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Veröffentlicht am 13.09.2018

Hörgenuss für drei Generationen

Das rote Adressbuch
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Sofia Lundgren ist ein hervorragendes Debüt gelungen, mit dem sie nicht nur ihrer Tante Doris ein außergewöhnliches Denkmal setzt, sondern der älteren Generationen von Frauen im Allgemeinen.

"Doris wächst ...

Sofia Lundgren ist ein hervorragendes Debüt gelungen, mit dem sie nicht nur ihrer Tante Doris ein außergewöhnliches Denkmal setzt, sondern der älteren Generationen von Frauen im Allgemeinen.

"Doris wächst in einfachen Verhältnissen im Stockholm der Zwanzigerjahre auf. Als sie zehn Jahre alt wird, macht ihr Vater ihr ein besonderes Geschenk: ein rotes Adressbuch, in dem sie all die Menschen verewigen soll, die ihr etwas bedeuten. Jahrzehnte später hütet Doris das kleine Buch noch immer wie einen Schatz. Und eines Tages beschließt sie, anhand der Einträge ihre Geschichte niederzuschreiben. So reist sie zurück in ihr bewegtes Leben, quer über Ozeane und Kontinente, vom mondänen Paris der Dreißigerjahre nach New York und England – zurück nach Schweden und zu dem Mann, den sie einst verlor, aber nie vergessen konnte."

Ist es nicht ein raffinierter Zug der Autorin, eine Geschichte anhand von Adresseinträgen zu erzählen? Auch wenn dadurch immer wieder zwischen verschiedenen Ebenen der Vergangenheit sowie der Gegenwart hin- und hergesprungen wird, vervollständigt sich Doris Biografie nach und nach zu einem erstaunlichen Gesamtbild. Was für eine Frau! Doris hatte ein schweres Leben, wusste sich aber immer zu helfen und hat sich nie unterkriegen lassen. Sie hat mehr ertragen als manch andere ertragen hätte können und kann auf ein erlebnisreiches Leben zurückblicken. Mich erinnert sie an meine Großmutter väterlicherseits, die ebenfalls vor dem 1. Weltkrieg geboren wurde, viel persönliches Leid erfahren hat und trotzdem eine so starke und liebenswerte Person war, die ich immer bewunderte.

Veröffentlicht am 29.08.2018

Der Fall Dora

Ida
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Der Klapentext fasst wie folgt zusammen:
"Freuds unerhörte Patientin
Sie ist eine der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts: Dora, das jüdische Mädchen mit der »petite hystérie«, die es wagte, ...

Der Klapentext fasst wie folgt zusammen:
"Freuds unerhörte Patientin
Sie ist eine der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts: Dora, das jüdische Mädchen mit der »petite hystérie«, die es wagte, ihre Kur bei Sigmund Freud vorzeitig zu beenden. Für Katharina Adler war die widerständige Patientin lange nicht mehr als eine Familienanekdote: ihre Urgroßmutter Ida, die als der »Fall Dora« von der Nachwelt mal zum Opfer, mal zur Heldin stilisiert wurde. »Nach und nach wuchs in mir der Wunsch, dieses Bild von ihr zu ergänzen, ihm aber auch etwas entgegenzusetzen. Ich wollte eine Frau zeigen, die man nicht als lebenslängliche Hysterikerin abtun oder pauschal als Heldin instrumentalisieren kann. Eine Frau mit vielen Stärken und auch einigen Schwächen, die trotz aller Widrigkeiten bis zuletzt um ein selbstbestimmtes Leben ringt.« Von ihr, von Ida, handelt dieser mitreißende Roman: die Geschichte einer Frau zwischen Welt- und Nervenkriegen, Exil und Erinnerung."

