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Veröffentlicht am 15.09.2016

Waringham im Elisabethanischen Zeitalter

Der Palast der Meere
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Die von vielen Fans sehnsüchtig erwartete Fortsetzung der Waringham-Saga ist nun endlich erschienen:
Der Roman ist diesmal im Zeitraum von 1560 bis 1588 angesiedelt, also während der Regentschaft von Königin ...

Die von vielen Fans sehnsüchtig erwartete Fortsetzung der Waringham-Saga ist nun endlich erschienen:
Der Roman ist diesmal im Zeitraum von 1560 bis 1588 angesiedelt, also während der Regentschaft von Königin Elisabeth I:
Eleanor of Waringham ist seit frühster Kindheit Elisabeths engste Vertraute. Sie dient ihr nicht nur als Freundin und Ratgeberin, sondern gilt auch als „Auge der Königin“. Denn sie ist eine versierte Spionin mit guter Menschenkenntnis, die immer über alle wichtigen Vorgänge im Land informiert ist. Nicht weniger spannend als ihre berufliche Tätigkeit gestaltet sich Eleanors Privatleben, verliebt sie sich doch ausgerechnet in einen Mann, der als „König der Diebe“ einer von Londons meistgesuchten Verbrechern ist.
Eleanors Halbbruder Isaac hat dagegen mit höfischem Leben so gar nichts im Sinn. Um der Aussicht zu entfliehen, als künftiger Earl of Waringham Verantwortung übernehmen zu müssen, schleicht sich der erst 15-Jährige als blinder Passagier auf ein Schiff ein. Dabei gerät er gerade an den berüchtigten Sklavenhändler und Piraten John Hawkins und lernt auch dessen Vetter Francis Drake kennen. Obwohl Isaac in den nächsten Jahren viele schlimme Erfahrungen machen und eine Reihe gefährlicher Abenteuer bestehen muss, zeigt sich, dass ihm die Seefahrt im Blut liegt und es gelingt ihm, auf der Karriereleiter immer weiter aufzusteigen.

Der Roman ist in einer interessanten Epoche angesiedelt und die Protagonisten sind geschickt darin platziert. Eleanor illustriert das Leben bei Hofe, während Isaacs Geschichte zeigt, dass die Welt zu Beginn der Neuzeit viel größer war als jene des Mittelalters. So können wir an seiner Seite in exotische Gefilde wie Teneriffa oder Panama reisen.

Die Handlungsstränge laufen allerdings über weite Strecken nur parallel zueinander, ohne in einem besonderen Zusammenhang zu stehen. Die einzige wirkliche Verbindung zwischen den Halbgeschwistern ist Waringham, dieser Ort selbst (die Burg, das Gestüt, das Dorf) kommt diesmal aber nur relativ selten vor. Dafür sind die Kapitel, die dort angesiedelt sind, immer wieder besondere Highlights.

Historisch bedeutsame Ereignisse, die in diesem Buch thematisiert werden, sind insbesondere Elisabeths Privatleben bzw die Frage, ob und wen sie heiraten sollte, das Schicksal von Mary Stewart (Maria Stuart), die Piraten im Dienste der Königin und der Kampf gegen sie spanische Armada. An manchen Stellen hätte ich mir allerdings etwas ausführlichere Hintergrundinformationen gewünscht und bei Mary Stewart fand ich es schade, dass zwar oft über sie geredet wurde, sie aber kaum persönlich auftritt.
Dafür tauchen eine Vielzahl interessanter Personen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten auf. Nur ein echter Bösewicht fehlt.
Wenngleich Isaac in seinem Kampf gegen die Sklaverei etwas übertrieben edel wirkt, sind doch sämtliche handelnden Figuren nachvollziehbar und lebendig gezeichnet, haben jeweils ihre Stärken und Schwächen, sodass man sich gut in sie hineinversetzen, mit ihnen mitfühlen, sich bisweilen auch über sie ärgern kann.

Obwohl dieser Band sich in einigen Punkten deutlich von den bisherigen Waringhams unterscheidet, handelt es sich nichtsdestotrotz um einen absolut lesenswerten historischen Roman, der fundiert recherchierte Fakten mit einer packenden Geschichte verknüpft.

Dass am Ende die nächste Generation der Waringham zusehends ins Rampenlicht rückt, lässt auf eine weitere Fortsetzung hoffen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die großen Fragen

Die letzten Rätsel der Mathematik
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In der Mathematik wird eine besonders strenge Form des Beweisens betrieben. Um eine Vermutung zu einer Wahrheit werden zu lassen, reicht es nicht, sie in Tausenden oder sogar Milliarden von Fällen bestätigt ...

