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Veröffentlicht am 18.08.2018

Ein Jugendbuch der Extremen

I love you heißt noch lange nicht Ich liebe dich
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„I love you heißt noch lange nicht Ich liebe dich“ ist ein ziemlich sperriger Titel, aber für mich als Sprachwissenschaftlerin natürlich höchst faszinierend, weil es semantisch natürlich einwandfrei zutrifft. ...

„I love you heißt noch lange nicht Ich liebe dich“ ist ein ziemlich sperriger Titel, aber für mich als Sprachwissenschaftlerin natürlich höchst faszinierend, weil es semantisch natürlich einwandfrei zutrifft. ‚I love you‘ meint bei uns wohl eher ‚Ich hab‘ dich lieb‘. Neben diesem Titel war ich natürlich auch interessiert, weil das Cover abseits vom Titel klinisch weiß ist und dann aber doch eher einen stereotypen Klappentext hat. Diese Widersprüche wollte ich mit diesem Buch wirklich gerne näher ergründen.

Was mich unheimlich an diesem Jugendbuch unterhalten hat, waren die Einblicke in die Synchronisationstätigkeiten. Hinten in den Dankesworten der Autorinnen kann man auch nachlesen, dass die beiden intensiv recherchiert haben und auch einen Experten zur Hand hatten, was mich auch darauf vertrauen lässt, dass die Arbeit authentisch dargestellt wurde. Vor allem fand ich es als Setting für das Entstehen einer Liebesgeschichte sehr ungewöhnlich und der Rahmen hat mir unheimlich gut gefallen. Zumal ich mir die Arbeit so auch immer irgendwie vorgestellt habe.

Bei den Hauptcharakteren fangen aber schon die ersten Probleme an. Normalerweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass die weiblichen Figuren tendenziell die Sturköpfe, die zusätzlich gepaart mit Launenhaftigkeit schnell anstrengend werden. In diesem Jugendbuch ist die Rollenverteilung genau andersherum. Ich habe Ben als unheimlich anstrengend empfunden, weil man durch seine Perspektive seine sensible Seite erahnen konnte, seine Taten ließen aber eher einen Elefanten im Porzellanladen vermuten. Zudem hat er ständig die Stimmung gewechselt, so dass ich bis zum Ende nicht recht wusste, woran mit ihm eigentlich ist. Lilly ist dagegen wesentlich solider angelegt und trotzdem kam sie mir zuoft wie ein Spielball vor, der keine eigene Meinung hatte. Immer wieder blitzt ihre Leidenschaft durch, aber das wird nicht konsequent bis zum Ende herausgearbeitet.

Durch die beiden war natürlich auch ihre Liebesgeschichte geprägt. Es gab richtig süße Momente, die mich auch sehr für die beiden erwärmt haben. Hauptsächlich war die Liebesgeschichte aber ein einziges Auf und Ab, da sie vor allem von Bens Launen abhängig war. Dann gab es aber auch wieder Momente, wo ich mir dachte: das ist so anstrengend mitzuverfolgen, aber so sind die Liebesgeschichten von heute doch, oder?! Gefühle ohne Ende sind vorhanden, aber man kann sich denen nicht stellen und steht sich letztlich selbst im Weg. Also im Grunde eine realistische Liebesgeschichte, die aber eben dennoch an den Nerven zerrte.

In einem letzten Punkt möchte ich noch auf den Schreibstil eingehen, der gerade im Jugendbereich, zumindest meiner Meinung nach, inzwischen zu einem typischen Stilmittel geworden ist. Es gibt unheimlich viele kurze Sätze, die fast schon staccato-artig an Gedankenfetzen erinnern. Dann wiederum gibt es Passagen, wo die Autorinnen sich in ihrer Wortgewandtheit austoben und so tief in der Gefühlskiste graben, das man sich schon fast an einen Prosatext erinnert fühlt. Als Beispiel nenne ich hier nur mal die erste Begegnung von Ben und Lilly, wo er direkt etwas merkt und mit diesem Ich nichts anzufangen weiß und ihn den ‚Fremden‘ nennt. Das ist ja schon fast philosophisch. Und diese beiden Stile wurden so verrückt miteinander gemischt, dass es sich zwar um eine flotte Lektüre handelte, aber nicht immer um eine Lektüre, die in den richtigen Momenten die Intensität der Gefühle bot. Da gab es leider ganz eindeutig zu viele Schwankungen.

