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Veröffentlicht am 06.08.2018

Braune Gesinnung hinter elitärer Fassade

Elitewahn
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Dies ist der 2. Fall für die selbstständige Gärtnerin Malie Abendroth und ihre Freundin, die Archivarin und Umweltaktivistin Lioba Hanfstängl.
Malie ist glücklich über ihren neuen Auftrag, den Park der ...

Dies ist der 2. Fall für die selbstständige Gärtnerin Malie Abendroth und ihre Freundin, die Archivarin und Umweltaktivistin Lioba Hanfstängl.
Malie ist glücklich über ihren neuen Auftrag, den Park der Schlossanlage des Eliteinternats Schloss Waldesruh am Bodensee umzugestalten. Die Schüler sind wohlerzogen und gehen ihr mit ihrem jungen Sport- und Biologielehrer Malte Jansen kräftig zur Hand. Doch Malte Jansen fühlt sich im Internat immer unwohler und äußert Malie gegenüber, daß er den Eindruck habe, daß an der Schule mit militärischen Drill und rechtem Gedankengut gearbeitet würde. Eigentlich könne er es nicht mit seiner Einstellung vereinbaren dort zu arbeiten und überlegt, seine Beobachtungen zu melden. Doch dazu kommt er nicht mehr, er wird tot in seinem Internatszimmer aufgefunden.
Lioba erhält als Archivarin im Umweltamt eine schriftliche Anfrag eines emeritierten Professors, der sich für die Güter jüdischer Familien rund um Konstanz interessiert. Er möchte daher Einblick in die Bauunterlagen von Schloss Waldesruh nehmen, um mehr über den Bauherren zu erfahren.
Lioba kniet sich für den reizenden älteren Herren gerne in ihre Aktenberge und fördert erstaunliches zu Tage. Als sie sich mit ihm treffen will, um die neuesten Erkenntnisse auszutauschen, findet sie den Professor tot in seinem Wohnzimmer. Wem gehörte nur die 2. benutzte Kaffeetasse auf dem Tisch?

Malie ist Halbasiatin, liebt die fettarme asiatische Küche, asiatische Kampfsportarten und überhaupt Sport im Allgemeinen. Dazu veranstaltet sie in ihrer alten Villa gerne entgeltliche exklusive Dinners, für die Lioba schon mal gerne Probeessen darf. Da Lioba seit dem Mordanschlag auf sie in Band 1 deutlich an Gewicht zugelegt hat, will Malie sie mit gemeinsamem Sport und bewußter Ernährung zur Gewichtsreduktion animieren. Aus diesem Grunde wird in diesem Buch viel Sport getrieben und gekocht. Lioba bewundert Malie dafür, daß sie essen kann was sie will und nicht zunimmt. Aber ehrlich, wer so viel Boden umgräbt, Sport treibt und sich wie beschrieben ernährt, kann gar nicht zunehmen, schon gar nicht in dem Alter. Ich finde die Protagonistinnen schon sympathisch, aber da ist mir Malie dann doch etwas zu belehrend. Für mich ist es unerklärlich, wie sie sich als Gärtnerin solch eine freistehende Villa am Bodensee leisten kann und wie sie als Halbasiatin und Gärtnerin an einen derartigen Auftrag kommt. Ich hätte angenommen, daß eine Einrichtung mit solch rechter, elitärer Gesinnung dann doch eher einen blonden Landschaftsarchitekten engagiert. Aber auch nicht alle im Internat sind Malie gegenüber wohlgesonnen und beurteilen sie nach ihrer Leistung, sondern sind mehr oder wenig offen rassistisch ablehnend. Gerade mit dem Tod von Malte Jansen wird die Stimmung ihr gegenüber nicht unbedingt besser, schon gar nicht, weil sie bisweilen unangekündigt in verschiedenen Teilen des Internats auftaucht und Reden belauscht, die nicht für ihre Ohren bestimmt sind. Mir persönlich liegt die idealistische Umweltschützerin Lioba mehr, da mir Malie einfach etwas zu glatt und perfekt ist.

