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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.07.2018

Turbulent mit viel derbem Humor

Bülent Rambichler und die fliegende Sau
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Im fränkischen Strunzheim wird die Fleischereifachverkäuferin Kerstin tot und völlig nackt aufgefunden. Erkan Rambichler ist sich schnell klar, dass hier sein Sohn ermitteln muss, ist er doch schließlich ...

Im fränkischen Strunzheim wird die Fleischereifachverkäuferin Kerstin tot und völlig nackt aufgefunden. Erkan Rambichler ist sich schnell klar, dass hier sein Sohn ermitteln muss, ist er doch schließlich bei der Mordkommission Nürnberg tätig. Dafür setzt er alle Hebel in Bewegung, auch wenn er dafür die Wahrheit etwas krummbiegen muss. Dass der Sohn diese Ermittlung gar nicht möchte, ist völlig nebensächlich, und so fliegt er ein, der Bülent, zusammen mit seiner Assistentin Astrid. Eine Ermittlung wird in Gang gesetzt, wie sie so nur in Strunzheim im Fränkischen stattfinden kann.

Mit viel Augenzwinkern und noch mehr Lokalkolorit hat die Autorin Anja Bogner einen Krimi um diesen Ermittler wider Willen geschrieben. Die Geschichte nimmt sich selbst und auch seine Protagonisten nicht immer ganz ernst. Man kennt sich in Strunzheim, da fährt man auch schon mal seit Jahrzehnten ohne Führerschein (wissen alle im Dorf), spricht voneinander in lieblichen Spitznamen (die Tote ist die „Gelbwurscht-Pflunzn“, der ewig betrunkene Franz der „Suff“). Dazu passen auch die beiden Ermittler, der türkischfränkische Bülent mit dem Spleen um seine Körperpflege und die vegane Assistentin mit den Yoga-Allüren, von denen der eine so gar keinen Ehrgeiz und die andere dafür umso mehr zeigt. Es gibt kein Klischee, das nicht bis zum Anschlag ausgereizt wurde, kein Lacher, der hier verschenkt wurde. Und es geht eigentlich auch gar nicht so sehr um die Tote, sondern um das Biotop Strunzheim mit all seinen urigen Individuen.

Turbulent, chaotisch, mit viel derbem Humor - wer das mag, ist mit diesem Buch sehr gut bedient. Das Buch benutzt viele lokale Ausdrücke, doch keine Sorge, es gibt eine Übersetzung dazu, so dass sich alle in die Seele dieser fränkischen Gemeinde einlesen können. Mir hat die besondere Geschichte um den türkischfränkischen Ermittler wider Willen und seine clevere Assistentin gut gefallen, ich freue mich bereits auf die Fortsetzung dieser Reihe.

Veröffentlicht am 26.07.2018

Vertrackt

Opfer
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Kommissar Camille Verhoeven bearbeitet den Fall eines Überfalls auf ein Juweliergeschäft. Dabei wurde eine Frau schwer verletzt, es ist ein Wunder, dass sie überlebt hat. Diese Frau, Anne Forestier, ist ...

Kommissar Camille Verhoeven bearbeitet den Fall eines Überfalls auf ein Juweliergeschäft. Dabei wurde eine Frau schwer verletzt, es ist ein Wunder, dass sie überlebt hat. Diese Frau, Anne Forestier, ist seine Lebensgefährtin, doch niemand von seinen Kollegen weiß es. Anne ist selbst im Krankenhaus in Gefahr, denn sie kann die Täter identifizieren. Wie nur kann Verhoeven den Fall lösen und Anne schützen?

Eine vertrackte Kombination nimmt der Autor Pierre Lemaitre zum Ausgangspunkt für diese Geschichte. Sehr deutlich werden die Ohnmachtsgefühle, die Camille Verhoeven beim Betrachten des Überfalls und der schweren Verletzungen bei seiner Lebensgefährtin überschwemmen. Es ist nachvollziehbar, wie sehr er unter Druck gerät, die Täter zu finden und gleichzeitig Anne zu schützen, man kann den Stress aus dieser Situation durch alle Zeilen hindurch erkennen. Der Autor ist dabei nicht zimperlich, recht genau schildert er den Überfall, den man als Leser kaum verkraften kann. Der manchmal etwas stakkatohafte Schreibstil verstärkt das Alptraumhafte der Geschehnisse. Nur um dann eine völlig überraschende Wendung einzubauen, so dass der Leser am Schluss alles Bisherige nochmal überdenken muss…

