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Veröffentlicht am 19.08.2018

Ein gut durchdachter, raffiniert konstruierter Regionalkrimi

Die Eule
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Ein Lkw-Fahrer rast in eine Pilgergruppe. Was nach einem tödlichen Unfall aussieht, entwickelt sich zu einem aufsehenerregenden Mordfall – und was wie die Folgen eines Machtkampfs innerhalb einer Sekte ...

Ein Lkw-Fahrer rast in eine Pilgergruppe. Was nach einem tödlichen Unfall aussieht, entwickelt sich zu einem aufsehenerregenden Mordfall – und was wie die Folgen eines Machtkampfs innerhalb einer Sekte wirkt, hat seinen Ursprung 30 Jahre zuvor in deutsch-deutscher Geschichte und führt Kommissarin Karin Krafft, unterstützt von der klugen »Eule«, aus dem tiefen Westen geradewegs ins thüringische Erfurt. Dort verriet einst die Tochter ihren größten Feind an die Stasi – es war ihr eigener Vater. (Klappentext)




Was zunächst als gewalttätiger Anschlag auf eine friedlich wirkende Pilgergruppe beginnt, erweist sich bei näherer Untersuchung als viel tiefer gehend. Die Pilger gehören zu einer Sekte, die unter strengem Regiment geführt wird. Doch wo liegen die Verbindungen zu der Gruppe? War das ein Racheakt oder spielen hier andere Motive eine Rolle?

Karin Krafft versucht mit ihrer Truppe, Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei ist ihre Mannschaft gerade personell nicht unbedingt gut aufgestellt. Sie musste einen langjährigen Mitarbeiter aus Altergründen verabschieden und der neue Kollege scheint nicht viel auf bestimmte Regeln Wert zu legen.

Dieser Krimi ist ziemlich diffizil, komplex und sehr durchdacht, denn die Hintergründe führen tief in die deutsch- deutsche Vergangenheit und bringen entsetzliche Einblicke in die skrupellosen Machenschaften der Mitarbeiter der Stasi und des Staatsapparates der DDR. Aber auch die Menschen hinter den verschiedenen Schicksalen haben so ihre dunklen Seiten, Republikflüchtlingen und ihren Familien haftete immer ein ganz besonderer Makel an und sie wurden nicht selten gegeneinander ausgespielt.



Der Krimi ist spannend zu lesen, die verwendete Sprache ist eingängig, sehr flüssig und der geschichtliche Hintergrund macht teilweise sehr betroffen. Welche Grausamkeiten sich hinter der deutsch-deutschen Mauer abgespielt haben, kann man nur erahnen. Aus Presse und Nachforschungen weiß man von den üblen Bespitzelungen, von psychischem Druck und Folter, doch die Sozialisten in der DDR haben sogar Hinrichtungen vollstreckt, die Todesurteile wurden erst 1987 abgeschafft.



Die Charaktere sind detailgenau und mit einigen interessanten Facetten ausgestattet, sie sind sehr überzeugend dargestellt. Neben den menschlichen Figuren, wie die der Ermittlerin Karin Krafft, haben manche Figuren harte Züge und sind sehr undurchsichtig. So erscheint die Leiterin der Glaubensgemeinschaft als strenge Frau, aber auch als heilsbringende Figur. Wird man so, wenn man jahrelange Unterdrückung und Bespitzelung erfahren hat?


Ich konnte gespannt in die Handlung eintauchen, sah die menschlichen Schicksale mit großer Betroffenheit und habe den raffiniert konstruierten Fall interessiert gelesen.




Ein gut durchdachter, raffiniert konstruierter Regionalkrimi, der sich mit der dunklen Seite der DDR auseinandersetzt und dieses Regime mal nicht mit einem Glorienschein zeigt, sondern mit der realistischen Wahrheit. Für Geschichtsinteressierte ist dieser Krimi ein besonderer Tipp.



Veröffentlicht am 01.08.2018

Ein interessant konstruierter norwegischer Krimi mit einer besonderen Sicht auf Vorverurteilungen

Jagdhunde
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Norwegen: Hauptkommissar William Wisting wird vom Dienst suspendiert, weil ihm vorgeworfen wird, Beweise manipuliert zu haben. 17 Jahre nach dem Fall Cecilia Linde wird der Fall wieder aufgerollt. Die ...

