als sie erfährt, dass sie, wie vor ihr schon ihre Eltern, verheiratet werden soll mit einem Mann, den sie zutiefst widerlich findet. Dabei liebt sie doch ihren Freund in Berlin.

Die dauernden Zeitenwechsel haben der Spannung, die sich von Anfang an aufbaut, keinen Abbruch getan. Im Gegenteil - je mehr ich aus der Vergan-genheit erfahre, umso spannender wird der Fall. Meine Verdächtigungen, die ich zwischendurch immer mal wieder hatte, wurden zerschlagen, bis zum Schluss doch der wahre Täter überführt werden kann.

Authentisch gezeichnete Personen mit ihren kleinen Eigenheiten, Fehlern und Schwächen, aber auch mit ihren Stärken und ihrem Mut geben der Geschichte ein Gesicht. Aber auch die Ortsbeschreibungen in Berlin konnte ich gut nachvollziehen. Mein Kopfkino hatte selten Gelegenheit, sich zu erholen.

Der erste Fall für Schöffin Ruth Holländer bleibt hoffentlich ihr letzter. Ich würde sehr gerne mehr über diese kluge und charismatische Frau lesen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Folgen der Vertreibung

Versunkene Gräber
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Joachim Vernau und sein Arbeitgeber, Sebastian Marquardt sitzen gemütlich beim Essen, als sich ihnen eine Kollegin aus Polen vorstellt, Zuzanna Makowska, die für ihren Klienten Jacek Zielinski, auch ein ...

Joachim Vernau und sein Arbeitgeber, Sebastian Marquardt sitzen gemütlich beim Essen, als sich ihnen eine Kollegin aus Polen vorstellt, Zuzanna Makowska, die für ihren Klienten Jacek Zielinski, auch ein Freund Vernaus, Marie-Luise Hoffmann sucht. Frau Hoffmann, die bis vor zwei Jahren mit Vernau zusammengearbeitet hat, soll zusammen mit Herrn Zielinski einen Deutschen auf einem aufgelassenen Friedhof in Polen ermordet haben. Herr Zielinski sitzt in Untersuchungshaft - Frau Hoffmann ist verschwunden. Zwischen Janekpolona in Polen und seiner Heimatstadt Berlin pendelnd, nimmt Vernau die Spur auf und stößt auf Familientragödien und viel Leid, Hass, Wut, Verzweiflung und den Willen in der neuen Heimat zu überleben...

Für mich ist es der erste Roman von Elisabeth Herrmann - aber es wird nach dieser Lektüre bestimmt nicht der letzte sein. Die Geschichte hat mich von Anfang an, beginnend mit dem Brief eines Soldaten an seine Frau, so gefesselt, dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe. Vielleicht auch deshalb, weil meine Eltern und Großeltern ähnliches durchgemacht und überstanden haben.

Es hat zwar einige Seiten gedauert, bis ich richtig in der Geschichte drin war. Vielleicht auch deshalb, weil ich die handelnden Personen nicht schon aus vorher gehenden Büchern kenne. Ich bin aber schnell eingestiegen und mein Kopfkino hatte sehr viel zutun. Joachim Vernau und vor allem Zuzanna Makowki, alleinerziehende Mutter, die für ihre kleine Tochter nicht allzuviel Zeit hat, waren mir von Anfang an sympathisch, aber auch meine Antipathien habe ich schnell vergeben können. Die Figuren finde ich sehr gut ausgearbeitet und beschrieben; ich kann sie mir durchgehend alle sehr gut vorstellen. Auch die schlesische Landschaft in Polen habe ich deutlich vor Augen und höre die Odra in ihrem Bett rauschen. Das dieses Gebiet einmal ein hervorragendes Weinanbaugebiet war, wusste ich bisher auch nicht.

Die Thematik, der sich Frau Herrmann hier angenommen hat, ist bestimmt nicht einfach: Vertreibung, Fluch und die neue Einteilung von Polen und Deutschland. Ich stelle es mir auch nicht einfach vor, mich nach all den tief gehenden Recherchen nicht auf die ein oder andere Seite schlagen zu wollen. Der Autorin ist es gelungen, diesen Spagat richtig gut zu schaffen und umzusetzen in eine Geschichte, die so glaubwürdig rüberkommt, dass ich an manchen Stellen beim Lesen eine Gänsehaut bekommen habe.