Es ist kein einfaches Buch, das man so mal schnell durchlesen kann, dafür empfinde ich die Beschreibungen der Verletzungen zu ausführlich. Die Geschichte selbst ist sehr spannend geschrieben. Der Leser wird zunächst völlig in die Irre getrieben, nur um dann alles nochmal ganz anders zu betrachten – ein richtig gelungener Kniff in der Geschichte. Gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 26.07.2018

Katrinas ganz besonderer Weg

Hyde
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Katrina ist mit ihrer Schwester in Hyde aufgewachsen, in einem Haus im Wald, unter der liebevollen Betreuung ihres Vaters. Nach einem Unfall ist sie nun plötzlich allein auf sich gestellt. Voller Wut möchte ...

Katrina ist mit ihrer Schwester in Hyde aufgewachsen, in einem Haus im Wald, unter der liebevollen Betreuung ihres Vaters. Nach einem Unfall ist sie nun plötzlich allein auf sich gestellt. Voller Wut möchte sie sich an allen rächen, die ihr dies angetan haben. Als sie in einem verlassenen Haus landet, beginnt sich ihr Leben nach und nach zu ändern – zunächst unbemerkt von ihr. Und sie kommt so langsam einem großen Geheimnis auf die Spur.

Vielseitig aufgebaut ist diese Protagonistin, wie die Autorin Antje Wagner sie schildert. Viele Facetten ihrer Emotionen werden dargestellt, die Wut, die Rachegedanken, das Entsetzen darüber, was mit ihr und ihrer Schwester geschehen ist, bis hin zu den Zweifeln an allem, was ihr in ihrem bisherigen Leben wichtig war. Aber auch ihre positiven Gefühle erhalten ihren Platz in der Geschichte. Mysteriöse Elemente bringen einen Hauch des Andersartigen in die Erzählung hinein. Das Seltsame, das aus dem Alltäglichen heraus erwächst, erhält eine in mehrfacher Hinsicht besondere Bedeutung – welche überhaupt, das erschließt sich dem Leser erst ganz zum Schluss der Geschichte.

Vielerlei Symbole hat die Autorin in die Erzählung eingebaut. Die verschiedenen Erzählebenen werden auf eine unerwartete Weise miteinander verbunden, so dass die Erzählung eine verblüffende Wendung erhält.

Diese äußerst spannende Verquickung des Alltäglichen und des Mysteriösen lässt einen Roman entstehen, der die Spannung bis zum Schluss hoch hält. Dieses Leseerlebnis möchte ich gerne mit vier von fünf Sternen honorieren sowie einer unbedingten Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.07.2018

Der bisher persönlichste Fall für Klufti

Kluftinger
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Klufti ist stolzer Opa – und plötzlich erscheint ein Holzkreuz mit seinem Namen auf dem Friedhof, in der Zeitung taucht eine Todesanzeige auf. Kluftinger mag das alles gar nicht so ernst nehmen, doch bald ...

Klufti ist stolzer Opa – und plötzlich erscheint ein Holzkreuz mit seinem Namen auf dem Friedhof, in der Zeitung taucht eine Todesanzeige auf. Kluftinger mag das alles gar nicht so ernst nehmen, doch bald wird klar, dass das nicht einfach ein Dummer-Junge-Streich ist. Wer nur kann dahinterstecken, wer hat noch eine alte Rechnung mit ihm offen, so sehr, dass es um Leben und Tod geht? Kluftinger fallen dann doch noch ein paar Erinnerungen ein, die zu dieser Jagd auf ihn führen könnte.

Der zehnte Fall für den grantelnden Kommissar aus dem Allgäu wird zum persönlichsten seiner ganzen Laufbahn. Sie reicht auch am weitesten in seine Vergangenheit hinein. Und dabei wird endlich das große Geheimnis um seinen Namen gelüftet! Die Fallbearbeitung mit seinem Team, die Rückblicke in seine Vergangenheit lassen den Leser nicht daran zweifeln: Er gehört noch lange nicht zum alten Eisen, er ist noch genauso gut im Ermitteln wie bisher auch. Aber auch die andere Seite ist wieder gut dargestellt, wenn er einfach nur kauzig dargestellt wird, dass einem beim Lesen ein Dauergrinsen im Gesicht erscheint. Köstlich zum Beispiel der Autokauf für die junge Familie Kluftinger!

