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Marakkaram

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.03.2018

Die kranke Seele

Das geheime Leben der Seele
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Unser Gehirn ist eine Assoziationsmaschine. Immer wenn wir etwas erblicken, geht uns blitzartig durch den Kopf, was man damit alles machen kann. Auf dem Küchentresen zum Beispiel liegt das große scharfe ...

Unser Gehirn ist eine Assoziationsmaschine. Immer wenn wir etwas erblicken, geht uns blitzartig durch den Kopf, was man damit alles machen kann. Auf dem Küchentresen zum Beispiel liegt das große scharfe Messer. Wir wissen, dass wir damit prima Zwiebeln hacken können, aber theoretisch können wir es auch jemanden in den Bauch rammen.

Das geheime Leben der Seele.
Wieso wir sind, wie wir sind.

Ich finde das Thema "Seele" ~ was ist sie überhaupt, was weiss man mittlerweile über sie, was sind die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse über das "unsichtbare" Organ, das Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten suchen ~ hochinteressant. Deswegen war ich auch begeistert, als ich dieses Buch entdeckt habe. Nur leider hält der Inhalt nicht, was der Titel verspricht; der hätte eher "Die kranke Seele" lauten müssen, denn um nichts anderes geht es der Verhaltenstherapeutin.
Okay, ist ja auch nicht uninteressant, da nochmal fundiert in die Tiefe zu gehen, habe ich gedacht....

Die Autorin gibt einen allgemeinen, für Laien verständlichen Einblick in die menschliche Psyche. Mir etwas zu oberflächlich, einseitig und allgemein gehalten - oftmals nur nach Schema F (Strategie ist nie eine bewusste Entscheidung), ohne auch mal über den Tellerrand zu schauen und vielleicht auch mal interessante Abweichungen darzulegen. Es geht viel um Glaubenssätze bzw. Schemata.

Zu Beginn gibt es eine kurze Übersicht über das limbische System und die einzelnen Botenstoffe. Eine Einleitung zum Thema "Seele" -was verstehen wir darunter- hat mir komplett gefehlt.

Auch von dem Thema Vorgängergenerationen und Kriegsschäden, habe ich mir mehr versprochen. Tatsächlich beruft man sich hier viel auf Erziehung und (unbewusste) Nachahmung, nichts von Vererbung, Genetik, kollektives Bewusstsein etc.

Wer noch nie von einer Persönlichkeits-, Angst-, oder Zwangsstörung gehört hat, für den wird die kurze Übersicht sicher interessant sein. Auch hier wiederholt die Autorin sich in Glaubenssätzen und dadurch enthält eine z.T. nur 1-seitige Zusammenfassung wenig Hintergrundinformationen.

Schräg finde ich solche Aussagen, wie: Wenn ich Mitgefühl mit Tieren habe, dann mache ich einen Umweg um den Hähnchengrill. Wer sich diesen Satz mal auf der Zunge zergehen lässt, erkennt ein wenig die Richtung und Tiefe der Aussagen. So gesehen, hat niemand, der Fleisch isst, ein Mitgefühl für Tiere und ich als Vegetarierin dürfte nicht in meinem Supermarkt einkaufen, weil davor ein Hähnchengrill steht. Jetzt mal ganz überspitzt.
Und ein gedankliches Abschweifen beim Autofahren als eine Light Version der Dissoziation zu bewerten, finde ich leicht übertrieben und wenn, dann sollte man da schon mal näher drauf eingehen.
Solche lapidaren Aussagen erwarte ich einfach nicht, in einem wissenschaftlich fundierten Buch.

Im letzten Abschnitt stellt die praktizierende Verhaltenstherapeutin dann noch kurz die Therapien vor. Scheinbar das Non plus Ultra, dabei kommt sie gefühlt richtig in Fahrt. Aber auch hier fehlen mir wieder alternative Denkansätze.

Fazit: Was mir an dem Buch wirklich gefällt, ist, dass die Autorin quasi eine Lanze bricht für die "unsichtbaren", die psychischen Erkrankungen, die halt nicht so einfach zu erkennen sind, wie Körperliche.
Und alles in allem ist das Buch auch ganz okay, aber ich persönlich habe mehr erwartet auf knapp 350 Seiten.

Veröffentlicht am 22.02.2018

sozialkritischer Krimi

Kühn hat Ärger
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Kühn mochte das nicht, denn es nahm dem Opfer die Würde. Und es setzte einen Prozess fort, der häufig mit der Tötung begonnen hatte: Die Verdinglichung.

So richtig hat Kühn sein Leben noch nicht wieder ...

Kühn mochte das nicht, denn es nahm dem Opfer die Würde. Und es setzte einen Prozess fort, der häufig mit der Tötung begonnen hatte: Die Verdinglichung.