In der Mathematik wird eine besonders strenge Form des Beweisens betrieben. Um eine Vermutung zu einer Wahrheit werden zu lassen, reicht es nicht, sie in Tausenden oder sogar Milliarden von Fällen bestätigt zu sehen, sondern es ist eine Schritt für Schritt nachvollziehbare logische Herleitung aus bereits als gültig anerkannten Tatsachen von Nöten. Dafür ist ein einmal gefundener Beweis dann auch für alle Zeiten gültig.

Ian Stewart behandelt hier eine Reihe von Problemen, die sich über lange Zeiträume einem derartigen Beweis oder auch einer Widerlegung entzogen haben. Manche wurden inzwischen gelöst, wie etwa die Unmöglichkeit einer Quadratur des Kreises oder die Poincare-Vermutung, viele andere, wie die Riemann-Hypothese, harren noch einer Entscheidung.

Manche der aufgeworfenen Fragen sind als solche der reinen Mathematik von eher theoretischem Interesse, andere betreffen praktische Anwendungen, wie beispielsweise die Möglichkeit, effiziente Computeralgorithmen zu finden oder die Welt der Quanten zu erklären.

Dieses Buch zeigt, dass es sich bei der Mathematik um ein weit gefasstes und faszinierendes Gebiet handelt, das viel mehr zu bieten hat als die eher langweiligen Ausschnitte, die im Schulunterricht präsentiert werden. Im Laufe der Jahrtausende haben die Mathematiker immer neue Welten erkundet und immer neue Methoden entwickelt, um an die großen Probleme ihrer Zunft heranzugehen – deren Lösung dann oftmals zu einer Reihe weiterer Fragen führte.
(Deshalb halte ich den deutschen Titel – „Die letzten ...“ – nicht für so passend, das englische Original „The Great Mathematical Problems“ ist treffender.)

Auch wenn für das vollständige Verstehen sämtlicher Einzelheiten wohl gewisse Vorkenntnisse nötig sind, gelingt es dem Autor doch sehr gut, die wesentlichen Grundzüge der diversen Probleme sowie der darauf angewendeten Lösungsstrategien in allgemein verständliche Worte zu fassen. Die Verwendung komplizierter Formeln wird dabei so weit wie möglich vermieden, dafür werden die Ausführungen mittels vieler Grafiken anschaulich gemacht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Einblick in die Sprachwissenschaft

Lexikon der Sprachirrtümer Österreichs
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Die österreichische Umgangssprache enthält eine Reihe von Wörtern, über deren Bedeutung und vor allem Herkunft einige irrige Meinungen kursieren.
So leitet sich etwa „ausgepowert“ nicht vom englischen ...

Die österreichische Umgangssprache enthält eine Reihe von Wörtern, über deren Bedeutung und vor allem Herkunft einige irrige Meinungen kursieren.
So leitet sich etwa „ausgepowert“ nicht vom englischen „power“ ab, der Begriff „hacknstad“ für arbeitslos hat nichts mit „stad“ im Sinne von „stumm, still“ zu tun und der Ursprung der Bezeichnung „Schlachtenbummler“ liegt nicht im Bereich des Sports.
Diese und viele andere Irrtümer stellt Sigmar Grüner richtig. Er geht in alphabetischer Reihenfolge diverse Wörter durch und deckt deren Geschichte auf.
Es ist sehr interessant, auf diese Weise mitzuverfolgen, wie und nach welchen Gesetzmäßigkeiten sich eine Sprache entwickelt und welche Änderungen in Bedeutung wie Aussprache damit einhergehen. Außerdem hat es mich überrascht, wie viele heute allgemein gebräuchliche Begriffe eigentlich dem Milieu der Gauner entstammen.

Das einzige Manko dieses Buches besteht darin, dass der Großteil der behandelten Begriffe vor allem in Wien verwendet wird oder dort seinen Ursprung hat. Andere Regionen Österreichs sind dagegen stark unterrepräsentiert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Momente, die Geschichte schrieben

Sternstunden Österreichs
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Die Geschichtsschreibung wirkt bisweilen wie eine Aneinanderreihung von Unannehmlichkeiten. Kriegerische Auseinandersetzungen, Ränkespiele der Mächtigen und Katastrophen aller Art stehen im Mittelpunkt.
Gerhard ...

Die Geschichtsschreibung wirkt bisweilen wie eine Aneinanderreihung von Unannehmlichkeiten. Kriegerische Auseinandersetzungen, Ränkespiele der Mächtigen und Katastrophen aller Art stehen im Mittelpunkt.
Gerhard Jelinek konzentriert sich hier dagegen auf „die helle Seite unserer Geschichte“. Er hat 32 Momente ausgewählt, die zu „Sternstunden“ wurden, weil sie das Schicksal Österreichs oder sogar die gesamte Menschheit positiv beeinflussten.

