Meinung
Erwartungen und die tatsächliche Umsetzung könnten teilweise nicht unterschiedlicher sein. Habe ich als Leserin die falsche Entscheidung mit einem von mir ausgewählten Roman getroffen, oder wurden mir die falschen Erwartungen durch, zum Beispiel, andere Rezensionen geweckt? Dies sind die Fragen, die ich mir vor jeder Rezension stelle, hat mir ein Roman nicht gefallen. Sie sind wichtig für jede Bewertung, da sie beeinflussen, wie viel Objektivität ich in einen Beitrag legen kann. Ich möchte an dieser Stelle deswegen direkt mit der Empfehlung anfangen, um danach genauer ins Detail zu gehen, warum mich
Kim & Liam nicht überzeugen konnte.
Der Roman ist genau richtig, wenn schnelle Unterhaltung für einen Leseabend gesucht wird, bei der der Fokus auf der Instant Love liegt. Damit ist die Liebe auf den ersten Blick gemeint, die sich direkt zu Beginn eines Romans entwickelt. Normalerweise trifft dies besonders auf das Genre New Adult zu, da die Paare in den klassischen Liebesromanen erst kurz vor Ende der Geschichte zusammen kommen.
Kim & Liam verbindet beide Genre miteinander, da die Protagonistin und ihr Love Interest Anfang dreißig sind. Wem Liebesromane per se zu trocken sind und wer außer Liebesschwüren noch jede Menge Dramatik sucht, wird hieran Freude haben. Durch den jugendlichen und leichten Schreibstil ist es wirklich einfach, das Buch innerhalb eines Abends oder Wochenendes zu beenden. Zu der flotten Erzählweise gehören allerdings auch kleine Ungereimtheiten. Es sind nicht viele Kleinigkeiten, jedoch fallen diese schnell auf, wenn man sich ein wenig mit der jeweiligen Materie auskennt.
Laut dem Klappentext erwartete mich in
Kim & Liam – Für immer du ein junges Liebesglück zwischen zwei unglücklichen Seelen die zunächst zueinander finden, bis ein größeres Ereignis dafür sorgt, dass ihre Liebe auf die Probe gestellt wird. Bekommen habe ich allerdings etwas anderes. Ein Roman der ein Paar beinhaltet, das sich nach dem ersten Kennenlernen direkt ewige Treue schwören möchte, sollte vor allem eines sein: glaubwürdig. Wieso fühlen sich die beiden zueinander hingezogen? Was macht sie aus? Charakter, Eigenschaft, wahrscheinlich auch Aussehen? Es reicht für mich nicht aus, dass beide wahnsinnig gut aussehen und sich sexuell anziehend finden und dann im darauffolgenden Atemzug von Liebe sprechen. Es können sich liebend gern Konstellationen gefunden werden, in denen sich die Protagonistin zum Beispiel eher für offene Beziehung ausspricht und so flüchtige Bekanntschaften pflegt. Es kommt immer auf den Umstand der Situation an. Aber wenn es genau wie in diesem Fall abläuft und sich zwei Menschen in einem Club kennenlernen, den ganzen Abend nicht miteinander sprechen, etwas rummachen, sich dann wochenlang nicht sehen um sich dann zufällig wieder zu treffen und quasi sofort zusammen kommen: ja dann fehlt es mir eindeutig an unterhaltendem Inhalt. Die Beziehung von Kim und Liam basiert darauf, dass sie sich ansprechend finden. Romantik ist nicht zu spüren. Anziehungskraft? Ja, davon gibt es reichlich. Allerdings will es einfach nicht zu den Schwüren passen, die zwischen den beiden regelmäßig ausgetauscht werden.
Der Roman orientiert sich an der klassischen Rollenverteilung nach amerikanischen Vorstellungen. Auch wenn Kim hier und da etwas Gegenwehr durchblicken lässt, wird sie im Großen und Ganzen als das klischeehafte schwache Weibchen dargestellt, dass ihrem Freund das Bier hinterherträgt und ständig sauer auf ihn ist, weil sie seine Gefühlsausbrüche nicht deuten kann. Warum? Weil sie nicht miteinander kommunizieren, siehe oben. Die wahren Probleme werden erst nach der (wahnsinnig schnell herbeigeführten) Hochzeit ausgegraben, die anscheinend auch das einzig wahre Ziel im Leben der Protagonistin ist (Krankheit hin oder her). Selbst ihr persönliches Umfeld – sprich Eltern, Bruder und beste Freundin – wünschen ihr nichts anderes für die Zukunft, als endlich einen Mann zum heiraten zu finden. Hier kommt wieder die bereits erwähnte Rollenvorstellung ins Spiel.
Zwei Drei Dinge die mich richtig geärgert haben betreffen sowohl das Timing des Romans, als auch Liam, den Astronauten sowie Kims Verhalten.
Das ganz große Drama beinhaltet gerade mal die letzten 15 %, als ob die Geschichte schnell zum Ende gebracht werden musste. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass sich das Buch mit mehr Zeit und Kapazitäten auch in eine ganze andere Richtung hätte entwickeln können. Vielleicht hätte ich die weiteren beiden Punkte dann auch ganz anders wahrgenommen.
Bad Boys sind immer noch die Book Boy Friends Nr. 1 in der Art von Literatur, die in erster Linie Frauen ansprechen soll. Selbst wenn Liam sicher nicht als solcher gedacht gewesen ist, hat er bei mir diesen Eindruck hinterlassen. Es ist keiner Weise in Ordnung, seiner Freundin den Sex vorzuenthalten, nur weil man sich als Mann in seiner Maskulinität eingeschnitten fühlt, weil die Angebetete auf ein Kondom besteht. Vor allem wenn sie dies auch noch damit begründet, dass sie in der Vergangenheit schwer krank gewesen ist und Angst hat, sich bei einem etwas einzufangen (wie soll man dies auch wissen, wenn man eigentlich nichts voneinander weiß?). „Ich werde nur mit der schlafen, wenn ich dich auch richtig fühlen kann“? Also bitte.
Kim bekleckert sich in meinen Augen auch nicht gerade mit Ruhm, wenn sie wissentlich einen Astronauten heiratet und dann vom ihm verlangt, die von immer erhoffte Mission nicht anzutreten.
Fazit
Kim & Liam kennen sich kaum, wollen sich gefühlt auch gar nicht richtig kennenlernen und entdecken dann all die kleinen Geheimnisse an einem Punkt, an dem es bereits zu spät ist. Abgesehen davon wollen sie Probleme des anderen lösen, die nich in ihren Aufgabenbereich gehören, sondern in professionelle Hände. Dies stört mich nicht nur in diesem Liebesroman, sondern auch in anderen Büchern der Art mit am meisten. Krankheitsbilder und Traumata werden in den Raum geworfen, kaum richtig wiedergegeben und der neue Partner soll nun all diese, seit Jahren angehäuften, Probleme lösen. Das funktionier so nicht.
Leider hat sich der Roman nicht so entwickelt, wie der Klappentext es angedeutet hat und die Spannung kam erst im letzten Drittel so richtig auf. Das Charakterdesign der beiden Hauptfiguren hat mir in seiner Ausarbeitung nicht gefallen, jedoch haben mir die Nebencharaktere gefallen und sie zeigen das Potenzial, das hier nicht ausgeschöpft worden ist.
Für Fans der Liebe auf den ersten Blick und New Adult Romanen ist
Kim & Liam – Für immer du mit Sicherheit eine gute Abendunterhaltung. Mir hat es leider nicht zugesagt, allerdings würde ich mich noch einmal von Madlen Schaffhausers Können überzeugen lassen.