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Veröffentlicht am 09.09.2018

Eine widersprüchliche Persönlichkeit

Ida
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Ida ist keine einfache Persönlichkeit: sie hat an allem und jedem etwas auszusetzen, gibt sich sogar als moralische Instanz ihres eigenen Geschlechts aus, meckert unzufrieden herum, erscheint oft egoistisch, ...

Ida ist keine einfache Persönlichkeit: sie hat an allem und jedem etwas auszusetzen, gibt sich sogar als moralische Instanz ihres eigenen Geschlechts aus, meckert unzufrieden herum, erscheint oft egoistisch, wortkarg und selbstgerecht. Somit hatte ich von Ida keinen allzu guten Eindruck. Im Laufe des Buches wird jedoch klar, warum sie so geworden ist, wie die Menschen in ihrem Umfeld versucht haben, sie zu manipulieren und auszunutzen. Bereits in ihrer Kindheit hatte sie, aber vor allem auch ihr Vater mit allerlei Wehwehchen und Krankheiten zu kämpfen. So scheint es, als würde Ida immer dann physische Beschwerden entwickeln, wenn ihr etwas unangenehm ist oder sie eigentlich aus ihrem Leben ausbrechen wollte. Ihrem Bruder Otto ist sie tief verbunden und er spielt neben ihrer Cousine Elsa eine große Rolle in ihrem Leben.
Mein „Wissen“ zu Sigmund Freud ist recht oberflächlich. Doch nachdem, was ich hier über ihn erfahren habe, steht mir nicht der Sinn danach, dies zu ändern. Dr. Freud thront geradezu über seiner jungen Patientin, die auf einem Diwan liegend von ihm abgewandt die Therapie über sich ergehen lassen muss. Der Arzt klappert derweil mit seiner Uhrenkette, was Ida noch Jahre später in Erinnerung bleibt, und interpretiert ihre Träume und Handlungen als sexuell motiviert oder frustriert, ohne so recht auf ihr Leben und ihre Person einzugehen. Ich hatte stets den Eindruck, dass er eine vorgefasste Meinung hatte und Ida ging es genauso. Ihren Mut, die Therapie abzubrechen, kann ich nur bewundert. Schließlich war sie eine junge Frau und von ihrem überzeugten Vater zum Arzt geschickt worden. Die Behandlung bei Sigmund Freud nimmt nur einen kleinen Raum in der Lebensgeschichte von Ida Adler, geborene Bauer, ein. Vielmehr füllt Katharina Adler den Roman „Ida“ mit der Lebensgeschichte ihrer Mutter, historischen Ereignissen und dem Wesen dieser Frau – nicht strikt biografisch, sondern auch mit Fantasie.
Das Hörbuch hat mich vor eine Herausforderung gestellt. Zunächst kam ich mit der monotonen Stimme von Petra Morzé nicht gut klar, was sich allerdings im Laufe der Zeit legte. Die Färbung durch ihren österreichischen Sprachgebrauch passte ganz gut zu der Geschichte. Schwerer tat ich mir hingegen mit den Zeitsprüngen, die mich in Idas Leben hin- und hergeworfen haben. Als diese ausblieben, habe ich mich besser in den Geschehnissen zurechtgefunden. Die historischen Ereignisse – von der Kaiserzeit bis hinein in den Nationalsozialismus und den 2. Weltkrieg – waren sehr interessant und haben Idas Leben geprägt. Es wird ganz klar, dass „Der Fall Dora“ - die Therapie bei Sigmund Freud - nur ein Aspekt im Leben von Ida Adler war und diese Frau dahinter interessant ist und widersprüchliche Gefühle im Leser hervorruft. Katharina Adler hat das Leben ihrer Urgroßmutter sicherlich gründlich recherchiert und die Lücken mit ihrer Fantasie gefüllt. Es erzeugt durchaus Spannung und zieht den Leser vor allem während Idas Flucht in seinen Bann. Ihr Schreibstil ist intensiv und gekonnt, wenn ich an die vielen kleinen Details in der Beschreibung von Idas Wesen denke.
Leider konnte ich den Schwerpunkt auf der politischen Karriere von Otto Bauer nicht nachvollziehen. Auch hätte ich mir gewünscht, dass die Auswirkungen der Therapie auf Ida mehr hervorgehoben worden wären. Dies bleibt etwas im Dunkeln.
Insgesamt finde ich „Ida“ sehr interessant und auch sprachlich gut gelungen. Die Verbindung aus Biografie und Geschichte gefällt mir und zum Ende hin konnte ich mich sogar etwas mit Ida anfreunden, was ich von Dr. Freud nicht behaupten kann. Ich würde es als Buch gerne weiterempfehlen, denn als Hörbuch fand ich es schwierig zu verstehen. Doch es ist auf jeden Fall lesenswert und gibt Einblicke in die Anfänge von Dr. Sigmund Freud aber vor allem gibt es dem „Fall Dora“ als Ida Adler (Bauer) ein Gesicht und eine Stimme.

