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Veröffentlicht am 02.09.2018

"Das Leben ist nicht dazu da, dass es dich unterhält"

Das rote Adressbuch
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Doris Alm wurde 1918 in Schweden geboren, nach dem Tod des Vaters verarmte die Familie. Die Mutter schickte Doris mit erst 13 fort, als Dienstmädchen. Die Zeiten sind hart, nur mühsam kommt sie mit der ...

Doris Alm wurde 1918 in Schweden geboren, nach dem Tod des Vaters verarmte die Familie. Die Mutter schickte Doris mit erst 13 fort, als Dienstmädchen. Die Zeiten sind hart, nur mühsam kommt sie mit der schweren Arbeit und dem Alleinsein zurecht. Einzig der Künstler Gösta, regelmäßiger Gast ihrer strengen Arbeitgeberin, hilft ein wenig. Dann zieht es ihre Chefin nach Paris, und sie nimmt Doris mit. Im Alter von 96 Jahren blickt Doris auf dieses und viele folgende Erlebnisse zurück, die sie um den halben Kontinent führten, durch den Zweiten Weltkrieg, in Freud und Leid. Sie beschließt, ihr Leben aufzuschreiben, für Jenny, ihre Großnichte. Sie will ihr Vermächtnis hinterlassen.

ACHTUNG: KEIN Kitsch-/Liebesroman. Mir hatte die Leseprobe gefallen, aber ein Kitschroman, das war meine Befürchtung, könnte sich noch irgendwo verbergen. Doris verliebt sich, ja, natürlich, man folgt ihr immerhin über 83 Jahre, da sollte das schon passieren (dazu hat sie ganz eindeutig etwas zu sagen). Zwischendurch, um Kapitel 27 der letzten CD, da dachte ich schon „Mist, doch Kitsch". Und dann hat sich Autorin Sofia Lundberg mit den Schlusskapiteln übertroffen, eine Wendung hinein gebracht und sich noch einmal ganz schön etwas einfallen lassen.
„Das Leben ist nicht dazu da, dass es dich unterhält, du musst dein Leben unterhalten“.

Gelegentlich hadere ich mit Hörbüchern, weil mir fehlt, wie die Namen geschrieben werden – dieses Buch ist PERFEKT zum Hören. Die Kapitelüberschriften und damit die Namen der Einträge in Doris‘ rotes Adressbuch (der Menschen in ihrem Leben) sind auf dem Leporello mit den CDs abgedruckt. Toll! Oft fehlen die Titel aus den Büchern in der Audioversion. Auch die Besetzung mit zwei Sprecherinnen, für die ältere und für die jüngere Doris, ist eine grandiose Lösung, um die Zeitschiene deutlich zu machen; da hat „der Hörverlag“ alles richtig gemacht. Beate Himmelstoß und Susanne Schroeder lesen so, dass ich auch weitere Personen gut zuordnen kann. Ein Genuss! Das Buch war Thema eines Hörwochenendes und um mich herum wurde ähnlich ge"sucht"et. Vielleicht trotzdem nicht ganz ein typisches Männerbuch ?

5 völlig überraschte, völlig geplättete Sterne

Veröffentlicht am 31.08.2018

Bismarckzeit – gut nachvollziehbare und leicht lesbare Historie UND Schmöker

Der Jahrhundertsturm (Jahrhundertsturm-Serie 1)
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• Alvin von Briest, ohne Erbe als jüngerer Bruder von Levin. 1840 ist er 19 – also geb 1821. Er geht zum Militär – auf einen Tipp von Otto von Bismarck hin (ja, DER Bismarck)
• Louise Ferrand ist 17 im ...

• Alvin von Briest, ohne Erbe als jüngerer Bruder von Levin. 1840 ist er 19 – also geb 1821. Er geht zum Militär – auf einen Tipp von Otto von Bismarck hin (ja, DER Bismarck)
• Louise Ferrand ist 17 im Jahre 1840 - also 1823 geboren. Nach dem Selbstmord des Vaters wegen Spielschulden sind ihre Mutter Amélie und sie verarmt und aus einem Leben im Wohlstand in eine kleine Wohnung umgezogen. Der verheiratete Liebhaber der Mutter finanziert sie
• Paul Baermann aus München, 19 (*1821). Er liebt das neue Wunderwerk Eisenbahn, plant eine Ausbildung zum Ingenieur in England und hat dafür auch bei den Eltern Geld geliehen, sehr zum Missfallen seiner älteren Schwester Lily

Diese drei sind die Hauptfiguren der von 1840 bis 1871 reichenden Handlung. Alvin und Paul lernen einander kennen, als sie spontan gleichzeitig einem Mann helfen, der ihrer beider Leben nach Paris lenken wird. Und in Paris ist Louise, die Frau, in die sich beide Männer verlieben werden. Alle finden sie wahre Freunde in Frankreich und Deutschland, deren Unterstützung sie sich gewiss sein können. Allerdings gibt es auch mächtige Feinde, Gefahren und Nöte.

