Weniger religionskritisch als erwartet, aber ganz okay
Heiliger BimbamIch als christlich erzogener aber nicht gläubiger Mensch fand es interessant, wie man denn aus dem Katholizismus herauskommt, der in meiner Vorstellung wesentlich strenger und knebelnder ist als der Protestantismus. ...
Ich als christlich erzogener aber nicht gläubiger Mensch fand es interessant, wie man denn aus dem Katholizismus herauskommt, der in meiner Vorstellung wesentlich strenger und knebelnder ist als der Protestantismus. Der Titel war dann auch so humorvoll gegeben, dass ich mit recht großen Erwartungen an das Buch herangetreten bin. Vermutlich liegt es an meiner mangelnden Affinität zur Religion, dass ich doch nicht so richtig warm mit der Geschichte geworden bin. Dennoch gibt es unzählige Stellen, die mich zum Lachen gebracht haben mit ihrer Art, sich über die Kirche lustig zu machen beziehungsweise durch Bibelzitate aufzuzeigen, was so alles nicht in Ordnung ist…
Auf sehr humorvolle Art beginnt das Buch in der Ich-Perspektive mit der Geburt des Autors und den „Dadada“-Sprachfehlern der Verwandten. Es geht weiter mit Kommunion und Geldsegen, der ewigen Erbsünde der Eva und der unerträglichen älteren Schwester, über Messdienerschaft mit Weihrauchunglücken und der Punkrockphase auf dem katholischen Jungengymnasium, auf dem leider kein Frauenbesuch gestattet ist. Im Grunde handelt diese Biografie davon, dass die Kirche es ganz allein geschafft hat, den nicht mehr ganz so kleinen Ralf Prestenbach nach und nach davon zu überzeugen, dass die Überzeugungen der Katholiken doch nicht so überzeugend sind… Und auf dem Weg zu diesem Sinneswandel verwendet der Junge, noch ganz gläubig, Bibelzitate, um seine Schwester zu ärgern („Wohl dem, der deine Kinder packt und sie am Felsen zerschmettert“ [Ps 137,9]) oder die Stellung der Frau darzustellen („Die Schlechtigkeit einer Frau macht ihr Aussehen düster und verfinstert ihr Gesicht wie das einer Bärin“ [Sir 25,17]) und bei vielen Gelegenheiten mehr. Sehr amüsant sind auch die Schlüsse, die der Junge aus Gleichnissen und anderen Bibelgeschichten zieht. Es ist tatsächlich erkennbar, wie er älter und erwachsen wird: Die Zweifel, oder zunächst einmal Gedanken, nehmen zu, die Fragen, die gestellt werden, werden tiefgründiger und die Erklärungen stellen ihn immer weniger zufrieden. Nach und nach wenden einige seiner Freunde der Kirche den Rücken zu und helfen im später, zu begreifen, was in diesem Gotteshaus eigentlich los ist. Das Nachwort lässt schließlich den Humor beiseite und der Autor redet Tacheles und mir aus der Seele. Zusammengefasst: Ich glaube nicht an das, was ihr verehrt, aber solange ihr mich in Frieden lasst, habe ich kein Problem mit euch. Leider ist das „in Frieden lassen“ nicht der Fall, sodass es einige Kritik punkte gibt. Schaut einfach mal rein, wenn es euch interessiert. Das Buch lässt sich sehr flüssig lesen. Und ich habe einige Dinge gelernt:
-Gott ist Italiener, schließlich wohnt der Papst in Rom.
-Eva ist an allem Schuld.
-„Wenn die drei Weisen aus dem Morgenland Frauen gewesen wären, dann hätte die Geschichte ganz anders ausgesehen. Die wären nämlich nicht so lange herumgelaufen. Die hätten einfach nach dem Weg gefragt, wären rechtzeitig angekommen und hätten dann bei der Geburt geholfen. Und Weihrauch hätten die auch nicht dabei gehabt, sondern Windeln und Spielzeug. Danach wären sie auch bestimmt nicht einfach abgehauen.“ (S. 136) Das sagt jedenfalls Evas Mutter…
-Messdiener dürfen das Tourette-Syndrom haben.
-Die katholische Weltsicht gleicht einem „totalitären Überwachungsstaat, regiert von einem unsichtbaren Despoten“ (S. 23)
-Jesu Leben und Sterben war eigentlich ein Abenteuer Gottes, der endlich mal wieder vor die Tür wollte. Und dann hat er ein bisschen übertrieben. Seine Mitarbeiter haben dann aber gesagt „Alles Absicht“ und alle waren begeistert. Dass sich einer ans Kreuz nageln ließ, gab es bei den anderen Göttern eben nicht. (vgl. S. 55)
Fazit
Nicht so kritisch wie erwartet, aber doch witzig. Nur finde ich keinen richtigen Zugang zur Thematik.