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Veröffentlicht am 20.07.2018

Die Charité - der Anfang

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
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Die Charité ist eine der bekanntesten Universitätskliniken Europas. Als ich letztes Jahr eine Serie im TV sah, die um die Jahrhundertwende spielte und die vorallem von Robert Kochs Forschungen erzählte, ...

Die Charité ist eine der bekanntesten Universitätskliniken Europas. Als ich letztes Jahr eine Serie im TV sah, die um die Jahrhundertwende spielte und die vorallem von Robert Kochs Forschungen erzählte, war ich begeistert. Ulrike Schweikert ist für mich keine unbekannte Autorin und nach der Leseprobe wusste ich, dass ich diesen Roman unbedingt lesen möchte.

In "Die Charité - Hoffnung und Schicksal" sind wir noch früher angesiedelt und zwar zu Anfang des 19. Jahrhunderts rund um die Jahre 1830-40. Die Cholera wütet in Teilen Osteuropas und auch in Berlin gibt es bereits die ersten Totesfälle. Die Menschen sind verängstigt und schreiben die Krankheit den giftigen Dämpfen, die aus dem Kanal aufsteigen zu. Zu dieser Zeit beginnt Elisabeth als Wärterin in der Charité zu arbeiten. Sie ist eine der wenigen Frauen und Männer, die diese schwere und kaum bezahlte Arbeit mit Herzblut verrichtet. Sie ist einfühlsam und kümmert sich liebevoll um die Patienten, aber auch wissbegierig und intelligent.
Gemeinsam mit Elisabeth beginnt auch Dr. Alexander Heydecker als angehender Arzt in der Charité zu arbeiten. Er ist noch in der Ausbildung, die ihm vom Militär gewährt wird und wird Doktor Diffenbach zugeteilt. Oft liegen sich Elisabeth und Alexander in den Haaren, aber die gegenseitige Anziehung ist groß....der Standesunterschied aber größer.

Gräfin Ludovia ist eine sehr interessante Frau, die ebenfalls ihrer Zeit weit voraus ist. Sie interessiert sich für Medizin und wäre es ihr zu der damaligen Zeit möglich gewesen, hätte sie studiert. So aber ist sie das Anhängsel eines schwachen Mannes, eines Hypochonders, der sich mit seinen eingebildeten Krankheiten das Leben schwer macht. Mit dem behandelnden Arzt des Grafen, Doktor Diffenbach, kann sie einige Stunden mit interessanten Unterhaltungen füllen und verliebt sich in ihn. Ludovica unterstützt daraufhin die Klinik mit finanziellen Mitteln für eine bessere Ausbildung der Wärterinnen.
Hebamme Martha ist die Dritte im Bunde der drei starken Frauen in dieser Geschichte. Durch einen Vorfall möchte sie nicht mehr als Hebamme praktizieren und verschreibt sich der Pathologie.
Doktor Diffenbach ist das Bindeglied dieser drei Frauen, die alle großes Interesse an der Medizin haben und von Diffenbach erkannt und unterstützt wird. Nur mit Ludovica verbindet ihn auch eine geheime Liebe.

Während wir die vier Figuren begleiten, erleben wir den täglichen Ablauf im Krankenhaus, aber vorallem bekommt man die damalige medizinische Realität vorgesetzt. Durch den sehr bildhaften Schreibstil befand ich mich selbst im Krankensaal, konnte den ekelhaften Geruch von Eiter und Bllut riechen und nur schwer atmen. Es ist kaum zu glauben, dass zu dieser Zeit bei einer Operation noch keine Betäubungsmittel eingesezt werden konnten und der Patient einfach nur festgehalten oder angebunden wurde, während er operiert wurde. Die Behandlungsmethoden der damaligen Zeit lassen den Leser dankbar sein, dass er im 21. Jahrhundert leben darf.
Auch Hygiene war ein Fremdwort! Nicht umsonst starben die meisten Patienten nach einer Operation an Wundbrand. Mit Professor Diffenbach, der sich auch der Forschung verschrieb, erleben wir einen sehr engagierten Arzt, der eigene Wege geht und nicht an althergebrachten medizinischen Irrtümern glaubte. Auch die Therapiemethoden von Patienten der psychiatrischen Klinik oder der Behandlung von Syphillis lassen einem beim Lesen die Haare zu Berge stehen...

