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Veröffentlicht am 13.08.2018

Der Blick zurück in ein Leben, das hätte anders verlaufen können...

Beim Ruf der Eule
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Zwei Handlungsstränge im Jetzt und in der Vergangenheit zeigen vor allem den liebevollen Umgang mit Behinderten, mit allen daraus (vor allem für die Behörden!) entstehenden Problemen. Der Mensch steht ...

Zwei Handlungsstränge im Jetzt und in der Vergangenheit zeigen vor allem den liebevollen Umgang mit Behinderten, mit allen daraus (vor allem für die Behörden!) entstehenden Problemen. Der Mensch steht im Vordergrund – und nicht das Wegsperren von denen, die anders sind.
Aus der Vergangenheit reicht ein Geschehen bis in die Gegenwart, etwas Schreckliches ist passiert, das Maeve von ihrem erträumten Lebensweg abbringt und letztendlich zu dem gemacht hat, was sie jetzt ist: unverheiratet und ohne Kinder, aber mit sehr viel Liebe und Hingabe für die aus der Gesellschaft ausgegrenzten, um ihnen trotz ihrer Behinderungen und Einschränkungen ein relativ normales Leben zu ermöglichen.
Maeves Zwillingsschwester Edith (Eddie) ist behindert und wurde trotzdem (und vor allem entgegen des Anratens der Behörden) zu Hause in ihrer Familie betreut. Auch Maeves Freunde kümmerten sich fürsorglich um sie – sie war als das akzeptiert, was sie ist.
Maeve ist – trotz ihrer Fürsorge für Eddie - kurz einmal das, was sie ist, ein junges Mädchen mit Träumen von ihrer Zukunft, und dabei passiert es, ihre Zwillingsschwester verunglückt in der Badewanne, worüber sie eigentlich die Aufsicht haben sollte. Ich finde es sehr gut, wie alle in der Familie bei der Pflege von Edith an einem Strang ziehen – auch Maeve ihren Beitrag dazu gibt – und das freiwillig und ohne Proteste. Dennoch ist es meiner Meinung nach, die eigentliche Aufgabe der Eltern – da sie sich dazu entschlossen haben Edith daheim zu betreuen. Aber jeder der pflegte bzw. etwas Einblick in das Geschehen hat, weiß, wie anstrengend und kräftezerrend dieser Full-Time-Job ist – das eigene Leben bleibt dabei auf der Strecke. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Mutter letztendlich (vermutlich) an Erschöpfung stirbt. Damit bricht der starke Pfeiler der Familie weg – der Vater gibt sich auf und Maeve übernimmt – aus Pflicht- oder Schuldgefühlen - den Part des Familienoberhauptes. Dabei hatte sie bereits den Weg in ihr eigenes Leben eingeschlagen – eine Verlobung und das College – nach dessen Abschluß geheiratet werden sollte.
Eigentlich bestimmen zwei Männer ihr Leben – Frank, ihr Verlobter – und Vince, der stille Freund der Familie, der immer zur Stelle ist, wenn Maeve allein oder bei Edith Hilfe braucht. Schade, dass sie dabei nicht erkennt, wer der wirklich richtige für sie ist. Etwas verwundert mich, dass Frank auf Edith nicht ablehnend reagiert, sondern, fast wie bereits in die Familie integriert, hilft. Das passt irgendwie nicht zu ihm.
Wahrscheinlich kann ich es als Außenstehende nicht verstehen, ich sehe, wie die Familie unter der Pflege leidet und dringend Hilfe braucht. Und Maeve dabei – obwohl sie sich intensiv kümmert – dabei nicht die Richtige ist – denn sie opfert dafür ihr eigenes Leben. Den Schritt Edith in Betreuung zu geben, finde ich deshalb richtig. Es heißt ja nicht, sie abzuschieben, sondern Hilfe anzunehmen, um sich nicht aufzuopfern.
Zum Schluss fügt sich alles stimmig zusammen und für mich sind keine Fragen mehr offen. Was für ein berührendes, gleichzeitig trauriges, aber auch hoffnungsgebendes Buch! Ich bin fasziniert, von der Art der Autorin zu schreiben. Sehr eindringlich und nachvollziehbar schildert Maeve mit Rückblicken ihr Leben. Und obwohl sie zum Schluss erkennt, dass sie viel verpasst hat, trauert sie dem nicht nach – würde sich wahrscheinlich auch immer wieder so entscheiden – und ergreift auch die Chance die sich ihr bietet. Das macht sie im Verhalten und Denken trotz ihrer 80 Jahre so wunderbar jung. Es ist ein sehr trauriges Schicksal, das ihre Familie mit der behinderten Zwillingsschwester Edith ereilt. Doch nie wurde der Gedanke zugelassen, es sich „einfach“ zu machen und sie ins Heim abzuschieben. Aber an ihrer Pflege zerbrach die Mutter, damit der Vater und Maeves kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, lenkte deren Leben in Bahnen, die sie sich so nicht erträumt hatte, jedoch pflichtbewusst annahm. Und darüber hinaus war ihre Lebensaufgabe anderen Behinderten zu helfen, indem sie ihnen mit ihrer Pension ein normales Leben ermöglichte.
Es ist es ein sehr gefühlvolles Buch der leisen Töne, dessen Handlung mich sehr berührt hat. Von mir gibt es dafür eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.08.2018