Norwegen: Hauptkommissar William Wisting wird vom Dienst suspendiert, weil ihm vorgeworfen wird, Beweise manipuliert zu haben. 17 Jahre nach dem Fall Cecilia Linde wird der Fall wieder aufgerollt. Die Frau wurde damals nach ihrem Verschwinden ermordet aufgefunden und Wisting konnte den Täter überführen. Mittlerweile steht aber fest, dass Beweise gefälscht wurden. Der Hauptkommissar wird vor Gericht angeklagt und von der öffentlichen Presse verfolgt und setzt nun ohne dienstlichen Weg alles daran, herausfinden, was damals wirklich geschah. Seine Tochter, eine clevere Journalistin, ist ihm dabei eine große Hilfe. Ein weiterer Fall einer verschwundenen Frau zeigt Parallelen zu dem alten Fall auf und macht die Ermittlungen damit umso brisanter.


Bei diesem Krimi von Jørn Lier Horst geht es nach gewohnt skandinavischem Strickmuster zu. Es ist Herbst und es regnet häufig. Diese trübe Grundstimmung bildet einen passendenden Hintergrund für die Ermittlungen in der norwegischen Kleinstadt. Der Krimi wirkt dunkel, finster und recht ruhig, es geht ohne Blutvergießen ab. Die Geschichte ist in relativ kurze Kapitel eingeteilt, die Sprache ist nüchtern und dennoch anspruchsvoll, weil wortreich beschreibend und man ist schnell in der Handlung gefangen.

Der Hauptfokus liegt auf den akribisch geführten Ermittlungen mit denen der alte Fall erneut untersucht wird. Lag der Fehler auf einer Vorverurteilung des Beklagten und damals verurteilten Täters? Beteiligte und Kontaktpersonen des verurteilten Täters werden nach all den Jahren aufgesucht, um das entscheidende Loch in der Beweiskette zu finden. Wisting wird durch seine Anklage der Pressediffamierung öffentlich ausgesetzt. Diesem Druck muss er standhalten, was ihm zunehmend schwerer fällt. Bei der Ermittlungsarbeit wird Wisting von seiner Tochter Line unterstützt und dank ihrer investigativen Journalistenausbildung kommen sie dem Beweis für Wistings Unschuld auf die Schliche.

Bei den Charakteren erleben wir Wisting als einen erfahrenen, gereiften und damit abgeklärten Menschen. Er vertraut auf solide Polizeiarbeit und als aktiven Gegenpart spielt seine Tochter die impulsive und vordergründig agierende Heldin des Krimis.

Mit dem verurteilten Täter Rudolf Haglund schauen wir auf eine Figur, bei der lange Zeit nicht klar ist, ob er wirklich schuldig ist. Wisting ist davon überzeugt. Insgesamt erscheinen mir die Charaktere eher etwas zu glatt, blass und zu sachlich beschrieben. Ich mag mehr die besonderen Ermittler.


Der Krimi ist gut erzählt, wirkt perfekt konstruiert und bringt mit der Zeit immer mehr Zusammenhänge ans Licht. Es wird deutlich, wie sehr auch Polizisten sich bei ihrer Arbeit von ihrer eigenen Meinung leiten lassen, dann die Beweise zur Untermauerung dieser bestimmten These untersuchen und anderen Indizien nicht genügend Bedeutung beimessen. Wie schnell ist die Vorverurteilung schon bei manchen Ermittlungen gegeben?


Die Spannungskurve entwickelt sich gleichzeitig mit den detektivisch ausgeführten Untersuchungen. Hier wird jedes Puzzleteil neu bewertet und bringt damit neue Erkenntnisse und das Zusammenspiel zwischen Vater und Tochter funktioniert einwandfrei. Beide denken logisch und ziehen an einem Strang.


Ein gut konstruierter norwegischer Krimi, der den Blick auf realistische Polizeiarbeit lenkt. Mir hat besonders der Schreibstil gut gefallen und ich würde gern weitere Fälle dieses Ermittlungsgespanns von Vater und Tochter lesen.

Veröffentlicht am 10.07.2018

Ein vielseitiges Kürbiskochbuch auch für Anfänger

Kürbis - Neue Rezepte für das beliebte Gemüse
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Wenn man Kürbis mag, sucht man automatisch nach neuen Rezepten. Jetzt steht der Herbst vor der Tür und damit auch die Kürbiszeit.
In diesem Buch erhält man nicht nur einen Einblick in die verschiedenen ...

Wenn man Kürbis mag, sucht man automatisch nach neuen Rezepten. Jetzt steht der Herbst vor der Tür und damit auch die Kürbiszeit.
In diesem Buch erhält man nicht nur einen Einblick in die verschiedenen Sorten dieser hübsch anzusehenden Gemüse, man bekommt auch eine kleine Warenkunde mitgeliefert, in der es um die enthaltenden Vitamine, die Lagerung und die Zubereitung geht.

