Gregg Hurwitz – Die Rache der Orphans
Gerade wollte Evan seiner Nachbarin Mia seine Gefühle gestehen, als das Telefon des Nowhere Man klingelt und sein Mentor Jack dran ist. Er wird verfolgt und gibt Evan einen allerletzten Auftrag: er soll ein Paket in Sicherheit bringen. Nur dieses Paket erweist sich als eine große Überraschung, denn Jack hat die sechzehnjährige ausgemusterte Orphan Joey aus den Fängen von Van Sciver befreit.
Plötzlich muss Evan sein komplettes Leben umstellen, denn nicht nur das Joey ihn regelrecht zur Weißglut treibt, er will auch Van Sciver in die Finger bekommen und sich rächen, für alles was dieser zu verantworten hat. Van Sciver aber hat von höchster Stelle selbst den Auftrag, Orphan X auszuschalten, koste es so viele Leben wie es wolle...
Es beginnt ein Katz- und Maus-Spiel der fähigsten Killer und Leichen pflastern ihren Weg... und dann wird eine weitere Regel gebrochen... denn es kommt ein weiterer Auftrag für den Nowhere Man...
Wow! Auf jeden Fall ist der dritte Band der Reihe mein Jahreshighlight und hat sogar noch die beiden Vorgänger getoppt, die ich schon super fand.
Das Buch kann eigenständig gelesen werden, da die wichtigsten Informationen gut in die Story eingebaut wurden, aber natürlich empfehle ich an dieser Stelle, die beiden Vorgänger unbedingt gelesen zu haben.
Der Autor hat einen unfassbar tollen, leichtfüssigen Schreibstil mit hohem Wiedererkennungswert und schafft es innerhalb weniger Seiten den Leser zu fesseln und mitzureißen, sodass ich das Buch nur wenn ich mußte, aus der Hand gelegt habe. Die Spannung wird schnell aufgebaut und durchgängig auf hohem Niveau gehalten. Die düstere, teils beklemmende Atmosphäre überträgt sich auf den Leser und ist sehr gut eingefangen.
Der Autor schafft es immer mit kleinen Wendungen, vielen Überraschungen, tollen Dialogen und kleinen Cliffhangern innerhalb der Kapitel das Buch spannend zu halten und den Leser neugierig zu machen, dass ich „nur noch ein weiteres Kapitel“, oder zwei oder drei, lesen mußte und das Buch nicht weg legen konnte.
Gregg Hurwitz gestaltet seine Charaktere lebendig und facettenreich, die bereits bekannten Figuren werden weiter ausgearbeitet. Egal ob „die Guten“ oder „die Bösen“, wobei hier die Grenzen immer wieder verschwimmen, man fühlt sich ihnen Nahe, es ist als wäre man mitten in einen Haufen von Killer geworfen worden und darf die Story aus nächster Nähe miterleben.
Evan ist ein Killer, ausgebildet von der Regierung, die Waisenkinder rekrutiert und in ein streng geheimes Projekt untergebracht hat, der den Ausstieg geschafft hat und nun seine Telefonnummer weiter gibt, um hoffnungslosen Menschen zu helfen, damit diese eine Zukunft haben. Er lebt nach strikten Regeln, die sein Mentor Jack im beigebracht hat. Jack hat dafür gesorgt, dass er seine Menschlichkeit dabei nicht verliert. Als Jack ihm einen letzten Auftrag gibt, bricht Evan mit einigen der Regeln, denn ab sofort ist es für ihn persönlich. Wir erleben Evan stets als einen etwas distanzierten, kein Wässerchen trübenden, immer still, durchorganisierten, eher unauffälligen und korrekt verhaltenden Mann der zu jeder Zeit seine Emotionen im Griff hat. Doch bereits im Vorgänger hat man leichte Risse in seiner Fassade entdecken können und auch hier erleben wir mit, wie sich immer mehr Emotionen einschleichen. Neben Wut und Hass gibt es aber auch positivere Gefühle, die er sich eingestehen muss. Er ist eine gut gewählte Hauptfigur, die in jeder seiner Taten den Leser zu fesseln weiß.
Joey ist das Paket, sechszehn Jahre, hat bei einem Test versagt und sollte deswegen liquidiert werden. Sie konnte fliehen und hat schreckliches in ihrer Kindheit und Jugend durchgemacht. Sie hält einige Überraschungen bereit und sie sorgt für einige Unruhe, aber genau das macht die Story ebenso spannend.
Es gibt ein Wiedersehen mit Van Sciver und Candy, beides tödliche Orphans die auf Rache sinnen und den Auftrag haben X zu töten. Unterstützt werden sie von einem dritten Orphan, der zwar immer ein Lächeln auf dem Gesicht hat, aber eine tödliche Waffe ist. Thornhill hat es tatsächlich geschafft, mich ein wenig zu manipulieren, und ich mochte ihn auf seine Art, wenn er sich charmant und freundlich gab, aber er ist ein Killer und seine Taten sind brutal.
Der verbale Schlagabtausch zwischen den Killern/Orphans, egal ob es jetzt zwischen Joey und Evan, Van Sciver und Evan oder einem der anderen Figuren geht, ist eine gute Mischung aus Humor, Schlagfertigkeit und Gerissenheit.
Der Autor kann ebenfalls mit einer temporeichen, fesselnden Story punkten, die gut ausgearbeitet und stimmig scheint, dazu gibt es bildhafte Beschreibungen von Land und Leute, die Schauplätze sind interessant und realitätsnah gestaltet, sodass ich sie mir gut vorstellen kann.
Ehrlich gesagt, ich kann mir nur wenige Bücher vorstellen, die ich gerne verfilmt sehen möchte, aber die „Orphan“-Reihe gehört auf jeden Fall dazu.
Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt, für mich war es ein spannendes, kurzweiliges, actionlastiges Thrill-Lesehighlight und ich bin gespannt auf die Fortsetzung.
Das Cover passt zu seinen Vorgängern. Die minimalistische Aufmachung ist ein Blickfang und das orangerot passt sehr gut als Eyecatcher.
Fazit: Jahreshighlight. Absolut genialer Thriller. Tolle Story. Wenn ich könnte würde ich mehr Sterne vergeben: 5 Sterne.