Der Schlaf als Feind

Das Morpheus-Gen
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Das Leben des junge Anwalts David Berger gerät aus den Fugen. Er findet sich plötzlich in einem – für ihn unerklärlichen – Chaos wieder, wird beschuldigt seine Freundin Sarah und seinen besten Freund Alex ...

Das Leben des junge Anwalts David Berger gerät aus den Fugen. Er findet sich plötzlich in einem – für ihn unerklärlichen – Chaos wieder, wird beschuldigt seine Freundin Sarah und seinen besten Freund Alex ermordet zu haben, niemand glaubt an seine Unschuld und somit bleibt ihm nur die Flucht.
Findet sich in einem Zitat seines Großvaters ‚..Wenn man zurück schaut, holt einen die Vergangenheit irgendwann ein..‘ – die Lösung? In diesem Buch scheint es eine Warnung für David zu sein – die er jedoch ignoriert oder dessen er sich noch nicht bewusst ist, während er sich darin verbeißt, mehr über seinen zu früh verstorbenen Vater herauszufinden.
Das Buch hat eine mehr als geschickte Handlungsführung. Immer wenn man fast vermutet, Zusammenhänge zu erkennen, wird alles anders. Klar ist nur, David ist unbewusst in eine sehr große Sache geraten und viele mächtige und wichtige Personen haben aus unterschiedlichen Gründen Interesse an ihm. Dadurch bleibt es immer spannend – und auch die relativ kurzen Kapitel mit wechselnden Orten und Zeiten fügen sich allmählich klärend in das Gesamtbild. Dazu kommt ein aus medizinischer Sicht nachvollziehbarer Aspekt, dass Schlafenzug zu weiteren Störungen, wie Psychosen oder ähnlichem führen kann. David versteht somit nicht nur die Welt um sich herum nicht mehr – sondern hinterfragt sich auch immer mehr selbst, ob das was er erkennt bzw. tut real ist. Hilfe erreicht ihn in buchstäblich letzter Sekunde durch verschiedene, sehr unterschiedliche und schwer zu durchschauende Charakter. Aber auch hier kann ich mich nicht wirklich festlegen, wer „gut“ und wer „böse“ ist.
David folgt der Spur seines Erbes (von seinem Vater genial gesichert) – und Stück für Stück setzt sich alles zusammen.
Die relativ kurzen, aber actiongeladenen Kapitel sorgen für einen zügigen Lesefluss und auch der Leser gewinnt zunehmend Klarheit: Sarah ist nicht tot und auch Davids Mutter lebt. Clever gelöst ist die Übergabe – ich dachte bis zuletzt, dass David diesen Part selbst übernimmt. Stattdessen schleust er sich bei dem Ball ein, der als Eheanbahnungsveranstaltung Gleichgesinnter dient. Fast nebensächlich getätigte Handlungen Davids führen letztendlich zum Platzen des großen Traumes – auch hier wieder eine ungewohnt unspektakuläre Lösung.
Ob ein Buch einem liegt oder nicht, ob es zu fesseln vermag, erkennt man am besten an dem Lesefluss. Dieser Drang, das Buch nicht aus der Hand legen zu können und erst aufzuhören, wenn das Ende erreicht ist, spricht meines Erachtens für ein gelungenes Buch. Und das ist hier der Fall: es ist für mich ein sehr fesselndes Buch mit einer tollen Grundidee! Dafür gibt es von mir eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.08.2018

Schuld durch Schweigen

Totenbauer
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Bücher mit Handlungssträngen in der Vergangenheit und Gegenwart finde ich persönlich immer sehr ansprechend. Die gut geschriebene und spannende Handlung fesselt mich vom ersten Satz an. Mit der vorangesetzten ...

