Es gibt Momente, in denen ich mir wünsche, meine Buchhelden näher kennenlernen zu können. Während man den Roman in der Hand hält und Seite um Seite mit den Charakteren lacht und weint, baut man ein so inniges Verhältnis zu ihnen auf, dass der Abschied im letzten Kapitel oft schwer fällt. Doch wie wäre es, wenn deine Lieblingsgeschichte niemals enden würde? Wenn das Abenteuer direkt vor deinen Augen eine Wendung nimmt und du plötzlich im Mittelpunkt stehst? Genau so erging es Meggie.
Die Zwölfjährige lebt mit ihrem Vater Mo allein und teilt sich mit ihm die Liebe zum geschriebenen Wort. Beide sind ganz gewöhnliche Menschen, die ein ganz gewöhnliches Leben führen – zumindest hatte Meggie das gedacht, bis eines Nachts ein Fremder vor ihrem Haus auftaucht. Er entpuppt sich als ein alter Bekannter ihres Vaters, nennt sich Staubfinger und ihm brennt nur ein Wunsch auf der Seele: er braucht ein Buch. Ein Buch, das nur Mo besitzt und noch viel schrecklichere Menschen in ihrem Besitz wissen möchten. Menschen, die über Leichen gehen, um das zu bekommen, was sie wollen und ihr Anführer heißt Capricorn. Als Mo diese Gefahr erkennt, reist er mit seiner Tochter überstürzt zu ihrer Großtante Elinor.
Das Böse lässt allerdings nicht lang auf sich warten, denn Staubfinger hat Capricorn verraten, wo sich Mo und mit ihm das geheimnisvolle Buch Tintenherz verstecken. Capricorns Männer entführen den Buchbinder, seine Tochter und ihre Großtante und sperren sie in einem weit abgelegenen Dorf in einen Stall. Nach und nach kommen immer mehr Geheimnisse ans Licht und Meggie kann kaum glauben, was sie erfährt: vor etwa neun Jahren las ihr Vater aus Tintenherz vor, als plötzlich drei Charaktere aus dem Buch in ihrem Wohnzimmer standen. Drei Menschen sind in ihre Welt gekommen, drei Lebewesen mussten dafür gehen. Seit neun Jahren versuchen diese Charaktere, den geheimnisvollen Roman, welcher nur in begrenzter Auflage erschien, zu finden und ihn für ihre eigenen Zwecke zu verwenden: Staubfinger sehnt sich nach seiner Heimat und sucht nach einem Weg, um wieder in die Welt von Tintenherz einzutauchen. Capricorn möchte mithilfe des Buches die ihm fremde Welt besitzen, doch Mo kann trotz der Drohungen keinem von ihnen helfen. Er braucht Tintenherz mehr als alles andere, denn in jener Nacht vor neun Jahren, wurde seine Frau, Meggies Mutter, in das Buch gesogen, als Ersatz für einen der Charaktere, die herausgelesen wurden…
Bevor ich mit der Tintenwelt-Reihe begann, habe ich den Film zum ersten Band gesehen und war begeistert. Schnell war danach für mich klar, dass ich die Bücher lesen muss, denn ich wollte unbedingt wissen, wie es mit Meggie, Mo und Staubfinger weiter geht.
Da ich zuerst nur den Film kannte, überforderten mich anfangs einige Stellen im Buch, denn die Handlung dehnte sich hier natürlich aus und es kam die ein oder andere Nebenhandlung hinzu, die es im Film nicht gab. Es ist kurzzeitig vorgekommen, dass ich mit der Geschwindigkeit, in der eine Szene auf die nächste folgt, nicht ganz mithalten konnte und ich noch einmal genau überlegen musste, wer denn gerade vor wem davonläuft und wieso. Dies ist allerdings Kritik auf hohem Niveau. Insgesamt hat mir das Buch ausgesprochen gut gefallen. Der Leser lernt eine unglaublich große Bandbreite an Charakteren kennen, was dazu führt, dass der Spannungsbogen nicht abfällt. In Tintenherz trifft man auf Abenteuer, Humor und Fantasy und ich war erstaunt wie flüssig diese Elemente ineinander übergehen. Cornelia Funke hat mit dieser Geschichte ein interessantes und aufregendes Jugendbuch geschaffen, an das ich mich noch lange zurückerinnern werde.