Profilbild von Buchwurm

Buchwurm

Lesejury Profi
offline

Buchwurm ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Buchwurm über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2019

Ein von Zeitgeschichte geprägtes Leben

Jahre aus Seide
0

Worum geht es

Ruth Meyer wächst behütet von ihrer jüdischen Familie in Krefeld auf. Die Meyers sind keine strenggläubigen Juden und fühlen sich eher als Deutsche, als ihrem Glauben verpflichtet.
Ihnen ...

Worum geht es

Ruth Meyer wächst behütet von ihrer jüdischen Familie in Krefeld auf. Die Meyers sind keine strenggläubigen Juden und fühlen sich eher als Deutsche, als ihrem Glauben verpflichtet.
Ihnen fehlt es an nichts, bis sich die politische Situation im Land ändert und die judenfeindliche Stimmung immer mehr zunimmt.
Ruth und ihre Familie müssen tatenlos mit ansehen, wie eine Partei ihnen langsam und stetig die Existenzgrundlage zerstört, sie zu Menschen ohne Wert deklariert und ein Leben für sie in Deutschland unmöglich macht.

Was ich über “Jahre aus Seide” denke

Die Autorin Ulrike Renk hat sich mit ihrer neuen Trilogie ein für Deutschland sehr wichtiges und immer noch viel beachtetes Thema herausgegriffen: eine jüdische Familie, deren Leben von Hitler komplett verändert wird.

Durch Zufall stieß Frau Renk auf Dokumente von Ruth Meyer und deren Leben in Krefeld, was sie zu ihrem Roman inspirierte. Ruth Meyer und ihre Familie gab es wirklich und vieles aus dem Buch beruht auf wahren Begebenheiten. Dieser Aspekt macht die Geschichte nur um so interessanter und gleichzeitig noch ergreifender. Die Realität ist auf jeder Seite präsent, was sehr beklemmend sein kann.

Das Buch beginnt im Jahr 1926, nicht wie es der Klappentext vermuten lässt, im Jahr 1932. Dieser Umstand könnte leicht irreführend sein, da der Leser automatisch sofort die düstere und ereignisreiche Zeit des Nationalsozialismus erwartet. Doch das Buch beginnt sehr ruhig und idyllisch.

Der Leser darf zusammen schöne Jahre mit der Familie verbringen. Es gibt viele Schilderungen aus dem Alltag und der damaligen Zeit. Der sehr gute und flüssige Schreibstil lässt hervorragend die 20er und 30er Jahre wieder erwachen.
Doch die politische Lage ist trotzdem immer präsent und es entstehen so sehr interessante Dialoge rund um die politische Situation und später die Frage, ob man auswandern sollte oder abwarten. Die Autorin schafft es mit viel Präzision die unterschiedlichen Ansichten und Möglichkeiten der Menschen damals darzustellen und stellt den Leser häufig vor die Frage, wie hätte man damals selbst in dieser Situation gehandelt.

Erschreckend fand ich einige Sätze zur politischen Situation, die mich sehr stark an die aktuelle Situation erinnert haben. “[..] das liegt sicher auch daran, dass die Parteien alle verstritten sind und sich immer weiter aufspalten. Man weiß ja gar nicht mehr, wen man wählen soll – die reden doch alle Stuss.” Jahre aus Seide, Ulrike Renk, S. 88-89 “Sie [die Parteien] stritten um Kleinigkeiten, statt das Land, den Staat zu führen.” Jahre aus Seide, Ulrike Renk, S. 123

So etwas regt dann schon ziemlich zum Nachdenken an. Was bringt die Zukunft? Wo wird es hingehen?

Ruth ist im ersten Teil des Buches noch sehr jung und bis etwa zur Hälfte ist ihre Mutter Martha für mich die eigentliche Hauptfigur. Aber Ruth macht eine große Entwicklung durch, die in vielem auch der damaligen Zeit geschuldet sein dürfte und ist am Ende des Bandes der führende Charakter.