Die Charaktere sind authentisch und wunderbar real dargestellt. Man erlebt ihre Angst, Wut oder Hoffnung hautnah mit. Die Eigenheiten der realen Personen hat die Autorin miteingeflochten. Alle haben Ecken und Kanten und wurden mit Liebe zum Detail gezeichnet. Man begegnet nicht nur bekannten Ärzten, sondern auch dem Dichter Heinrich Heine oder dem Brüderpaar Alexander und Wilhelm von Humboldt, Naturforscher und Gelehrter.

Ulrike Schweikert ist es wunderbar gelungen interessante Hintergrundinformationen zu vermitteln und dem Roman Leben einzuhauchen. Die fiktiven Figuren wie Elisabeth oder Martha stehen den realen Vertretern der Ärzteschaft, wie Dr. Diffenbach, gegenüber. Viele der angeführten Ärzte gab es wirklich und einige haben mit ihren Forschungen Geschichte geschrieben.
Fiktion und Wahrheit sind von der Autorin wunderbar verknüpft und mit einer dementsprechenden spannenden Rahmenhandlung perfekt umgesetzt worden.
Bezüglich Dichtung und Wahrheit gibt es am Ende des Romans noch einige Erläuterungen der Autorin.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sehr bildhaft und zeitgemäß, wobei er ruhig auch historischer hätte sein können. Die sachlichen medizinischen Informationen wurden mit einer spannenden Rahmenhandlung lebendig erzählt und wunderbar verknüpft.So fiebert man die 500 Seiten mit allen Figuren mit und erfährt nebenei wissenswertes über Medizin. Ulrike Schweikert hat wirklich hervorragend recherchiert.

Fazit:
Ein wunderbarer Roman, der den Leser aufzeigt, wie viel in den letzten zweihundert Jahren im medizinischen Bereich geforscht und erreicht wurde. Mit einer spannenden Rahmenhandlung und facettenreichen Figuren hat Ulrike Schweikert interessante medizinische Hintergrundinformationen zu einer fesselnden Geschichte verschmelzen lassen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 14.07.2018

Ein richt toller Roman

Mehr als nur ein Traum
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Bereits im Roman "Gute Geister" von Kathryn Stockett hat mich der Rassismus in den 1960igern im Süden der USA schockiert. Ich konnte es nicht fassen, dass es vor rund 50 Jahren im "fortschrittlichen" Amerika ...

Bereits im Roman "Gute Geister" von Kathryn Stockett hat mich der Rassismus in den 1960igern im Süden der USA schockiert. Ich konnte es nicht fassen, dass es vor rund 50 Jahren im "fortschrittlichen" Amerika Zustände gab, die mich eher an die Zeit der Sklavenhaltung erinnerten. Die Gesichter derjenigen hätte ich gerne gesehen, als die USA den ersten schwarzen Präsidenten wählte! Nun...eine Frau hat es noch immer nicht geschafft...