Trotz seinem dicken Umfang liest sich das Buch also weg wie alle bisherigen Bände um den Kult-Ermittler aus dem Allgäu. Zwischendrin habe ich tatsächlich überlegt, ob dies der letzte der Reihe sein sollte, ob es ihm diesmal wirklich an den Kragen geht. Doch sehr enttäuscht hat mich dann das Ende, das mich einfach nur verwirrt hinterlassen hat. Das soll es für den Jubiläumsband gewesen sein? Echt jetzt? Aber auch sonst habe ich die Leichtigkeit vermisst, mit der Kluftis Eigenheiten und seine besondere Ermittlungsgabe verbunden wurden, diesmal kommt vieles sehr bemüht daher.

Manches war dennoch spannend zu lesen, der beste Klufti der Reihe war es für mich definitiv nicht. Selbst Klufti-Fans dürften leise Enttäuschung bei diesem Band zeigen. Es reicht bei mir gerade mal noch für vier Sterne und (gemessen an den bisherigen Bänden der Reihe) eine nicht ganz so überzeugte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.07.2018

Der Wert eines Menschenlebens

Das Meer löscht alle Spuren
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Bei ihrer Flucht aus dem Iran werden der Dichter Manash Ismail und seine Frau Amina getrennt: Während er in einem Auffanglager in Dänemark landet, verschwinden ihre Spuren auf dem Weg nach London. Ismail ...

Bei ihrer Flucht aus dem Iran werden der Dichter Manash Ismail und seine Frau Amina getrennt: Während er in einem Auffanglager in Dänemark landet, verschwinden ihre Spuren auf dem Weg nach London. Ismail ist sehr gefragt für ein Interview, doch er möchte nur Nora Sand dafür haben, wenn sie ihn im Gegenzug dafür hilft, seine Amina zu finden. Damit beginnt für Nora eine abenteuerliche und schwierige Suche, die sie mehr als einmal in eine gefährliche Situation bringt.

Der Thriller von Autorin Lone Theils greift ein aktuelles Thema auf und lässt eine brisante Story daraus entstehen. In ihrem Buch sind die Flüchtlinge, wenn sie denn endlich in einem „sicheren“ Land ankommen, noch lange nicht aus all ihren Ängsten heraus. Im Gegenteil, es gibt einige skrupellose Menschen, die sich die ungeklärten Verhältnisse der Flüchtenden zunutze machen, um selbst einen bedeutenden materiellen Vorteil daraus zu schöpfen. Zimperlich sind sie dabei überhaupt nicht, dafür ist es umso schwerer, ihnen auf die Schliche zu kommen. Deshalb hat auch Nora sehr viele Schwierigkeiten, Aminas Spuren zu finden. Es dauert eine Weile, bis ihre Bemühungen endlich Früchte tragen. Wer jedoch diese Durststrecke beim Lesen überwindet, wird mit einer solchen Spannung belohnt, dass
man immer weiterlesen will.

Nachdenklich hinterlässt einen das Schicksal des Ehepaares, das auf der Flucht getrennt wurde und dabei schwersten Schaden nimmt: Kann es wirklich sein, dass wir in unseren ach so reichen Ländern so unverantwortlich umgehen mit Menschen in Not? Diese Frage hat bei mir noch lange nachgeklungen, einfach so herunterlesen konnte ich das Buch nicht.

Nora ist sehr überzeugend dargestellt, sie ist sehr sympathisch in ihrem beruflichen Engagement, das von viel Menschlichkeit zeugt, während ihr Privatleben eher etwas unschlüssig umherschlingert. Sehr gerne möchte ich noch weitere Recherchen mit ihr erleben. Den ersten Band der Reihe kenne ich noch nicht, den muss ich unbedingt noch lesen.

Für die spannenden Lesestunden und das nachdenkliche Moment dieses Thrillers vergebe ich gern 4 von 5 Sternen sowie eine überzeugte Leseempfehlung.