Bücher mit Handlungssträngen in der Vergangenheit und Gegenwart finde ich persönlich immer sehr ansprechend. Die gut geschriebene und spannende Handlung fesselt mich vom ersten Satz an. Mit der vorangesetzten Rückblende einer Vergewaltigung wurde ich bereits in den Bann des Buches gezogen. Zu monströs ist für mich das Handeln von Daniel, dem hilflosen Mädchen gegenüber.
Dieses Verhalten hat Auswirkungen bis in die Gegenwart und vor allem Schweigen und Mutmaßungen führen zu folgenschweren Handlungen mit unschuldigen Opfern.
Sehr gelungen finde ich die realistische Darstellung von Menschen mit ganz normalen Alltagsproblemen wie Mona, die in einen Alptraum stolpert oder dem Kommissar Tenbrink, der „nur“ gesundheitliche Probleme hat. Er hat seine Frau verloren, das Verhältnis zu seiner Tochter ist nicht das Beste und die gesundheitlichen Aussetzer machen es ihm nicht leichter. Es wird deutlich, dass sein Problem psychischer Natur ist und dies klärt sich im Lauf der Handlung auch plausibel auf.
Interessant war für mich die Geschichte um die regionale Version, des Totengräbers, den „Totenbauer“. Die Eigenarten der Region werden gut herausgearbeitet, z.B. ist der Dialekt meines Erachtens gut dosiert eingearbeitet – wenn es zu viel ist, wird es für den unkundigen Leser im Verständnis und Lesefluss rasch schwierig.
Das Buch war für mich an keiner Stelle langatmig (fast folgt Puzzleteil auf Puzzleteil zu rasch aufeinander), was sich in einem zügigen Lesefortschritt äußert. Für mich bleiben keine Fragen offen und ich bin begeistert von diesem Buch. Die Handlung ist plausibel, die einzelnen Handlungsstränge fügen sich – und die Schuld (und auf Vermutungen basierende Folgehandlungen) aus der Vergangenheit sorgt für viel Leid in der Gegenwart. Familien werden zerstört und hätte man mal offen miteinander gesprochen, den Mut gehabt das vermutete Furchtbare anzusprechen, den Nutznießern wäre die Grundlage entzogen und Leben gerettet worden.
Stimmig sind auch „Nebenschauplätze“ der Ermittler. Hier wird deutlich, dass es auch Menschen, mit ihren Fehlern und Schwächen und daraus resultierenden Problemen sind.
Positiv überrascht hat mich die gute Zusammenarbeit von Ost und West, die Herkunft wird nicht thematisiert – dies würde ich mir für die Gesellschaft auch wünschen.
Es war für mich ein Vergnügen, dieses Buch zu lesen und ich gebe dafür eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 13.07.2018

Ein Hörbuch das einem als Frau das Herz aufgehen lässt

Liebe zukünftige Lieblingsfrau
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Von diesem Hörbuch war ich angenehm überrascht, von der Ausführung, von dem Inhalt und von der sehr angenehmen und einfühlsamen Stimme des Sprechers. Es hat mich berührt – und das in dieser Ausführung ...

