Profilbild von sommerlese

sommerlese

Lesejury Star
offline

sommerlese ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit sommerlese über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.08.2018

Hier wird Wissensvermittlung alltagstauglich erklärt

Ein Keim kommt selten allein
0

Professor Dr. Markus Egert und sein Co-Autor Frank Thadeusz haben gemeinsam ein Buch über die mikrobiologische Welt geschrieben. Das Sachbuch trägt den einprägsamen Titel "Ein Keim kommt selten allein" ...

Professor Dr. Markus Egert und sein Co-Autor Frank Thadeusz haben gemeinsam ein Buch über die mikrobiologische Welt geschrieben. Das Sachbuch trägt den einprägsamen Titel "Ein Keim kommt selten allein" und erscheint bei Ullstein extra.


In der heutigen Zeit sind Desinfektionssprays schon in so mancher Handtasche zu finden. Überall hört man von mulitiresistenten Keimen und man bekommt richtig Angst vor Bakterien und Keimen. Der Mikrobiologe Professor Dr. Markus Egert von der Hochschule Furtwangen (HFU) ist Deutschlands führender Forscher auf dem Gebiet der Haushaltshygiene. Er zeigt sehr anschaulich und mit reichlich Humor, welche Mikroben gefährlich sind und welche wir zum gesunden Leben brauchen.


Wir lernen: Keimfrei gibt es nicht. Wie man Bakterien und Co. womöglich den Garaus macht!

Markus Egert forscht als Mikrobiologe im Bereich der Hygiene und kennt sich mit der Materie hervorragend aus. Mit dem SPIEGEL-Redakteur Frank Thadeusz hat er nun zu diesem Thema dieses Buch verfasst und konnte mich damit mit vielen Szenarien aufklären, aufrütteln und abschrecken.
Denn was er über die mit dem bloßen Auge unsichtbare Welt der Keime erklärt, könnte sich zur Bedrohung der gesamten Menschheit entwickeln.
Schon lange vor den ersten Menschen haben Mikroben unseren Planeten bevölkert und auch wenn wir sie nicht sehen, so befinden sie sich überall, in der Luft, auf unserer Haut und in jedem Winkel unseres Körpers. Mit jedem Händeschütteln geben wir unsichtbare Keime und Krankheitserreger weiter und können nur mit einem intakten Immunssystem dagegen ankämpfen. Die Mikroben werden nicht selten gerade in Krankenhäusern zu einer lebensbedrohlichen Gefahr, weil sich multiresistente Keime entwickeln, die mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr zu bekämpen sind. Eine tödliche Gefahr für Kleinkinder, alte Menschen und geschwächte Kranke.


Dass Händewaschen sinnvoll ist, weiß jedes Kind, doch wie wichtig ist diese Hygiene im Alltag? Wovor müssen wir uns schützen, welche Bakterien und Keime sind gesund und welche können für unsere Gesundheit zur Bedrohung werden? Denn für einen gesunden Organismus brauchen wir bestimmte Bakterien, unsere gesamte Darmflora besteht aus unzähligen sinnvollen Bakterien.



Mit einleuchtenden Beispielen und mit humorvollen Vergleichen und Beiträgen bringt Markus Egert hier praktisches Wissen unters Volk. Er macht deutlich, dass die Spüle mit mehr Bakterien und Keimen belastet ist als die Toilette. Dank Flugzeug und Globalisierung reisen Keime um die ganze Welt und verteilen sich unbesehen. Die Bekämpfung von lebensbedrohlichen Keimen könnte sich zu einer der wichtigsten Gesundheitsfragen der Zukunft entwickeln.



Wie wichtig ist die Hygiene im Haushalt? Wo können wir im privaten Umfeld sinnvoll ansetzen und was können wir bei unserem Putzfimmel ruhig vergessen? Diese und viele andere Anregungen bringt Markus Egert hier zum Ausdruck und unterhält auch noch gleichzeitig. Wer biologisch/medizinisch vorgebildet ist, wird einiges schon kennen, alle anderen haben hier ein tolles Lehrbuch in den Händen.


Dieses Sachbuch ist genau nach meinem Geschmack, denn es erklärt auf verständliche und humorvolle Weise wissenschaftliche Zusammenhänge und weckt mit praktischen Anwendungsbeispielen das Interesse für die Hygienethematik.