Mein Fazit

Jahre aus Seide ist ein wunderbarer Auftakt zu einer Familiensage, die noch viel Aufregung und bestimmt auch Leid bereithält. Der Leser wird eingeladen, das Leben der Familie Meyer zu teilen und noch einmal zu erleben, was die Menschen damals erfahren mussten.
Dieser Roman ist eine wunderbare Weise, an die Dinge zu erinnern, die niemals vergessen werden dürfen, ohne dabei belehrend oder parteiisch zu sein. Ulrike Renk gibt uns einen Einblick in ein Stück Zeitgeschichte, verbunden mit ihrem exellenten Schreibstil.

Unbedingt lesenswert ist auch das Nachwort, wo Ulrike Renk erläutert, was sich wirklich ereignet hat und was Fiktion ist. Auch die Art und Weise, wie sie auf die Geschichte der Familie Meyer aufmerksam geworden ist, erzählt sie dort. Ich warte nun mit Spannung auf den zweiten Teil, der im Juni 2019 erscheinen soll. Natürlich musste der erste Band mit einem aufregenden Cliff-Hanger enden.

Veröffentlicht am 15.12.2018

Weihnachtsbuch mit Weihnachtszauber

Weihnachtszauber in Hopewell
0

Worum geht es

Nach ihrer Scheidung versucht Sydney zusammen mit ihrerTochter RayAnne einen Neuanfang im kleinen Städtchen Hopewell. Hier wohnen sie im alten Farmhaus ihrer Großeltern. Beide leiden noch ...

Worum geht es

Nach ihrer Scheidung versucht Sydney zusammen mit ihrerTochter RayAnne einen Neuanfang im kleinen Städtchen Hopewell. Hier wohnen sie im alten Farmhaus ihrer Großeltern. Beide leiden noch sehr unter den Folgen der Trennung, besonders RayAnne vermisst ihren Vater. In Hopewell lernen sie Mac und seinen Sohn Seth kennen. Beide Kinder freunden sich schnell an und auch die Erwachsenen sind sich mehr als sympathisch und bald knistert es gewaltig. Sydney fühlt sich immer wohler in Hopewell und lässt sich von der dort herrschenden Weihnachtsstimmung verzaubern. Sehr viel Freude bereitet ihr auch die Arbeit in ihrer Lieblingsbuchhandlung aus Kindertagen, die bald schon ihr Lebenverändern soll.


Was ich über “Weihnachtszauber in Hopewell” denke

Ich kann es gleich vorwegnehmen: “Weihnachtszauber in Hopewell” hat mir als weihnachtlicher Roman sehr gut gefallen. Im Vordergrund steht das enge Mutter-Tochter-Verhältnis von Sydney und RayAnne. Die Sorgen der Mutter um ihre Tochter und ihr Schmerz und ihre Angst, von ihrer Tochter zurückgewiesen zu werden, da diese ihrer Mutter die Schuld an der Scheidung der Eltern zu geben scheint, prägen zu Beginn die Beziehung.

Für ihre zehn Jahre ist die Kleine nicht auf den Kopf gefallen. Mit dem Mädchen hat sich die Autorin Nancy Naigle einen wirklich süßen Charakter einfallen lassen. Ray ist frech, intelligent aber auch herzensgut und kann auch mal sehr erwachsen für ihr Alter sein. Eine lange Zeit scheint sie sogar die charakterlich stärkere im Mutter-Tochter-Gespann zu sein, da Sydney oft an sich selbst zweifelt und eher zögerlich ist. Doch in Hopewell macht sie eine gute Entwicklung durch und ist am Ende des Buches fast ein neuer Mensch.

Ein wenig Liebe darf in einer Weichnachtsromanze natürlich nicht fehlen, aber sie steht definitiv nicht im Mittelpunkt der Geschichte. Zarte Bande beginnen sich erst ab der Hälfte des Buches zwischen Sydney und Mac zu knüpfen.

