REZENSION zu: Leonie Wieck - Im Zweifel ist es Liebe
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Meine Meinung.
Als Gereon Krantz mir erzählte, er würde nach seinem Debüt-Krimi gern einen Liebesroman schreiben, musste ich erst einmal schmunzeln. "Aber sicher", dachte ich und legte diese Information direkt ad acta. Und dann war es plötzlich da ... dieses bläuliche Cover mit dem pinken Kaffeebecher, dem weißen Cupcake und anderen Verzierungen. "Er hat es wirklich getan ...", stellte ich überrascht fest und wurde dann prompt so neugierig, dass ich eine Ausnahme machte und mich in andere Gewässer wagte. Und in was für welche, puh!
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Die 34-jährige Lena ist selbstironisch, taff und schlagfertig. Doch vor allem ist sie seit anderthalb Jahren Single und über diesen Zustand wenig erfreut. Sie hört ihre biologische Uhr ticken und befürchtet, nach der letzten Niederlage in Sachen Beziehung nie mehr ihrem Mister Right zu begegnen. Und so stürzt sie sich kopfüber ins strategische Getümmel auf der Suche nach ihm. Alles könnte so einfach sein, wenn ... dieses Wörtchen "wenn" nicht wäre.
Eines Tages entdeckt sie mehr zufällig den attraktiven Till in ihrem Stammcafé, flirtet mit ihm, macht ihm schöne Augen und muss schließlich zu einer cleveren Taktik greifen, weil ihre bisherigen Avancen im Nichts endeten. Aus einer vermeintlich völlig harmlosen Situation wird plötzlich eine überrumpelnde Misere, die mich manches Mal völlig durchschüttelte ... vor Lachen.
Lena und Till treffen im Verlauf der Story immer wieder aufeinander. Dabei schafft es vor allem Lena, von einem Malheur zum nächsten zu brettern. Und zwar mit Vollgas. Ich fühlte mich richtig hiflos. So als würde ich jemanden schockiert beobachten, wie er sich einen Kinderriegel (und ihr wisst, wie sehr ich Kinderriegel liebe) komplett in den Mund steckt statt ihn stückchenweise zu genießen. Man möchte Lena am liebsten jedes Mal ein riesiges Stopp-Schild in den Weg stellen, ihre Füße mit Fesseln versehen und den Boden vor ihr aufreißen, damit sie nicht weiterläuft und somit die nächste Katastrophe heraufbeschwört, aber sie scheint - was das angeht - Superkräfte zu haben und so kann man nur hilflos zusehen. Jesus! Christ! Die Gute kommt auf dermaßen verrückte Ideen, die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu lenken, dass ich mich frage, wie so jemand überhaupt Freundinnen haben kann. Sie ist ziemlich freaky und das kann durchaus anstrengend sein. Jedoch ebenso unterhaltsam.
"[...] Außerdem ist es ziemlich schwer, wütend zu bleiben, wenn man flauschige Hasenpantoffeln trägt." S. 58
"Mein Lungenvolumen entspricht ungefähr dem eines asthmakranken Kettenrauchers (ich bin weder noch), was mich für Tauchgänge, Langstreckenläufe, rituelle Gesänge oder ausgedehnten Oralverkehr ungeeignet macht." S. 108
Till hingegen ist der coole Typ, der sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt - abgesehen von der Szene im Café, aber auf die kann ich nicht näher eingehen zwecks Spoiler-Gefahr ;) Er bemerkt bei ihren Begegnungen, worauf sie es anlegt und reagiert eher skeptisch und ironisch darauf. Ich stelle ihn mir lässig und mit einem verschmitzten Lächeln vor, weil das zu dem passt, was Leonie Wieck über ihn schreibt. Natürlich hat auch er seine Vorgeschichte, die seine Motivationen und Handlungen rückblickend erklärt.
Beide zusammen ergeben Figuren, die einfach perfekt zum Thema des Buches passen. Jeder Schlagabtausch ist ein Genuss!
"Was für ein Zufall!", sagte er. "Wie es aussieht, laufen wir uns jetzt regelmäßig über den Weg. Witzig, oder?" Ich fand es so witzig, ich hätte ihm fast den zerkauten Keks auf die Schuhe gespuckt." S. 111
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Der Schreibstil ist locker, flüssig und liest sich sehr angenehm. Auf unnötige Schnörksel wird verzichtet, nur hier und da hätte man Passagen kürzen können.
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Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der Hauptprotagonistin, was es mir einfach machte, mich in sie hineinzuversetzen. Spannend wäre eine zweite Perspektive gewesen, nämlich die aus der Sicht von Till. Zu erfahren, wie er welche Situation wahrgenommen und interpretiert hat, hätte ich sehr interessant gefunden. Was er alles dachte, als Lena wieder mal aus der Reihe tanzte, zum Beispiel.
Das Ende lässt keine Fragen und Wünsche offen.
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Fazit: Eine Empfehlung an alle, die es romantisch, kitschig, chaotisch und vor allem humorvoll mögen ... und auf mörderische Achterbahnfahrten mit Doppel-Loopings und ohne Anschnallmöglichkeit stehen. Ein Liebesroman mit Wumms!