Da dieser Bodenseekrimi im Milieu moderner rechter Parteien mit mehr oder weniger faschistischen Ansichten spielt und es auch um das Schicksal der großen Vermögen während des 3. Reichs emigrierter Juden geht, wird in der Erzählperspektive auch mit Rückblenden gearbeitet. Wie war es für den Sohn der ehemaligen Schlossherren damals, als in Deutschland die Synagogen brannten? Was ist inzwischen aus ihm geworden und aus seinem Freund, dem Sohn des Gutsverwalters? Der historische Teil und Liobas Recherchearbeit zu dem Schicksal jüdischer Emigranten gefällt mir ausgezeichnet. Die Feinheiten der nationalsozialistischen Steuerverwaltung waren mir in ihrer Perfidie nicht bekannt. Mir wurde mal gesagt, daß kein Volk den Völkermord so akribisch organisiert hat, wie die Deutschen. Ein Aspekt, der einem beim Lesen gerade dieses Krimis immer wieder bewusst wird. Durch die gründlich Verwaltung und Buchführung ist es aber auch wiederum möglich Ungereimtheiten aufzufinden, wenn man erst einmal danach sucht.

Auch menschlich hat dieser Krimi viel zu bieten, hier liegen Tragödie und große Freundschaft nah beieinander, ohne daß es kitschig wird. Dafür wird dem Leser aber auch Wohlstandsverwahrlosung, Standesdünkel, rechte Überheblichkeit und die Macht von Geld aufgezeigt. Eine wirklich interessante Mischung, auch wenn man den Vorgängerband nicht kennt.

Für mich lag der Reiz gerade in der von den zwei Freundinnen ausgegrabenen Geschichte der Bodenseeregion, zu Zeiten des 3. Reichs. Die Krimispannung lässt etwas auf sich warten, wobei ich mich bei den Nachforschungen zur Geschichte überhaupt nicht gelangweilt habe. Der Showdown wird allerdings selbst für mich als absoluten Handymuffel etwas unglaubwürdig. Es gibt Momente, da gehe selbst ich nicht ohne Handy aus dem Haus. Wenn ich nachschnüffeln wollte, wo ich nicht wirklich willkommen bin, würde ich niemals alleine und ohne Handy hingehen, dass ist selbst für Kampfsportler unverantwortlich in Zeiten in denen im Darknet alles erhältlich ist. Allerdings werden offene Fragen geklärt und es gibt auch ein zum Teil sehr versöhnliches Ende, was mir wiederum gut gefallen hat.

Die Autorinnen Liliane Skalecki und Biggi Rist sind inzwischen ein eingespieltes Team und haben mindestens 5 Krimis gemeinsam geschrieben, oft mit brisantem politisch/historischen Hintergrund, allerdings zu ganz unterschiedlichen Themen.

Ein guter Krimi der mir einige gut recherchierte Aspekte deutscher Geschichte vor Augen führte.

4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 01.08.2018

Kleine Eltern, große Sorgen

Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft
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Nach dem Abenteuer mit Schmitti, der geschrumpften Mathelehrerin, fühlt sich Felix Vorndran an seiner neuen Schule, dem Otto-Leonhardt Gymnasium richtig wohl. Was er nicht ahnt: sein Vater ist beruflich ...

Nach dem Abenteuer mit Schmitti, der geschrumpften Mathelehrerin, fühlt sich Felix Vorndran an seiner neuen Schule, dem Otto-Leonhardt Gymnasium richtig wohl. Was er nicht ahnt: sein Vater ist beruflich unzufrieden und möchte nun auch endlich karrieremäßig durchstarten, nachdem er seiner Frau den USA-Aufenthalt ermöglicht hat. Er träumt von einer Stelle als Statiker in Dubai, mit seiner Familie! Felix ist nicht bereit, seine Freunde nach nur einem Jahr schon wieder zu verlassen. Er fühlt sich hundeelend und bemerkt dabei gar nicht, daß auch Kumpel Mario echt unglücklich ist und daher viel Zeit mit Ella verbringt. Als seine Eltern zur neuen Direktorin gerufen werden, weil immer neue Risse im Gemäuer der Schule auftreten, bahnt sich neues Unheil an. Otto Leonhardt soll voll Hulda Stechbarth, seiner längst vergessenen Nachfolgerin, ins Vergessen geschickt werden, mit unheilvollen Kräften. Während die magische Kugel erneut in der Schale des Otto-Leonhardt-Museums rotiert, wünscht sich Felix im Beisein seiner Freunde, daß doch bitte seine Eltern so klein und hilflos ein sollen, wie er sich fühlt. Seine Freunde wollen ihm diesen Wunsch ausreden, nicht ahnend, daß er sich in der Schule schon längst bewahrheitet hat. Damit ist das Chaos nun perfekt und der Kampf gegen die bösen Kräfte der Hulda Stechapfel beginnen.