Veröffentlicht am 11.08.2018

Ein einfühlsames Bilderbuch über Demenz

Opa Rainer weiß nicht mehr
0

Mia hat mit ihrem Opa eine ganz enge Beziehung, sie verbringen viel Zeit miteinander, er holt sie vom Kindergarten ab oder sie machen Wettrennen. Es macht immer viel Spaß mit ihm. In letzter Zeit ist ...

Mia hat mit ihrem Opa eine ganz enge Beziehung, sie verbringen viel Zeit miteinander, er holt sie vom Kindergarten ab oder sie machen Wettrennen. Es macht immer viel Spaß mit ihm. In letzter Zeit ist er sehr vergesslich, was ja nicht so schlimm ist, findet Mia. Doch Opa vergisst auf einmal die grundlegendsten Dinge, wie seine eigenen Schuhe aussehen oder er zieht ein Unterhemd über den Pullover. Sieht ja eigentlich lustig aus, denkt Mia und macht daraus mit ihrem kleinen Bruder Paul ein Verkleidungs-Spiel. Manchmal weiß Opa allerdings nicht mal wie Mia heisst, das ist ja doch merkwürdig. Egal, denn Mia liebt ihren Opa und ist immer für ihn da, wenn er sie braucht.


Mit diesem Bilderbuch lernen und erkennen Kinder spielerisch und sehr eindrücklich was Demenz bedeutet.

Das Thema wird mit farbenfrohen und detaillierten Illustrationen kindgerecht aufbereitet und die Geschichte ist gut zu verstehen und inhaltlich erklärend gemacht. Mias Opa kennt auf einmal ihren Namen nicht mehr, doch Mia ist geduldig und sagt ihm den Namen, wenn es sein muss, immer wieder.


Wenn man mit Kindern dieses Buch liest, sollte man die Anregungen zum Gespräch nutzen und damit Kindern in dieser Thematik Rede und Antwort stehen. Außerdem können Erwachsene von Kindern noch einiges im Umgang mit Demenzkranken lernen, denn Kinder gehen offen und wie selbstverständlich mit dem Erkrankten und dem Vergessen um.



Ein empfehlenswertes Bilderbuch, um Kindern zu erklären, was Demenz bedeutet.

Veröffentlicht am 10.08.2018

Ein schonungslos und brutal dargestellter Top-Thriller!

Scheintot
0

Seit dem ersten Band "Die Chirurgin" bin ich von dieser Reihe und den fesselnden Plots der Autorin begeistert. Ihrem Erzählstil kann man einfach nur gebannt folgen.

Den Hintergrund der Geschichte bildet ...

Seit dem ersten Band "Die Chirurgin" bin ich von dieser Reihe und den fesselnden Plots der Autorin begeistert. Ihrem Erzählstil kann man einfach nur gebannt folgen.

Den Hintergrund der Geschichte bildet ein mörderischer Racheakt auf eine Gruppe osteuropäischer Prostituierte, scheinbar alles Opfer von dubiosen Mädchenhändlern. Ihnen entkommen zwei Frauen, doch sie werden bis aufs Letzte verfolgt. Wie das mit der Entführung zusammenhängt, wird logisch aufgeklärt. Ich kann verraten, dass auch höchste politische Kreise involviert sind.

Es ist wieder mit viel Blutvergießen zu rechnen, für zartbesaitete Leser vielleicht nicht so geeignet.
Dabei gibt Tess Gerritsen wieder einiges ihres medizinischen Fachwissens preis und erklärt die Eingriffe am menschlichen Körper durch die Pathologenhände sehr detailliert.

Neben der aufregenden Entführung und den hektischen Verfolgungen gibt es auch ruhigere Szenen zu erkunden. Denn Jane Rizzoli wird Mutter einer Tochter und das Leben mit einem Säugling geht auch an ihr nicht spurlos vorrüber. In "Scheintot" wird Detective Rizzoli in den Fokus gestellt und gespannt kann man miterleben, wie die Polizistin selbst hochschwanger und als junge Mutter noch zu kriminalistischen Heldentaten fähig ist. Das erscheint auf den ersten Blick übertrieben, es wirkt im Verlauf der Geschichte aber durchaus schlüssig.

Überhaupt hat Gerritsen die wichtigsten Figuren perfekt charakterisiert, sie zeigen Ängste und Zukunftsgedanken, geben Einblick in ihr Innerstes und man kann sie eindeutig erkennen.


Dieser Thriller ist wieder hervorragend gelungen, es gibt dramatische Wendungen, die Handlung wird stets durch Spannungsmomente angeheizt und ein einzigartiges Ende sorgt für eine überraschende Auflösung. Besonders die Gewissensbisse der jungen Mutter Jane werden glaubhaft beschrieben und dadurch erscheint sie sehr authentisch und sympathisch.