Im Fordergrund steht dafür der kleine Buchladen des Ortes, in dem Sydney schon in ihrer Jugend viel Zeit verbracht hat und wo sie nun aushilfsweise bis Weihnachten arbeitet. An dieser Stelle bin ich beim Lesen fast neidisch geworden. Welch ein Traum, in einem Buchladen zu arbeiten. Sydney verdient nur wenig, aber dafür gibt es Bücher gratis dazu. Das könnte mir auch gefallen. Doch zurück zum Buch.

Die Ladenbesitzerin Bea ist meine nächste Lieblingsfigur des Buches. Sie ist eine alte Dame und Dreh- und Angelpunkt des Ortes, einfühlsam und gleichzeitig gern bereit, sich einzumischen um das Leben der anderen in die richtigen Bahnen zu lenken. Sie hat auch eine interessante Lebensphilosophie, die ich hier gern zitieren möchte: “Du musst nicht danach suchen. Dein Weg wird sich dir offenbaren. So funktioniert das. Du musst nur offen dafür sein, ihn zu akzeptieren, wenn es soweit ist.” Diese energische alte Dame bringt sehr viel Esprit mit in die Geschichte.

In der ersten Hälfte des Buches passiert eigentlich nicht viel und trotzdem ist die Handlung so sympathisch und anregend geschrieben,dass es nicht langweilig wird. Einige Entwicklungen sind natürlich vorhersehbar, aber bei diesem Genre ist das für mich durchaus in Ordnung. Zum Ende hin gibt es noch einige Verwicklungen und Spannungshöhepunkte und selbstverständlich zieht sich durch das gesamte Buch eine wunderbare Weihnachtsstimmung.

Ja, manchmal ist es schon fast ein wenig kitschig, so wie auch das Buchcover. Aber beides passt zu der Geschichte und mal ehrlich, zu Weihnachten darf man ruhig auch ein wenig kitschig sein. Für mich war alles passend und ich kann “Weihnachtszauber in Hopewell” gut als Lektüre unter dem Tannenbaum empfehlen.


Mein Fazit

“Weihnachtszauber in Hopewell” von Nancy Naigleist eine weihnachtliche Romanze, die nicht nur die Liebesgeschichte in den Vordergrund stellt. Themen wie alleinerziehende Eltern oder die Beziehung zwischen Eltern und Kind, spielen gleichwohl eine wichtige Rolle. Wunderschön für alle Buchfans – die Handlung findet zu einen großen Teil in einem urgemütlichen Buchladen statt, wo man sich sofort wohl fühlt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Charaktere
  • Gefühl
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 28.10.2018

Eine fantastische Charakterstudie

Hemingway und ich
2

Worum es geht

Durch Zufall lernt die angehende Schriftstellerin Martha Gellhorn ihr großes Idol Ernest Hemingway kennen und folgt ihm nach Spanien in den Bürgerkrieg. Dort beginnt nicht nur ihre Karriere ...

Worum es geht

Durch Zufall lernt die angehende Schriftstellerin Martha Gellhorn ihr großes Idol Ernest Hemingway kennen und folgt ihm nach Spanien in den Bürgerkrieg. Dort beginnt nicht nur ihre Karriere als eine der ersten weiblichen Kriegsberichterstatterinnen, sondern auch die Liebe zwischen ihr und dem Autor.
Beide lassen sich auf eine Beziehung ein – mit all ihren Folgen. Mit der Zeit fällt es Martha immer schwerer, aus Hemingways Schatten herauszutreten und um ihrer selbst Willen Anerkennung für ihre Arbeit zu bekommen. Die Konflikte zwischen den beiden häufen sich und ihre Liebe unterliegt einer harten Prüfung.

