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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.08.2018

Hat mich nicht vollends überzeugt

Der Kommissar von Barfleur
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Dies ist der erste Band einer inzwischen acht Bände umfassenden Krimi-Reihe um Monsieur le Commissaire Philippe Lagarde. Eigentlich hat Lagarde ja vor, sich hier im malerischen Dorf Barfleur zur Ruhe zu ...

Dies ist der erste Band einer inzwischen acht Bände umfassenden Krimi-Reihe um Monsieur le Commissaire Philippe Lagarde. Eigentlich hat Lagarde ja vor, sich hier im malerischen Dorf Barfleur zur Ruhe zu setzen.
Bestenfalls will er seiner Freundin Odette beim Kochen helfen und vielleicht dann und wann aufs Meer hinausfahren, um zu fischen.
Er vermietet eine Ferienwohnung an ein deutsches Ehepaar, dessen Sohn vor einiger Zeit auf mysteriöse Weise verschwunden. Von dem jungen Mann, der von Liebeskummer geplagt ist, gibt es nur einen einzigen Hinweis: Eine Postkarte von Barfleur, die der junge Mann vor seinem Verschwinden abgeschickt hat.

Um dem ratlosen Elternpaar zu helfen, beginnt Lagarde zu ermitteln, eine erste Spur und eine Leiche.

Meine Meinung:

Hm, so ganz will sich die Euphorie eines Bannalec-Krimis nicht einstellen. Ein paar Dinge erscheinen mir doch etwas unwahrscheinlich: Die Sprachkenntnisse der deutschen Familie. Die Mutter des verschwundenen Studenten hat während ihrer Schulzeit, die wohl einige Wochen her ist, drei Jahre lang französisch gelernt und parliert mit normannischen Einheimischen einen ganzen Abend ohne Verständigungsprobleme? Ich selbst habe 5 Jahre diese Sprache erlernt und anschießend in einem Architekturbüro französische Korrespondenz erledigt. Doch ich maße mir nicht an, diese Sprache zu können.
Was mich weiters verwundert ist, ist Lagarde jetzt im Ruhestand oder nicht? Geht das in Frankreich, je nach Belieben zu ermitteln oder auch nicht?
Die Figuren haben auch (noch) wenig Profil. Warum muss in jedem Frankreich-Krimi ein Restaurantkritiker auftauchen und die Küche in Aufregung versetzen?

Die Krimihandlung selbst ist relativ einfach zu durchschauen. Ein selbstverliebtes Trio Infernal, das von einander emotional abhängig ist und ohne mit der Wimper zu zucken tötet.


Fazit:

Hat mich nicht so ganz überzeugt, daher nur drei Sterne.

Veröffentlicht am 24.07.2018

Hat mich zwiegespalten zurückgelassen

Franziska zu Reventlow
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Kerstin Decker, selbst Philosophin, hat mit ihrer Biografie über Franziska zu Reventlow das Bild einer Unangepassten geschaffen.

Wer ist sie nun diese Frau, die mit vollem Namen Fanny Liane Wilhelmine ...

Kerstin Decker, selbst Philosophin, hat mit ihrer Biografie über Franziska zu Reventlow das Bild einer Unangepassten geschaffen.

Wer ist sie nun diese Frau, die mit vollem Namen Fanny Liane Wilhelmine Sophie Auguste Adrienne Gräfin zu Reventlow hieß?

Geboren 1871 als fünftes von sechs Kindern in ein, nicht allzu vermögendes adelige Haus, entspricht sie von klein auf nicht den Gepflogenheiten und Erfordernissen der Zeit. Von den Eltern geringgeschätzt ja beinahe missachtet, versucht sie alles um Aufmerksamkeit zu erregen, erreicht leider das Gegenteil. Nach dem Hinauswurf aus dem strengen Mädcheninternat muss sie sich – unter Androhung der Einweisung in eine Irrenanstalt und Entmündigung – in einem Pfarrhaushalt verdingen. Die Flucht von dort, mittellos und ohne Ziel, ist der Beginn eines unsteten Lebens.

Ihr Aufbegehren gegen die Konventionen und ihr (angeblich) selbstbestimmtes Leben haben sie zu einer Ikone der Frauenbewegung werden lassen. Doch bei genauerer Betrachtung lebt sie von der Hand in den Mund, ist von diversen reichen oder ebenso armen Männern abhängig, die sie allerdings selbst wählt. Doch wenn das alles an Selbstbestimmung ist, hat sich das Aufbegehren gelohnt? Sie erfüllt sich den Wunsch, Romane zu schreiben. Doch um die verfassen zu können, muss sie sich in die profanen Niederungen des Geldverdienens begeben. Sie übersetzt französische Autoren ins Deutsche.