Anfang des Jahres haben wir den Film nach dem Roman von Sabine Ludwig im Kino gesehen und meine Töchter hatten einen riesigen Spaß und auch wir Eltern haben uns amüsiert (mein Mann leidet ja bisweilen bei Kinderfilmen, weshalb wir ihn auch manchmal gleich zu Hause lassen). Ohne die Buchvorlage zu kennen, kann man sagen, daß sie nicht total verhunzt wurde. Es ist zwar eine aufregende Komödie, aber kein furchtbarer Klamauk geworden.

Es geht diesmal um die Sorgen, die Eltern ihren Kindern bereiten. Trennungsschmerz, wenn Eltern sich trennen oder auch wenn Kinder für die Karrierepläne ihrer Eltern umziehen sollen. Das ist ein wirklich einschneidendes Erlebnis für sie und mit großen Ängsten verbunden. Im Vergleich zu diesen Sorgen ist das Abenteuer, das die Freunde gemeinsam meistern gar nicht furchteinflößend. Dabei muß Felix diesmal wieder an seine Grenzen gehen und über sich selbst hinaus wachsen, aber es steht so viel auf dem Spiel, daß er gemeinsam mit seinen Freunden den Mut dazu findet. Dabei ist es aber nicht nur spannend, wie die Kinder die Schule vor dem Verfall retten und versuchen Felix Eltern und Schmitti wieder in ihre normale Größe zurück zu bringen. Die Erlebnisse der Eltern in Miniformat sind schon sehr lustig. Denn wo sollen die Winzlinge schlafen? Was kann man ihnen zu Essen geben, es ist ja alles viel zu groß und wie soll er sie waschen und auf Toilette bringen? Hieraus ergeben sich zahlreiche lustige Situationen, über die Kinder herzlich lachen können.

Es spricht der Originalcast des Kinofilms mit so bekannten Schauspielern wie Andrea Sawatzki, Anja Kling, Otto Waalkes, Axel Stein... Ihre Stimmen sind so bekannt, daß es ein Leichtes ist, sie auseinander zu halten. Doch auch bei den Kindern, ist das überhaupt kein Problem.
Sprecherin Inga Reuters füllt sprachlich lebendig die Lücken, die durch die fehlenden Kinobilder entstehen. Bislang war uns ihre Stimme kein Begriff, aber meine Älteste, die ja kritisch Sprechern gegenüber ist, hat sie wirklich gut gefallen, das hat sie extra betont.

Ein wirklich tolles Thema für Kinder wie auch Eltern, sehr locker, lustig und spannend für die ganze Familie als Kinohörabenteuer.

Veröffentlicht am 13.07.2018

Hab Mut! Man ist nie zu jung oder zu alt, um was zu ändern!

Die Bremer Stadtmusikanten - was wirklich geschah: Oskar ganz nach oben
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Habt Ihr auch schon mal in Bremen vor der Statue der Bremer Stadtmusikanten gestanden und gestaunt, wie sie das hinbekommen haben? Wenn wir im Sportunterricht Menschenpyramiden erschaffen sollten, war ...

Habt Ihr auch schon mal in Bremen vor der Statue der Bremer Stadtmusikanten gestanden und gestaunt, wie sie das hinbekommen haben? Wenn wir im Sportunterricht Menschenpyramiden erschaffen sollten, war es auf jeden Fall alles andere als einfach und die Tiere im Märchen waren doch alt! Das war wohl auch der Grund für Gerlis Zillgens mach genauer nachzuforschen, wie das eigentlich wirklich war....

