Ich habe mein Leben gut gelebt
Aus Opas Federhalter und Omas HandtascheIch habe mein Leben gut gelebt.
„Habe ich mein Leben richtig gelebt? Habe ich das erfüllen und tun können, was mir als Mensch als Lebensaufgabe gestellt worden ist? Mein Wunsch, Lehrer zu werden, erfüllte ...
Ich habe mein Leben gut gelebt.
„Habe ich mein Leben richtig gelebt? Habe ich das erfüllen und tun können, was mir als Mensch als Lebensaufgabe gestellt worden ist? Mein Wunsch, Lehrer zu werden, erfüllte sich nicht. Aber der Wunsch, eigene Kinder zu erziehen, wurde mir doch erfüllt. Das ist das Glück meines Lebens.“ (Arthur Seidel)
„Arthur stand achtzig Jahre lang auf der großen Bühne des Lebens, ohne jemals viel Worte gemacht zu haben. Im Stillen vertraute er sich seinen Tagebüchern an und schrieb sich alles von der Seele.“
Diese Tagebücher bilden gemeinsam mit alten Briefen und Dokumenten das Vermächtnis des Arthur Seidel und stellen die Grundlage für diese beeindruckende Biografie dar. Gut verborgen und wie einen kostbaren Schatz behütet harrten sie in einer alten Handtasche auf dem Dachboden ihrer Entdeckung. Eine Handtasche, die Johanna Seidel ihr Leben lang wie ihren Augapfel gehütet und bei der Vertreibung aus ihrer Heimat Schlesien mitgenommen hatte.
In äußerst einnehmendem Schreibstil erzählt Elke Ottensmann in diesem Buch die beeindruckende Geschichte ihres Großvaters, der einer schlesischen Bergarbeiterfamilie entstammte. Untermalt von Tagebucheinträgen und Briefen, die allesamt in kursiver Schrift dargestellt wurden, gewährt sie ihren Lesern tiefe Einblicke in die Lebensumstände von Arthur Seidels Kindheit, der Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg und den Schicksalsschlägen, aber auch den vielen Bewahrungen, die Arthur im Laufe seines langen Lebens erfahren hat. Elke Ottensmann ist es hervorragend gelungen, die historischen Ereignisse der damaligen Zeit mit jenen ihrer Familie zu verweben. Sie beschreibt Arthur als fleißigen Schüler und wohlerzogenen Sohn, dessen größter Traum es war, Lehrer zu werden. Sie erzählt vom Kennenlernen seiner Frau Johanna, die Geburt der Kinder bis hin zum Ausbruch des Weltkrieges und den damit verbundenen schweren Zeiten, die auf die Familie zugekommen sind. Man bangt und leidet an der Seite Arthurs, als sein Sohn Günter im zarten Alter von nur siebzehn Jahren zur Wehrmacht einberufen wird und erlebt diese schlimmen Jahre aus der Sicht des tiefgläubigen Arthurs mit.
Die Familienmitglieder waren sehr authentisch beschrieben und wuchsen mir im Verlauf der Seiten immer mehr ans Herz. Besonders beeindruckend empfand ich neben Arthur auch dessen gütige und liebevolle Großmutter Ernestine, die stets ein offenes Ohr für andere hatte und sehr beliebt war. Als überzeugte und tief gläubige Christin legte sie durch ihre Barmherzigkeit, ihre Nächstenliebe und durch die Art, wie sie ihr Leben lebte, den Grundstein für Arthurs Glauben. Zahlreiche Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Familienmitglieder tragen dazu bei, sich noch intensiver auf die Protagonisten dieses Buches einzulassen.
Ich danke der Autorin für die Bewahrung des kostbaren Erinnerungsschatzes ihres Großvaters in Form dieser tief berührenden Lektüre, die mir ausgezeichnet gefallen hat und die noch lange in mir nachwirken wird.