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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2018

Etwas ernster als die bisherigen Bücher der Autorin

Drei Frauen am See
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Bislang kenne ich von der Autorin ihre Bücher rund um Papa Heinz. Während diese einen oft schmunzeln lassen, ist der vorliegende Roman, den als Hörbuch die Schauspielerin Anneke Kim Sarnau vorliest, von ...

Bislang kenne ich von der Autorin ihre Bücher rund um Papa Heinz. Während diese einen oft schmunzeln lassen, ist der vorliegende Roman, den als Hörbuch die Schauspielerin Anneke Kim Sarnau vorliest, von eher ernsterem Grundton. Vier Frauen um die 50 verbindet seit ihrer Jugend eine besondere Freundschaft, die sie in Maries Ferienhaus am See bei regelmäßigen Treffen ausleben. Das hat 10 Jahre aufgrund eines Streits ein Ende. Als Marie stirbt (das weiß der Leser/Hörer von Anfang an), hinterlässt sie den anderen drei das Haus unter der Bedingung, dass sie das bevorstehende Pfingstfest dort gemeinsam verbringen, wozu es schließlich auch kommt und was für die Frauen zu einer Aufarbeitung ihrer Vergangenheit wird.
Anfänglich hatte ich erwartet, die vier Freundinnen nur schwer auseinanderhalten zu können, was schließlich doch nicht so war, da sie alle sehr unterschiedlich sind. Als einen Umstand, der das Zuhören dann aber doch erschwerte, erwies sich, dass immer wieder in die Vergangenheit zurück geblendet wird, und zwar auf verschiedene Jahre in nicht chronologischer Ordnung. Das geschieht in der Weise, dass aus Maries Tagebuchaufzeichnungen gelesen wird oder die Freundinnen eine gegenwärtige Begebenheit zum Anlass nehmen, sich an Vergangenes zu erinnern. Irgendwann fing ich an, zeitlich durcheinander zu geraten. Bei einer Druckversion hätte ich zurückblättern können, hier nicht.
Die Geschichte als solche ist ganz schön, wirkt besinnlich. Das Drumherum um den Streit erweist sich allerdings als etwas banal.
Die Sprecherin hat sehr gute Arbeit geleistet. Sie hat eine angenehme Stimme, der sich gut folgen lässt, und sie macht durch stimmliche Veränderungen und Betonungen deutlich, welche Romanfigur gerade spricht.

Veröffentlicht am 02.09.2018

Aus dem Leben einer besonderen Patientin Freuds

Ida
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Die Autorin verarbeitet in diesem Roman ihre eigene Familiengeschichte, nämlich die ihrer Urgroßmutter und ihres Urgroßonkels. Sie ist die berühmte Patientin Ida Adler-Bauer des Psychoanalytikers Sigmund ...

Die Autorin verarbeitet in diesem Roman ihre eigene Familiengeschichte, nämlich die ihrer Urgroßmutter und ihres Urgroßonkels. Sie ist die berühmte Patientin Ida Adler-Bauer des Psychoanalytikers Sigmund Freud und er der bekannte österreichische Sozialdemokrat Otto Bauer.
Der für mich interessanteste Teil der Geschichte sind Idas Sitzungen bei Freud. Zu ihm wird sie von ihrem Vater im Jahr 1900 wegen diverser körperlicher Zipperlein zur Behandlung geschickt. Freud behandelt sie mit einer neuen Methode – sechsmal pro Woche lässt er sie auf der Couch von sich erzählen, bis Ida die Behandlung schließlich nach drei Monaten eigenmächtig abbricht. Hier gibt es schöne verbale Schlagabtausche zwischen Freud und Ida. Er interpretiert in ihre Beschwerden einen sexuellen Hintergrund, dem sie sich partout widersetzt und dem sie mit dem ihr eigenen Selbstbewusstsein entgegenhält. Überhaupt ist Ida eine starke Frau ihrer Zeit.
Sehr viel breiteren Raum nehmen dann aber doch die Schilderungen aus Idas weiterem Leben ein – ihre Jugend als Tochter eines wohlhabenden, fremd gehenden jüdischen Textilfabrikanten, ihre Ehe mit einem erfolglosen Komponisten, ihre Flucht aus Wien in die USA vor den Nationalsozialisten. Leider geht die Autorin dabei nicht chronologisch vor, sondern springt in der Zeit, was das Lesen etwas erschwert. Die schließlich auch immer wieder thematisierte aufkeimende österreichische Sozialdemokratie ist mir als aus Deutschland stammender Leserin schwer verständlich, weil mir die namentlich benannten vielen Funktionsträger nicht geläufig sind. Insofern hat mich gerade der Mittelteil des Buchs nicht fesseln können.
Amüsiert hat mich der antiquiert wirkende Sprachstil, der der Epoche des ausgehenden 19. Und des beginnenden 20. Jahrhunderts angepasst ist.