Hundejunge Oskar sitzt nichts ahnend zu Hause und knabbert an einem Knochen, als ihm seine Eltern, zwei berühmte Forscher nach Neufundland reisen müssen, er solle solange zu Opa nach Bremen, dort werde er auch eine Zeitlang zur Schule gehen. In Bremen ist es alles andere als schön. Opa hängt mit seinen alten Kumpels, die wie er ihre Arbeit verloren haben, weil sie zu alt sind, träge und frustriert in seinem Haus herum. Die Eselin, die dicke Katze und der alte Hahn fühlen sich ebenso nutzlos wie Oskars Opa. Am nächsten Tag in der Schule kommt es noch schlimmer. Er ist der Neue, kennt niemanden und hat keine Freunde. Klar, daß die zwei Klassenrabauken Rambo und Honda ihn drangsalieren, sobald er es mit dem Bockspringen bei ihm nicht klappt. Nur das zarte Pudelmädchen Tiramisu lässt sich von den zwei Rüpeln nicht einschüchtern und ist sogar nett zu Oskar. Mit ihr gemeinsam entwickelt er einen Plan, wie man es den zwei Klassentyrannen mal so richtig zeigen kann und Opa und seine Freunde müssen dabei mit machen. Tiramisu erweist sich als ziemlich unerbittliche Trainerin, aber trotzdem werden die alten Lebensgeister wieder wach!

Diese Geschichte zum Vorlesen und Selberlesen spielt mit den Fantasien der Kinder. Denn Märchen, so wie sie Kindern erzählt werden, werfen ja doch einige Fragen auf und sind bisweilen ziemlich gruselig. Hier werden keine gefährlichen Räuber verjagt, denn welches Kind ist schon bösen Räubern begegnet? Keins, eben, aber fiese Mitschüler kennen Kinder schon, leider. Doch wie soll man diesen begegnen? Sich bloß nicht unterkriegen lassen, wie die gewitzte Tiramisu dem eingeschüchterten Oskar zeigt und gemeinsam ist es sowie so viel leichter, mit Freunden traut man sich viel mehr. Tiramisu gibt Oskar aber nicht nur Selbstvertrauen, sie bringt auch Schwung in die frustrierte Rentnergang. Denn nachdem sie das Problem der zwei Schulhofrabauken analysiert haben, entwickeln sie einen listigen Plan, zu dessen Umsetzung sie die Hilfe der „Großen“ brauchen, doch die sind leider völlig aus der Form. Da hilft nur Übung und die fällt gerade am Anfang richtig schwer! Aber mit der Zeit wird es immer leichter und die Senioren sind auch echt stolz auf ihre beachtlichen Erfolge. Aber auch Oscar wird von Tiramisu nicht geschont. Ihre Trainingsmethode ist dabei sehr speziell und witzig, denn es erklärt mit frechem Augenzwinkern ein Wort, über das sich nicht nur Kinder bislang gewundert haben. Dabei macht Tiramisu auch den jungen Lesern Mut und Sport zum Durchhalten an. Auch Lesen ist anfangs anstrengend, fällt aber dann immer leichter!
Selbst ihre Kölner Wurzeln lassen sich beim Schulsport deutlich erkennen, gerade jetzt in wilden Fußballzeiten wird einigen großen oder kleinen Fußballfans auffallen, daß das Maskottchen des 1. FC Köln sich in die Geschichte hineingeschmuggelt hat. Keine Sorge, es ist nur ein kleines Bonbon am Rande und wird auch sicher Fußball uninteressierten nicht auffallen und nicht stören, für die anderen ist es weiter nur ein lustiges Extra.
Das Ende ist richtig klasse und lebensfroh! Es wird für alle eine sehr gute Lösung gefunden, die alle glücklich macht. Es wird den jungen Lesern vermittelt: hab Mut, trau Dich, halte durch Du schaffst es. Es lohnt sich in jedem Alter zu „kämpfen“, man ist nie zu alt oder zu jung, um etwas zu verändern.
Das Buch richtet sich an geübte Erstleser, das heißt, daß die Seiten wunderbar farbig illustriert sind, allerdings auch schon ordentlich Text auf den Seiten steht. Verwendet wird auch keine Fibelschrift und die Schrifttypen sind auch deutlich kleiner als in der Fibel oder auch im Lesebuch für das 2. Schuljahr. Die Seiten sind an und für sich schön groß, da wäre wirklich noch genug Raum für etwas größere und dickere Drucktypen, gerade wenn man bedenkt, daß Kinder oft weitsichtig sind. Die lesenden Kinder sollten also wirklich schon Spaß am Lesen gewonnen haben. Die lustige Geschichte, die mitten ins kindliche Forscherherz trifft, wird ihren Lesewillen belohnen.
Ach ja, was ich immer wieder vergesse, das Buch ist auch bei Antolin gelistet, wer also von der Schule her dort angemeldet ist, kann hiermit weitere Punkte sammeln.

