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Veröffentlicht am 31.07.2018

Pageturner

Der Fremde am Strand
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Es ist regnerisch und stürmisch als Alice, alleinerziehende Mutter dreier Kinder, den fremden Mann zum ersten Mal dort am Strand sitzen sieht. Doch scheinbar ist es ihm völlig egal, dass er mittlerweile ...

Es ist regnerisch und stürmisch als Alice, alleinerziehende Mutter dreier Kinder, den fremden Mann zum ersten Mal dort am Strand sitzen sieht. Doch scheinbar ist es ihm völlig egal, dass er mittlerweile völlig durchnässt ist, denn er rührt sich nicht vom Fleck. Aber Alice hat Mitleid mit ihm und bietet ihm das kleine Häuschen an, das sie sonst vermietet. Im Gespräch stellt sich heraus, dass der Mann keinerlei Erinnerungen hat, er weiß weder, wer er ist, noch wie er an diesen Strand geraten ist. Auch wenn es ihr nicht ganz geheuer erscheint, bietet ihm Alice ihre Hilfe an und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach seiner wahren Identität.
Zur gleichen zeit sitzt die junge Lily in ihrer neuen Wohnung und wartet auf ihren frisch angetrauten Ehemann Carl. Dieser ist sonst immer pünktlich, doch heute kommt er nicht wie gewohnt zurück nach Hause.
Meine Meinung
Dieses düstere Cover erweckte meine Aufmerksamkeit und der Klappentext las sich so spannend, dass ich diese Geschichte lesen musste. Gleich vorab, ich habe diesen Roman verschlungen, so spannend erzählt Lisa Jewell hier.
Schon der Einstieg, der den Leser mitten ins Geschehen wirft, ist fesselnd und ein wenig unheimlich. Lisa Jewell erzählt bildlich und mitreißend, so dass man sowohl den Ort als auch die Personen gleich lebendig vor sich sieht. Auch sonst konnte die Autorin mich mit den Handlungen des Buches absolut fesseln und ich wollte einfach nur noch wissen, welche Geheimnisse dieser Fremde vom Strand verbirgt.
Aus vier unterschiedlichen Perspektiven erzählt die Autorin von den Ereignissen sowohl in dem kleinen Ort Ridinghouse Bay als auch in London und das auf zwei Zeitebenen. Zum einen geht es um die Geschwister Ross im Jahre 1993, die gemeinsam mit ihren Eltern ihre Ferien in einem der kleinen Cottages in Ridinghouse Bay verbringen, zum anderen sind wir in der Gegenwart ebenfalls in dem kleinen Ferienort und in London. Während Alice und Frank, so nennen Alice und ihre Kinder den Fremden vom Strand, abwechselnd erzählen, erfahren wir von den Ereignissen in London mehr durch Lily, die junge Frau, die ihren Ehemann vermisst.
Wer hier schon die ersten Vermutungen anstellt, der kann schon einmal beruhigt sein, denn es ist nicht so vorhersehbar, wie es auf den ersten Blick scheint. Es gibt hier unheimlich viele Momente, die mich miträtseln ließen, die mich vermuten ließen, wer nun der Fremde wirklich ist und doch musste ich meine Meinung immer wieder revidieren.
Alles in allem nahm mich diese Geschichte absolut gefangen, man ahnt, dass es hier um längst vergangene Ereignisse geht, die nie aufgeklärt wurden, doch der Zusammenhang wird erst nach und nach deutlich. Ich konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen und habe es an einem ruhigen Vormittag komplett verschlungen. Dazu kommt auch noch, dass die Autorin es schafft, ihre Kapitel immer wieder mit einem Cliffhanger zu beenden, so dass ich einfach gezwungen war, weiterzulesen.
Die Charaktere der Geschichte waren absolut vielschichtig und authentisch und zogen mich förmlich an. Allen voran die alleinerziehende Alice, die mir sehr schnell mit ihrer offenen und hilfsbereiten Art ans Herz wuchs. Aber auch Frank, der Fremde, war spannend, denn man wusste ihn einfach nicht einzuordnen. Er machte einen netten und freundlichen Eindruck, doch man spürte förmlich, dass er etwas verbirgt. Lily war mir zu Beginn noch ziemlich unsympathisch, doch irgendwo konnte ich sie durchaus verstehen, vor allem nachdem ihr durch die Polizei etwas über ihen Mann mitgeteilt wurde, dass die junge Frau nicht ahnte. Ihre Hartnäckigkeit waren dann schon wieder bewundernswert und so war ich auch von ihrem Part gefesselt.
Obendrauf kommt dann noch das Geschehen rund um die Familie Ross aus dem Jahr 1993, diese grundsolide Familie, die den etwas düster und unheimlich wirkenden jungen Mann kennenlernt und der die Tochter der Familie umgarnt. Hier hat man schon fast vom ersten Moment an das Gefühl, dass das nicht gut ausgeht.
Mein Fazit
Ein Buch, das mich vom ersten Moment an in seinen Bann ziehen konnte und das ich dann erst zur Seite legte, als ich es zuklappte. Ich bin begeistert von diesem Aufbau, von den geschickt ineinander verwobenen Erzählsträngen und dem Geschehen, dass ich lebendig und detailreich vor mir sehen konnte. Lisa Jewell konnte mich mit dieser Geschichte absolut fesseln und ich kann nur sagen: unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 28.07.2018