So richtig hat Kühn sein Leben noch nicht wieder im Griff, als er nach dem Burn-out seinen Job bei der Kripo wieder aufnimmt. Sein ganzes Geld steckt in einem Haus, durch dessen Keller giftige Chemikalien hochkommen, weshalb die komplette Siedlung nur noch "Giftograd" genannt wird, seine Ehe kriselt und auch von seinem langjährigen Kollegen fühlt er sich hintergangen.

Dann führt ein toter Jugendlicher mit Migrationshintergrund die beiden in einen anderen Teil Münchens, in die Welt der Superreichen und der noblen Gesten. Haben die van Houtens tatsächlich völlig vorurteilsfrei Amir Bilal als Freund ihrer wohlbehüteten Tochter akzeptiert? Kaum zu glauben, dennoch spricht alles dafür...aber warum ist Amir jetzt tot?

~ ~ ~ *

"Kühn hat Ärger" ist der 2. Roman rund um den Polizisten Kühn, der unabhängig vom ersten gelesen werden kann. Allerdings wird hier der Täter aus dem Vorband verraten. Wer also beide Teile lesen möchte, sollte definitiv mit "Kühn hat zu tun" anfangen.

Jan Weiler hat mich vor Jahren mit seinen sozialkritischen Untertönen in "Antonio im Wunderland" schwer begeistert.
Daher waren meine Erwartungen relativ hoch; ein lockerer Krimi, mit sehr deutlichen sozialkritischen Aspekten. Letzteres ist auf jeden Fall gelungen und auch sehr spannend, doch der große Rest gestaltet sich, nach meinem Empfinden, eher zäh und dröge.

Die Grundstimmung, die sich durch das komplette Buch zieht, fühlt sich bedrückend und grau an. Und sehr oft wird man in Kühn`s immer noch leicht depressiven Gedankenstrudel gezogen. Ich hatte das Gefühl mit ihm in Echtzeit durch sein in Schieflage geratenes Leben zu strumpeln, was mit Sicherheit so gewollt ist, nur zog es sich ziemlich dahin. Kühn hat zur Zeit einfach zu viele Baustellen, so dass die Spannung und der eigentliche Fall ein wenig auf der Strecke bleiben. Schade, denn der ist sehr interessant und die Auflösung nicht minder.

Was mir sehr gut gefallen hat, ist die gelungene Darstellung der Gesellschaftsschichten, diese inzwischen doch recht große Schere zwischen Reich und Mittelschicht und Armut. Die Charaktere hingegen, blieben mir in bestimmten Schlüsselpositionen einfach zu blass.

Fazit: Wenig vom interessanten Krimi, dafür viele nebensächliche Handlungen und Gedankengänge eines Polizisten, der sein Leben noch nicht wieder im Griff hat.

Veröffentlicht am 20.02.2018

Solider Kurzkrimi

Flammender Schnee
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"Ja schon. Ich habe den ganzen Tag das Treiben im Dorf beobachtet, vollkommen ungestört. Ich hatte zwar nur wenig Essen dabei, aber ich hab´s mir gut eingeteilt. Langweilig ist es mir jedenfalls nicht ...

"Ja schon. Ich habe den ganzen Tag das Treiben im Dorf beobachtet, vollkommen ungestört. Ich hatte zwar nur wenig Essen dabei, aber ich hab´s mir gut eingeteilt. Langweilig ist es mir jedenfalls nicht geworden."

Als Tobias im Krankenhaus erwacht, kommen die Erinnerungen nur stückchenweise. Der Reporter war auf dem Weg in den Ski-Urlaub, als sein Fahrzeug von der verschneiten Strasse abkam und er bis ins nächste kleine, um nicht zu sagen; fast schon von der Welt abgeschnittene, Dorf laufen musste. Und dort tickten nicht nur die Uhren noch anders, auch die Begrüßung fiel nicht grade gastfreundschaftlich aus. Nur Anna, die Wirtin, kümmert sich um ihn. Aber auch sie rät ihm zu verschwinden. Tobias Reportergeist ist geweckt. Was verbirgt die Dorfgemeinschaft?

~ ~ ~ *

Thomas Manderley hat mit "Flammender Schnee" einen soliden, ruhigen Kurzkrimi geschrieben, den man sich gut als E-Book Happen für zwischendurch zu Gemüte führen kann.

Die Geschichte ist nicht neu, dennoch recht interessant und punktet mit einem überraschenden, aber in sich rundem Ende.

Der Weg dorthin ist hier und da vielleicht etwas langatmig, da unser Reporter sich selber gerne reden hört, das hätte ich mir definitiv knackiger gewünscht. Langweilig wird es trotzdem nicht, da man einfach neugierig ist, was in diesem Dörfchen denn eigentlich geschehen ist.

Der Schreibstil von Thomas Manderley ist recht flüssig, aber trotzdem noch ein wenig ausbaufähig (Wiederholungen, Wortwahl, Satzbau etc.). Bei den Charakteren hat er ganz interessante Nebenfiguren geschaffen, wogegen die Hauptprotas ein wenig blass bleiben.

