Wahn oder Realität?
Vom Äußeren hat dieser Thriller alles um einen Thrillerliebhaber auf sich aufmerksam zu machen. Eine tolle Coveraufmachung, spannender Klappentext, der nicht 0815 zu sein scheint und natürlich was mir ...
Vom Äußeren hat dieser Thriller alles um einen Thrillerliebhaber auf sich aufmerksam zu machen. Eine tolle Coveraufmachung, spannender Klappentext, der nicht 0815 zu sein scheint und natürlich was mir nach dem Klappentext mit am wichtigsten ist, die Bezeichnung „Psychothriller“. Ich konnte es kaum erwarten zu sehen ob der Inhalt dem Äußeren gerecht wird.
Ich weiß jedoch jetzt nach dem Lesen nicht so recht wie ich das Buch bewerten soll. Es sind gemischte Gefühle. Auf der einen Seite hatte es durchaus seine interessanten und hinters Licht führenden Momente. Der Schreibstil ist durchweg flüssig und durch die spätere Entwicklung der Geschichte kam ich schnell voran.
Auf der anderen Seite aber hat es mir definitiv an Nervenkitzel gefehlt. Erst kurz nach der Hälfte baut sich die Spannung auf. Davor hat sich die Geschichte zu sehr gezogen. Das Buch ist in drei Teile geteilt. Der Erste handelt von einem Gespräch zwischen der Kriegsreporterin Kate und einer Psychologin über deren Erlebnisse in Syrien und ihrer Heimat Herne Bay. Währenddessen bekommen wir auch immer wieder stückchenweise Rückblenden was in ihrem Elternhaus und ihrer Zeit in Syrien passiert ist und man kann langsam erahnen warum Kate inhaftiert wurde. Jedoch hat mich dieser Teil eher an ein tragisches Familiengeheimnis, also an ein Familiendrama erinnert als an einen Thriller. Auch die Protagonistin war mir unsympathisch, sie hatte eine zu ruppige Art und ich konnte viele Handlungen nicht nachvollziehen, was aber vielleicht auf Grund meiner eigenen moralischen Einstellung beruht. Ein positiver Aspekt ist wie ihre Wahnvorstellungen und Albträume in die Geschichte eingebaut sind. Ich empfand sie zu keiner Zeit gezwungen oder übertrieben, sondern gut und realitätsnah beschrieben.
Der zweite Teil ist aus Sallys Sicht, Kates alkoholkranker Schwester. Das Verhältnis zwischen den beiden ist seit ihrer Kindheit zerrüttet und hier konnte man endlich verstehen warum die beiden sich immer weiter voneinander entfernt haben. Ab jetzt wird es spannender, denn langsam kommt der Stein ins Rollen, der uns die Auflösung des Ganzen näher bringt. Auch Sally war nicht grad der sympathischste Charakter, den ich je getroffen habe, aber in sie konnte ich mich doch etwas mehr hinein versetzen.
Der dritte und letzte Teil ist der Showdown, der große Paukenschlag. Aber ziemlich schnell am Anfang konnte ich mir denken was passiert sein könnte, nur die Hintergründe waren eine Überraschung und jagten mir einen kleinen Schauer ein. Jedoch fehlte mir beim Lesen der Auflösung doch der Aha-Effekt.
Ich hätte mir für das Buch gewünscht, dass sich die Spannung die gegen Ende aufkommt durch die gesamte Geschichte zieht. Aber der Anfang war leider zu langatmig was den Einstieg erschwerte. An sich ist es eine gute und leichte Lektüre für Einsteiger in dieses Genre. Langzeitige und eingefleischte Psychothrillerfans werden wohl etwas enttäuscht zurück gelassen, da es (jedenfalls auf mich) eher wie ein Familiendrama mit Thriller Elementen wirkt.