Dieser Text führt etwas in die Irre, denn Katharina Adler erzählt zwar von Freuds gescheiterten Therapie an ihrer Urgroßmutter, aber auch viel mehr - über ihre Kindheit, ihre Ehe, die Flucht über Paris und Casablanca in die USA. Das alles hörte ich viel lieber als die beschriebenen Besuche beim großen Herr Freud, der ihr nichts als abwegige Fragen stellte und Idas Verhalten sexualisierte.
Am Ende des Hörbuchs, und somit auch am Ende von Idas Leben, habe ich mich gefragt, ob sie jemals in ihrem Leben glücklich war. Ich glaube, es gab davon nur wenige kurze Phasen in ihrem Leben - die erste Verliebtheit in ihrem Mann Ernst, die sog. Salons, die sie in ihrer Wiener Wohnung veranstaltete, die Geburt ihres Sohnes Knuth und die Zeit mit ihrem Schnauzer Tristan. Davon abgesehen, ist ihr Leben geprägt von Kämpfen und Krankheiten. Genauso wenig wie mit ihr gut umgegangen wurde, verstand sie es, mit ihren Mitmenschen, Sohn und Ehemann eingeschlossen, gut umzugehen. Dennoch ist ihr Leben außergewöhnlich und ihre Lebensgeschichte sehr hörenswert.

Veröffentlicht am 18.08.2018

bunt + lecker

Tel Aviv by Neni. Food. People. Stories.
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Ich habe nichts anderes erwartet: Was Haya Molcho anpackt, macht sie mit vollem Engagement, viel Herzblut und Ehrgeiz. So sind nicht nur ihre Restaurants, die sie zusammen mit ihren Söhnen führt, ein Renner, ...

Ich habe nichts anderes erwartet: Was Haya Molcho anpackt, macht sie mit vollem Engagement, viel Herzblut und Ehrgeiz. So sind nicht nur ihre Restaurants, die sie zusammen mit ihren Söhnen führt, ein Renner, sondern auch das gleichnamige Kochbuch, das eigentlich viel mehr als ein Kochbuch ist. Neben allerhand Rezepte mit Fisch, Fleisch oder Getreide erfährt man auch, wie bereits der Untertitel "Food, People, Stories" verrät, von ganz besonderen Menschen in Tel Aviv wie z.B. dem traditionsbewusste Elran Schrefler, dessen Wurzel im türkischen Kurdistan liegen. Oder von zweier Männer, die unterschiedlicher nicht sein können, aber gemeinsam fischen - Saado Zeinab und Hili Sassower. Es sind u.a. diese Geschichte, die das Buch besonders machen, die nicht nur Lust machen, die Rezepte nachzukochen, sondern vielleicht sogar selbst einmal nach Tel Aviv zu reisen und die Stadt in sich aufzusaugen. Und da sind natürlich Hayas Rezepte, ehrlich und authentisch. Schon beim Lesen läuft mir das Wasser im Mund zusammen, genauso multikulti wie die Stadt und ihre Bewohner. Sie haben jemenitischen, rumänischen, italienischen, arabischen, jüdischen Einfluss, und dabei habe ich bestimmt noch nicht alle aufgezählt. Hilfreich ist ein kurzer Glossar am Ende des Buches, in dem einige exotische Lebensmittel erklärt werden, wobei es nicht immer leicht sein wird, alle Zutaten in Europa bzw. in Deutschland zu beschaffen; wie z.B. "Frikeh", unreif geerntete, dann geröstete Weizenkörner, die ich so gerne probieren möchte und den rauchigen Geschmack bereits erahnen kann. Die Gerichte sind i.d.R. gut erklärt, manche sind jedoch komplizierter und ich befürchte, dass ich sie einige Male ausprobieren musss bis sie mir gelingen. Wie die vegetarische Sarma, Kohlröllchen, bei denen ich einfach nicht verstehe, wie sie gerollt werden.

Leider hat mein Buch einen Wasserschaden, so dass der Einband der mitgenommen und zerknittert ist sowie an den Ecken stark abgestoßen. Das ist bei so einem schönen Buch sehr schade.

Ich hatte bereits das Vergnügen, im Neni auf dem Wiener Naschmarkt zu essen und kann euch sagen, es war ein Genuss. Ich kann es kaum abwarten, die Gerichte in meiner Küche nachzukochen. Ein durch und durch gelungenes Buch!