Sowohl die Geschichte, als auch die umwerfenden Illustrationen von Katja Jäger sind wirklich toll. Witzig, frech und kurzweilig. Da aber aller Anfang schwer ist, ziehe ich einen Stern für den Schrifttypus und die Schriftgröße ab, weil meine Töchter anfangs Serifenschrift komplett verweigert haben und beide nun einhellig der Meinung sind, die Schrift wäre zu klein für Anfänger. Das ist ein Punkt, der uns sehr wichtig ist, weil meine Kinder deswegen ganz oft auf ebooks umsteigen, um die Schrift zu vergrößern und es hier nur die wunderschöne Printausgabe gibt, bei der es diese Möglichkeit leider nicht gibt.

Daher leider nur gute 4 von 5 Sternen, die Geschichte und die Illustration verdienen 5.

Veröffentlicht am 09.07.2018

Spannung, Spaß und Spuk

House of Ghosts – Pension des Grauens (House of Ghosts 3)
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Nachdem Melli in den zwei Bänden zuvor den alten verfallenden Familienstammsitz auf dem Land von ihrer Urururgroßcousine Emilie geerbt hat, hat sie auch deren Erbe als Hüterin der Pforte ins Jenseits angetreten. ...

Nachdem Melli in den zwei Bänden zuvor den alten verfallenden Familienstammsitz auf dem Land von ihrer Urururgroßcousine Emilie geerbt hat, hat sie auch deren Erbe als Hüterin der Pforte ins Jenseits angetreten. Sie soll den reinen Seelen beim Übertritt ins Jenseits behilflich sein und vor Übergriffen des Fürsten des dunklen Jenseits beschützen. Gar keine so leichte Aufgabe, wenn man noch so jung ist und bislang stets in New York gelebt hat. Aber dank ihres neuen Freundes, des Nachbarjungen Hotte, einem jungen Geisterforscher und den Aufzeichnungen ihrer Vorgängerin, ist bisher noch immer alles gut gegangen. Zuletzt haben sie sogar den Goldschatz gefunden, mit denen die Seelen ihren Übertritt an die Hüterin entlohnen. Hiermit konnte ihre Familie alle Schulden bezahlen und die Villa vor dem Zugriff gieriger Spekulanten bewahren. Nunmehr soll die Villa in eine Pension umgewandelt werden, um das Familieneinkommen zu sichern. Der erste Gast trifft schon vor der Eröffnung ein und nur Melli ahnt, daß er kein Glücksfall ist: Prof. Schnöcks, der gerade in Schottland seinen Ruf als seriöser Geisterforscher völlig ruiniert ist und nun unbedingt eine Sensation braucht, um sich zu rehabilitieren. Dummerweise sind gerade die zwei Hausgeister Lodovico und Erasmus, ihre Gehilfen verschwunden und Melli und Hotte sind auf sich allein gestellt, na ja, bis auf Hottes tolpatschige Dogge Roddie.

Zu Beginn gibt es einen kurzen Rückblick, damit man schnell wieder in der Geschichte mittendrin ist, oder eben für Neueinsteiger. Das ist sehr hilfreich, da auch bei uns der zweite Band schon eine Weile zurückliegt. Schade fanden wir, daß Lodovico und Erasmus verschwunden sind, auch wenn es schon sehr geheimnisvoll und verdächtig erscheint, was ihnen da zugestoßen sein könnte. Bis auf den Einäugigen, den geheimnisvollen Helfer aus der Geisterwelt, der die Seelen vom Übertritt ins Jenseits abhalten und dem Fürsten der Finsternis übergeben soll, sind die bisherigen Übeltäter der Vorgängerbände aus dem Spiel. Das ist ein wenig schade, aber Professor Schnöcks hält die Freunde derart im Atem, daß sie auch keine Zeit hätten, sich noch um die Bürgermeisterin und ihre Brüder zu kümmern. Die Eröffnung der Pension und die Verheimlichung der verstärkten paranormalen Aktivitäten lässt die Zwei nicht zur Ruhe kommen. Melli ist auf der ganzen Linie gefordert, denn neben Professor Schnöcks, gibt es noch ein weiteres Problem, daß wir nicht verraten möchten.