Fazit: Eine klassische Liebesgeschichte wird im ungewöhnlichen Rahmen eines Synchronisationsstudios erzählt. Dieser Aspekt hat mich sehr unterhalten. Meine Schwierigkeiten hatte ich jedoch mit den beiden Hauptfiguren, allen voran Ben, der ein sehr anstrengende Diva darstellte. Zudem war der Schreibstil ein Mix aus Extremen. Das findet man in Jugendbüchern immer öfters, nur leider geht dafür doch auch eine ganze Menge an Gefühl verloren. Daher ist abschließend zu sagen, dass das Potenzial groß ist, die Umsetzung aber noch etwas hapert.

Veröffentlicht am 13.08.2018

Erzählerischer Stil im Ungleichgewicht

My Image of You - Weil ich dich liebe
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Bei „My Image of You“ habe ich der vollen Überzeugung zugegriffen, dass es sich um mein Erstlingswerk der Autorin Melanie Moreland handelt, bis ich bei den weiteren Werken von ihr „Beneath the Scars“ entdeckt ...

Bei „My Image of You“ habe ich der vollen Überzeugung zugegriffen, dass es sich um mein Erstlingswerk der Autorin Melanie Moreland handelt, bis ich bei den weiteren Werken von ihr „Beneath the Scars“ entdeckt habe. Ups, da war mir der Autorenname wohl offensichtlich nicht hängengeblieben. Aber diese Erkenntnis war keine Katastrophe für mich, da mich „Beneath the Scars“ nicht bitter enttäuscht hatte, aber mich aber auch nicht restlos begeistern konnte. Daher war „My Image of You“ nun unfreiwillig meine zweite Chance für Moreland.

Der Autorin gelingt es, wie auch schon in „Beneath the Scars“ zwei sehr greifbare und transparente Charaktere zu schaffen, mit denen man gerne mitfiebert. Dies gelingt sogar, obwohl weit über die Hälfte des Romans hinweg den LeserInnen nur die männliche Perspektive von Adam geboten wird. Diesen Schritt fand ich sehr ungewöhnlich, weil man solche Bücher in diesem Genre nur zu lesen bekommt, wenn ein erster Band einer Reihe aus der Sicht der Frau ist und die Autorin oder der Autor den LeserInnen das Verlangen still, zu wissen, was auch der Mann empfunden und gedacht hat. Nun haben wir wie gesagt bewusst fast ausschließlich die männliche Perspektive und das klappt einwandfrei. Adam wird viel Gefühl und Fingerspitzengefühl gegeben und durch seine Empathie ist es wunderbar möglich, durch seine Augen auch Ally so wahrzunehmen, als ob man auch hinter ihren Kopf gucken kann. Das ist durchaus erstaunlich, da die Männer doch meistens eher härter und eindimensionaler wirken, aber ich empfand diese Eigenschaften bei Adam jetzt nicht als unrealistisch. Als gegen Ende hin dann auch ein paar kleinere Kapitel aus Allys Sicht folgen, habe ich sogar gedacht, dass ich die gar nicht gebraucht hätte, da Adam die Geschichte wirklich tragen konnte.

Zu Morelands erzählerischen Problemen habe ich die Charaktere und den Schreibstil ohnehin nicht gezählt. In „Beneath the Scars“ gefiel mir das Erzähltempo stellenweise nicht und auch die Dramatik war nicht richtig verteilt. Genau diese beiden Baustellen springen mir nun auch in „My Image of You“ wieder ins Auge. Der Anfang ist gemächlich geschrieben, man wird regelrecht in die erste Begegnung des Protagonistenpärchens hineingezogen und da diese so eine tolle Chemie haben, ist man gleich mittendrin. Doch relativ schnell wird das Tempo wieder angezogen und die Beziehung der beiden entwickelt sich in einem Tempo, das eigentlich zu der sonstigen Atmosphäre nicht so recht passen will. Relativ schnell erzählt Ally ihre gesamte Lebensgeschichte, ruckzuck stellt Adam sein Leben in den Kopf und besteht darauf, dass sie bei ihm einzieht. Und all in dieser Zeit werden die Probleme, die eine Beziehung ganz am Anfang durchaus bereithält, einfach ausgespart. So gesehen ist mir zu lange Friede, Freude, Eierkuchen.