Zurück zu den 1960igern. Zu dieser Zeit tritt Felicitas, eine junge Deutsche mit jüdischen Wurzeln, ein unverhofftes Erbe an. Als einzige Überlebende des Holocaust hält sie, außer ihrer Freundin Kerstin und ihrem Job als Fotografin, nichts mehr in Deutschland. Kerstin, die mit einem Piloten der US-Army liiert ist, überlegt allerdings ebenfalls mit Christopher nach Amerika auszuwandern. Als Felicitas in Wilkinson County, Mississippi ankommt, ist sie gänzlich unbefangen was Rassentrennung angeht - vorallem auch wegen ihrer eigenen Vergangenheit. Ihre offene und liebenswürdige Art hilft ihr schnell in der kleinen Stadt, sowie im eigens gelegenen Dorf der Schwarzen, Anschluss zu finden. Doch gerade ihre Unbeschwertheit den farbigen Menschen gegenüber ist manchen Bewohnern ein Dorn im Auge. Und so erhält Felicitas in ihrem neuen Heim, das zwar idyllisch, aber sehr abgeschieden liegt, bald Besuch von den berühmt berüchtigten weißen Kapuzenmännern, dem Klu-Klux-Klan. Als durchsickert, dass sie Jüdin ist, steht sie noch mehr im Zentrum der Vereinigung, die nicht nur auf Schwarze, sondern auch auf Juden und Katholiken Hatz macht. Nur durch die Hilfe der beiden engagierten Sheriffs Landon Brown und John Johnson ist sie erstmals sicher. Doch ihr fotografisches Gedächtnis erinnert sie an einen blinkenden Sheriffstern beim letzten Übergriff der Kapuzenmänner. Wen kann sie eigentlich noch trauen? Und was geschah mit der Frau, die vor ihr im Haus wohnte und auf mysteriöse Art gestorben ist? Als Kerstin in Deutschland auch noch Hinweise bekommt, dass die Nachlasspapiere Ungereimtheiten aufzeigen, sind beide Frauen mehr als beunruhigt...

Elisabeth Büchle ist mit "Mehr als nur ein Traum" ein wahrhaft großartiger Roman gelungen, der viele Themen beinhaltet und auch einen tollen Spannungsbogen aufweisen kann. In der Geschichte nehmen die Rassenunruhen in den Südstaaten der USA eine tragende Rolle ein. Dazu hat die Autorin auch einige historische Begebenheiten und Personen einflochten. J.F. Kennedy, Martin Luther King, sowie der bereits im Kern beginnende Vietnamkrieg sind genauso Themen, wie der Kampf gegen den Drogensumpf.
Mit dem Perspektivenwechsel nach Vietnam erzählt Büchle ebenso brilliant über den schwelenden Konflikt zwischen dem Norden und Süden des Landes, den Glaubenskriegen und dem Einsatz der US Army, sowie den beginnenden Drogenhandel und der Prostitution.

Charaktere:
Felicitas ist ein sehr vielschichtiger Charakter. Trotz ihrer schweren Kindheit ist sie eine offene, herzliche und hilfsbereite Frau. Sie hat ein fotografisches Gedächtnis und ist vollkommen unvoreingenommen. Auf der anderen Seite ist sie etwas tollpatschig, naiv und chaotisch. Sie hat Mut und lässt sich nicht so schnell von ihrem Weg abbringen. Sie setzt sich für Gerechtigkeit ein und nimmt auch selbst die Dinge in die Hand.
Sheriff Landon bleibt bis zum Ende hin ein undurchschhaubarer Charakter. Ich konnte ihn bis zum Ende nicht in Gut oder Böse einordnen, auch wenn ich immer etwas mehr zu den Guten tendierte. Das beruhte aber auch darauf, dass er ebenfalls den Schwarzen gegenüber gerecht und freundschaftlich gegenüber trat.
Kerstin und vorallem Christopher, den wir in einem eigenen Handlungsstrang nach Vietnam begleiten, nehmen ebenfalls einen Teil der Geschichte ein. Die restlichen Nebenfiguren sind ebenfalls sehr authenisch und sprühen teilweise nur so vor Leben. Besonders ans Herz gewachsen ist mir Birdie, die im Dorf der Schwarzen lebt.
Und noch kurz erwähnt...nicht nur der Inhalt, sondern auch das Cover ist einfach mehr als nur ein Traum!