Absolutes Highlight

Die Rabenringe - Odinskind (Bd. 1)
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Hirka ist fünfzehn Jahre alt und wächst in einem kleinen Dorf in Ymsland auf. Schon immer war sie anders als andere, denn Hirka ist schwanzlos. Ihr Vater sagt, dass die Wölfe ihr den Schwanz gestohlen ...

Hirka ist fünfzehn Jahre alt und wächst in einem kleinen Dorf in Ymsland auf. Schon immer war sie anders als andere, denn Hirka ist schwanzlos. Ihr Vater sagt, dass die Wölfe ihr den Schwanz gestohlen haben, als sie noch klein war. Doch nicht nur das unterscheidet sie von den anderen Bewohnern Ymslands, denn diese haben alle eine magische Fähigkeit, die sich Umarmen nennt und nun steht das Ritual bevor, bei dem genau das auffallen könnte. Hirka muss fliehen, doch wider Erwarten kommt ihr Freund aus Kindertagen, Rime, zu Hilfe. Dieser ist der Sohn einer der berühmten Ratsfamilien, doch sein ihm vorbestimmter Weg, hat ihm noch nie gepasst.
Meine Meinung
Ich weiß gar nicht, wo ich bei diesem Buch überhaupt anfangen soll, denn es war absolut großartig, einfach episch und es war auf jeden Fall eines meiner absoluten Jahreshighlights.
Das Cover ist sehr einfach, sehr schlicht und doch drückt es so unheimlich viel aus, wenn man die Geschichte kennt. Es macht auf jeden Fall absolut neugierig und auch der Klappentext wirkt ansprechend und interessant.
Doch die Geschichte, die ich hier gelesen habe, ist absolut genial. Siri Pettersen schreibt einfach großartig, mit wenigen Beschreibungen schafft sie lebendige, detaillierte Bilder im Kopf und weiß von der ersten Seite an zu fesseln. Sie erzählt auf der einen Seite sehr modern, auf der anderen Seite wird diese Welt, die deutlich älter ist als unsere und die ich mit einem leicht mittelalterlichen Hauch mir vorgestellt habe, klar erkennbar.
Auch die Spannung kommt hier nicht zu kurz, immer wieder gibt es überraschende Momente und Wendungen, die ich in keinster Weise vorhergesehen habe. Ich habe dieses doch schon sehr umfangreiche Werk innerhalb von 1,5 Tagen durchgesuchtet, denn es lässt sich einfach nicht mehr aus der Hand legen. Es gibt hier von allem etwas, Magie, Kampf, Machtspielchen, Intrigen und auch ein wenig Liebe und ich wiederhole mich wahrscheinlich, aber ich bin durchweg begeistert von diesem ersten Band.
Die Welt, die Siri Pettersen erschaffen hat, wirkt lebendig, ist vorstellbar und fesselnd. Die Orte der Geschichte werden zum Leben erweckt, genauso wie die Charaktere.