Zu Beginn hat mir ihre unkonventionelle Art zu leben noch halbwegs gefallen. Doch als sie, nach der Geburt ihres Sohnes Rolf, das unstete Leben weiterführt, weil sie sich nicht einengen lassen will, hat sie einige Sympathiepunkte bei mit verspielt. Ihr Standpunkt „Ein Kind zu haben ist vorsätzliche Freiheitsberaubung." (S. 139), zeigt deutlich, dass sie nicht gewillt ist, ihren Lebenswandel zugunsten des Kindes zu ändern. Trotzdem meint sie philosophisch "Mutter zu sein heißt, einem anderen Leben mehr verpflichtet zu sein als dem eigenen."

Und überhaupt die Philosophie: Sie nimmt in diesem Buch einen großen Raum ein. So wird häufig aus Fannys Briefen, Schriften und Tagebüchern sowie auch aus anderen philosophischen Traktaten zitiert, so dass diese Biografie ein wenig detailverliebt in andere Sphären abgleitet. Sprachlich schön ausformuliert, doch ein wenig zu weitschweifig was die Gedankengänge von Zeitgenossen Franziskas angeht.

Ich bin über Franziskas Charakter ziemlich zwiegespalten. Einerseits will sie unabhängig von gesellschaftlichen Konventionen leben, andererseits lässt sie sofort, wenn es ihr opportun erscheint, die Gräfin heraushängen. Sie ist hier leider inkonsequent.

1918 stirbt sie nach einem Fahrradunfall mit knapp 47 Jahren. Was bleibt sind mehrere Romane, zahlreiche Übersetzungen und ein Sohn, dem sie während des Ersten Weltkrieges zur Desertion verholfen hat.

Ein paar weiterführende Informationen zu Rolf, der ja einen großen Anteil an Franziskas Leben hatte, sowie einige Fotos wären wünschenswert gewesen. Dann wäre die Biografie in meinen Augen etwas „runder“ gewesen.

Fazit:

Mich hat diese ungewöhnliche Biografie einer Unangepassten ziemlich zwiegespalten zurückgelassen. Die weitschweifigen philosophischen Ergüsse haben mir ein wenig den Blick für’s Wesentliche verstellt, daher leider nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Hat mich nicht vollends überzeugt

Kluntjemord
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Autorin Eleonore „Elli“ Vogel gibt ihren ohnehin schlecht bezahlten Job auf, um in Aurich an einem weiteren Roman zu schreiben. Um ihre Unkosten zu decken, arbeitet sie im „Marlowe“ als Kellnerin. Als ...

Autorin Eleonore „Elli“ Vogel gibt ihren ohnehin schlecht bezahlten Job auf, um in Aurich an einem weiteren Roman zu schreiben. Um ihre Unkosten zu decken, arbeitet sie im „Marlowe“ als Kellnerin. Als ihre Kollegin Lisa ums Leben kommt, glaubt sie nicht an die Unfallstheorie. Sie beginnt zu recherchieren. Karl, ein befreundeter Obdachloser scheint ihren Verdacht zu teilen, doch bevor sie ihre Infos austauschen können, verschwindet Karl spurlos.
Auf der Suche nach Karl, den alle „Professor“ nennen, entdeckt sie seine kriminelle Vergangenheit. In der Folge tappt Elli von einem Fettnäpfchen ins andere, gerät mehrmals in Gefahr, und kommt letztendlich einen Drogenring auf die Spur.

Meine Meinung:

„Kluntjemord“ ist das Debüt von Martina Aden. Die Idee gefällt mir an sich sehr gut. Doch bei der Umsetzung sind ein paar Anfängerfehler passiert.
Martina Aden verpackt sehr viele Nebenhandlungen in den Krimi, die die Handlung nicht wirklich weiterbringen. Die Szene mit den Kindern im Kontaktzentrum hat mit dem eigentlichen Handlungsstrang nichts zu tun. Einzelne Personen tauchen auf und flugs wieder ab. Aus der, Ellis diffamierenden, Reporterin ließe sich einiges herausholen. Immerhin lebt sie jetzt mit Ellis Ex zusammen. Die sexistische Sprüche Tims und Ellis klischeehafte Replik, finde ich auch entbehrlich, gießt ja mit dieser Meldung nur zusätzliches Öl ins Feuer. Das passt zu einem Teenager, nicht zu einer Frau um die dreißig.