Kürbis ist eigentlich eine Beere, so der Botaniker, er eignet sich für viele Arten der Zubereitung, ob gebacken, gekocht oder frittiert, alles ist machbar. Im Ganzen ist er dazu noch lange lagerfähig, er enthält Beta-Karotin (daher das leuchtende Orange), die Vitamine B1, B2 und B6, C und E, außerdem Folsäure und Magnesium und reichlich Ballaststoffe. Das macht ihn zum idealen Gemüse.

Bisher habe ich Kürbis nur als Suppe, gebacken aus dem Ofen und süßsauer eingelegt verarbeitet.

Dieses Rezeptbuch bietet noch viele andere Möglichkeiten mit ansprechenden Fotos, die zum Nachmachen verlocken.

Der Rezeptteil gliedert sich in vier Bereiche:

- Suppen, Snacks & Fingerfood

- Große Salate

- Warme Hauptgerichte

- Desserts, Kuchen & Brot

Auf einer Doppelseite findet ein Rezept mit dem entsprechenden Foto Platz.

Die Zutaten und die Zubereitung ist übersichtlich angeordnet, die Verarbeitung gut verständlich beschrieben. Dabei wird Step by Step vorgegangen, für Koch-Anfänger sehr gut geeignet. Neben der Portionenangabe, wird auch die Zeit für Zubereitung, fürs Kochen oder Backen angegeben.

Ein Extra-Tipp bietet Hinweise oder Zutatenabwandlungen an.

Neben den Klassikern Kürbissuppe, Grillgemüse und Kürbisbrot werden viele neue Ideen vorgestellt. Für mich sind die Kürbis-Spinat-Lasagne und das Gemüsecurry mit Kokoscreme besonders schmackhaft und der Nudelauflauf mit Kürbis und Käse sowie das Kürbis-Risotto mit Rotwein werde ich bald ausprobieren.

Dieses Kochbuch ist abwischbar, liegt gut in der Hand und bietet für seinen Preis reichlich Rezepte, die neuartig und nicht zu schwierig in der Zubereitung sind. Was mir gefehlt hat, sind Auflistungen der Rezepte nach Sorten. Nicht für alle Kürbisarten gibt es hier Rezepte.

Wer Kürbis zu seinen Lieblingsgemüsen zählt, sollte sich dieses Buch näher anschauen. Es gibt viele neue Zubereitungsvarianten, die schon allein von den herrlichen Fotos her Lust zum Nachkochen machen.

Veröffentlicht am 07.07.2018

Lockere Unterhaltung mit Pepp und Humor und einer Menge Schlager.

Gruppentherapie
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Benny Biber ist 30 und hat sein Architekturbüro gerade finanziell in den Sand gesetzt. Hilfe kommt dank seinem Freund Sascha, den er aus alten Bandtagen kennt. Dieser vermittelt ihm durch seine Beziehungen ...

Benny Biber ist 30 und hat sein Architekturbüro gerade finanziell in den Sand gesetzt. Hilfe kommt dank seinem Freund Sascha, den er aus alten Bandtagen kennt. Dieser vermittelt ihm durch seine Beziehungen einen Job als Partysänger auf Mallorca. Dort lässt sich mit guter Schlagermusik für die feierwütigen Urlauber noch eine Menge Geld verdienen, Hauptsache es ist ein eingängiger Text und ein Beat, bei dem man ins Tanzen verfällt.

Ben bekommt ein neues Bühnen-Outfit, mit dem ihn in München niemand erkennen würde und lanciert zur Stimmungskanone auf Malle. Gleichzeitig nimmt er in seiner Heimat einen Job in einem angesehenen Architekturbüro an, wobei er zufälligerweise auch mit der Tochter des Chefs eine Beziehung am Laufen hält. Die Frauen lieben ihn und deshalb hat er auch auf Mallorca eine Liebschaft mit der Barfrau Eva. Komplikationen sind also zu erwarten.

Lachen bis der Arzt kommt? Na ja, das trifft es nicht ganz, aber es ist schon sehr lustig was Bens Doppelleben so ausmacht.

Ob Schlagerfan oder eher nicht, dieses Buch ist für alle humorvoll, locker und abwechslungsreich zu lesen. Die Handlung ist auf die Spitze getrieben, aber so durchaus vorstellbar. Die besonderen Schwierigkeiten von Bens zwei Leben sind schon etwas übertrieben, aber gerade darin liegt der besondere Reiz. Er ist ein Frauenheld, lässt nichts anbrennen und liebt den Ruhm, den er als Rampensau im Schlagermilieu auf Mallorca einheimst und andererseits ist er Architekt in München und möchte sich auch dort etablieren.