Aus drei Perspektiven darf der Leser die Handlung mitverfolgen. Da wären Hirka und Rime, die gemeinsam in Elveroa aufgewachsen und Freunde sind, dabei sind sie unterschiedlich wie Tag und Nacht. Neben diesen beiden bekommen wir noch eine dritte Perspektive, nämlcih die von Urd. Dieser ist ein Mitglied des Rats, bzw. ist nach dem Tod seines Vaters Ratsmitglied geworden. Doch Urd verbirgt etwas und er ist hier der Gegenpart zu Hirka und Rime.
Diese drei Hauptcharaktere, seien es Protagonisten oder Antagonisten, wirken ebenfalls durch und durch lebendig. Hirka war mir auf dem ersten Blick schon ans Herz gewachsen. Sie hat es als “Schwanzlose” nicht leicht in Elveroa und doch hat sie nur wenig Scheu, für sich und auch für andere einzustehen. Geradlinig und natürlich, dabei mit der richtigen Portion Mut und Eigensinn ausgestattet, gibt sie nicht so schnell klein bei. Doch es geschieht etwas, dass Hirkas bisheriges Leben ins Schwanken geraten lässt, ihre Reaktion darauf war aber absolut nachzuempfinden und ihre gesamte Entwicklung logisch und glaubhaft.
Aber auch Rime wusste zu gefallen, im Gegensatz zu Hirka war sein Weg ihm bereits vorherbestimmt. Als Nachkomme eines Ratsmitglieds stand es eigentlich ausser Frage, was er einst werden wird. Doch Rime hat alles andere im Sinn, als den Wünschen seiner Großmutter Ilume nachzukommen. Auch Rime stösst im Laufe der Geschichte immer wieder auf Wahrheiten, die seine Welt ins Wanken geraten lassen.
Der böse Widersacher ist Urd und auch wenn man ihn nicht mag, ist er doch eine unglaublich intensiv gezeichnete Figur. Er verfolgt seine Ziele mit einer Hartnäckigkeit, die durchaus beeindrucken konnte.
Aber neben diesen drei Figuren gibt es noch eine ganze Menge mehr Personen, davon erhalten die wichtigsten ebenfalls Tiefgang, wirken durchdacht und genauso greifbar, wie die Hauptfiguren.
Mein Fazit
Ich kann gar nicht anders, diese Rezension ist einfach ein Lobgesang auf eine absolut fesselnde und beeindruckende Geschichte, die mich völlig überzeugen konnte. Das Worlbuilding, die Charaktere, die Spannung, hier passte einfach alles. Die Autorin hat an alles gedacht und lässt mich sehnsüchtig auf Band 2 wartend zurück. Für mich das Fantasyhighlight des Jahres! Vielen Dank Siri Pettersen für diese grandiose Geschichte!

Veröffentlicht am 24.07.2018

Tolle Unterhaltung

Die Liebe schreibt die schönsten Geschichten
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Grace ist Autorin und schreibt eigentlich ganz erfolgreich Liebesromane. Doch seit der Scheidung von ihrem Mann Aiden fehlt ihr irgendwie der Sinn nach heiteren und romantischen Geschichten. Das gefällt ...

