Ein eindringliches Drama, das direkt unter die Haut geht
Was ich euch nicht erzählteWas ich euch nicht erzählte
Celeste Ng
Lydia Lee ist 16 Jahre alt und wächst in einer amerikanisch-chinesischen Familie in Ohio auf. Sie ist der vergötterte Liebling der Eltern und damit der Mittelpunkt ...
Was ich euch nicht erzählte
Celeste Ng
Lydia Lee ist 16 Jahre alt und wächst in einer amerikanisch-chinesischen Familie in Ohio auf. Sie ist der vergötterte Liebling der Eltern und damit der Mittelpunkt der Familie. Ihre beiden Geschwister Nath und Hannah nehmen im Familienleben eher Statistenrollen ein. Doch nun ist Lydia verschwunden und wird wenig später tot aufgefunden. Bruder Nath hat den Nachbarsjungen Jack in Verdacht, etwas mit dem Tod der Schwester zu tun zu haben. Doch Jack schweigt beharrlich. Die Polizei geht schon bald davon aus, dass Lydia keinem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist. Doch was ist geschehen?
Die Handlung beginnt mit den Worten "Lydia ist tot". Dadurch weiß man sofort, dass es an dieser Tatsache nichts zu rütteln gibt und beobachtet die folgenden Szene, in der der Rest der Familie am Frühstückstisch sitzt und auf Lydia wartet, mit gemischten Gefühlen. Es gelingt der Autorin hervorragend, die drückende und bedrohliche Atmosphäre so zu vermitteln, dass sie ständig zwischen den Zeilen schwebt. Dadurch gerät man bereits früh in den Sog der mitreißenden Geschichte, da man unbedingt ergründen möchte, welche Umständen zu Lydias Tod geführt haben.
Denn das Lieblingskind der Eltern hatte doch gute Noten, jede Menge Freunde und stand stets im Mittelpunkt der Familie. Sie muss doch einfach glücklich gewesen sein und sich geliebt und umsorgt gefühlt haben. In einem intensiven, aber doch einfühlsamen Schreibstil, schildert die Autorin die Ereignisse. Dazu nutzt sie wechselnde Perspektiven und springt auch in den Zeiten hin und her. Man ist sich allerdings stets bewusst, zu welcher Zeit sich die beschriebenen Ereignisse zutragen und aus welcher Perspektive sie betrachtet werden. Denn das Drama, das nun langsam seinen Lauf nimmt, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Dabei gerät man unwillkürlich in den Sog der Ereignisse und mag die Geschichte nicht mehr aus der Hand legen, bevor man die letzte Seite gelesen hat.
Denn Celeste Ng offenbart das ganze Ausmaß dieses Familienlebens nur Stück für Stück. Durch die wechselnden Perspektiven bekommt man einen guten Überblick über das Gesamtgeschehen und lernt die einzelnen Familienmitglieder besser kennen. Sie alle wirken auf ihre Art und Weise lebendig und ihre Handlungen glaubhaft und leider nachvollziehbar. Auch wenn man sich sicher nicht mit allen Handlungsweisen identifizieren kann und möchte, bekommt man doch einen Eindruck davon, warum das alles passieren konnte.
"Was ich euch nicht erzählte" ist ein eindringlicher Roman, der direkt unter die Haut geht und zum Nachdenken anregt. Ich vergebe deshalb begeisterte fünf Bewertungssterne und eine klare Leseempfehlung!