Meine nunmehr 11-jährige Tochter liebt Geistergeschichten und Mellis und Hottes Kampf zur Rettung verirrter Seelen gefällt ihr wirklich gut. Die Ideen sind sehr fantasievoll und noch nicht so abgedroschen, dabei aber auch witzig. Gerade Dogge Roddie und Mellis kleiner Bruder Bobbyboy sorgen für allerlei komische Momente. Die Geisterberater Ludovico und Erasmus erinnern bei ihren Einmischungen, die natürlich letztendlich doch noch erfolgen werden, immer ein wenig an Waldorf und Stattler aus der Muppet Show. In diesem Band dreht es sich um eine Frage, die wir uns bislang immer gestellt haben: Wie wurde der Einäugige zu dem was er nun ist? Was hat er in seinem letzten Leben angestellt, daß er so enden mußte? Die Antwort darauf ist wirklich schlüssig und gefällt uns sehr gut. Da wir allerdings den Eindruck haben, daß dies der finale Abschlußband der Reihe ist, fanden wir das Ende etwas zu abrupt, da hätten wir uns noch die Klärung einiger offener Fragen gewünscht.

Illustriert wird das Buch zweifarbig vom Illustrationsmeister der Geister Fréderic Bertrand, der schon unzählige Geistergeschichten für junge Leser optisch aufgepeppt hat und dessen skurril-freundlich-gruseligen Stil wir sehr mögen.

Auch wenn Frank M. Reifenscheid sich der Leseförderung von Jungen verschrieben hat, können auch Mädchen dieses Buch sehr gut lesen, immerhin ist die Heldin der Geschichte ja ein Mädchen, denn die Hüterin der Pforte muß weiblich sein. Doch was wäre Melli ohne das langjährige Fachwissen von Hotte, der aus einer alten Familie von Geisterforschern stammt und der das Handbuch über Geistererscheinungen seines Urgroßvaters neu auflegen möchte? Da beide ohne den anderen aufgeschmissen wären, ist es also wirklich sehr ausgewogen und für alle Kinder geeignet, die auf Spukhäuser stehen.

Alles in Allem hat uns die Mischung aus Spannung, Spaß und Grusel wirklich gut gefallen und wir empfehlen auch diesen Band gerne weiter.

Veröffentlicht am 15.06.2018

Kein Held wird als solcher geboren

Podkin Einohr, Band 1: Der magische Dolch
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Podkin wächst als ältester Sohn des Anführers der Kaninchen aus dem Gänseblumbau auf. Von daher steht bereits fest, daß er nach dem Tod des Vaters der Stammesanführer sein wird und den magischen Dolchsternenklaue, ...

Podkin wächst als ältester Sohn des Anführers der Kaninchen aus dem Gänseblumbau auf. Von daher steht bereits fest, daß er nach dem Tod des Vaters der Stammesanführer sein wird und den magischen Dolchsternenklaue, eine der 12 Gaben der großen Göttin hüten wird. Aber bisdahin wächst er sorglos und in Wohlstand auf. Er genießt seine Privilegien und übt sich im Nichtstun. Er schwänzt seinen Unterricht wo er nur kann, während seine ältere Schwester Paz ihm diese Privilegien neidet und daher an seiner Stelle seinen Unterricht nimmt. Nur der kleine Puk ist noch ein Baby, als an einer schönen Frostnacht der Stamm von den boshaften Gormkriegern überfallen wird. Durch eine List der Mutter können die 3 Kinder fliehen und bringen den magischen Dolch vor den Gorm mit den stahlharten Herzen in Sicherheit. Doch es ist kalt und die jungen Kaninchen sind unerfahren. Zum Glück bietet ihnen im Wald die Kaninchenhexe Bridgid Unterschlupf, lehrt Paz Kräuterkunde und alle Kinder die Geheimnisse ihrer Geschichte und ihrer Götter. Doch der Winter ist hart und die Vorräte nur für sie alleine angelegt, auch weiß sie, was das Schicksal für Podkin vorher bestimmt hat, so daß sie die Kinder auf die nächste Station ihrer Reise schickt, in den Bau einer Gruppe von Aussteigern und Aufrührern. Werden sie ihre Eltern jemals wiedersehen?