Grace ist Autorin und schreibt eigentlich ganz erfolgreich Liebesromane. Doch seit der Scheidung von ihrem Mann Aiden fehlt ihr irgendwie der Sinn nach heiteren und romantischen Geschichten. Das gefällt ihrem Agenten nicht allzu sehr und so verordnet er Grace, sich doch eine Auszeit zu nehmen.
Als Grace Haushaltshilfe Rose ihr von ihrer geplanten Reise zu ihrer Schwester nach Spanien erzählt, die wohl leider ins Wasser fallen wird, da sie niemanden hat, der für sie die Putzstellen übernehmen kann, hat Grace eine spontane Idee. Sie bietet Rose an, für sie einzuspringen. Zunächst zögert Rose, doch Grace bleibt hartnäckig. Während Rose also in Spanien ist, putzt Grace für den Anwalt James. Reich, sehr attraktiv und unglaublich überheblich und arrogant, kommt er ihr vor. Doch die Frau, mit der er zusammenlebt, Emily, ist doch so sympathisch. Aber noch viel schlimmer ist, dass er ihr ständig im Kopf herumschwirrt und dann steht auch noch Aiden vor der Tür…
Meine Meinung
Dieses Cover drückt den Inhalt des Romans perfekt aus: heiter, fröhlich, leicht und einfach wunderbar. Es sprach mich auf jeden Fall auf den ersten Blick an und da mir die beiden anderen Romane der Autorin gut gefallen haben, musste ich hier unbedingt zugreifen.
Der Schreibstil der Autorin Jo Platt ist einfach nur toll, sie schreibt locker, leicht und hat ein unglaublich gutes Gespür für besondere Situationskomik. Ich weiß nicht, wie oft ich wirklich laut auflachen musste, vor mich hinschmunzelte oder lächelte. Dieses Buch hat mir einfach rundum Spaß gemacht und mich richtig gut unterhalten. Die Seiten flogen regelrecht an mir vorbei und ich war viel zu schnell fertig mit Graces Geschichte. Dabei ist es aber nicht platt oder flach geschrieben, sondern durch bestimmte Momente und kleine Details, aber vor allem durch ihre Charaktere war diese Geschichte lebendig und zauberte mir ein Kopfkino, als würde ich eine Liebeskomödie im Fernsehen schauen.
Mag sein, dass hier das ein oder andere vorauszusehen ist, aber trotzdem gibt es Momente und Situationen, in die Grace gerät, die überraschen konnten. Jo Platt erzählt diese Momente so humorvoll und mit dem richtigen Gespür, einfach nur herrlich zum Grinsen.
Grace, die Protagonistin, erzählt hier aus ihrer Perspektive in der Ich-Form. Man begleitet sie durch ihren Alltag und erlebt alles durch ihre Augen. Man ist dabei ganz nah am Geschehen und fühlt sich, als wäre man live dabei.
Die Charaktere der Geschichte haben mir unheimlich gut gefallen. Allen voran Protagonistin Grace, die mal nervig, mal selbstironisch, mal plappernd und mal traurig ist. Sie ist eine so sympathische Person, mit der ich mir vorstellen könnte, sie selbst gerne als Freundin zu haben. Einen Sonntag Nachmittag mit Grace beim Kaffee würde mit Sicherheit für viele Lacher sorgen. Sie weiß, so gar nicht, welche Wirkung sie auf andere hat und genau so tritt sie auch auf. Ich mag ihre Gespräche mit anderen und da war es mir fast schon egal, mit wem sie gerade spricht. Sie brachte mich immer zum Lächeln.
Neben Grace gibt es eine ganze Reihe weiterer Charaktere und ich hatte hier tatsächlich das Gefühl, dass ich zumindest deren wichtigste Eigenschaften kennenlernen durfte. James ist zum Schwärmen und einfach nur sympathisch. Ihre beste Freundin und deren Mann, ihre Agent und sein Lebensgefährte, aber auch ihr Exmann, jeder Einzelne war lebendig dargestellt und glaubhaft.
Eine meiner persönlichen Lieblinge war James Nachbarin Percy, Anfang achtzig, eine “begnadete” Keksbäckerin und ganz bezaubernd. Ich hätte auch gerne eine Percy neben mir wohnen. Ach, was sag ich da, ich hätte gerne alle diese Personen einmal um mich herum, denn ich habe mich mit ihnen sehr wohl gefühlt.
Mein Fazit
Wer gerne heitere Liebesromane liest, der sollte hier unbedingt einmal hineinschnuppern, denn mich konnten Grace und ihre Freunde für eine Weile in ihr Leben ziehen und mich damit wunderbar unterhalten. Locker, humorvoll, sympathisch und mit lebendigen, authentischen Charakteren – Jo Platt erzählt hier mit ganz viel Herz und ich hätte glatt noch mehr lesen können. Leseempfehlung an alle, die gerne Lächeln und sich mit verlieben möchten.