Als das Drama dann kommt, ist dieses fast schon unerträglich gestaltet, weil die Mutterfigur von Ally so verbohrt und wahnsinnig ist, dass ich am liebsten in die Seiten gekrochen wäre, um sie mir selbst vorzuknüpfen. Zudem fehlt bei mir die entscheidende Reaktion von Allys Seite her, denn es ihre Familie, ihr Trauma, ihre Sorgen und Adam trägt diesen Kampf zu sehr für sie aus. Nach diesem Drama kehrt schnell wieder Ruhe ein und es war ein sehr langes harmonisches Ende eingeläutet. Ja, ich liebe es, das Paar am Ende glücklich zu erleben, aber da dies zu viel im beschreibenden und nicht im erzählenden Stil gestaltet war, war bei mir irgendwann die Luft raus.

Fazit: Melanie Moreland hat unstreitbar einen ganz eigenen Stil. Sie schafft nahbare Figuren, die eine tolle Chemie miteinander haben und sie kann auch wunderbar Gefühle transportieren. Aber zu ihren Stärken gehört definitiv nicht, das Erzähltempo gleichmäßig zu halten und das Drama richtig zu proportionieren. Da passt die Mischung für mich einfach nicht, um mich restlos zu überzeugen.

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Veröffentlicht am 31.07.2018

Wasser kann nicht mit den Bienen mithalten

Die Geschichte des Wassers
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Maja Lunde hat sich mit ihrem angekündigten „Klima-Quartett“ ein wirklich ambitioniertes Projekt vorgenommen, das eindrücklich auf die menschlichen Gefahren für Klima und Umwelt hinweisen soll. „Die Geschichte ...

Maja Lunde hat sich mit ihrem angekündigten „Klima-Quartett“ ein wirklich ambitioniertes Projekt vorgenommen, das eindrücklich auf die menschlichen Gefahren für Klima und Umwelt hinweisen soll. „Die Geschichte der Bienen“ bot den Auftakt, den ich wirklich großartig fand, weil zum einen der wissenschaftliche Faktor literarisch ansprechend verarbeitet wurde, weil die Geschichten auch generell etwas zu sagen hatten und weil die einzelnen Erzählebenen geschickt miteinander verwoben waren. Daher war ich sehr gespannt, ob der zweite Teil, „Die Geschichte des Wassers“ dabei mithalten könnte.

Direkt auf den ersten Seiten erkennt man sehr schnell den Stil von Lunde wieder, sowohl im Aufbau der Geschichte, als auch im Schreibstil, der sehr einfach ist und dennoch Eindringlichkeit verströmt. So gut mir dieser Stil auch gefällt, kann er doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Niveau diesmal nicht so stark ist. Das liegt in meinen Augen im ganz besonderen Maße an Signes Geschichte. In „Die Geschichte der Bienen“ gab es noch drei Zeitebenen und damit drei Perspektiven. „Die Geschichte des Wassers“ bietet nur zwei Perspektiven. Das ist eigentlich ja sogar ganz nett, da man sich so mehr Zeit für eine einzelne Figur nehmen könnte, aber bei Signe versagt das Ganze deutlich. Ich habe sie zu keinem Zeitpunkt als sympathische Figur empfunden. Ich habe keinen richtigen Zugang zu ihren Gedanken, Gefühlen und Handlungen gefunden. Zudem hatte sie wenig Handlung in der Gegenwart, sondern schwelgte immer in der Vergangenheit, die zwar auch bereits mit dem Wasser zu tun hat, aber dennoch viel zu sehr persönliches Drama war. Persönliches Drama aber, das mich nicht berühren könnte.

Davids Geschichte ist dagegen vom ersten Moment an viel einnehmender, auch weil die Dringlichkeit der Situation mit Dürre und gnadenloser Hitze eindrücklich dargestellt wird, so dass man sich schnell mit David und seiner Tochter verbunden fühlt. Auf ihre Erlebnisse habe ich so sehr hingefiebert, dass ich mich dabei erwischte, bei Signes Kapiteln die Zeilen eher zu überfliegen. Dadurch wurde für mich schnell die Diskrepanz der beiden Geschichten deutlich, die einfach zu schwerwiegend waren, um mich erneut auf sehr hohem Niveau zu unterhalten. Schön fand ich am Ende aber wieder, wie die beiden einzelnen Geschichten miteinander verknüpft waren.

Die Folgen für das Element Wasser wurde durchaus in beiden Geschichten angedeutet und behandelt, jedoch fehlte mir am Ende die letzte Botschaft. „Die Geschichte der Bienen“ war auch in diesem Aspekt viel runder und hat mich auch nachdenklicher gemacht. „Die Geschichte des Wassers“ bleibt dabei aber doch sehr blass.