Stellenweise gleitet die Geschichte in Klamauk ab. Außerdem wird für meinen Geschmack viel zu viel Alkohol getrunken. Ellis wacht in fast jedem Kapitel mit einem Kater auf. Die im Titel erwähnten Kluntjes kommen dagegen nur selten vor.

Mit ihren 31 Jahren benimmt sich Elli häufig wie ein naiver Teenager und tappt prompt in die ihr gestellte Falle(n). Elli hat ein etwas ungeschicktes Händchen in Bezug auf Männer. Endlich dem notorischen Fremdgänger und Ungustl Jörg entkommen, kann sie sich vor Verehrern kaum retten. Tim, der übergriffige Bemerkungen macht, Sebastian, dem Besitzer der Disco „Cobra“ und Phil, dem Ermittler.

Die polizeiliche Ermittlungsarbeit scheint mir ein wenig zu einfach dargestellt.

Karls Kater O’Malley ist für mich der heimliche Star des Krimis.

Das Buch ist in der Ich-Form aus Sicht von Elli geschrieben. Der Schreibstil ist leicht und locker, wenn auch stellenweise flapsig. Ein bisschen hat mir das Lokalkolorit mit plattdeutsch sprechenden Einheimische gefehlt.

Fazit:

Ein leichter Sommerkrimi, der locker an einem Nachmittag gelesen werden kann. Mich persönlich hat er nicht überzeugt.

Veröffentlicht am 17.07.2018

Das Leben in Österreichs Justizanstalten

Der Häfen-Report
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Derzeit sind etwa 9.000 Menschen in Österreichs Gefängnissen inhaftiert, davon sind rund 550 Frauen, manche davon mit ihren Säuglingen.

Grund genug für die Journalisten Monika Krisper einen Blick hinter ...

Derzeit sind etwa 9.000 Menschen in Österreichs Gefängnissen inhaftiert, davon sind rund 550 Frauen, manche davon mit ihren Säuglingen.

Grund genug für die Journalisten Monika Krisper einen Blick hinter die Kulissen, äh, ins Gesperre zu machen. Stellvertretend für die Justizanstalten (JA) wie die Gefängnisse eigentlich heißen, hat sie sich intensiv mit der JA Graz-Karlau beschäftigt. Hier sitzen die „schweren Jungs“.

In zwölf Kapitel versucht sie uns den Gefängnisalltag aus den unterschiedlichen Blickwinkeln zu beschreiben. So kommen Insassen, Justizwachebeamte, Staatsanwälte und Rechtanwälte zu Wort.

Der überwiegende Teil des Buches ist sachlich geschrieben. Wir erfahren welche Gefängnisse es gibt, wie sich der Strafvollzug in den letzten Jahrzehnten geändert hat und welche Möglichkeiten für die Insassen bestehen, einen Beruf zu erlernen und resozialisiert zu werden. Interessant ist das Bemühen eines Anstaltsleiters, dass „seine“ Außenstelle Maria Lankowitz nicht geschlossen wird, wie es ein Papier des Justizministers vorgesehen hat.

Dass es auch im gut bewachten Gefängnis Graz-Karlau zu einer Geiselnahme kommen konnte, zählt wohl zu den spektakulären Vorfällen, die zum Glück nur äußerst selten vorkommen.

Wenn es dann um die Insassen geht, gleitet das Buch leider ein wenig in den Boulevard ab. Das hätte meiner Ansicht nach nicht unbedingt sein müssen. Hier kommt ein bisschen die Faszination des „wohligen Schauderns“ und der Voyeurismus durch: Wie lebt ein ehemaliger Fußballpräsident in Graz-Karlau? Wird der auf Grund seiner Bekanntheit bevorzugt behandelt? Er darf selbst über seine Haftzeit berichten und tut dies seinem Stil entsprechend.

Es gäbe noch einiges mehr über den Alltag in Österreichs Justizanstalten zu berichten. Was ich hier vermisst habe: Wie z. B. der Alltag von Frauen, die ihre Babys während ihrer Haftzeit bekommen. Kindergarten im Häfen? Ja, das gibt es. In der JA Schwarzau gibt es die Mutter-Kind-Abteilung. Bis zum dritten Geburtstag dürfen die Kinder bei ihren inhaftierten Müttern bleiben.