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist einnehmend, lebendig und sehr bildhaft. Die beschriebene Zeitspanne wurde hervorragend recherchiert. Historische Persönlichkeiten wurden in die fiktive Geschichte miteinbezogen. Dadurch erhält man beim Lesen das Gefühl inmitten einer wahren Geschichte zu sein, die fesselt und mitreißt. Die wunderbare Erzählweise und Sprache der Autorin sind ein weiterer Pluspunkt.
Die Geschichte ist in fünf Teile aufgeteilt, die sich über die Jahre 1960-1964 aufteilen. Das Schriftbild des Buches ist eher klein und der Roman besitzt eine Dichte, die etwas mehr Lesezeit beansprucht. Zum einfach "kurz dazwischenlesen" ist die Geschichte nicht geeignet. Aber wer einmal begonnen hat, greift sowieso zu keinem anderen Roman.

Fazit:
Dieser tiefgründige Roman beinhaltet einfach alles, was man sich für einen bewegenden und interessanten Leseabend wünscht: spannende Handlung mit überraschenden Wendungen, lebendige Charaktere und Landschaften, sowie die hervorragende Recherche der Autorin.
Meiner Meinung ist "Mehr als nur ein Traum" das bisher beste Buch der Autorin! Von mir gibt es eine dicke Leseempfehlung und den "Lieblingsbuch" Status!

Veröffentlicht am 08.07.2018

Ein Pageturner!

Der Flüstermann: Thriller
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Ich habe bereits einige Thriller der Autorin, darunter auch Shepherds Zons-Thriller, die immer zwei Zeitstränge haben und nicht ganz so blutrünstig, wie ihre anderen Bücher sind, gelesen. In meinen letzten ...

Ich habe bereits einige Thriller der Autorin, darunter auch Shepherds Zons-Thriller, die immer zwei Zeitstränge haben und nicht ganz so blutrünstig, wie ihre anderen Bücher sind, gelesen. In meinen letzten Rezensionen hatte ich immer nur einen, jedoch denselben Kritikpunkt, der einen kleinen Sterneabzug mit sich brachte. Diesen kann ich beim Flüstermann nun nicht mehr anbringen, denn der Thriller ist vom Anfang bis zum Ende hin schlüssig und sehr spannend geschrieben!

"Der Flüstermann" ist der dritte Band der Laura Kern Reihe, kann aber auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden.

Schon im Prolog bekommt der Leser einen heimtückischen Mord an einer Frau vorgesetzt, der es unmöglich macht das Buch nochmals aus der Hand zu legen. Als kurze Zeit später ein Snuff-Video im Internet auftaucht, bei dem eine Frau brutal getötet wird, werden Spezialermittlerin Laura Kern und ihr Team auf den Fall angesetzt. Doch kaum wird die Location des Mordes gefunden, steht ein weiteres Video im Netz. Eine Mordserie beginnt, wobei der Täter willkürlich seine Opfer wählt...oder doch nicht? Alle Tötungsarten sind sehr speziell und werden vom Mörder explizit ausgesucht. Was steckt dahinter?

Die Autorin lässt den Leser kaum zu Atem kommen. Videos und Todesfälle reihen sich wie Perlen auf einer Schnur, während Laura, Max und Taylor versuchen die Spur des Täters zu finden. Diese führt ebenso ins Rotlichtmilieu, wie zu einer Versicherungsagentur. Immer wieder eingeschobene Rückblenden, die von einer Afrikareise vor sechs Jahren berichten, ergeben erst nach und nach Sinn. Für Gänsehaut pur sorgen die detaillierten Beschreibungen der Opfer kurz vor ihrem Tod. Nicht nur das Ermittlerteam, sondern auch der Leser spekuliert und rätselt, wohin die Spuren führen könnten. Überraschende Wendungen und einige falsche Fährten sind geschickt von der Autorin platziert.
Ich hatte zwar zum Ende hin den richtigen Riecher, wer der Täter sein könnte, aber die Gewissheit kam erst am Schluss. Und diesmal war auch mein Kritikpunkt, den ich bei den letzten Thriller der Autorin hatte, nicht vorhanden. Ein richtiger Pageturner für spannende Stunden!

Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und die prickelnde Beziehung zwischen Laura und Taylor nimmt nicht zu großen Raum ein, was ich befürworte, da romantische Thriller nicht so mein Ding sind. Laura ist eine sehr sympathische Ermittlerin, die ihr eigenes Päckchen zu tragen hat. Taylor bleibt auch in diesem Band geheimnisvoll und Max ist diesmal ein kleiner Pechvogel, der die Risiken seines Berufes am eigenen Leib zu spüren bekommt.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist rasant und fesselnd. Der Spannungsbogen ist sehr hoch und bleibt über die ganzen 334 Seiten konstant und gipfelt in einen dramtischen Showdown. Die Kapitel sind eher kurz gehalten. Die Abschnitten aus der Vergangenheit sind gekenntzeichnet. Die Perspektivenwechsel erhöhen den Spannungsfaktor.


Fazit:
Ein packender Thriller mit Gänsehautfeeling an dem ich diesmal nichts auszusetzen habe und volle Sternenzahl vergebe! Spannung und etwas andere Tötungsarten machen den Thriller zu einem Pageturner! (Und auch das Ende konnte mich diesmal zufriedenstellen)

Veröffentlicht am 29.06.2018

Authentisch und spannend! Leseempfehlung!

Zeiten voller Hoffnung
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Dieser Roman der englischen Autorin Lesley Pearse hat mich richtig in die Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts katapultiert und so schnell nicht mehr losgelassen - bis ich die letzte Seite gelesen ...

Dieser Roman der englischen Autorin Lesley Pearse hat mich richtig in die Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts katapultiert und so schnell nicht mehr losgelassen - bis ich die letzte Seite gelesen hatte. Es ist nicht mein erstes Buch der Autorin, aber das Beste, welches ich von ihr gelesen habe. Mein neuer Vorsatz: Wieder öfters zu einem Roman der Autorin zu greifen..

In "Zeiten der Hoffnung" erleben wir eine ganz besondere und tiefe Freundschaft zweier Mädchen aus unterschiedlichen Schichten. Während Verity aus reichem Hause stammt, lebt Ruby mehr oder weniger auf der Straße, denn ihre Mutter ist Prostituierte und dem Alkohol verfallen. Durch Zufall kreuzt sich der Weg der beiden Mädchen, die sich weiterhin heimlich treffen und Freundinnen werden. Beide lernen voneinander und Verity muss bald erkennen, dass Ruby zwar arm, aber intelligent ist.

Im Gegensatz zu Ruby, die es aus dem Sumpf Londons schafft und ihr Leben in die richtigen Bahnen lenkt, geht es bei Verity immer mehr bergab. Nachdem ihr Vater Archie wegen Veruntreuung polizeilich gesucht wird und sie ihr Zuhause verliert, lassen weitere Schicksalschläge nicht lange auf sich warten. Ihre Mutter verfällt in Selbstmitleid und ihre Tante Hazel, die Mutter und Tochter bei sich zuhause aufnimmt, ist alles andere als erfreut über zusätzliche Esser. Mit dem aufstrebenden Nationalsozialismus und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges verschlechtert sich die Situation der drei Frauen immer mehr. Als Verity's gewalttätiger Vater zur Bedrohung wird und die Freundschaft zu Ruby auf eine harte Probe gestellt wird, scheint Verity alle Hoffnung zu verlieren....

