Haruki Murakami schreibt in seinem jüngsten Buch “Die Ermordung des Commendatore I – Eine Idee erscheint” über einen Künstler, der nach der Trennung von seiner Frau nicht mehr malen möchte. Bis ein reicher Mann ihn bittet, ein Gemälde von ihm anzufertigen. Das Buch ist ein Zweiteiler, der nächste Teil “Eine Metapher wandelt sich” wird Mitte April erscheinen.
Wer Murakami kennt und schätzt, der weiß, dass seine Protagonisten nicht immer Namen haben. So auch in diesem Buch. Der 36-jährige Künstler reist nach der überraschenden Trennung von seiner Frau ziellos durch Japan. Er möchte auch nicht mehr als Porträtmaler wirken und möchte sich nun nach diesem einschneidenden Life Event der Trennung auch beruflich neu orientieren.
“Und wo soll ich jetzt hin?, fragte ich mein Spiegelbild. Oder besser: Wie weit ist es mit mir gekommen? Wo bin ich? Und noch dringlicher: Wer bin ich überhaupt?” (Gelesen auf Seite 36)
So lässt er sich schließlich in einem leerstehenden Haus eines Bekannten seines Vaters – dem demenzkranken Amada – in den Bergen von Odawara nieder und entdeckt dort auf dem Dachboden ein verpacktes Bild, das den Titel “Die Ermordung des Commendatore” trägt. Das Bild ist ein unbekanntes Werk von Tomohiko Amada, der vormals in diesem Haus gewohnt hat und ein Freund des Vaters unseres namenlosen Ex-Künstlers ist.
Das Gemälde hat eine magische Wirkung auf unseren Protagonisten und er kann es nicht mehr aus der Hand legen, so fasziniert ist er davon. Und mit diesem Bild schlägt auch sein Leben eine neue Richtung ein: Plötzlich meldet sich seine Agentur und berichtet von einem Mann, der sich von ihm gerne porträtieren lassen möchte und dafür eine sehr hohe Summe zahlen möchte. Zwischen dem sehr reichen Herrn Menshiki und unserem namenlosen Maler entwickelt sich eine faszinierende Freundschaft. Und so bittet Menshiki seinen neuen Freund, ihm zu helfen, dessen 13-jährige Tochter kennenzulernen.
Wer Haruki Murakami kennt, der weiß, dass sich alle Geschichten irgendwie ähneln und doch entwickelt jede auf ihre ureigene Weise ihre individuelle Sogwirkung auf uns Leser. Murakami schreibt gewohnt lässig und einnehmend, geradezu magisch und ganz einfach, er erschafft eine so mystische Atmosphäre und das mit ganz einfachen Stilelementen. Genau das ist die hohe Kunst des Schreibens: Mit einfachen Mitteln eine so großartige, sogartige Atmosphäre entstehen zu lassen, dass der Leser das Buch auf keinen Fall aus der Hand legen möchte.
Und wie immer bei Haruki Murakami weiß man nicht, ob das, was man gerade liest, Traum oder Wirklichkeit ist:
„Es gelang mir einfach nicht, Wirkliches und Unwirkliches zu vereinbaren.“ (Aussage des Künstlers auf Seite 332)
Weitere faszinierende Sätze, die ich mir markiert habe:
“Das Bewusstsein, gemalt zu werden, gibt einem das Gefühl, nach und nach innerlich ausradiert zu werden.” (Seite 192)
“Vermutlich hatte eine Idee keine Wärme und kein Gewicht.” (Seite 336)
Die Geschichte ist sehr spannend und ich konnte nicht aufhören zu lesen. Und ja, es gibt am Ende auch einen echt fiesen Cliffhanger, der einem die Zeit bis zum 16. April 2018 als sehr qualvoll erscheinen lässt.
Fazit: Murakami ist ein Meister des Phantastischen, der Magie der Wörter. Er schafft es jedes Mal, mich zu begeistern und in seinen Bücher so lange “gefangen” zu halten, bis ich diese zu Ende gelesen habe … Und zurück lässt er mich meistens nachdenklich, lächelnd und absolut begeistert. Wieder ein Meisterwerk eines magischen Wort-Akrobaten. Magisches Slow-Reading vom Feinsten … Man braucht nicht viel, um Leser zu begeistern und Murakami wird einfach immer besser … Unbedingt lesen!