Was ich über das Buch denke

Paula McLain hat mich von der ersten Seite an in die Welt von Martha und Ernest mitgenommen. Die Geschichte behandelt die Zeitspanne von 1936 - 1945, vom Kennenlernen über die Heirat von Ernest und Martha, bis hin zum Ende ihrer Beziehung. Die Autorin hat ihren Roman auf biografischen Fakten und wirklichen Begebenheiten aufgebaut. Beim Lesen darf aber nie vergessen werden, dass letztendlich die Figuren, so wie sie im Roman dargestellt werden, rein fiktiv sind. Es ist nicht immer leicht diesen Unterschied zu machen, da das Buch so hervorragend geschrieben ist, als hätte sich alles genaus abgespielt.
Die Handlung ist aus der Sicht von Martha in der Ich-Erzähl-Perspektive geschrieben. Ihre Figur bildet den Dreh- und Angelpunkt des Buches. Daneben ist Ernest Hemingway eine weitere Hauptfigur. Alle anderen Personen, die im Verlauf der Geschichte genannt werden, haben eine sehr untergeordnete Rolle. Aber diese Geschichte braucht auch nur Martha und Ernest. Beide sind so außergewöhnliche und gewaltige Charaktere, dass sie das Buch mit Leichtigkeit ausfüllen.

Martha Gellhorn ist eine Frau, die mir Respekt und Bewunderung abverlangt. Für die damalige Zeit sind ihre Liebe zur Unabhängigkeit und ihre leidenschaftliche Arbeit als Kriegsreporterin außergewöhnlich. Sie brennt dafür und sie lebt dafür. Allerdings ist mir die fiktive Martha bis zum Ende des Buches nicht wirklich sympathisch geworden. Viele ihrer Denkweisen waren für mich schwer nachvollziehbar und oft habe ich sie als kühl und ambivalent empfunden.
Ähnlich ging es mir auch mit Hemingway. Er wird ebenfalls nicht als leichter Charakter dargestellt und der fiktive Ernest im Buch hat mich, genauso wie Martha, des Öfteren in die Verzweiflung getrieben.
Diese beiden Menschen waren Naturgewalten, die aufeinanander getroffen sind. Daraus resultierte eine große Leidenschaft aber auch unendliches Chaos und am Ende blieb nur noch Schmerz und Leid übrig.

Ein immer wiederkehrendes Thema ist Marthas Gefühl neben Ernest nicht als Schriftstellerin bestehen zu können. Sein Erfolg schiebt sich oft zwischen beide und lässt Martha teilweise sogar eifersüchtig werden. Anders herum geht es Ernest auch nicht besser. Er leidet unter Marthas Reisen als Kriegreporterin und reagiert darauf mit Trotz und Erpressung.
Paula McLain beleuchtet mit feinem Gespür die einzelnen Etappen der Beziehung und lässt uns sozusagen hinter die Kulissen der Ehe dieses berühmten Paares blicken.

Paula McLain hat eine überzeugende Charakterstudie auf Basis der Biografien zweier großer Persönlichkeiten geschrieben, die das Schicksal für einige Jahre zusammen gebracht hat. Zusammen mit dem politischen Hintergrund des Spanischen Bürgerkriegs und des zweiten Weltkriegs ergibt sich eine dynamische und dramatische Liebesgeschichte.
Das Buch ist fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite. Die nicht ganz einfache Lektüre, die Darstellungen des Krieges, aber auch die zwischenmenschlichen Emotionen von Ernest und Martha, haben mich immer wieder zum Innehalten und zum Nachdenken gezwungen. Auch der englische Titel "Love and ruin" (Liebe und Ruin) ist sehr passen, denn am Ende geht es genau darum: eine große Liebe und ihr Niedergang.