Die beiden Mädchen, die eine ganz besondere Freundschaft verbindet, sind wunderbar lebendig dargestellt. Ich hatte sie sehr schnell ins Herz geschlossen. Ich habe mit den Beiden mitgelitten und um ihr Leben gebangt. Aber auch alle anderen Charaktere bleiben keine Randfiguren, sondern werden wunderbar authentisch und liebevoll beschrieben. Besonders ans Herz gewachsen ist mir neben Ruby und Verity auch Eunice Wilberforce, genannt Wilby. Sie ist eine kluge Witwe, die in Devon wohnt und Waisen oder Kinder aus sozial schwachen Familien bei sich aufnimmt. Bei ihr lernt Ruby endlich Manieren, Vertrauen und Liebe kennen.
Das ganze Gegenteil zu Wilby ist Varitys Vater Archie. Unser Bösewicht hat mich noch nach Beenden des Romans im Schlaf verfolgt. Seine Grausamkeiten haben Thrillerniveau!

Ich bin begeistert von dieser Geschichte, die alles mitbringt, was man sich wünscht: Authentizität, Spannung, einen historisch fundierten Hintergrund und facettenreiche Charaktere.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist wunderbar bildhaft, kurzweilig und lebendig. Ihre Beschreibungen sind detailliert und authentisch. Besonders gelungen fand ich ihre Charakterdarstellungen, die vielschichtig und komplex sind. Der historische Hintergrund, der eine bedrückende Stimmung widerspiegelt, ist sehr gut recherchiert und dargestellt.

Fazit:
Ein wunderbarer historischer Roman über eine besondere Freundschaft, die allen Konventionen und Schicksalsschlägen standhält, umrahmt von einem Stück dunkler Zeitgeschichte und viel Spannung. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.05.2018

Tolle Sommerlektüre

Zwischen dir und mir das Meer
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Die Bücher von Katrin Koppold lese ich schon sehr lange. Ihre ersten Romane (Aussicht auf Sternschnuppen, Zeit für Eisblumen, Sehnsucht nach Zimtsternen und Hoffnung auf Kirschblüten) habe ich noch mit ...

Die Bücher von Katrin Koppold lese ich schon sehr lange. Ihre ersten Romane (Aussicht auf Sternschnuppen, Zeit für Eisblumen, Sehnsucht nach Zimtsternen und Hoffnung auf Kirschblüten) habe ich noch mit den alten Covern, die ich direkt über die Autorin gekauft habe, bevor der Rowohlt Verlag die Bücher übernommen und nochmals im Verlag veröffentlicht hat. Letztes Jahr hat die Autorin unter dem Pseudonym Katharina Herzog ihren Roman "Immer wieder im Sommer" veröffentlicht, der ein Bestseller wurde. Nun folgte ein weiterer Sommerroman unter diesem Pseudonym.

Dabei geht es um die beiden sehr unterschiedlichen Schwestern Lena und Zoe, die vor 20 Jahren ihre Mutter verloren haben. Die gebürtige Italienerin, und gute Schwimmerin, kam von ihrem frühmorgendlichen Bad im Meer nicht mehr zurück. Beide Töchter reagieren auf den Tod der Mutter völlig verschieden. Während Zoe eine extrovertierte, lebenshungrige junge Frau ist, die in der Weltgeschichte herumreist und keine Gefahr auslässt, lebt Lena eher zurückgezogen auf Amrun. Sie arbeitet als Krankenschwester in einem Hospitz und sammelt Meerglas am Strand, das sie zu wunderschönen Schmuckstücken verarbeitet. Doch schwimmen geht sie nicht mehr. Die Ungewissheit, was damals passiert ist, laässt Lena einfach nicht los.
Eines Tages taucht der junge Italiener Matteo Forlani bei ihr auf, der sich nach ihrer Mutter Mariella erkundigt und kurz darauf fluchtartig ihr Haus verlässt. Lena ist irritiert. Sie erkundigt sich im Hotel nach dem Mann und erfährt, dass er überstürzt abgereist ist. Im Hotel hat er eine Mappe zurückgelassen, die Fotos von Lenas und Zoes Mutter als Jugendliche zeigen. Das erweckt die Neugier der beiden Mädchen, die kaum etwas über ihre Mutter wissen. Die abenteuerlustige Zoe schlägt Lena vor an die Amalfiküste zu reisen, wo ihre Mutter aufgewachsen ist. Dort soll Lena den geheimnisvollen Matteo suchen und Mariellas Geheimnis lüften.. ..