Fazit: Ein solider, ruhiger Krimi, den man als E-Book zum Abschalten für zwischendurch gut lesen kann. Ob es sich lohnt, das Taschenbuch zu kaufen, muss jeder für sich entscheiden. Ich stehe dem Preis-LeistungsVerhältnis bei Kurzgeschichten immer eher kritisch gegenüber und hier fehlt es mir dafür auch ein bisschen an Substanz - also kein "Must have".

Veröffentlicht am 15.08.2019

Begegnungen - zumeist langatmige (2,5*)

Fünf Lieben lang
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* Das ist Liebe, hätte er gesagt, Befangenheit ist Liebe, nackte Angst ist Liebe, sogar die Verachtung, die du spürst ist Liebe. *

Paul ist zwölf, als er sich zum ersten Mal unsterblich verliebt. Giovanni ...

* Das ist Liebe, hätte er gesagt, Befangenheit ist Liebe, nackte Angst ist Liebe, sogar die Verachtung, die du spürst ist Liebe. *

Paul ist zwölf, als er sich zum ersten Mal unsterblich verliebt. Giovanni ist Tischler, Ende zwanzig und restauriert einige Familienstücke. Die Liebe des Jungen ist obsessiv, raumeinnehmend und endet doch ganz plötzlich....

So fangen sie an, die fünf Lieben eines bisexuellen Mannes, wobei das jeweilige Geschlecht in der Geschichte zumeist eine untergeordnete Rolle spielt.

Der Roman ist in fünf Kapitel/Lieben unterteilt, die, mit Ausnahme von Giovanni, alle miteinander verbunden sind und mit einer kleinen Überraschung endet. Allerdings konnte dieser letzte Satz das Ruder dann nicht mehr herumreissen.

Andre Aciman erzählt in einer klaren Sprache - unaufgeregt, oftmals langatmig und umständlich, selten mal poetisch und kraftvoll. Es sind vor allem Begegnungen, ohne große Spannungsmomente. Mich hat die Intensität, die Emotion oftmals nicht erreicht und auch die meisten Charaktere blieben mir fremd. Eine Verbindung konnte ich nur zu Manfred aufbauen - eher als zu Paul. Paul, der schnell obsessiv und einnehmend, aber dann genauso schnell auch wieder gelangweilt ist. Bei Manfred hatte ich das einzige Mal das Gefühl tiefergehender Liebe. Ein Highlight, in dem ansonsten eher vor sich hinplätscherndem Roman.

Schreiben kann Andre Aciman, keine Frage, trotzdem konnte er mich hier nicht mitnehmen und auch nur selten Emotionen bei mir wecken. Sehr schade, denn Potential haben Paul, seine Lieben und die Frage, ob man den richtigen Weg gegangen ist.

Veröffentlicht am 18.07.2018

Bleibt hinter den Erwartungen zurück

In der Tiefe
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Kath zog eine Grimasse. "Meinst du das ernst? Carmen, du bist so leicht zu beeinflussen."

Ihr Name war Zena, Toms große Liebe, die eines Nachmittags im Meer schwimmen ging und nicht mehr zurückkehrte. ...

Kath zog eine Grimasse. "Meinst du das ernst? Carmen, du bist so leicht zu beeinflussen."

Ihr Name war Zena, Toms große Liebe, die eines Nachmittags im Meer schwimmen ging und nicht mehr zurückkehrte. Jetzt ist Carmen die neue Frau an Toms Seite und mehr als glücklich mit ihrem Traummann. Doch durch einen Zufall findet sie heraus, dass er ihr von Anfang an etwas verschwiegen hat. Die Polizei hielt Zenas Tod für Mord und Tom für den Hauptverdächtigen.

Wie gut kennst du deinen Mann?

~ ~ ~ *

"In der Tiefe" ist eher eine Familiengeschichte, die sich recht schnell wegliest und weit davon entfernt ist ein Psychothriller zu sein. Doch auch die Familiengeschichte kann nicht so recht überzeugen.

Dem Roman fehlt es an Raffinesse und vor allem an starken Charakteren. Das ist der ganz große Schwachpunkt. Wer so eine Story erzählen möchte, braucht Figuren mit Tiefe; Protas, die sie tragen. Das vermag hier leider niemand. Sie sind alle -selbst die Hauptfigur Carmen- recht oberflächlich gehalten und sie bleiben schlichtweg blass.
Dabei bietet es so viel Potential, es liegt wirklich zum greifen nahe.... Vor allem, weil ich vorher in der Vita gelesen habe, dass die Autorin heute als Redakteurin für das Magazin Psychologies arbeitet. Auch das hat mich Sicherheit gewisse Erwartungen geweckt. Sehr schade.

Der Schreibstil ist einfach, aber größtenteils recht angenehm und ich hatte es an einem Nachmittag durchgelesen, aber in Erinnerung wird der Roman mir nicht lange bleiben.