Fazit:

Möge uns der Anblick einer Vollzugsanstalt von innen erspart bleiben.

Veröffentlicht am 09.07.2018

November-Depression in Venedig

Heimliche Versuchung
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In dem nunmehr 27. Fall für Guido Brunetti bekommt er es zu Beginn mit den diffusen Ängsten einer Mutter zu tun, die glaubt, dass in der teuren Privatschule Albertini ihrer Kinder gedealt wird und der ...

In dem nunmehr 27. Fall für Guido Brunetti bekommt er es zu Beginn mit den diffusen Ängsten einer Mutter zu tun, die glaubt, dass in der teuren Privatschule Albertini ihrer Kinder gedealt wird und der Sohn Drogen nimmt. Allerdings hält sie sich sehr bedeckt und ergeht sich lediglich in Andeutungen. Für Brunetti sind das viel zu wenige Anhaltspunkte und tatsächlich Ermittlungen anzustellen. Überhaupt scheinen sich nun im November die Gangster auf den Winterschlaf vorzubereiten, nichts ist los in Venedig. Nur die Touristenströme scheinen nicht zu versiegen. Sogar Vize-Questore Patta ist milde gestimmt. Erst als Brunetti das vorerst unbekannte Opfer eines möglichen Überfalls als Tullio Gasparini, den Mann ebem jener besorgten Mutter identifiziert, geht er den Gerüchten um den Drogenhandel im Albertini nach. Trotz der tatkräftigen Mithilfe von Signorina Elettra, die wieder virtuos und illegal in allen möglichen fremden Datenbanken herumschnüffelt, kommen Brunetti und sein Team nicht wirklich zügig weiter. Vielmehr enden ihre Verdachtsmomente in einer Sackgasse.

Meine Meinung:

Als Brunetti-Fan der ersten Stunde beobachte ich die Entwicklung der Figuren seit längerer Zeit mit leichter Sorge. In welche Richtung streben sie? Patta wirkt diesmal milde und Tenente Scarpa intrigant wie immer. Signorina Elettra stattet Pattas Büro mit einer Wanze aus, um auch von dort bestens informiert zu sein. Diese Genese betrachte ich mit Argwohn. Was ist hier Elettras Motiv? Schon eher kann ich die Anleitung zur Selbstjustiz verstehen, in der sie eine Freundin vor Schaden bewahrt. Dennoch, was reitet Elettra, die bisher fast untadelig auf der Seite der Gerechtigkeit (nicht immer des Rechts) stehende Sekretärin Pattas? Vianello tritt zu Gunsten von Claudia Griffone ein wenig in den Hintergrund. Doch gerade seine erfrischenden Dialoge mit Brunetti, wenn es um vegetarisches Essen oder die Umweltzerstörung geht, fehlen mir diesmal ein bisschen.

Wie immer streifen wir mit Brunetti durch „sein“ Venedig und beklagen den Verfall der Lagunenstadt und den Einfall der Heerscharen von Touristen. Dass Brunetti ein Fan der (alt)griechischen Mythologie ist, ist bekannt. Diesmal spielen seine philosophischen Betrachtungen eine dominante Rolle und versprühen den Charme einer November-Depression.
Auffallend ist, dass es diesmal einige lose Enden gibt. Nicht alle aufgeworfenen Fragen werden im Laufe der Geschichte weiterverfolgt bzw. schlüssig beantwortet. Das eine oder andere wirkt sogar konstruiert oder zumindest doch recht zufällig. Was ist nun z.B. mit Drogenproblemen im Albertini?

Grundsätzlich mag ich gemächliche Krimi, die mit Kritik am herrschenden System nicht sparen. Doch diesmal scheint die Luft ein wenig draußen zu sein. Das leichte, spielerische Element scheint Donna Leon abhanden gekommen zu sein. Ob das vielleicht daran liegt, dass wir alle mit Guido Brunetti alt geworden sind? Oder liegt es an den Übersetzungen von Werner Schmitz? Oder ist Brunetti inzwischen eine Art Bürde für die Autorin geworden? Immerhin schreibt sie ja jährlich (manchmal auch zwei) einen neuen Krimi und das seit mehr als 25 Jahren.

Fazit:

Leider nicht der beste Brunetti. Vom venezianisches Flair und Esprit ist diesmal wenig zu spüren. Ich kann daher nur 3 Sterne vergeben.