Veröffentlicht am 31.07.2018

Der totel verrückte Weltuntergang

Die Apokalypse ist nicht das Ende der Welt
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Wenn zwei Erzengel auf Abwegen wandeln und mit einer Dämonin einen Pakt schließen, kann es nur verrückt werden!
Die beiden leidgeprüften Erzengel Michael und Gabriel könnten nicht unterschiedlicher sein: ...

Wenn zwei Erzengel auf Abwegen wandeln und mit einer Dämonin einen Pakt schließen, kann es nur verrückt werden!
Die beiden leidgeprüften Erzengel Michael und Gabriel könnten nicht unterschiedlicher sein: Michael mit seinem Flammenschwert ist langweilig und Gabriel hat es als Verkünder heutzutage auch nicht leicht. Lilith ist so herrlich böse und dabei wunderschön. Zusammen sind sie ein ungewöhnliches Team und sorgen für etliche Lacher, aber gleichzeitig schleicht sich das Gefühl ein, dass die Apokalypse nicht zuletzt dank der Abwesenheit Gottes und ein paar zusätzlicher schräger Wesen bedrohlich näher rückt. Der Plan von Gabriel und Michael sieht, dass Gott wieder in den Himmel zurückkehrt. Liliths Plan dagegen ist ein ganz anderer: sie will ihren dämonischen Neigungen freien Lauf lassen und die Menschen vernichten.
Die Autorin hat sich viel Mühe mit der Beschreibung der vielen Figuren gegeben und sie dabei lebendig werden lassen. Ob nun Madame Destiny, mein absoluter Favorit, und sein Freund Azrael oder die 4 jungen Frauen, alle sind so dargestellt, dass man sich als Leser durchaus in sie hineinversetzen kann. Der Humor ist überraschend und kommt genau dann, wenn die Geschichte zu ernst zu werden droht. Der Roman strotzt nur so vor blühender Fantasie und hat mich richtig gut unterhalten. Kenntnisse über die Offenbarung und die Bibel im Allgemeinen kann beim Lesen jedenfalls nicht schaden … deren Unkenntnis schmälert den Lesegenuss nicht. Und plötzlich war die Geschichte zu Ende! Wo blieben die Hexe und Großmutter Aurora? Von ihnen war nichts mehr zu lesen. Das Ende hat mich allerdings enttäuscht zurück gelassen. Schade! Ansonsten kann ich jedem, der verrückte, schräge Plots mag, den Roman ans Herz legen. Er ist eine rasante, abgefahrene und tolle Unterhaltung, die sich leicht lesen lässt.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein Klassentreffen wird zur tödlichen Falle

Nichts ist verziehen
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In einer einsamen Waldhütte in Hagfors/Värmland soll nach 30 Jahren ein Klassentreffen samt Geisterwanderung wie in den 80er Jahren stattfinden. Schon nach einigen Gläsern Alkohol ist die Stimmung eher ...