Ein handwerklich perfekter Thriller über weibliche Opfer, die sich in westlichen Ländern eine goldene Zukunft erhoffen.

Veröffentlicht am 05.08.2018

Dieses beeindruckende Portrait macht das Leben der besonderen Künstlerin der deutschen Kunstszene sichtbar.

Gabriele Münter
0

Gabriele Münter wird früh Waise, sie malt, singt, spielt Klavier und ist ein intelligentes, aufgewecktes Mädchen. Mit einem Talent zum Zeichnen ist sie gesegnet, doch schon bald versucht sie sich mit Farben ...

Gabriele Münter wird früh Waise, sie malt, singt, spielt Klavier und ist ein intelligentes, aufgewecktes Mädchen. Mit einem Talent zum Zeichnen ist sie gesegnet, doch schon bald versucht sie sich mit Farben auszudrücken. Als Frau wurde ihr der Zugang zu einer Kunstakademie verwehrt, sie geht nach München auf die Privatschule "Phalanx". Dort studiert sie und lernt Kandinsky kennen. Mit ihm verbindet sie der gemeinsame Bezug zur Kunst. Sie inspirieren sich gegenseitig, machen gemeinsame Arbeitsurlaube, gehen eine Beziehung ein, verloben sich trotzt Kandinskys Ehe mit Anja. Lange hofft Gabriele auf ein Einlösen des Eheversprechens.


Sie ist ein freier Geist, mutig und vielleicht auch ziemlich normal, sie widmet ihr Leben der Kunst und setzt ihren Blick auf die Weiterentwicklung. Sie versucht Freilichtmalerei, Glasmalerei, sieht die Stilrichtungen ihrer Zeit, folgt stilistisch dem Cloisonismus und entwickelt ihren eigenen Stil. Ihre Malerei ist nicht unbedingt naturnah, sie beginnt, die Eindrücke von Farben und Formen und Stimmungen darzustellen

Anmerkung: Cloisonismus nannten die Franzosen den Malstil, wenn große Farbflächen mit Konturen umgrenzt werden.


Sie lernt die großen Künstler ihrer Zeit kennen, reist mit Kandinsky nach Tunesien, Italien und Paris. In Murnau erwirbt Münter ein Haus, dort lebten und arbeiteten Münter und Kandinsky in den Sommermonaten, treffen Künstlerfreunde mit Ehepartnern, empfangen Besucher und Sammler. Münter fühlt sich hier wohl und passt als intelligenter Mensch als Gesprächspartner in dieser Kunstszene.

Als Kandinsky 1911 mit Franz Marc die Künstlervereinigung "Der Blaue Reiter" gründet, unterstützt Gabriele Münter ihn entschieden. Künstler wie August Macke, Henri Rousseau, Emil Nolde, Max Pechstein, Oskar Kokoschka, Erich Heckel und andere Wegbereiter der modernen Kunst des 20. Jahrhunderts finden sich in diesem Almanach zusammen. Ihre Werke werden dem deutschen Expressionismus zugeordnet.

1916 traf Münter zum letzten Mal Kandinsky in Stockholm, er lebte in Russland und heiratete eine andere Frau.

Im folgenden Lebensabschnitt ist Münter mit Johannes Eichner zusammen.

Später vermachte sie der Stadt München ihre umfangreiche Sammlung an Gemälden.


Stefanie Schröder ist selbst Künstlerin und versteht es gut nachvollziehbar, ihren Lesern die Künstlerin Gabriele Münter näher zu bringen.

Die Romanbiografie liest sich interessant und unterhaltsam, sehr aufschlussreich und sie enthüllt das Leben einer Frau aus nächster Nähe. Man hat direkt das Gefühl, die Autorin würde Münter persönlich erlebt haben. Dabei stützt sie sich auf ihre Erkenntnisse aus einer umfangreichen Recherchearbeit. Dank Briefen und übermittelten Gesprächen stellt sie dem Leser diese Frau vor, die so anders war als ihre Zeitgenossinnen. Mit ihrem Künstlerleben war Gabriele Münter eine Vorreiterin der modernen Frau, sie war Wegbereiterin für Frauen in der Kunst.


Nicht nur für Kunstliebhaber eine interessante Lektüre, die ein eindrucksvolles Bild der Zeit und des Wirkens und Lebens dieser Künstlerin abbildet.

