Die Schönheit und Abgründe der menschlichen Seele
Der Duft des LebensObwohl seine Mutter Helene direkt nach der Geburt gestorben ist, wächst Aviv in einem fernen Land sehr behütet und geliebt auf. Nun arbeitet der junge Mann als Glasbläser, als er von dem zwielichtigen, ...
Obwohl seine Mutter Helene direkt nach der Geburt gestorben ist, wächst Aviv in einem fernen Land sehr behütet und geliebt auf. Nun arbeitet der junge Mann als Glasbläser, als er von dem zwielichtigen, aber renommierten Arzt Arthur Benjamin Kaminski einen Auftrag erhält: Er soll 50 Glasfläschchen produzieren. Der 50-Jährige verfolgt den bösen Plan, die Seelen der Sterbenden zu rauben. Daraus will er sich eine eigene, eine vollkommene schaffen. Er hat herausgefunden, warum er zu keiner Art von Liebe fähig ist, und ihn beschleicht die Ahnung, die anderen seien mehr Mensch. Kaminski leidet darunter, von den anderen zwar gefürchtet und geachtet, aber nicht geliebt zu werden. Aviv deckt die perfiden Machenschaften des Arztes auf. Ein Wettlauf um Leben und Tod beginnt. Kann er die in den Fläschchen gefangenen Seelen befreien?
„Der Duft des Lebens“ von Clara Maria Bagus ist ein märchenhaft anmutender Roman.
Meine Meinung:
Nach dem Vorspann ist das Buch in vier Teile untergliedert, die nach den Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter benannt sind. Ein Prolog und ein Epilog umschließen die Geschichte auf gelungene Weise. Darüber hinaus ist der Roman in 73 kurze Kapitel unterteilt. Solche, die die Sicht Avivs beleuchten, wechseln sich mit denen über Kaminski ab. Dieser Aufbau funktioniert prima und gefällt mir sehr gut.
Auch die bildhaft, teilweise poetische Sprache konnte mich begeistern. Der Schreibstil ist nicht nur flüssig und angenehm zu lesen, sondern auch dank vieler Vergleiche und Metaphern sehr anschaulich. Daher fiel es mir leicht, in die Geschichte einzutauchen.
Mit Aviv und Kaminski gibt es zwei sehr unterschiedliche und interessante Hauptprotagonisten, die sich als Widersacher begegnen. Die Entwicklung, die Aviv in dem Roman erlebt, finde ich positiv. Der starke Kontrast Gut/Böse führt allerdings dazu, dass beide etwas überzeichnet werden und nicht immer als sehr realitätsnahe Charaktere empfunden werden können.
Obwohl der Klappentext eine spannende Handlung verspricht, ist die Geschichte doch eher ruhig, was mich jedoch keineswegs gestört hat. Langeweile kommt beim Lesen nämlich trotzdem nicht auf. Das hängt auch damit zusammen, dass der Roman über ganz andere Stärken verfügt, zum Beispiel seine Tiefgründigkeit. Er bietet viele philosophische Denkimpulse: Was macht jemanden zu einem Menschen? Was macht die Seele aus? Wird man mit seinen Anlagen geboren? Oder haben die äußeren Umstände einen großen Einfluss? Diese und andere Fragen regen zum Nachdenken an. Ein Pluspunkt ist für mich auch, dass immer wieder positive Botschaften und Lebensweisheiten in die Geschichte eingewebt werden. Allerdings geschieht dies bisweilen etwas plakativ und ausschweifend. Dabei bewegt sich der Roman stellenweise nahe an der Grenze zum Kitsch.
Das reduzierte Cover ist ansprechend gestaltet und passt gut zur Geschichte. Auch der poetische Titel ist treffend gewählt.
Mein Fazit:
„Der Duft des Lebens“ von Clara Maria Bagus ist ein besonderer Roman, der interessante Denkimpulse liefert. Eine Lektüre, die zwar an einigen Stellen ein wenig übers Ziel hinausschießt, mir aber trotzdem schöne, unterhaltsame Lesestunden bereitet hat.