Diese Geschichte regt dazu an, mehr über Hemingway zu erfahren, diesen genialen Schriftsteller und doch zeitweise sehr eigenwillige Person und auch Martha Gellhorn. Oft wird sie nur als Hemingways dritte Ehefrau gehandelt und doch wollte sie genau das nicht sein. Sie wollte auf Grund ihrer Arbeit anerkannt werden und hat dafür alles gegeben. Dieses Buch gibt ihr eine eigene Stimme und sorgt dafür, dass sie nicht vergessen wird.

Mein Fazit

"Hemingway & ich" ist ein hervorragender Roman über die Beziehung zwischen Ernest Hemingway und Martha Gellhorn. Der Schreibstil von Paula McLain erweckt die damalige Zeit und die Figuren sehr anschaulich zum Leben. Es ist weniger ein Buch zum Entspannen, mehr zum Nachdenken. Aber es ist ein Buch, welches es sich auf jeden Fall zu lesen lohnt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzähstil
  • Atmosphäre
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2018

Unterhaltsamer Lesespaß

Der Himmel über den Black Mountains
0

Worum es geht

Emma hat ein geordnetes Leben mit Job und Freund in London, als sie vom Tod ihrer Tante Milly erfährt, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Trotzdem erbt Emma den Bauernhof ...

Worum es geht

Emma hat ein geordnetes Leben mit Job und Freund in London, als sie vom Tod ihrer Tante Milly erfährt, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Trotzdem erbt Emma den Bauernhof in den Black Mountains und Tante Millys Vermögen. Allerdings hat die Sache einen Haken. Emma muss zuerst ein ganzes Jahr auf der Farm verbringen, bevor sie das Erbe rechtmäßig antreten darf.
Sie beschließt sich auf das Abenteuer einzulassen. Schneller als gedacht verfällt Emma dem Landleben, das alles andere als langweilig ist. Während sie den alten Hof wieder auf Vordermann bringt, wird sie kräftig von ihren Nachbarn und der Dorfgemeinschaft unterstützt. Und schließlich gibt es da auch noch den netten Tierarzt Ben und den etwas undurchsichtigen Polizisten Jack. Es dauert nicht lange und schon beginnt es gewaltig zu knistern. Was Emma jedoch nicht weiß, Jack verbirgt Geheimnisse aus seiner Vergangenheit, die schon bald alle in Gefahr bringen könnten.

Was ich über das Buch denke

Dieses Buch zu lesen war von der ersten bis zur letzten Seite einfach ein Genuss. Sympathische Figuren, der flüssige Schreibstil der Autorin und immer wieder neue Entwicklungen und Enthüllungen ließen es nie langweilig werden und fesselten mich geradezu an das Buch.

Emma ist eine sehr energiegeladene, manchmal etwas sture, fröhliche und nette junge Frau, die Tiere über alles liebt und daher auch große Verfechterin der vegetarischen Nahrung ist. Am liebsten würde sie jeden von dieser Lebensart überzeugen, was manchmal ein ganz klein wenig nervig sein kann. Das ist auch mein einziger winziger Kritikpunkt zu diesem Buch, denn ich lasse mich ungern zu etwas "bekehren". Zu Emmas Chrakter passt das aber sehr gut, da es zeigt, wie sie immer voller Überzeugung und durchaus hartnäckig ihren Standpunkt vertritt.

Alle Hauptpersonen sind facettenreich und sehr gut vorstellbar. Egal ob Jack der strenge aber sehr charmante Polizist oder der knuffige Tierarzt Ben – sie alle sind sofort zu guten Freunden geworden.
Das gesamte Dorf Michaelchurch ist so dargestellt, dass man eigentlich sofort dorthin fahren möchte, um sich ein Bier im Pub zu gönnen und dann weiter auf einen kleinen Besuch bei Emma vorbei zu schauen.