Veröffentlicht am 21.07.2018

Was für eine Atmosphäre

Wo drei Flüsse sich kreuzen
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Irland in den Jahren 1825/1826 – in einem kleinen Tal, fern von den immer moderner werdenden Städten, herrscht immer noch der Glaube an Mythen wie Feenwesen, Wechselbälger und mehr. Nora Leahy, gerade ...

Irland in den Jahren 1825/1826 – in einem kleinen Tal, fern von den immer moderner werdenden Städten, herrscht immer noch der Glaube an Mythen wie Feenwesen, Wechselbälger und mehr. Nora Leahy, gerade frisch verwitwet, lebt auf einem kleinen Bauernhof, allein mit ihrem vierjährigem Enkel Micheál. Doch Micheál ist kein gewöhnliches Kind, er läuft nicht, er spricht nicht, des Nachts schreit er und auch am Tage findet er kaum Ruhe. Um Hilfe auf dem Hof und mit ihrem Enkel zu bekommen stellt Nora die vierzehnjährige Mary ein. Doch der Zustand des Kindes ändert sich nicht, ein Arzt diagnostizierte bereits unheilbaren Kretinismus und auch der Dorfpfarrer verweigert seine Hilfe. In ihrer Verzweiflung wendet sich NOra an Nance, die heilkundige Kräuterfrau und diese bestätigt Nora das, was sie schon lange vermutete: Micheál ist ein Wechselbalg.
Meine Meinung
Das Cover wirkt schon ein wenig düster und unheimlich und passt sehr gut zu der Geschichte. Denn diese ist sehr düster gehalten und ich muss sagen, dass es der Autorin hier absolut gelingt, die Atmosphäre des kleinen, abgelegenen Dorfes einzufangen. Man hat das Gefühl, die Költe und Dunkelheit des irischen Winters am eigenen Leib nachzuemfpinden. Durch die viele Details wird das Leben dort sehr atmosphärisch und auch glaubwürdig dargestellt. Die Autorin schafft es hier eine Dichte zu schaffen, die beim Lesen Bilder von damals lebendig werden lassen. Auch sonst schreibt Hannah Kent sehr einnehmend, beinahe schon poetisch und der Zeit und der Umgebung des Dorfes, in der die Geschichte spielt, hervorragend angepasst. Es ist kein leichter ROman für zwischendurch, aber er verfehlt seine Wirkung keineswegs, denn bei manch einer der Beschreibungen hatte ich Gänsehaut.