Die ersten paar Seiten mußte ich mich in das Kaninchenuniversum erst einmal einfinden, dann ging es aber richtig schnell. Es gibt eine Rahmenhandlung zu der in einer Frostnacht (die Kaninchenvariante von Weihnachten) ein Barde an die Tür der Höhle klopft, und um Einlass bittet. Kost und Logis soll er sich durch Geschichtenerzählen verdienen und die Kinder verlangen altbekannte Heldenepen. So beginnt der Barde die Geschichte des größten Kaninchenhelden, Podkin Einohr und erklärt, wie es kam, daß Podkin ein Ohr verlor. Doch unterscheidet sich seine Erzählung ganz deutlich von denen, die die Kinder bereits kennen. Ihr großer Held soll einst ein verzogenes Gör gewesen sein? Die Wandlung von Podkin gefällt mir sehr gut, da sie sehr langsam und nachvollziehbar von sich geht, das heißt, sie ist erst am Ende der Geschichte abgeschlossen. Mit jeder Herausforderung wächst er ein wenig charakterlich. Die eigentliche Heldin ist für mich seine Schwester Paz, die sich mit ihrer Frauenrolle nicht abfinden will und daher heimlich übt und trainiert und sowohl Mut als auch Einfallsreichtum beweist. Ohne sie wäre Podkin total aufgeschmissen gewesen und hätte wahrscheinlich nicht mal eine Nacht alleine überlebt. Wie sie sich um ihre jüngeren Brüder kümmert, finde ich toll. Auch die Helfer der Kinder mag ich sehr, die Kaninchenhexe und den blinden Krieger Crom. Sehr untypische Helden und dabei umso liebenswerter. Es wird eine ganz eigene Welt geschaffen, die auch im Einband mit Karte dargestellt ist. Die Kaninchen verehren eine Vielzahl von Naturgöttern, wobei es die große gute Göttin als Leben, ihre Zwillingsschwester den unvermeidlichen Tod und eine dritte böse Kraft gibt, die böse, zerstörerische Kraft des Eisens. Durch einen alten Pakt müssen sie im Gleichgewicht bleiben, doch dieses Gleichgewicht ist aktuell aus den Fugen geraten. Das erinnerte mich an Ying und Yang und wäre für mich auch wirklich mit dem christlichen Glauben vereinbar gewesen, was ich bei den Narnia Büchern so schön finde. Die übrigen Naturgötter, die verehrt werden, haben mir aber leider gar nicht so einleuchten wollen.
In den Zwischenkapiteln, in denen die Erzhählung zur Rahmenhandlung vor dem Kamin in der Kaninchenhöhle zurückfindet, können die kleinen Zuhörer ihre Gedanken mitteilen, sowie ihre Fragen, die ihnen gekommen sind, loswerden. Das mildert zum Teil die Spannung des Kampfes Gut gegen Böse für die Kinder ab, hilft ihnen aber auch ihre Gedanken zu ordnen, was einigen Lesern sicher gut gefallen wird.
Das Buch wird ab 10 Jahren empfohlen, auch wenn Podkin selbst erst 8 Jahre alt ist. Da dürfte an den Kampfszenen liegen, die nicht ganz unblutig, wenn auch meist nicht tödlich sind. Wer also Harry Potter ab Band 3 verkraftet, hat auch in jüngeren Jahren kein Problem mit Podkins Schlachten, bei sensibleren Kinder sollte man vielleicht mitlesen. Allerdings hat der Autor sich gerade in diesen Szenen viele Gedanken gemacht, wie man die Kämpfe kindgerecht darstellen kann, weswegen ich sie als meist nicht tödlich beschrieben habe. Daran mehr man, daß er seit vielen Jahren als Lehrer arbeitet. Auch ist der Gebrauch der Zeitformen vorbildlich. Die Rahmenhandlung ist im Präsens verfasst, das Heldenepos in der Erzählzeit des Präteritums.

Da diese Geschichte ab 10 Jahren ist, empfinde ich den Schriftsatz als sehr klein, mit großem Zeilenabstand. Etwas kleiner Zeilenabstand, aber größere Schrifttypen wären uns lieber gewesen. Bei der Schriftgröße verweigern meine Kinder das Lesen. Es ist also trotz der angenehmen Länge von 248 Seiten doch eher für leidenschaftliche Leser geeignet. Jedes Kapitel wird mit einer Vignette von Podkin Einohr gekennzeichnet, wobei dies stets die gleiche ist. Diese ist wirklich sehr gelungen, aber unterschiedliche Vignetten würden auch 10 Jährigen gefallen.

Die Geschichte ist sehr spannend, fantasievoll und ausgesprochen gut durchdacht. Daher wirklich zu empfehlen, trotz der wenigen Kritikpunkte. Ich gebe gerne 4 von 5 Sternen.