Da Emma von den Dorfbewohnern zuerst als Stadtpflänzchen angesehen wird, kommt es zu einigen recht lustigen Situationen. Überhaupt konnte ich beim Lesen sehr häufig schmunzeln, da die Dialoge witzig und knackig geschrieben sind.
Die Autorin Alexandra Zöbeli hat einen einzigartigen Sinn für komische Szene, die sich fein dosiert durch das Buch ziehen und der Geschichte ihren besonderen Reiz verleihen. Dabei verliert sie in keiner Weise den roten Faden und kombiniert inhaltlich verschiedene Themen: eine Liebesgeschichte entspinnt sich, es gibt Geheimnisse und am Ende fast einen kleinen Actionkrimi. Die Spannung ist perfekt aufgebaut und erreicht auf den letzten 100 Seiten ihren Höhepunkt. Ich kann durchaus sagen, dass dieses Buch Suchtgefahr besitzt. Es war sehr schwer, es wieder aus der Hand zu legen.

Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass bestimmte Dinge sehr gut recherchiert waren und realistisch dargestellt wurden. Hierbei beziehe ich mich vor allem auf die Darstellung des Lebens der Farmer, mit ihren Problemen und Nöten. Ohne das ich den Inhalt vorwegnehmen will, kann ich sagen, dass es einige sehr ergreifende Szenen in dem Buch gibt. Sie beruhen auf wahren Begebenheiten und verdeutlichen den täglichen Überlebenskampf der Bauern. Alexander Zöbeli schafft es, mit den Nebensträngen des Buches zum Nachdenken anzuregen.

Mein Fazit

Dieses Buch ist mit seiner guten Mischung aus Liebesroman und Action eine gelungene Lektüre für unterhaltsame Stunden. Es macht sehr viel Spaß diese abwechslungsreiche Geschichte zu lesen und richtig Lust noch weitere Bücher der Autorin kennen zu lernen. Eine Fortsetzung, die ein Wiedersehen mit den Bewohnern der Black Mountains verspricht, ist in Arbeit.

Veröffentlicht am 14.08.2018

Ein etwas anderes Buch

Beim Ruf der Eule
0

Worum geht es

Maeve Maloney ist über Achtzig aber sie führt noch immer ihre kleine Pension im englischen Küstenort Morecambe, wo sie behinderte Menschen willkommen heißt. Die täglichen Aufgaben und das ...

Worum geht es

Maeve Maloney ist über Achtzig aber sie führt noch immer ihre kleine Pension im englischen Küstenort Morecambe, wo sie behinderte Menschen willkommen heißt. Die täglichen Aufgaben und das Bewirten der Gäste nehmen sie komplett in Beschlag, bis kurz vor Weihnachten auf einmal Vincent Roper vor der Tür steht. Ein Freund aus Maeves Jugendzeit und gleichzeitig der einzige, der noch ihre Zwillingsschwester Edith kannte, die an einer starken Behinderung litt. Vincent bringt die Schatten der Vergangenheit mit und Maeve ist gezwungen sich dieser nun endlich zu stellen.


Was ich über das Buch denke

Cover und Titel des Buches haben mich aufmerksam werden lassen. "Beim Ruf der Eule" klang für mich geheimnisvoll und irgendwie nach etwas nicht Alltäglichem.
Dies hat sich auch für mich während des Lesens bestätigt. Das Buch thematisiert das Leben von behinderten Menschen und zeigt, wie unterschiedlich Menschen damit umgehen, wenn sie auf einmal mit einer Behinderung konfrontiert werden.

Die Zwillinge Edith und Maeve werden in den Dreißiger-Jahren geboren, aber während Maeve ganz normal ist, stellen die Ärzte bei Edith starke körperliche und geistige Beeinträchtigungen fest. Die Geschichte zeigt sehr deutlich die damalige Haltung, dass Menschen, die anders sind, besser in eine Anstalt abgeschoben gehören. Das die Familie Maloney sich dafür entscheidet, Edith mit viel Liebe zu Hause groß zu ziehen, bringt ihnen nicht nur Befürworter.