Ein lesenswerter, gut recherchierter historischer Roman.

Veröffentlicht am 26.08.2018

Das traurige Schicksal einer Jüdin

Zwischen uns ein ganzes Leben
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Am Sterbebett gibt Jacobina ihrem jüdischen Vater das Versprechen, seine ihr bis dahin verschwiegene weitere Tochter Judith zu suchen. Diese und deren Mutter hatte er in den 30er Jahren in Paris verlassen, ...

Am Sterbebett gibt Jacobina ihrem jüdischen Vater das Versprechen, seine ihr bis dahin verschwiegene weitere Tochter Judith zu suchen. Diese und deren Mutter hatte er in den 30er Jahren in Paris verlassen, um in seine rumänische Heimat zurückzukehren. Doch erst im Jahr 2006, als Jacobina selbst alt und krank ist, besinnt sie sich ihres Versprechens und erhält Hilfe bei der Suche nach der Halbschwester von der Pariserin Béatrice, die sich ehrenamtlich um Jacobina kümmert. Deren Recherchen ergeben nach und nach, wie es Judith als Jüdin in dem von Deutschen besetzten Paris ergangen ist. Abwechselnd wird in die Zeit um 1940 in Paris zurückgeblendet, aus der Judith als Ich-Erzählerin schildert, und in die Gegenwart des Jahres 2006, in der von Béatrice Bemühungen erzählt wird sowie auch von ihrem problembelasteten Berufs- und Privatleben.

Die Autorin verarbeitet in diesem Roman einen Teil der Familiengeschichte ihres Mannes. Er ist sehr lehrreich, bringt er uns doch ein düsteres Kapitel der deutschen Geschichte während des Nationalsozialismus nahe, das manchem vielleicht gar nicht so bewusst war – auch in dem von Deutschen besetzten Frankreich gingen die Besatzer und ihre Kollaborateure erbarmungslos gegen die jüdische Bevölkerung vor. Sprachlich lässt sich der Geschichte gut folgen, und dass abwechselnd auf zwei Zeitebenen erzählt wird, macht alles umso interessanter. Die Autorin hat gut recherchiert. Ich hatte bis dato gar keine Vorstellung davon, wie viele Möglichkeiten es doch gibt, das Schicksal von deportierten und vermutlich in Konzentrationslagern umgekommenen Juden aufzuklären. Als interessanten Aspekt sehe ich es, dass die eine Protagonistin Béatrice als Pressereferentin bei der Weltbank in Washington tätig ist und auf diese Weise Kenntnisse über diese Institution vermittelt werden. Nicht ganz so überzeugend fand ich, dass es doch zu viele glückliche Fügungen und Zufälle bei der Suche nach Judith gibt. Auch das Liebesleben von Béatrice war zu dick aufgetragen.

Auf jeden Fall ein lesenswertes Buch und ein wichtiger Beitrag, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.

