Viel Aufklärung, wenig Ausblick
Der Autor arbeitet als Psychoanalytiker und spricht daher aus der Praxis, aber auch aus persönlichen Erfahrungen und Umständen. Das Drama der hochbegabten Frau ist dabei oft, dass sie sich ihre Begabung ...
Der Autor arbeitet als Psychoanalytiker und spricht daher aus der Praxis, aber auch aus persönlichen Erfahrungen und Umständen. Das Drama der hochbegabten Frau ist dabei oft, dass sie sich ihre Begabung nicht eingesteht. Noch immer wird die Leistung von Frauen niedriger bewertet, nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch ihre Fähigkeiten selbst. Dutzende Beispiele drehen sich immer wieder um das Problem, dass die Frauen nicht glauben, besser oder klüger oder einfach gebildeter zu sein, als ihre Mitmenschen und darum die eigenen Leistungen verstecken oder von anderen zu viel fordern.
Parallel zum Problem der Selbstbewertung zeigt Schmidbauer das Phänomen und die Folgen von Narzissmus auf, den er eng mit Hochbegabung verknüpft. Teilweise kommt das etwas zu pauschal für meinen Geschmack rüber. Allgemein zeigt Schmidbauer vor allem Negativbeispiele auf, die er zwar fundiert analysiert, wo mir aber der Aspekt des Ausblicks fehlt. Die hochbegabte Frau, so scheint es, muss einen psychischen Knacks bekommen. Da möchte ich doch laut widersprechen.
Nicht zu verachten aber ist die Aufklärungsarbeit, die dieses Buch durchaus leistet. Nicht nur im Bereich Hochbegabung und dem Umgang damit, sondern allgemein in der alltäglichen Unterdrückung der Frau. Wie die Titelgebende Figur aus der griechischen Mythologie, Kassandra, bleibt die (hochbegabte) Frau ungehört. Ihr wird unterstellt, doch eh keine Ahnung zu haben oder sich in den Vordergrund drängen zu wollen. Dieses „Zum Schweigen bringen“ der Frau sehen wir täglich in jedem Bereich und nicht nur Hochbegabten gegenüber.