Veröffentlicht am 30.07.2018

Wieder ein einzigartiger und berührender Umweltroman von Maja Lunde.

Die Geschichte des Wassers
0

Norwegen, 2017: Die 70jährige Signe kämpft gegen den Abbau von Gletschereis und für den Erhalt von Wasserläufen. Sie versucht die Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig es ist, die Natur zu retten. ...

Norwegen, 2017: Die 70jährige Signe kämpft gegen den Abbau von Gletschereis und für den Erhalt von Wasserläufen. Sie versucht die Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig es ist, die Natur zu retten. Darüber verliert sie ihre engsten Beziehungen zu ihrer Mutter und ihrem Freund. Mit einer besonderen Fracht segelt sie allein nach Frankreich.


Frankreich 2041: Überall herrscht Dürre, Regen gibt es schon lange nicht mehr. Die Wasserknappheit verschärft sich täglich mehr und die Menschen in Südeuropa machen sich als Flüchtlinge auf in den Norden. So geht es auch David und seiner Tochter Lou, die in einem Lager Signes altes Segelboot entdecken.


"Das ganze Leben ist Wasser,... und ich nannte meine Welt Erde, aber ich dachte, eigentlich müsste sie Wasser heißen." Zitat Signe Seite 17


"Wir hatten nur das salzige Meer. Und die Dürre. Sie war unsere Flut, sie war unaufhaltbar." Zitat David Seite 34


Auch in diesem Buch befasst sich Maja Lunde nach "Die Geschichte der Bienen" mit der Natur, in diesem Fall dreht es sich um Wasser, bzw. fehlende Wasservorräte, leere Brunnen, Dürre und Perspektivlosigkeit ohne das lebensspendende Nass.


Wenn man in diesem heißen und sehr trockenen Sommer diesen Roman liest, hat man die Dringlichkeit von Klimaschutz und Wasserproblematik doppelt vor Augen. Wir müssen etwas tun zum Erhalt unserer Umwelt und insbesondere gegen das Abtauen der Gletscher an den Polen unserer Erde.
Da wird Gletschereis abgebaut, um irgendwelchen Snobs auf der Welt ihre Getränke extravagant zu kühlen. Was für eine abartige Idee!


Klimaveränderungen, Polkappenschmelze und fehlender Regen sorgen für Dürre, Pflanzen vertrocknen, die Nahrungsgrundlage für Mensch und Tier wird vernichtet. Überleben auf der Erde kann nur mit Wasser funktionieren. Auch wenn Salzwasser im Überfluss vorhanden ist, bedeutet dieses laut einem Zitat: "Salz bedeutet Tod."



In zwei Erzählsträngen erfahren wir die persönliche Geschichte von Signe aus Norwegen, die sich als Umweltaktivistin für das Wasser einsetzt. Ihr ganzes Leben widmet sie diesem Kampf, private Lebensziele und Familiengründung bleiben durch ihr Vorhaben auf der Strecke.

David lebt mit seiner Familie 37 Jahre später in Frankreich und muss vor der Dürre nach Norden fliehen. Dabei verliert er seine Frau und seinen kleinen Sohn, nur seine Tochter ist ihm noch geblieben und er versucht die rettende Flucht nach Norden.



Beide Handlungsstränge handeln vom Wasser, jede hat bestimmte Ausprägungen und Vorkommnisse zu berichten. Doch dann verbinden sich beide Geschichten an einer bestimmten Stelle im Buch auf wunderbare Art und Weise, die mich überrascht und auch sehr berührt hat.

Der Erzählstil aus Sicht der zwei Protagonisten ist einfach gehalten, kurz, prägnant und trocken, als ob die Charaktere nicht viel Energie auf ihre Erzählung verwenden wollen. Als ob sie mit ihrem Wasserhaushalt im Körper auf diese Weise sparsam ungehen wollen.


Wieder ist Maja Lunde ein einzigartiger Roman gelungen, indem sie sich mit Umweltproblemen auseinandersetzt und ihre Charaktere den Folgen von Naturkatastrophen aussetzt. Sie schafft es, ihre Leser wachzurütteln, mit den großen Klimaschutzproblemen unserer Zeit zu konfrontieren und vielleicht auch im Kleinen ein Umdenken und im eigenen Verhalten zu bewirken.



Ein ganz besonders aufrüttelnder Roman der Extraklasse und ein lesenswertes Buch mit einem unausweichlichen Sog. Ich bin schon auf Maja Lundes nächstes literarisches Werk gespannt.