Was mich ein bisschen amüsiert hat: dass bei der vielfältigen Recherche von anwaltlicher Seite aus auch Vernaus Mutter mit ihrer Freundin an den "Ermittlungen" teilnehmen mussten. So habe ich auch das ein oder andere aus einer Seniorenresidenz erfahren.

Betroffen haben mich auch die Briefe, die von Anfang an in der Geschichte eine große Rolle spielen. Aber da ich den Geschichten meiner Großeltern glauben schenke, war es damals wirklich so, wie es hier beschrieben wird.

Mit einem Spannungsbogen, der von Beginn an stetig steigt und entsprechend hoch gehalten wird, immer neuen Wendungen und Erkenntnissen, mit sehr vielfältigen Charaktären und einer Geschichte, die mir ans Herz gegangen ist, hatte ich während des Lesens immer das Gefühl von sehr guter Unterhaltung.

FAZIT:
Ich habe ein Buch mit Auszügen aus der deutsch-polnischen Geschichte gelesen, dass mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Absolut lesens- und empfehlenswert!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Spannung bis zur letzten Seite

Argwohn
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Bei einem Anschlag auf die Europapolizei BCSD in Amsterdam kommen wie Kollegen von Solveigh Lang und ihrem Partner Eddy Rames ums Leben. In ihrer Organisation muss es einen "Maulwurf" geben. Solveigh macht ...

Bei einem Anschlag auf die Europapolizei BCSD in Amsterdam kommen wie Kollegen von Solveigh Lang und ihrem Partner Eddy Rames ums Leben. In ihrer Organisation muss es einen "Maulwurf" geben. Solveigh macht es sich zur Aufgabe, den Drahtzieher dieses Massakers zu stellen. Die Spuren führen über ein italienisches Restaurant in Amsterdam zur `Ndrangheta nach Kalabrien...

In Moldawien wachsen die beiden 15-jährigen Schülerinnen Lila Olaru und Ioana Grigorasch bei ihren Großeltern in einem kleinen Dorf auf. Die Beiden träumen von einer Karriere als Modell, der sich zu erfüllen scheint, als Ioanas Cousin Radu den Mädchen einen Modellvertrag verspricht. Ihr Traum scheint sich zu erfüllen und die Mädchen machen sich auf Richtung Westen...

Kriminalhauptkommissar Paul Reger ist gerade mit der Einführung des Erkennungsdienstes Digital beschäftigt, als er einen sauber abgetrennten konservierten Arm in einer Mülltüte auf den Schreibtisch bekommt. Als er herausfindet, dass europaweit seit einigen Jahren immer mal wieder konservierte Gliedmaßen auftauchen, glaubt er an einen Serienmörder...


Für mich ist es der erste Roman um die Agentin Solveigh "Slang" Lang, den ich gelesen habe. Anfangs kam es mir an manchen Stellen so vor, als würden mir Infos fehlen - das hat sich aber beim Weiterlesen schnell gelegt. Die Spannung baut sich von Anfang an langsam auf um dann auf einem hohen Level zu bleiben bis zum rasanten Schluss. Die Personen haben alle ihren eigenen ganz speziellen sehr ausgefeilten Charakter. Allein durch die Namen sind einzelne einfach Unverwechselbar. Bei aller Spannung bleibt sogar das ein oder andere Mal Zeit zum Schmunzeln.

Der Schreibstil ist leicht zu lesen, zu verstehen und sehr rasant. Ich lasse mich auf die temporeichen Geschehnisse ein und will einfach immer weiter lesen um endlich zu wissen, wie die drei Handlungsstränge sich langsam annähern und ineinander fügen - bis zum absoluten Höhepunkt.

Ich habe einen Thriller gelesen, der ohne allzu viel Blutvergießen auskommt. Ich bekomme einiges aus dem entbehrungsreichen Alltag auf dem Land in Moldawien mit - was mich schon sehr bewegt hat. Vorgehensweisen aus dem Kreise der Mafia sind mir nun auch nicht mehr ganz fremd. Und ich habe mich nach Amsterdam, Dortmund und Barcelona entführen lassen.