Soweit der Part „Schmöker“. Mich hat das Buch positiv überrascht damit, wie genial gut Autor Dübell die historischen Ereignisse integriert hat. Es wirkt nur ein, zwei Mal (auf über 1000 Seiten ist das nichts) wie eine Aufzählung aus einer Liste (Beispiel um S. 566), sonst entfalten sich Handlung und Historie sehr geschickt nebeneinander. Ernsthaft, ich hatte das (na ja, fast) alles in der Schule gelernt, den Zusammenhang, das „große Ganze“, aber tatsächlich erst durch den Roman ziehen können (der Geschichtsunterricht hatte die unsägliche Angewohnheit von Themenwechseln, ohne dass bei Wiederaufnahme die Vorgänge DAVOR rekapituliert und in Bezug gesetzt worden).

Die Leistung: Keine der Personen wirkt wie ein reiner Stichwortgeber wie bei Prange „Unsere wunderbaren Jahre“ (nicht „wir brauchen jemanden aus Berlin, um die Entwicklung von xy darzustellen“) – dadurch wirkt es nicht aufgesetzt, welche historischen Ereignisse die Charakere miterleben. Dübell kann Prozesse und Akteure in ihrem Widerspiel nachvollziehbar machen – der Code Civil nach dem Weggang Napoleons und die Wünsche der „einfachen Leute“ nach mehr Rechten, dagegen die Junker mit ihrem Bestreben, die alten Machtgefüge zu erhalten, als Beispiel zum März 1848. Historische Personen sind überzeugend eingebaut, vor allem Bismarck und das preussische Königshaus; sie haben nicht nur „Cameo-Auftritte“ wie z.B. Königin Victoria in „Winterengel“ von Bomann. Das Buch geht ins Detail, teils sehr viel, aber nie so viel wie „1813“ von Ebert, bei dem dann wirklich JEDE Uniform mit jedem Detail abgearbeitet wird.
Dennoch gibt es gelegentlich zu viele Informationen für mich „…die Soldaten … , die dort in langer, langer Reihe eintreffen und daran vorbeimarschieren würden – die Infanterieregimenter der Ersten, Zweiten und der Elbarmee und der Landwehr, die Füsiliere, die Jäger, die Grenadiere, die Pioniere, die Artillerie mit ihren Gespannen und aufgeprotzten Geschützen, zu Pferd die Kürassiere, die Dragoner, die Husaren, die Ulanen und natürlich die Garde.“ S. 763 …oder einfach „die Soldaten“?!

Zum Schmöker hätte ich mehr zu meckern, der Plot ist aus den „üblichen Verdächtigen“ zusammengesetzt. Zwei Männer aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten werden beste Freunde und verlieben sich in dieselbe Frau, jeder von ihnen hat Widersacher, die sich natürlich auch finden, die Geschichte zwingt die Freunde auf gegnerische Seiten, es kommt zu Gefahren und Nöten … Wer die „Clifton-Saga“ von Archer mochte, wird das hier auch lieben. Ich fand das ja „ganz nett“, die polyamouröse Liebesbeziehung ist sicher modern, wenn auch vielleicht unrealistisch (ohne Eifersucht?), die Bösen sind so richtig böse à la Blofield bei Bond – „das kann man lesen“. Ohne die geniale geschichtliche Verwebung müsste man es aber nicht (die Cliftons sind deutlich mehr „Schmöker“).