In einer einsamen Waldhütte in Hagfors/Värmland soll nach 30 Jahren ein Klassentreffen samt Geisterwanderung wie in den 80er Jahren stattfinden. Schon nach einigen Gläsern Alkohol ist die Stimmung eher gedämpft und die Begeisterung verhalten. Auf der Geisterwanderung passiert Unfassbares: Jack, der kleine Stern am Medienhimmel und selbsternannter Buchautor, wird brutal ermordet aufgefunden. Seine ehemaligen Mitschüler/innen sind entsetzt, können aber nicht viel zu einer Rekonstruktion des Tathergangs beisteuern. Petra und Christer stoßen bei ihren Ermittlungen auf ganz unterschiedliche Charaktere, die kein ungetrübtes Bild jener Schulzeit abbilden. Irgendetwas muss vor 30 Jahren, als die Klasse bereits einmal bei der Hütte ihres Lehrers Sune übernachtet hatte, passiert sein, was sich bis heute noch auswirkt. Erinnerungen an jene Zeit haben die einen verdrängt und die anderen kümmert es wenig. Jack fällt jedoch als Opfer sehr ins Auge des Lesers, der sich hier wunderbar als Ermittler einbringen kann, denn er wollte ein Buch über jene Schulzeit schreiben. Da stellt sich sogleich die Frage, wer könnten verhindern wollen, dass solch ein Buch jemals erscheint?
„Nichts ist verziehen“ ist mein erstes Buch von Ninni Schulman und ihrer Reihe um die Journalistin Magdalena, die in ihrem Job gute Arbeit leistet, privat aber stark von Ängsten geplagt wird. Dadurch geriet der Thriller auch auf einen Nebenschauplatz: Magdalena bekommt Drohmails, seit sie über Brände in Asylbewerberunterkünften berichtet. Zwischendurch hat sich mir die Frage gestellt, ob diese Brände und Drohungen mit dem Mord an Jack zu tun hatten oder nicht. Im Laufe der Geschichte wurde die Situation geklärt. Zunächst möchte ich anmerke, dass ich noch kein voriges Buch der Reihe gelesen habe, jedoch mit den Charakteren gut klar gekommen bin. Die vielen Namen der ehemaligen Schüler waren anfangs etwas viel und ich brauchte meine Zeit, um sie auseinander halten zu können. Während Petra und Christer nach dem Mörder von Jack fahnden, kommt es zu erneuten Todesfällen und der Leser taucht immer tiefer in die Vergangenheit dieser Klasse ein. Bei vielen ehemaligen Mitschülern brodelt es. Die unterschiedlichen Erinnerungen der „Klasse“ an die Schulzeit finde ich sehr interessant, zeigen sie doch, wie jeder einzelne mit ein und demselben Geschehen umgeht. Die Briefe eines fremden Mädchens tauchen zwischen der eigentlichen Handlung auf und sorgen für großes Rätselraten, um wen es sich hierbei handelt. So konnte die Spannung immer weiter aufgebaut werden. Auch die Gedächtnislücken von Ted schafften einen geschickten Rahmen, um zu spekulieren und die unterschiedlichsten Vermutungen anzustellen. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen sind die Figuren so gut ausgearbeitet, dass man sich gut in sie und ihre Denkweise hineinversetzen konnte. Ein ständiges Misstrauen lag in der Luft und hat sich am Ende dann schließlich Bahn gebrochen. Die Lösung des Falles hat mir gut gefallen, wobei nicht alle Fragen beantwortet wurden und die privaten Beziehungen von Petra und Christer ruhig mehr in den Hintergrund hätten treten können.
Dieser schwedische Thriller hat mir Spaß gemacht und ich bin oftmals ganz schön im Dunkeln getappt. So soll es sein! Mir hat das Buch sehr gut gefallen - Spannung bis zum Schluss und dazwischen jede Menge Fragen und Wendungen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Figuren
  • Atmosphäre
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 15.07.2018

Zwei Ladys auf dem Weg zu ihrer Bestimmung

Lady Liberty
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Paris 1885 - In einer Zeit, in der Männer die Arbeitswelt dominieren und die Frauen zuhause hinter den Herd gehörten, hat Camille St Laurent den festen Willen sich als Journalistin durchzusetzen. Nicht ...