Seine neue Stelle ist dank seiner neuen Freundin auch gleich ein Volltreffer, ihrem Vater gehört ein Architekturbüro und so wird Ben in die Hautevolee der Baubranche auf Empfängen eingeführt. Aber so ganz seriös läuft das Geschäft nicht, wie es wohl auch häufig im wahren Leben vor sich geht.

Bens Doppelleben kann einfach nicht gutgehen, das wird einem schnell klar. Sein Gehetze zwischen Mallorca und München ist stressig und wie er sich aus manch brenzliger Situation wie ein Aal herauswindet, ist äußerst lustig anzusehen.

Er liebt die Frauen und meint es gar nicht böse, er kann gar nicht anders, als die Frauen zu umgarnen. Deshalb nimmt man es ihm auch nicht übel, sondern begleitet ihn auf seinem Spießrutenlauf.

Die Story ist amüsant und mir hat bei diesem Buch besonders der humorvolle und spruchstarke Erzählstil gefallen. Manche Begriffe sind zwar nicht neu, aber doch in diesem Kontext durchaus witzig. Schlager muss man nicht mögen, wenn man das Buch liest, aber sie verbreiten mit ihren einfachen mitsingbaren Texten und rythmischen Beats einfach gute Laune. Das liebt man nicht nur am Ballermann. Und auch die Figuren des Buches sind wie aus dem wahren Leben gegriffen.

Mit den eingängigen Songs und der amüsanten Geschichte wird dieses Buch zu einem flotten Urlaubsbuch ohne großen Tiefgang, aber dafür mit einer Menge Spaß und Humor.

Veröffentlicht am 04.07.2018

Literarischer Krimi mit Einblicken in das Leben der Inuit

Fräulein Smillas Gespür für Schnee
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Peter Høegs "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" ist ein melancholisches Werk. Es spiel inmitten von Winter, Eis und Schnee. Høeg erzählt in diesem Buch mit sehr philosophischer Sprache, die schön zu lesen ...

Peter Høegs "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" ist ein melancholisches Werk. Es spiel inmitten von Winter, Eis und Schnee. Høeg erzählt in diesem Buch mit sehr philosophischer Sprache, die schön zu lesen ist, den Lesefluss allerdings etwas behindert. Man hat das Gefühl, dass er zwar wortgewaltig bleibt, aber doch abschweift, wenn er Rückblenden aus Smillas Leben einstreut. Der Roman erscheint melancholisch, eisig und detailliert genau und führt zu einem komplexen Werk, dem ich mich nicht entziehen konnte.

Die Exil-Grönländerin Fräulein Smilla Jaspersen erzählt in diesem Roman über ihre Erlebnisse um die Ermittlungen und den Tod ihres geliebten Freundes Jesaja. Ihre Nachforschungen bringen sie in ein immer dichter werdendes Dickicht aus Geheimnissen.
Smilla ist eine unabhängige starke Frau, die ihrer Heimatwurzeln entrissen ist, an Einsamkeit leidet, einen hohen Gerechtigkeitssinn hat und trotz ihrer rauhen Schale einen weichen Kern besitzt. Mir erschien sie recht unnahbar und kühl, sie ist ein interessanter ungewöhnlicher Charakter.

Ihre Erinnerungen führen durch das Buch und so bekommt der Leser einen wunderbaren Einblick in das Leben der Inuit. Man erfährt wie schlecht die Eingliederung der Grönländer in die dänische Gesellschaft funktioniert . Beeindruckend ist allerdings die genaue Beschreibung der faszinierenden Stimmung des Polareises, des einzigartigen Eismeeres und der Eis- und Schneeluft. Peter Høeg benutzt auch einige Worte aus der Inuit-Sprache, die diese eisige Atmosphäre noch authentisch unterstützen.

Der Spannungsbogen zieht sich trotz der ausführlichen Rückblenden konsequent durch das Buch. Die eisige Stimmung und die trüben Nebel verstärkten den Eindruck einer düsteren Geschichte geschickt.
Hier wird nicht an der Oberfläche gekratzt und lediglich ein Mord aufgeklärt, sondern hier wird gezeigt, wie schwierig Integration und selbstbestimmtes Leben ist.

Ein wortgewaltiger Roman mit Krimihandlung, der Arktis-Fans begeistern wird. Besonders die Beschreibung von Eis und Schnee fasziniert!