Fazit: Der zweite Teil des „Klima Quartetts“, „Die Geschichte des Wassers“ fällt im Gegensatz zum ersten Band deutlich ab. Zum einen konnte mich einer der beiden Zeitebenen zu keinem Zeitpunkt packen, zum anderen wurde das Ausmaß des menschlichen Handelns auf die Konsequenzen für das Wasser ganz klar den persönlichen Dramen untergeordnet, so dass mir am Ende leider die klare Botschaft fehlt.

Veröffentlicht am 15.07.2018

Im Niveau zweigeteilt

Ein Moment für die Ewigkeit
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Ich habe in den letzten Monaten doch sehr mit Abbi Glines auf Kriegsfuß gestanden. Sie war noch nie die Meistererzählerin schlechthin und trotzdem habe ich sie kennengelernt als eine Autorin, die dramatische ...

Ich habe in den letzten Monaten doch sehr mit Abbi Glines auf Kriegsfuß gestanden. Sie war noch nie die Meistererzählerin schlechthin und trotzdem habe ich sie kennengelernt als eine Autorin, die dramatische Geschichten locker und wendungsreich darstellen kann. Ihre letzten Werke wirkten dagegen eher lieblos und gerade ihre letzten beiden Novellas kann man sogar als Frechheit bezeichnen… Warum also habe ich bei „Ein Moment für die Ewigkeit“ wieder zugegriffen? Zum einen ist mir das Cover ins Auge gestochen, das wirklich wunderschön aussieht und was auch so gar nicht zu dem üblichen Cover-Stil ihrer Bücher im Deutschen passen will. Dadurch dachte ich gleich „Neuanfang!“ Zudem war es auch der Klappentext, der doch eine intensive, gefühlvolle Geschichte versprach, eine Seite, die Glines zuletzt viel zu selten gezeigt hat und die ich unbedingt wieder erleben wollte.

Die Geschichte ging auch tatsächlich gut los. Denn mit der Ausgangslage für Vale war schon bereits ein dramatischer Aspekt gegeben, der natürlich recht früh auf die Tränendrüse gedrückt hat. Dennoch war ich schnell auch wieder enttäuscht, weil Vale und Slate die typischen Charaktere von Glines sind. Vale irgendwie süß und so unheimlich naiv, Slate derjenige, der wirklich alles flachlegt und dabei immer super gechillt durch die Gegend läuft. Dementsprechend war die Geschichte doch eher oberflächlich gehalten. Natürlich gab es eine zentrale Botschaft, wo ich auch richtig merkte, dass sie der Autorin wichtig war, vielleicht weil sie die Botschaft gerade selbst erst verinnerlicht hat, aber leider wurde das nicht so intensiv geboten, wie ich es mir versprochen hatte.

Dann gab es plötzlich einen Break (den ich auf jeden Fall sehr interessant und überraschend fand, den ich aber natürlich nicht spoilern werde) und die Welt sah wieder ganz anders aus. Anders besser. Nur leider hatte die Geschichte nach dieser Wandlung nicht mehr so viele Seiten, so dass diese richtig starke Phase zum Ende hin leider kürzer ausfiel als die eher langweilige und oberflächliche Phase in der ersten Hälfte. Plötzlich wirkten Vale und Slate reifer und durchdachter. Man merkte auch, dass Glines sich nun auch mehr Zeit nahm und auf die eher ruhigen Momente setzte. So gibt es ein wirklich süßes Ende, das wirklich genau richtig wirkt.

Fazit: „Ein Moment für die Ewigkeit“ ist ganz eindeutig wieder deutlich besser, als das, was von Glines im letzten und in diesem Jahr so veröffentlicht wurde. Dennoch ist es eben nicht DAS Werk, was ich mir aufgrund des Klappentextes erhofft hatte. Die erste Hälfte war von den Charakteren und der Handlung her leider zu stereotyp angelegt. Nach einem tollen und überraschenden Twist zeigt sich dann eine neue Sicht, die ich gerne über das gesamte Buch hinweg gehabt hätte. So ordne ich das Buch im guten Mittelmaß ein und hoffe wirklich, dass das der Beginn von Glines ist, die die Kurve bekommen hat!

Veröffentlicht am 13.07.2018

Hat mehr Leerlauf als der Vorgänger

Verliere mich. Nicht.
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Nachdem ich „Berühre mich. Nicht“ endlich auch gelesen hatte, war ich doch etwas besorgt, dass damit der zweite Band „Verliere mich. Nicht“ anstand, der in den Rezensionen vieler LeserInnen doch deutlich ...