Veröffentlicht am 09.08.2018

Neues von den Hausbesetzern

Alle für einen
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Es handelt sich nach „Allein kann ja jeder“ und „Zusammen ist (k)ein Zuckerschlecken“ um den dritten Band rund um die atypischen, völlig inhomogenen Hausbesetzer einer alten Villa – die unkonventionelle ...

Es handelt sich nach „Allein kann ja jeder“ und „Zusammen ist (k)ein Zuckerschlecken“ um den dritten Band rund um die atypischen, völlig inhomogenen Hausbesetzer einer alten Villa – die unkonventionelle Rentnerin Rosa, ihre allein erziehende Tochter und Heftchenschreiberin Ellen mit pubertierender Tochter Kim, dem ehemaligen und deshalb gerne kommandierenden Soldaten Hans sowie dem hausfraulich bewanderten ehemaligen Betrüger Konrad. Neue und alte Herausforderungen sind zu meistern. Die Villa soll endlich von ihnen gekauft werden können, Konrad möchte den Kontakt zu seiner Tochter herstellen, Rosa organisiert eine Benefizauktion, Ellen beginnt eine Karriere als Romanautorin, Kims Freund Tarik muss von dem Verdacht eines Verbrechens befreit werden.

Es ist ein schöner Mehrgenerationenroman, der Leser aller Altersgruppen ansprechen wird. Auch wer die Vorgängerbände nicht kennt, findet gut in die Geschichte hinein, da auf frühere Geschehnisse immer wieder eingegangen wird. Gute Unterhaltung ist auf jeden Fall vorprogrammiert. Dafür sorgen schon die teilweise schrägen Romanfiguren mit ihrem individuellen persönlichen background. Auch an sich ernste Themen werden witzig aufgearbeitet. Positiv hervorzuheben ist die Liebe zum Detail. Gefallen hat mir, dass Ellen gerade den ersten Romanband als Roman verfasst. Das Ende geht für alle gut aus, wie es sich für einen Unterhaltungsroman gehört. Es lässt auf jeden Fall Raum für eine Fortsetzung.

Eine schöne, sich gut lesende Lektüre.

Veröffentlicht am 03.08.2018

Ein sehr ungewöhnliches Mädchen erzählt aus seinem Leben

Weit weg von Verona
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Dieses ist der erste Roman der Autorin, der in ihrem Heimatland England bereits 1971 erschienen ist.
Das Buch ist wirklich lesenswert und fasziniert durch seine bemerkenswerte Protagonistin, der 12jährigen ...

Dieses ist der erste Roman der Autorin, der in ihrem Heimatland England bereits 1971 erschienen ist.
Das Buch ist wirklich lesenswert und fasziniert durch seine bemerkenswerte Protagonistin, der 12jährigen Jessica Vye. Aus ihrer Perspektive ist die Geschichte erzählt, die zur Zeit des Zweiten Weltkrieges in England angesiedelt ist. Schon zu Beginn charakterisiert sie sich als nicht ganz normal, nicht sehr beliebt, immer wissend, was die Leute denken, schlecht die Klappe halten könnend und unweigerlich immer und überall die Wahrheit sagend. Und exakt so erleben wir Jessica im Laufe der Begebenheiten, von denen sie sehr eloquent erzählt, sei es ihr Besuch in einem Slum, einer zur Upper Class gehörenden Familie, eines Cafés oder ihrer Schule. Wirklich bewundernswert wird Jessica dadurch, dass sie sich – etwas selbst verliebt - schon im Alter von erst neun Jahren für eine echte Schriftstellerin hält und dann mit zwölf tatsächlich bei einem Gedichtwettbewerb gewinnt. Bibliophilen Lesern wird auch gefallen, dass sie alle englischen Klassiker, die die örtliche Bibliothek vorrätig hat, dem Alphabet nach liest. So unterhaltend der Plot auch ist, werden wir nicht von den furchtbaren Ereignissen aus dem Krieg verschont. Denn auch Lebensmittelkarten, Gasmasken, Luftschutzkeller, Bombardierungen gehören zu Jessicas alltäglichem Leben.