Paris 1885 - In einer Zeit, in der Männer die Arbeitswelt dominieren und die Frauen zuhause hinter den Herd gehörten, hat Camille St Laurent den festen Willen sich als Journalistin durchzusetzen. Nicht als Kolumnistin, sondern als ernstzunehmende Journalistin will sie sich behaupten – ganz im Gegensatz zu ihren Schwestern, die sich den Gegebenheiten beugen. Als der französische Chefredakteur des „Le Figaro“, Jules Aragon durch einen Artikel auf sie aufmerksam wird, bekommt Camille die Chance ihres jungen Lebens: sie soll mit der Freiheitsstatue auf einem Schiff nach New York übersetzen und dort über das Geschenk der französischen Nation an die Vereinigten Staaten von Amerika berichten. Auch wenn Camille es mehr oder weniger einer Wette ihres Chefs Monsieur Aragon zu verdanken hat, dass sie überhaupt mit der zerlegten Lady Liberty über den Ozean schippern durfte, ist es doch eine Auszeichnung für sie. Ihrem starken Charakter und Mut widerstrebt es, unter einem männlichen Pseudonym zu schreiben. Doch schon bald spielt das keine Rolle mehr, denn es geschehen zwei Morde und gemeinsam mit ihrem irischen Kollegen Patrick O‘Sullivan blickt sie hinter eine Fassade von Intrigen und Prostitution.
Dieses Buch verdient die Bezeichnung „Historischer Roman“. Es beinhaltet zu meinem Erstaunen und meiner Begeisterung viele Informationen zum Bau und Aufbau der Freiheitsstatue. Zudem war mir neu, dass Pulitzer maßgeblich zur Finanzierung des Sockels beigetragen und die gesamte Bevölkerung zu Spenden aufgerufen hatte. Die Liebesgeschichte zwischen der mutigen und forschen Camille und dem lebenslustigen Patrick entwickelt sich ganz allmählich und passt wunderbar zu den geschichtlichen Fakten. Dank der facettenreichen Beschreibung der anderen Charaktere wie Tante Catherine, Sandy und Jimmy und den verschiedenen Schauplätzen des Geschehens wird die Zeit zum Ende des 19. Jahrhunderts lebendig. Damit gelingt den beiden Autoren eine faszinierende Verbindung aus Roman und historischen Ereignissen. Selbst die Liebe zwischen Camille und Patrick wirkt leicht und nie platt. Das hat mir ganz besonders gefallen, denn ich mag keine flachen, allzu schnulzigen Liebesgeschichten. Durch die beiden Morde wird der Roman zeitweise zum Krimi und sehr spannend. Insgesamt ist „Lady Liberty“ eine gekonnte, spannende, geschichtlich interessante und bunte Mischung aus Liebesgeschichte, Historie und Krimi. Ein paar Wendungen in der Geschichte waren vorhersehbar und nicht sehr spannend, wie die Befreiung von Camille. Doch ich habe mich prima unterhalten und hatte eine schöne Lesezeit mit „Lady Liberty“.

Veröffentlicht am 28.06.2018

Eine Gestalt jagt durch Venedig

Venezianische Intrigen (Ein Luca-Brassoni-Krimi 5)
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Commissario Brassoni, Maurizio Goldoni und selbst der Vice Questore sind ganz schön angeschlagen. Ersteren plagt eine Erkältung, Maurizio hat eine schmerzhafte Schulterverletzung bei der Flucht eines Verdächtigen ...

Commissario Brassoni, Maurizio Goldoni und selbst der Vice Questore sind ganz schön angeschlagen. Ersteren plagt eine Erkältung, Maurizio hat eine schmerzhafte Schulterverletzung bei der Flucht eines Verdächtigen erlitten und der Vice Questore glänzt ständig mit schlechter Laune, weil sich seine Frau von ihm trennen will. In Brassonis fünftem Fall geht es Schlag auf Schlag: zu viele Tote, einige Verdächtige und ein Vater mit Sohn auf der Flucht. Zuhause warten Frau und Kind auf Luca Brassoni, während er wie wild durch Venedig jagt, um einen Mörder zu finden. Auch dieses Mal kann er wieder auf die guten Kontakte und die empathischen Fähigkeiten seines deutschen Cousins Stefan Mayer vertrauen. Eine fremde Gestalt geht in Venedig wie ein Schatten seinen Rackegelüsten nach und ermordet eine junge Sozialarbeiterin und deren Vorgesetzten.
Auch der neue Fall des sympathischen und willensstarken Ermittlers Commissario Luca Brassoni hat mir viele spannende Lesestunden beschert. Erneut bin ich durch den wunderbaren Schreibstil von Daniela Gesing tief in die wundervolle Lagunenstadt und deren geschichtssträchtigen Gebäude und Kanäle eingetaucht. Mit von der Partie ist Lucas unerschrockener und neugieriger Cousin Stefan Mayer, der ihn sogar im verdienten Urlaub in Deutschland tatkräftig unterstützt. Zudem ist Luca inzwischen mit der Gerichtsmedizinerin Carla Sorrenti verheiratet und einen Sohn. Die Balance zwischen Geschichte, Krimi und Privatleben des Commissarios gelingt der Autorin ausgesprochen gut und auch der Spannungsbogen ist jederzeit da. Durch die Einschübe zu der fremden Gestalt, die sich durch Venedig treibt, wird dem Leser nie langweilig und es bleibt jede Menge Raum für Spekulationen, um wen es sich hier handeln mag. Ohne das Geschlecht zu verraten, erzeugt die Inszenierung der Gestalt, die in einem dunklen Umhang geduldig auf ihre Opfer wartet, einen Nervenkitzel, dem man sich nicht entziehen kann. Schließlich endet der Krimi megaspannend und nachvollziehbar. Es macht einfach Spaß, Luca und seine Kollegen bei seiner Arbeit zu begleiten und sich dabei gedanklich und gefühlsmäßig nach Venedig zu versetzen.