Und sonst? Mir gefiel der feine Humor, so wenn dem Münchner Paul bei Alvin in Preussen die Berge fehlen. Alvin: „Berge…verstellen einem die Sicht auf das Wesentliche“. Paul: „Berge sind das Wesentliche!“ S. 334 Die Prüderie auf den ersten 500 Seiten war seltsam: „Jedes Mal, wenn sie und er zusammen Erfüllung fanden…“ S. 256 oder am Morgen „danach“ „Mittlerweise wusste er genau, wie stark ihre Liebe zu ihm noch immer war...“ S. 336 Mit Louises Ergreifung der Initiative verliert sich das überraschenderweise. Kein Franzose sagt „Oh non, nous ne pas voulont de la dynamite alboche!” S.905 – ne pas voulont? Ach ja, und ein Adliger belehrt einen anderen Adligen nicht, dass der ihn mit „von“ anzusprechen habe statt nur mit dem Familiennamen, letzteres ist durchaus üblich unter den Herren; "man" weiß, wer "man" ist S. 51

Dafür erfasst Dübell pointiert die jweiligen Gegebenheiten, so „Selbst für ihn, der mit Buchhaltung nichts zu tun hattte, waren die Aufzeichnungen nachvollziehbar. Grundstücksbesitzer, die mehr Geld für ihre Grundstücke bekommen hatten als den reellen Preis, und den Überschuss mit den zuständigen Beamten geteilt hatten, … . Enteignungen, die auf Kosten einer effizienten Streckenführung gegen mächtige Schmiergelder verhindert worden waren, …. Verladebahnhöfe, die ursprünglich nicht vorgesehen waren, weil ein Fabrikbesitzer den Segen der Eisenbahn direkt vor seinen Produktionsanlagen erkannt und dafür ordentlich bezahlt hatte.“ S. 175. Wie wenig sich geändert hat.

Insgesamt liest sich das Buch als ein Manifest für ein vereintes Europa, Freundschaft über Klassen- und Ländergrenzen und gegen den Krieg. Die Bemerkungen zu Mechanismen von Aufhetzung und Hass sind erschreckend aktuell.
Dies ist Band 1 einer Reihe mit dem verbindenden Motiv der Eisenbahn, bei Band 2 scheint es das Flugzeug zu sein, mit einer Übergabe an die Enkelgeneration der Protagonisten. Ich werde hineinlesen, mindestens.

5 Sterne. TROTZ Schmöker-Bauchweh, so bleiben nämlich 1056 Seiten und VIELE Ereignisse noch verdaubar (ähnlich der TV-Dokumentary „Die Deutschen“ oder bei „Die Sendung mit der Maus“ ?. Ich werde mein altes Geschichtsbuch neu lesen mit dem Gefühl, dort zwar mit Details beworfen zu werden, aber den Zusammenhang erfasst zu haben.

Veröffentlicht am 30.08.2018

Fallakte: Der Lover

Wir sehen dich
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Eine Frau wird in London ermordet. Der Täter wird ihre Augen in geöffnetem Zustand fixieren und ihren Mund verschließen. Er wird ihre Haare färben und sie verändern – so dass sie so aussieht wie schon ...

Eine Frau wird in London ermordet. Der Täter wird ihre Augen in geöffnetem Zustand fixieren und ihren Mund verschließen. Er wird ihre Haare färben und sie verändern – so dass sie so aussieht wie schon zwei andere tote Frauen in London vor ihr. Der Spitzname des Täters ist „Lover“. Natürlich beginne ich als Leser mitzufiebern und mitzurätseln, aber würde das in der Realität ausreichen? Eine kleine Gruppe auf einer True-Crime-Website glaubt, die Tat aufklären zu können. Doch ist ihr Mitglied Clementine wirklich die Richtige für diese Aufgabe? Oder ist sie, die Psychologie-Studentin mit den Panikattacken und den vielen Sicherheitsvorkehrungen an ihrer Tür nicht eher der Täterseite zuzuordnen? Und dann ist da Dominic „Dom“ Bell von der zuständigen Polizei. Er muss sich nicht nur Sorgen um die Gegenwart machen und um einen Täter, zu dem es keine Spuren zu geben scheint, sondern auch um seine Zukunft: sein letzter Einsatz lief gehörig daneben. Hat er einen Maulwurf unter seinen Kollegen?