Von diesem Hörbuch war ich angenehm überrascht, von der Ausführung, von dem Inhalt und von der sehr angenehmen und einfühlsamen Stimme des Sprechers. Es hat mich berührt – und das in dieser Ausführung wahrscheinlich mehr, als es ein Buch zum Lesen getan hätte. Obwohl ein eher gewöhnliches Thema – das Verlassen werden und die Suche nach DER/DEM Neuen, hat dieses Buch etwas Magisches, Bezauberndes, Fesselndes und man kann dadurch sehr gut für einige Zeit dem Alltag entfliehen, auch gerade weil es allzu bekannte Alltagsszenen enthält, die jedem schon widerfahren sind..
Oft musste ich schmunzeln und hab mich selbst gesehen – ich sag nur Teenager-„Kind Nr.1“ oder das „Schulschnittenproblem“. Schön das andere Menschen dieselben Probleme haben und auch schön, das man solch banale Dinge so passend umschreiben kann, dass man nicht genervt über das „schon wieder“ die Augen rollt, sondern sagt: „ja genau so kenn ich es auch – aber diese Sicht hatte ich noch nicht darauf“. Ob morgendliches Familienchaos oder typisches Flughafenprozedere – man erkennt sich in vielem. Und manchmal erinnert die treffend umrissene Skizzierung, nicht plump sondern mit Witz, an die Wortakrobatik von Eckhard von Hirschhausen.
Sehr berührend finde ich die Gedanken, die sich der Autor macht, seine „zukünftige Lieblingsfrau“ richtig anzusprechen und nicht im ersten Moment wieder zu verprellen. Aber das ist sicher auch eine Altersfrage – mit Anfang 40 hat man genug Lebenserfahrung diesbezüglich gesammelt und auch die Frage „das alles jetzt nochmal von vorn“ habe ich mir selbst schon gestellt. Man denkt, überlegt zu viel, wägt zu viel für und wider ab – anstatt auf die Impulse zu reagieren, wie es die Jungen machen - mit den Fehlern, in die sie stolpern. Ich glaub aber auch, dass man nicht auf alle Eventualitäten vorbereitet sein kann, sich damit nur selbst im Weg steht.
Viel Gefühl ist jedenfalls darin enthalten – was man sicher nicht jedem X-beliebigen zeigen würde. Und sicher hilft es ja auch die eigenen Gedanken zu sortieren.
In unserer, von Vorurteilen belasteten, Gesellschaft mit dem „starken Mann“ hätte ich so ein gefühlvolles Werk von einem Mann gar nicht (mehr) erwartet. Dafür sage ich Danke!

Veröffentlicht am 12.07.2018

Verloren in mitten der Gesellschaft

Flussrauschen
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Ein junges Mädchen, Magda, wird durch den Journalisten Moosbach (welch Zufall – im Urlaub tot in der Wupper aufgefunden. Sie und ihre Großmutter Greta, waren als Außenseiter bekannt und es scheint so, ...

Ein junges Mädchen, Magda, wird durch den Journalisten Moosbach (welch Zufall – im Urlaub tot in der Wupper aufgefunden. Sie und ihre Großmutter Greta, waren als Außenseiter bekannt und es scheint so, als ob sich nie wirklich jemand für sie interessierte. Mittels Tagebucheinblenden als auch im Vorspann lässt sich erahnen, das Magda von Greta sehr schlecht behandelt wurden ist.
Es werden viele Fährten gelegt, manchmal fragte ich mich, was diese Personen jetzt mit dem Ganzen zu tun haben, aber letztendlich fügt sich alles zu einem stimmigen Bild.
Moosbach und die junge Sanna, welche Magda in der psychiatrischen Klinik kennenlernte, lassen Magdas Schicksal keine Ruhe. Damit sind zwei eher Außenstehende fast die Einzigen die handeln. Beide recherchieren und finden heraus, dass Greta in Wirklichkeit ihre Mutter ist. Dies lichtet etwas den Nebel, denn um so zu handeln (und sein Kind so zu behandeln) muss etwas Schlimmes vorgefallen sein. Bei Frauen lässt dies meist nur einen Schluss zu… Mitunter wird vieles nur angedeutet, so dass der Leser sich selbst darüber Gedanken machen kann. Dies finde ich sehr gut – es muss nicht immer alles bis ins letzte Detail beschrieben werden.
Es ist insgesamt eine sehr traurige Geschichte, über das Leid was Menschen anderen zufügen, nicht nur das Augenblickliche, sondern auch das, was in den Opfern weiterlebt und weitergegeben wird. Greta hat selbst nie Liebe erfahren, kann sie diese somit auch nicht an ihre Tochter weitergeben. Und auch die Gottesfürchtigkeit beider hilft ihnen nicht weiter – im Gegenteil sie akzeptieren (oder erwarten?) regelrecht demütigend behandelt zu werden, leben ohne Vertrauen zu niemanden, nicht einmal zueinander. Und sind dadurch einsam in einer Gesellschaft, die lieber bequem ist und wegschaut, als sich ehrlich zu fragen, wie könnte ich helfen.
Für mich ein sehr interessantes, berührendes und auch spannendes Buch – und damit eine klare Leseempfehlung!