Das Tempo der Geschichte ist relativ konstant, eher ruhig, denn es geht vielmehr um diese gesamte Entwicklung rund um den Aberglaube und der Mythen, den die Charaktere, allen voran Nora durchlaufen. Es ist schon sehr erschreckend, wie sehr die Menschen früher glaubten, was man ihnen erzählte. Geschahen Unglücke wurden Schuldige gesucht, seien es mythische Wesen oder Reale, alle Schuld wurde bei anderen gesucht und der Aberglaube der Menschen war sehr extrem. All das gelingt es Hannah Kent glaubwürdig nachzuerzählen und ganz besonders interessant fand ich hier, dass die Autorin sich auf eine reale Begebenheit aus dieser Zeit beruft.
Mit wechselnden Perspektiven erzählt ein personeller Erzähler in dritter Person die Geschichte. Wir verfolgen drei völlig unterschiedliche Frauen und deren Erlebnisse. Nora, die Witwe, Mary, die Magd und Nance, die Kräuterfrau. Alle drei Frauen sind sehr gut ausgearbeitet und man sieht sie direkt vor sich während des Lesens, aber auch sonst wird alles so intensiv geschildert, dass man einen Film vor dem inneren Auge verfolgt.
Nora war eine mir alles andere als sympathische Person, sicher, sie muss in kürzester Zeit den Verlust der Tochter und des Ehemannes verarbeiten und sich um ein schwerbehindertes Kind kümmern, aber anstelle, dass sie selbst mehr eingreift, glaubt sie lieber, dass was man ihr erzählt und was man so im Tal über den kleinen Jungen munkelt.
Mary schien mir hier ganz viel Herz zu haben, sie bekommt die nötige Tiefe und nimmt eine wichtige Rolle in der Geschichte ein. Dabei ist sie eine der wenigen, wie es mir schien, die hier zu Mitgefühl fähig war.
Nance, die dritte der drei Frauen, aus deren Perspektive wir die Geschichte erleben, ist ebenfalls sehr glaubhaft dargestellt. Von ihr erfährt man auch mehr darüber, wie es dazu kam, dass sie die Gabe der Kräuterkunde und der Heilkunst bekam.
Neben den drei Frauen gibt es noch einige weitere Charaktere, vor allem die Bewohner des Tals, die auf die Handlung Einfluss nehmen. Durch ihr Verhalten, ihren Aberglauben und auch teilweise durch ihren Tratsch nimmt die grausame Handlung gegenüber dem kleinen Micheál seinen Lauf. Gerade diese Momente der Geschichte ließen mich wirklich tiefes Mitleid mit dem Kleinen empfinden, denn es war wirklich grauenhaft, was er durchleben musste.
Mein Fazit
Absolut atmosphärische Geschichte, sehr düster, sehr kalt und dadurch sehr real dargestellt. Manch ein Moment brachte mir Gänsehaut und Entsetzen, wenn man überlegt, wie sehr diese Menschen sich beeinflussen ließen. Die Entwicklung der Geschichte und der Charaktere konnte mich absolut fesseln und überzeugen. Kein leichter Roman, aber wirklich empfehlenswert!