Fans von Thrillern und Krimis haben sich bestimmt schon das gleiche gefragt wie die Mitglieder der kleinen Gruppe hier um den mysteriösen „Death Stalker“, darin liegt ein großer Reiz des Plots. Doch hat „Death Stalker“, der viel von den anderen Mitgliedern verlangt und wenig selbst preisgibt, vielleicht eigene Interessen? Und woher kommen die eindeutigen Insider-Informationen der anderen? Dazu spielt jemand der Presse Polizei-Interna zu. Einmal kein „beschädigter Ermittler“, dafür mit Dom Bell ein Polizist, dem die interne Ermittlung im Nacken sitzt und der damit umgehen muss, den ihm Nahestehenden nicht mehr vertrauen zu können. Man darf also auch hier rätseln, was vorgefallen ist. Clementine wirkt dafür umsomehr wie dem Klischee entsprechend, doch es bleiben Fragen offen. Wenn man so möchte, darf man hier also (mindestens!) drei Rätsel lösen, oder sind alle Verbrechen?

“My little Eye” so der Originaltitel mit einer ziemlich nichtssagenden deutschen Übersetzung hat sich für mich als Pageturner erwiesen. Die Brutalität des Täters ist zwar groß, die Darstellung durch Autorin Stephanie Marland ist jedoch sachlich, eher an der Gerichtsmedizin und den Spuren orientiert, mit wenig „Splatter“-Neigung. Für Empfindliche: es wird sexuelle Gewalt nach der Tötung festgestellt, jedoch NICHT beschrieben. Die Spannung bleibt durchgängig hoch wegen der Parallelität der Taten des Lovers und der größeren privaten und beruflichen Probleme der ungleichen Ermittler. Dabei wahrt der Tonfall immer wieder einen gewissen trockenen Humor, so wenn Ermittler Bell ins Büro seines Chefs muss, farblich gehalten in „Twelve-Shades-of-Klärschlamm“ S. 134 Das führt jedcoch zu keiner Verharmlosung, so zu sehen in der Reaktion des Ermitlers kurz vor Betreten des Tatorts: „Wenn man so viele Jahre dabei ist, kommt jedes Mal eine Flut von Erinnerungen an Tatorte hoch: so viele Leichen. Als ob das Gehirn schon mal zu erraten versucht, was einen erwartet. Oder einen als Desensibilisierungsmaßnahme mit alten Bildern überschwemmt, bevor man das neue zu Gesicht bekommt. Was auch immer, es klappt nie. Kann es gar nicht. Keine Leiche ist jemals ein guter Anblick.“ S. 44

Eine Empfehlung: originelle Ermittlerkonstellation, spannender Fall mit Neben-Handlung, sowie ein Schluss, der eine Fortsetzung möglich macht (oh ja, bitte!). 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.08.2018

Gott und die Welt und das Wesen von Auseinandersetzungen und Volkes Maul

Munin oder Chaos im Kopf
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„Aber es hatte sich etwas verändert seit dem letzten Sommer. Die Menschen waren gereizter …geworden, was nicht nur die Bewohner unserer Straße betraf, sondern auch alle anderen, und das nicht, weil die ...

„Aber es hatte sich etwas verändert seit dem letzten Sommer. Die Menschen waren gereizter …geworden, was nicht nur die Bewohner unserer Straße betraf, sondern auch alle anderen, und das nicht, weil die Welt sich in den letzten zwölf Monaten so verändert hätte, sondern gerade weil sie sich nicht verändert hatte, weil das, was schon vor Jahren begonnen und sich im vergangenen Jahr in Krieg, Krisen und weltweitem Terror entladen hatte, alltäglich geworden war.“ S. 10 Journalistin Mina Wolf will in ihrer Wohnung für eine Kleinstadt eine Festschrift über den Dreißigjährigen Krieg verfassen, doch die unmelodisch lauthals vom Balkon singende Nachbarin bringt Unfriede unter die Anwohner und macht Mina die Arbeit außerhalb der Nachtstunden unmöglich.

Bald sieht Mina damals wie heute die Gefahr von Kriegen durch die armen überzähligen Söhne bevölkerungsreicher Länder, sie zieht Parallelen zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und anderen: „Klimawandel, Wassermangel, Hunger, Verdopplung der Bevölkerung…diesmal nicht in Europa, sondern in Afrika.“ S. 30, sowie zwischen dem Prager Fenstersturz und der Situation mit der Sängerin: „Wir können die Frau schließlich nicht vom Balkon werfen“. Sie schafft es, auf mich weder dumm noch ignorant noch als Gutmensch zu wirken, dennoch lässt der Text über Ursachen nachdenken wie auch über Konsequenzen, somit für mich ein Treffer, auch wenn ich mich noch frage, wie ihr das gelingt:

Autorin Monika Maron lässt in diesem leicht zu lesenden Roman ihre Protagonistin philophieren über den Krieg: „Bevor ein großer Krieg endgültig ausbricht, hat er als Wissen, wenigstens als Ahnung um seine Unvermeidlichkeit von dem Volk schon Besitz ergriffen. Anders ließe es sich nicht erklären, dass in Sarajewo ein einziger Schuss fiel und alle Welt wusste, dass nun in Europa Krieg herrschte.“ S. 53. Sie traut sich aber auch, dem „Volk aufs Maul“ zu schauen, so angesichts des Protests des Taxifahrers, als der Kakophonie vom Balkon nicht beizukommen ist: „In diesem Land muss man inzwischen verrückt sein, zu doof oder zu faul zum Arbeiten, nicht Deutsch können, drogenabhängig oder kriminell sein, damit sich jemand mit dir beschäftigt. So sieht’s doch aus. Die Frau kann eine janze Straße terrorisieren, und die is aber die Einzje, um die man sich kümmert.“ S. 95

Dass dann auch noch eine Krähe in Minas Leben hüpft, mit ihr zu sprechen beginnt und weitere philosophische Diskussionen anregt, gefiel mir – wird für einige aber sicher zu schräg sein und neigt mit der Erweiterung der Betrachtungen auf Gott und Genderdiskussionen ein wenig hin zur Überfrachtung der wenigen Seiten. Bei mir „passte“ das Gesamtpaket und mein einziger echter Kritikpunkt ist der Preis von € 20,00 für nur knapp über 200 Seiten gebundener Text (lieber Fischer-Verlag: packt ein Lesebändchen dran, damit akzeptiere ich fast alles ?

https://www.youtube.com/watch?v=NK5L4gF086s

Veröffentlicht am 09.08.2018

Wer hier spoilert, geht direkt ins Gefängnis, nicht über Los!!!

Zeuge des Spiels
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„Für unschuldig befunden zu werden ist etwas anderes, als unschuldig durchs Leben zu gehen.“ S. 16. Aron Mulder weiß das. Der frühere Psychiater lebt möglichst unauffällig in seiner Ferienwohnung in den ...

„Für unschuldig befunden zu werden ist etwas anderes, als unschuldig durchs Leben zu gehen.“ S. 16. Aron Mulder weiß das. Der frühere Psychiater lebt möglichst unauffällig in seiner Ferienwohnung in den Niederlanden, seit dem unaufgeklärten Mord an seiner Frau. Da wird sein Sohn in New Orleans des Mordes beschuldigt, seine Freundin wurde erstochen. Wie der Vater, so der Sohn?

„Dropje voor dropje kwaliteit“, dieser uralte Werbespruch gilt auch für dieses Produkt aus den Niederlanden. Was für ein Brett. Man kann mich bei meiner „Krimi-Thriller-Schlagzahl“ wohl schwer überraschen, immerhin hatte meine Omma (ja, doppeltes „m“) mich in zarter Jugend schon in die Familientradition eingeführt, aber dieses Buch hier macht mich sprachlos. Es entzieht sich in vielerlei Sicht der Kategorisierung, offenes Ende, geschlossenes Ende, privater Ermittler, beschädigter Cop, Thriller, Psychodrama – alles Quatsch. Einfach Heerma van Voss – die Herren trauen sich was, ich werde gleich einmal weitere Werke von ihnen suchen. Dabei ist nicht nur der Plot ganz anders – auch die Schreibweise bietet einiges.

Während sonst der Standard wäre, ständig ein „Achtung, hier lauert ein Geheimnis“-Schild vor die Seiten zu stellen, werden die Informationen hier ganz einfach präsentiert, aber halt Schritt für Schritt. Da steht dann zum Beispiel „Monatelang hatte Hanna heimlich an dem Fall weitergearbeitet, bis sie eines Tages nach Hause geschickt wurde.“ S. 75 Und an anderen Stellen erfährt man dann quasi nebenbei, was dahintersteckt. Aber nur, wenn man ALLE diese Stellen gelesen hat. Und so ist es mit allen anderen Informationen auch. Dabei, und das ist die Perfidie, weiß man eigentlich…neee, selbst lesen, los!

Und dann das Ende – grandios, ich mag das gar nicht! 5 Sterne. Ich hole schon mal die Streichhölzer. Ich werde wohl gleich Albträume haben.