Die Autorin arbeitet sehr gut heraus, wie groß die Verantwortung ist, die auf Maeve lastet, da sie sich viel um ihre Schwester kümmern muss und eigentlich nie hundertprozentig nur ihr eigenes Leben lebt. Als Leser spürt man Maeves Zerrissenheit gut. Immer öfter muss sie zwischen ihren eigenen Wünschen und Träumen und der Liebe zu ihrer Schwester und dem Pflichtgefühl sich um sie zu kümmern, entscheiden.
All das dürfte auch ihren Charakter geprägt haben, denn Maeve ist, als Hauptfigur des Buches, definitiv nicht einfach und es braucht Zeit, sie ins Herz zu schließen.

Die Achtzig-Jahre alte Maeve wirkt oft ruppig und unnahbar und scheint von den Menschen in ihrer Umgebung wenig zu halten und sich schwer zu tun, liebevolle Beziehungen aufzubauen. Mit dem fortschreiten der Erzählung kann man als Leser aber durchaus nachvollziehen, warum Maeve so ist, wie sie ist – eine etwas verbitterte alte Frau, die vielen verpassten Gelegenheiten nachweint, ohne zu merken, dass sie eigentlich bereits alles hat, was sie sich wünscht. Dies ist auch eine der Botschaften des Romans.

Eine sehr schöne Nebenhandlung bilden Len und Steph, die bei Maeve in der Pension arbeiten. Beide haben das Down-Syndrom aber sie lieben sich und möchten ihre Liebe auch gern zusammen leben. Ihr Kampf um etwas Autonomie, trotz ihrer Behinderung und die Sicht der Behörden, bilden den Gegenpol zur Geschichte in der Vergangenheit.
Mit Edith in der Vergangenheit und Len und Steph in der Gegenwart zeigt die Autorin wunderbar die Entwicklung, die die Gesellschaft im Umgang mit Behinderten vollzogen hat.

Eine Besonderheit des Buches ist sein Erzählstil. Die Geschichte spielt in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Beides geht jedoch fließend in einander über und ist nicht separat gekennzeichnet. Sich an diese Art des Erzählens zu gewöhnen, ist zu Beginn nicht einfach und kann den Lesefluss hemmen. Aber es passt zur Stimmung des Buches und zwingt einen, dieses Geschichte sehr aufmerksam und intensiv zu lesen. Maeve erzählt in der Ich-Form, was gerade in der Gegenwart passiert aber schweift gleichzeitig immer wieder mit ihren Gedanken in die Vergangenheit und erinnert sich an Ereignisse aus ihrer Kindheit und Jugend. Diese Erinnerungen sind nicht chronologisch, was es manchmal erschwert, der Geschichte zu folgen. Man könnte das Ganze auch wie eine Art Gedankentagebuch von Maeve empfinden.

Die Erzählung wird an mehreren Stellen durch Briefe und Berichte von Ärzten oder Sozialarbeitern unterbrochen.
Auch Edith kommt zu Wort und es ist passend, das die Autorin für sie einen sehr abgehackten, kindlichen Sprachstil verwendet. Edith kann sich auf Grund ihrer geistigen Behinderung nur sehr schwer artikulieren. Das wird in ihren kurzen Absätzen deutlich und unterstreicht gleichzeitig das Bedürfnis der Autorin, behinderte Menschen gleichberechtigt zu behandeln.


Mein Fazit

Es lohnt sich, dieses Buch zu lesen. Inhaltlich hebt sich "Beim Ruf der Eule" nicht nur durch seine Themenwahl von anderen Büchern ab, sondern auch durch seine Art des Erzählens. Dieser Schreibstil könnte allerdings von vielen Lesern als kompliziert empfunden werden und daher den Spaß an der Lektüre nehmen. Es ist ein sehr einfühlsames Buch, bei dem viel zwischen den Zeilen gelesen werden sollte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Umsetzung