Ich habe diese spannende, temporeiche, rasante Reise mit den verschie-denen Protagonisten quer durch Europa sehr genossen und kann das Buch nur weiter empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eindrucksvoll und berührend

Gesammelte Erzählungen
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In 10 Erzählungen entführt mich Selma Lagerlöf in eine oftmals wundersame Welt der Trolle und des Überirdischen. Hier geht es um die Beziehung zwischen den Menschen, ums Loslassen, um die Liebe einer Mutter ...

In 10 Erzählungen entführt mich Selma Lagerlöf in eine oftmals wundersame Welt der Trolle und des Überirdischen. Hier geht es um die Beziehung zwischen den Menschen, ums Loslassen, um die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, um die Herzenswärme einer Ausgestoßenen, um Mythen, Sagen und Legenden. Und dank der ausdrucksvollen Schreibweise fühle ich mich ganz nah daneben stehend.

Mit ihren sehr liebevoll ausgemalten Beschreibungen von den Menschen und der Natur hat sie mich mitten rein gezogen in ihre Geschichten. In ihren Erzählungen spielt auch immer das Göttliche eine sehr große Rolle.

Man muss sich auf diese ganz besondere Art des Erzählens und der Geschichten einlassen. Ich denke, dass es ein sehr persönliches Buch ist und jeder für sich die Geschichten interpretieren sollte.

Für mich ist es kein Buch, das man mal schnell zwischendurch lesen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Erlebnisse eines Tierarztes

Ein Doc für alle Felle
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Auf dem Flug von Frankfurt nach Windhoek beginnen die Erzählungen aus seiner Kindheit. Ob er von der Eule August, den Eichelhäher Hänschen oder der Elster Jakob erzählt - immer habe ich den Eindruck von ...

Auf dem Flug von Frankfurt nach Windhoek beginnen die Erzählungen aus seiner Kindheit. Ob er von der Eule August, den Eichelhäher Hänschen oder der Elster Jakob erzählt - immer habe ich den Eindruck von einer heilen Kinderwelt, die durch seinen Vater sehr viel mit Tieren zutun hat. Von ihm scheint er aus dieser Zeit auch seine Leidenschaft für´s Fotografieren geerbt zu haben. Zwar galt sein Berufswunsch zuerst der Humanmedizin; dann jedoch entschloss er sich zum Studium der Tiermedizin in München. Hier habe ich ihn in Gedanken begleiten können, da er in Schwabing gewohnt hat, wo ich mich sehr gut auskenne. Ich erfahre einiges aus den ersten Jahren als junger Tierarzt, aus der Zeit als er als Flugbegleiter Pferde in aller Herren Länder begleitet hat und bin dabei, wenn er seinen weiteren Lebensweg beschreibt, von dem ich hier nicht allzuviel verraten möchte. Ich persönlich finde es sehr interessant und informativ, wenn er verschiedene Heilmet-hoden an Tieren beschreibt - auch wenn ich nicht immer neben ihm stehen wollte (wie z.B. beim Besamen einer Kuh). In seinen Schilderungen merke ich, wie viel ihm an diesen Wesen, ob Hunde, Katzen, oder Pferde, liegt. Interessant finde ich auch die Beschreibungen der Fernsehdrehs in Namibia und in Australien. Immer wieder werden die einzelnen Kapitel, die sich in ihrer Kürze sehr gut, flüssig und leicht lesen lassen, durch Fotografien aus dem privaten Fotoalbum ausgeschmückt.

Besonders hat mich, als großer Jon Bon Jovi-Fan, eine kleine Szene amüsiert, in der ein Hund eine Musikkassette verspeist hatte, auf die die Musik von meinem Lieblingssänger gebannt war und dem er dann etwas später bei einer zufälligen Begegnung davon erzählt hat.

Durch dieses Buch mit seinen authentischen Geschichten ist mir Dr. Wolf noch sympathischer geworden und ich würde mich freuen, noch mehr aus seinem vielfältigen Alltag lesen zu können..