Große Augenblicke, deren Erinnerung bis heute immer wieder gerne beschworen wird, wie Wiens Befreiung von der Türkenbelagerung oder der Staatsvertrag, finden sich darunter, aber auch weniger bekannte Geschehnisse, etwa ein Treffen von Fürst Metternich und Kaiser Napoleon oder die Gründung der ersten modernen Großbank.
Doch nicht nur weltpolitisch bedeutsame Ereignisse werden betrachtet. Der Erfindung der Sachertorte ist ebenso ein Kapitel gewidmet wie dem ersten Gemeindebau des roten Wien oder Toni Sailers Erfolgen bei den Olympischen Spielen.

Nun kann man natürlich immer unterschiedlicher Meinung sein darüber, ob sämtliche hier vorgestellten Ereignisse wirklich Sternstunden waren und ob es nicht auch anderes gibt, das erwähnenswert gewesen wäre. Doch wie der Autor selbst bemerkt, sind derartige Entscheidungen ohnehin immer subjektiv.
Meiner Meinung nach ist die Auswahl sehr interessant, es werden Themen aus den verschiedensten Bereichen angesprochen und es zeigt sich immer wieder, welch groß(artig)e Dinge aus scheinbar kleinen Anfängen entstehen können.

Die einzelnen Kapitel geben jeweils einen kompakten Überblick darüber, wie es zu der entsprechenden Sternstunde kam, vor welchem Hintergrund sie stattfand und vor allem, welche Nachwirkungen sie entfalten sollte, und betten die Handlung auf diese Weise in einen größeren historischen Zusammenhang ein.
Daneben sind die Ausführungen auch mit einigen Anekdoten gewürzt, sodass die Lektüre nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam ist.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Einfluss unserer Muttersprache

Im Spiegel der Sprache
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Die Frage, ob und wie sehr die Eigenheiten unserer jeweiligen Muttersprache unsere Denkweise beeinflussen, wird seit Jahrhunderten kontrovers diskutiert, wobei die unter Wissenschaftlern vorherrschende ...

Die Frage, ob und wie sehr die Eigenheiten unserer jeweiligen Muttersprache unsere Denkweise beeinflussen, wird seit Jahrhunderten kontrovers diskutiert, wobei die unter Wissenschaftlern vorherrschende Meinung mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlägt.

Der Linguist Guy Deutscher wagt sich hier an eine Auseinandersetzung mit diesem Thema, deren Ergebnisse teilweise der derzeit von der Mehrheit seiner Kollegen vertretenen Ansicht, wonach der Einfluss der Sprache auf das Denken kaum vorhanden oder bestenfalls trivial sei, widersprechen.
Er führt zunächst Beispiele an, die illustrieren, welch unterschiedliche Wege diverse Sprachen einschlagen, um die Umwelt ihrer Sprecher abzubilden, und beschreibt anschließend eine Reihe von Experimenten, die belegen (sollen), dass derartige Unterschiede sich tatsächlich darauf auswirken, wie diese Sprecher die Welt sehen.
Ein relativ großer Teil des Buches befasst sich mit der Benennung von Farben – vom alten Griechisch bis zum modernen Russisch. Aber auch weniger bekannte Phänomene werden angesprochen, beispielsweise dass einige Sprachen keine Begriffe verwenden, die unserem „links“ und „rechts“ entsprechen, sondern die Position eines Objektes ausschließlich an Hand von Himmelsrichtungen beschreiben.
Doch auch die möglichen Folgen von scheinbar banalen Unterschieden zwischen uns vertrauten Sprachen werden behandelt. So könnte die Tatsache, dass die deutsche Brücke weiblich ist, dem spanischen Pendant el puente aber das männliche Geschlecht zugeordnet wird (und hier ließen sich natürlich noch eine Reihe ähnlicher Beispiele finden) tatsächlich beeinflussen, welche Assoziationen ein entsprechender Begriff bei den Sprechern verschiedener Sprachen auslöst.

Dieses Buch stellt einen unterhaltsamen Streifzug durch ein packendes Thema dar und wird durch viele Beispiele und Erklärungen anschaulich. Oftmals sind die Schilderungen richtiggehend spannend, wenn man den Untersuchungen und Mutmaßungen, welche die Linguisten im Laufe der Jahrhunderte anstellten, folgen kann.
Der Autor geht dabei durchaus kritisch mit seinen Kollegen um, diese Kritik ist aber immer sachlich begründet und er verhehlt auch nicht, dass noch weitere Nachforschungen nötig sind um die von ihm aufgestellten Thesen besser zu untermauern.

Die Lektüre ist interessant und immer wieder überraschend. Ich bin sicher, dass in diesem Bereich noch weitere faszinierende Entdeckungen zu erwarten sind.