Bizarres kleines Buch
Töte michWas für eine bizarre Geschichte… Eine Wahrsagerin prophezeit Graf Henri Neville ungefragt, dass er bei seinem demnächst stattfindenden Fest einen seiner Gäste töten wird. Seine depressive 17-jährige Tochter ...
Was für eine bizarre Geschichte… Eine Wahrsagerin prophezeit Graf Henri Neville ungefragt, dass er bei seinem demnächst stattfindenden Fest einen seiner Gäste töten wird. Seine depressive 17-jährige Tochter Sérieuse hört davon. Sie möchte sterben und sagt ihrem Vater: „Töte mich“. Die Protagonisten gehören einer adligen Familie an, weshalb die absurde Handlung vor einer skurrilen Kulisse spielt. Die Autorin Amélie Nothomb spiegelt die dekadente Lebensweise gekonnt in ihrem Schreibstil wider. Vor allem Henri klingt oft besonders affektiert.
Die Charaktere sind mir durch die Bank weg unsympathisch. Henri scheint sich mehr über die Prophezeiung zu grämen statt über den schockierenden Vorschlag seiner Tochter. Seine deutlich jüngere Frau ist umwerfend schön, aber langweilt sich schnell und wirkt dabei sehr herablassend. Die anderen zwei Kinder sind auch keine Sympathieträger. Dazu kommt: Familie Neville nimmt das Sprichwort „Adel verpflichtet“ deutlich zu ernst und lässt selbst die eigenen Kinder hungern, um Geld zu sparen. Dieses Geld wird wiederum dafür aufgewendet, nach außen hin den hohen Lebensstandard aufrechterhalten und die adligen Verpflichtungen erfüllen zu können. Mehr Schein als Sein. Dazu zählt vor allem der monatliche Empfang auf dem Familienschloss, die sogenannte Garden Party. In der aktuellen Generation steht die Familie nun vor dem Ruin – sie ist bankrott und muss ihr Schloss demnächst verkaufen. Eine letzte Garden Party ist geplant, bei der eben dieser ominöse Mord stattfinden soll.
Trotz der dekadenten, unsympathischen Charaktere und der abstrusen Handlung fesselt das Buch. Ich habe es in einem Zug durchgelesen (was bei mageren 111 Seiten allerdings nicht schwer war) und das absurde Geschehen hat mich auf schockierende Weise unterhalten.