Veröffentlicht am 18.07.2018

Humorvoll und mit ganz viel Herz

Miss Gladys und ihr Astronaut
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Eigentlich war es reiner Zufall, dass der Forscher Thomas Major zu einem Astronauten wurde, denn er war sozusagen zur rechten Zeit am rechten Ort. Nun ist er in einem Raumschiff auf dem Weg zum Mars, um ...

Eigentlich war es reiner Zufall, dass der Forscher Thomas Major zu einem Astronauten wurde, denn er war sozusagen zur rechten Zeit am rechten Ort. Nun ist er in einem Raumschiff auf dem Weg zum Mars, um diesen zu erschließen, damit irgendwann vielleicht dort Menschen leben können. Eine Zukunft auf dem Mars, für immer oder zumindest für eine lange Zeit ohne andere Menschen klingt für Thomas perfekt, denn er ist andere Personen einfach überdrüssig. Auf dem Flug klingelt dann sein Telefon, am anderen Ende Gladys, eine fast einundsiebzig Jahre alte Dame aus Wigan, die in letzter Zeit immer mehr vergisst. Zunächst genervt, hört Thomas, Major Tom genannt, ihr dann doch zu und so nach und nach lernt er über das Telefon Gladys, ihre Familie und auch all ihre Sorgen kennen.
Meine Meinung
Dieses wunderhübsche Cover machte mich auf den ersten Blick aufmerksam und der Klappentext klang einfach nach einer ganz anderen Story. Genau so eine ganz andere Story habe ich dann auch erhalten, denn Miss Gladys und ihr Astronaut weiß zum Schmunzeln zu bringen, aber auch zu berühren.
David M. Barnett hat mich mit seiner Geschichte absolut fesseln und bezaubern können, denn er schreibt so direkt und lebendig, dass man beim Lesen die Familien, aber auch Major Tom in seinem Raumschiff vor sich sieht. Dabei geht er noch nicht mal in unendliche Detailbeschreibungen über, sondern lässt dem Leser ganz viel Raum für eigene Fantasien. Dadurch, dass der Autor auch in der Gegenwart schreibt, wirkt es noch einmal mehr direkter und realer.
Das Geschehen darf der Leser mit unterschiedlichen Perspektiven verfolgen. So lernt man zunächst Thomas Major – Major Tom kennen, aber auch Gladys und ihre Familie. Während des aktuellen Geschehens driften die einzelnen Charaktere in Gedanken immer mal wieder in die Vergangenheit, vor allem Tom, über den man im Laufe der Geschichte so einiges erfährtund auch immer besser verstehen kann, warum er das Alleinsein bevorzugt. Das alles ist so wunderbar locker und mit einer großen Portion Humor geschrieben, dass die Seiten nur so verflogen beim Lesen.
Erzählt wird hier durch einen personellen Erzähler, in dritter Person. Dieser beschreibt Situationen mit viel Gefühl für Situationskomik und Momente, die sich zwar lustig anhören, wie z. B. Miss Gladys, die auf eine Email eines “Prinzen” reinfiel, aber doch auch ein wenig eigene Tragik beinhalten. Man fühlt mit den einzelnen Personen mit und kann sich in sie hineinversetzen. Alltägliches wird mit unglaublichem vermischt und man könnte sich glatt vorstellen, dass es diesen Astronauten am Telefon wirklich gibt.
Richtig gut gefallen haben mir die Charaktere der Geschichte. Allen voran Miss Gladys, die alte Dame, deren Demenzerkrankung leider immer schlimmer wird und das ausgerechnet jetzt, wo sie als Sorgeberechtigte für ihre Enkel da sein müsste. Diese haben nämlich ihre Mutter verloren und ihr Vater sitzt im Gefängnis. Miss Gladys stellt so manches an und auch wenn man, wenn es einem selbst passieren würde, wohl vor lauter Ärger schreien könnte, ist Gladys einfach so herzig, dass man ihr gar nicht böse sein kann.
Auch Tom ist wunderbar gezeichnet, er ist ein Einzelgänger, voller Zynismus und mit wenig Liebe zu seinen Mitmenschen. Erst so nach und nach erschließt sich hier dem Leser aber, warum er eigentlich so ein Griesgram geworden ist und letzten Endes gibt es bei ihm auch eine ganz tolle Entwicklung. Zum Ende hin mochte ich ihn sehr gerne und ich würde nur zu gerne wissen, wie es ihm dort oben auf dem Mars geht.
Aber auch Miss Gladys Enkelkinder, James und Ellie, sind wunderbar dargestellt. Ellie, die zu viel Verantwortung auf ihren fünfzehnjährigen Schultern trägt, James, das große Talent in Naturwissenschaften, der von seinen Mitschülern gemobbt wird. Sie fügen sich hier einfach gelungen in den Roman ein und es passt einfach.
Mein Fazit
Mit Sicherheit ein Buch, das sehr humorvoll erzählt ist, aber tatsächlich auch Tiefgang hat, denn David M. Barnett zeigt auch ganz deutlich, was Situationen aus Menschen machen, sie verändern können. Selbstverständlich ist hier nicht alles ernst zu nehmen, denn wer telefoniert schon regelmäßig mit einem Astronauten, doch es ist so voller Wärme erzählt, dass es einfach Spaß macht, die Geschichte zu lesen. Wer gerne ungewöhnliche, teils auch sehr skurrile Momente in Geschichten mag, wird hier auf seine Kosten kommen. Ich für mein Teil habe mich wunderbar unterhalten gefühlt und empfehle das Buch sehr gerne weiter.