Veröffentlicht am 17.07.2018

Lady Lieberty und andere starke Frauen

Lady Liberty
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"Paris, 1885: Ihre Schwestern mögen in ihren Ehen aufgehen - Camille St. Laurent hat einen anderen Traum. Sie will sich als Journalistin beweisen. Ihre Chance bekommt sie, als der Figaro sie ins ferne ...

"Paris, 1885: Ihre Schwestern mögen in ihren Ehen aufgehen - Camille St. Laurent hat einen anderen Traum. Sie will sich als Journalistin beweisen. Ihre Chance bekommt sie, als der Figaro sie ins ferne New York entsendet. Sie soll über den Aufbau der Freiheitsstatue berichten, dem Geschenk der Franzosen an die Amerikaner. Dass der amerikanische Zeitungsverleger Joseph Pulitzer ihr einen Kollegen zur Seite stellt, irritiert Camille zunächst. Aber allmählich erobert Patrick O'Sullivan mit seinem irischen Charme ihr Herz. Als zwei Morde die Stadt erschüttern und die Spur des Mörders zum Bau der Freiheitsstatue führt, berichten Camille und Patrick als Verbündete gemeinsam darüber. Doch dabei gerät die schöne Französin selbst in Lebensgefahr..."

Annabelle Tilly vereint in diesem Buch div. Genres. Ihr ist nicht nur ein historischer Roman, sondern auch ein Krimi und eine Liebesgeschichte gelungen. Das macht den Roman rund und dem Leser Freude. Die Fakten über die Freiheitsstatue sind sauber recherchiert und intelligent in den Roman eingebettet. Diese außergewöhnlichen Fakten finde ich besonders spannend und wissenswert. Wieder was gelernt!

Veröffentlicht am 04.07.2018

Marseille - individuell reisen

Marseille MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag
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Auch mit dieser Ausgabe ist Ralf Nestmeyer wieder ein sehr guter Reiseführer, in diesem Fall über Marseille, gelungen, erschienen im Michael Müller Verllag. Auf knapp 200 Seiten bekommt der Leser geballte ...

Auch mit dieser Ausgabe ist Ralf Nestmeyer wieder ein sehr guter Reiseführer, in diesem Fall über Marseille, gelungen, erschienen im Michael Müller Verllag. Auf knapp 200 Seiten bekommt der Leser geballte Informationen zur der französischen Stadt am Mittelmeer, dafür nimmt man auch gerne ein kleineres Schriftbild in Kauf. Ralf Nestmeyer kennt die Region wie seine Westentasche und hakt nicht nur die üblichen Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten ab, er gibt zusätzlich eigene Tipps weg von den ausgetretenen Touristenpfaden. Er erschließt die Stadt und deren Umgebung anhand sechs verschiedener Touren, die ganz detailliert inklusiver Fotos und Kartenausschnitten beschrieben werden. Auf den letzten ca. 80 Seiten erhält der Leser unter der Rubrik "Nachlesen & Nachschlagen" die Reiseführer typischen Inhalte wie Stadtgeschichte, Essen und Trinken, Kultur, Anreise, einen kleinen Französisch-Wortschatz usw.

Ich lese Nestmeyers Reiseführer ganz besonders gerne, weil sie sich von den sonst eher trockenen und rein informativen Büchern dieser Art dadurch unterscheiden, dass er immer wieder kurze außergewöhnliche Informationen oder Anekdoten über die Stadt einstreut. Er nennt diese Anschnitte "Marseille im Kasten" und der Leser erfährt z.B. unter "Marseille - Stadt der Laster und des Verbrechens" etwas über die Unterwelt in Marseille der letzten 300 Jahre oder unter "Staatliche Willkür" u.a. etwas über die Gefängnisinsel Ile d'If. Ein Metro- und Straßenbahnplan sowie ein Stadtplan zum Herausnehmen sind selbstverständlich ebenfalls vorhanden.

Für mich sind die Reiseführer des Michael Müller Verlags, insbesondere die von Ralf Nestmeyer über Frankreich, die erste Wahl für jeden Frankreich Urlaub, egal ob ich nur übers Wochenende nach Straßburg fahre oder für zwei Wochen an die Cote d'Azur oder in die Bretagne.