Nachdem ich „Berühre mich. Nicht“ endlich auch gelesen hatte, war ich doch etwas besorgt, dass damit der zweite Band „Verliere mich. Nicht“ anstand, der in den Rezensionen vieler LeserInnen doch deutlich schlechter weggekommen ist als der erste Band. Mit so einer möglichen Enttäuschung im Kopf ein Buch zu lesen ist immer schwer, vor allem wenn der erste Band eben so großartig war und man einfach nicht will, dass genau derselbe Eindruck wie bei vielen anderen entsteht.

Aber natürlich war es keine Möglichkeit für mich, den zweiten Band nicht zu lesen, so dass ich mir gesagt habe „Augen zu und durch!“ Mir fiel doch recht schnell auf, dass das Buch deutlich mehr Leerlauf aufweist. Zu Beginn will die Geschichte nicht richtig in Fahrt kommen und dann ist Sage vor allem mit ihrer Wohnungssuche beschäftigt. Ja, das ist ein typisches Problem einer Studentin, aber ich fand es dennoch ermüdend, ausführliche Wohnungsbeschreibungen lesen zu müssen, wenn Sage in diesen Wohnungen letztlich aber nicht unterkam. Spätestens mit Silvester kommt aber wieder deutlich mehr Leben in die Bude, so dass es auch wieder zu zahlreichen Szenen kommt, die mich im ersten Band so schön berühren und unterhalten konnten. Gegen Ende hin wiederum entsteht wieder dieser Leerlauf, wo es doch zahlreiche Füllerszenen gibt, um dann am Ende wieder das große Drama aufzubauen. Daher ziehe ich in Bezug auf den Spannungsbogenaufbau das Fazit, dass dieser nicht so gut gelungen ist.

Sage und Luca gefallen mir als Protagonisten weiterhin sehr gut. Ich mag einfach ihr Zusammenspiel, das immer tiefer geht und immer intensiv wirkt. Bei Sage fand ich trotzdem schade, dass der Therapie-Aspekt doch deutlich abgenommen hat. Natürlich hat sie sich schon deutlich verbessert, aber trotzdem ist sie noch lange nicht gesund, wie später ja auch nochmal der Epilog zeigt, daher fand ich es doch sehr schade, dass die Gruppentherapien nicht näher durchleuchtet wurden. Denn im ersten Band schwärmte ich noch, wie realistisch dieser Genesungsprozess dargestellt wurde, um jetzt im zweiten Band festzustellen, dass dieser Weg nicht konsequent zu Ende gegangen wird. Auch die Auflösung am Ende mit der Mutter, Schwester und Alan ist mir viel zu knapp ausgefallen und irgendwie auch zu einfach. Wie Sage sich aber wiederum behauptet hat in die Begegnungen mit ihm, das war einwandfrei gelungen.

Da die Reihe mit diesem Band nun abgeschlossen ist und Laura Kneidl auch keine weiteren Bücher aus diesem Figurenuniversum angekündigt hat, fällt mir überdeutlich ins Auge, dass viele Nebenfiguren gute Ansätze bekommen haben, aber eigentlich vor allem im zweiten Band komplett untergehen. Ich muss es nicht haben, dass jede einzelne Figur ihr Happy End bekommt, aber wenn Möglichkeiten für Storylines angesetzt werden, dann will ich diese auch realisiert sehen. Gerade wenn ich dann feststelle, dass dieser Band viel Leerlauf hatte, wären ja also die Seiten zur Verfügung gewesen. So habe ich festgestellt, dass April zur absoluten Randfigur degradiert wurde, Gavin wurde nur noch erwähnt und auch die angedeuteten Gefühle von ihm ihr gegenüber werden unter den Teppich gekehrt. Ja, Sage und Luca haben ihr Happy End bekommen und das ist auch gelungen, aber die Nebenschauplätze sehe ich auch gerne im Reinen.

Fazit: Ja, auch ich bin enttäuscht von „Verliere mich. Nicht“, nachdem der erste Band so großartig war. Ich konnte aber zum Glück feststellen, dass mir der Abschluss nicht gefiel, weil er anderen nicht gefiel, sondern dass ich tatsächlich zahlreiche Argumente finden konnte, um meinen Eindruck zu untermauern. Die zentrale Liebesgeschichte wird zufriedenstellend zu Ende gebracht und es gibt erneut richtig tolle Szenen, aber insgesamt gab es viel zu viel Leerlauf, der mit den potenzialreichen Nebenfiguren gefüllt hätte werden können. So wirkt der zweite Band im Vergleich leider deutlich banaler.