In einem zweiten Handlungsstrang erfahren wir mehr über Mariellas Kindheit und Jugendzeit in Italien. Diese spielt in den 1970er Jahren. Mariella wächst ebenfalls ohne Mutter in eher ärmlichen Verhältnissen auf. Ihr Vater Antonio arbeitet als Zitronenpflücker bei den reichen Forlanis. Mariella findet in Francesca Forlani eine sehr gute Freundin und schwärmt für ihren älteren Bruder Alfi. Doch ihr Vater ist mit der Freundschaft zu den Kindern seines skrupellosen Chefs nicht wirklich einverstanden...

Während sich die beiden Handlungsstränge abwechseln, die sich perfekt ergänzen, gibt der Part aus der Vergangenheit immer genauso viel preis, dass er im Gegenwartsstrang nicht zu viel verrät. Denkt man zu Beginn, dass man hier eine Geschichte vor sich hat, die ähnlich gestrickt ist, wie so viele andere, die zur Zeit die Buchläden überschwemmen, wird man sehr bald bemerken, dass es hier anders ist. In diesem berührenden Roman steht nicht die Liebesgeschichte im Vordergrund, sondern die Identitätssuche der Schwestern und deren Zusammenfindung. Überraschende Wendungen verblüffen und die gut ausgearbeiteten Charaktere überzeugen. Besonders berührt hat mich der Vergangenheitsstrang um Mariella und ihr Geheimnis.

Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil. Man taucht sofort in die Geschichte ein und erst wieder auf, wenn man die letzte Seite gelesen hat. Katharina Herzog konnte mich verzaubern und mitnehmen an die Amalfiküste. Obwohl ich noch nie dort war, hatte ich das blaue Meer, die Felsen, den Strand und die Zitronenhaine vor Augen. Leider hatte ich keinen Limoncello in der Nähe, den Zitronenlikör der beschrieben Region, der sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht. Aber ein Glas Zitronenlimonade oder Zitroneneis passt sicher auch zu dieser sommerlichen Lektüre...

Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr lebendig und mit viel Atmosphäre. Man reist mit ihr an die Amalfiküste und sieht den Klippenspringern bei ihren atemberaubenden Sprüngen zu. Am Abend sitzt man im Freien und trinkt Limoncello....die Sehnsucht nach dem Sommerurlaub lässt grüßen!
Die einzelnen Charaktere sind lebendig und facettenreich dargestellt. Sie konnten mein Herz berühren. Dabei sind Zoe und Lena so unterschiedlich, dass man gar nicht weiß, wen von den beiden jungen Frauen man sympathischer findet. Beide haben viel zu lernen und entwickeln sich weiter.
Über den einzelnen Kapiteln ist ein Zweig mit Zitronen gezeichnet. In diesem steht der Name von einer der beiden Protaginistinnen: Lena oder Mariella. So weiß man auf einem Blick, in welcher Zeit das jeweilige Kapitel spielt.

Noch ein Wort zum Cover. Der Rowohlt Verlag hat hier wirklich ein wundervolles und farbenrpächtiges Cover erschaffen, das inspiriert und ein echter Hingucker ist.

Fazit:
Ein wundervoller Sommerroman, der nach Italien entführt und den man kaum aus der Hand legen kann. Mit überraschenden Wendungen, die verblüffen, hält die Autorin den Leser bei der Stange, aber auch die tolle Atmosphäre und die lebendigen Charaktere überzeugen zu 100%. Eine Leseempfehlung!