Ungebildet im Namen des Herrn
BefreitSo sollen Tara und ihre sechs älteren Geschwister aufwachsen, nach dem Wunsch ihres Vaters, eines strenggläubigen Mormonen. Die Mutter sieht das ein bisschen anders, kann sich aber nicht durchsetzen und ...
So sollen Tara und ihre sechs älteren Geschwister aufwachsen, nach dem Wunsch ihres Vaters, eines strenggläubigen Mormonen. Die Mutter sieht das ein bisschen anders, kann sich aber nicht durchsetzen und will das wohl auch gar nicht, denn ein weiterer Grundsatz ist, dass die Frau sich dem Manne zu unterwerfen hat.
Zumindest konnte sie sich soweit positionieren, dass sie die Kinder zu Hause unterrichtet und ihnen Lesen und Schreiben beigebracht hat. Wobei die Arbeit immer vorging - wenn der Vater Arbeitskräfte benötigte, mussten die Kinder schon in frühen Jahren los, um ihm auf dem Schrottplatz zu helfen. Wo es sehr gefährlich zuging und nicht selten zu schweren Verletzungen kam, die dann nicht vom Arzt, sondern lediglich mit Hausmitteln behandelt wurden.
Und das sind nur eine wenige Punkte aus dem Vorschriftenkatalog des Westoverschen Familienhaushalts - der im Übrigen nicht die Ansichten der Mormonen im allgemeinen spiegelt, ganz und gar nicht. Rund um die Familie herum gab es angefangen mit den Großeltern eine Reihe von Menschen, die meisten davon ebenfalls gläubige Mormonen, die das ganz anders sahen und teilweise einzugreifen versuchten.
Das ist kein Roman aus vergangenen Zeiten, nein, es ist die Autobiographie von Tara Westover, 1986 geboren. Und mit 17 gegen den Willen der Familie losgezogen, um Bildung zu erlangen. Sie hat es bis zur Promotion gebracht und zum Bruch mit großen Teilen der Familie.
Ihre Biographie liest sich wie eine Offenbarung, ein Thriller, eine schockierende Aufdeckung - suchen Sie sich etwas davon aus. Eine ebenso erschütternde wie eindringliche Dokumentation einer Kindheit und Jugend, von der man gar nicht glaubt, dass diese in einem zivilisierten Land existiert.
Ich möchte jetzt nicht die Frage beleuchten, inwiefern man die USA in Zeiten von Trump als zivilisiertes Land bezeichnen kann, wobei das meiste in den Jahren davor stattgefunden hat und zwar in Idaho. Ich möchte Sie aber von ganzem Herzen zu dieser Lektüre ermuntern - es ist unglaublich, zu was für einem besonderen Menschen Tara Westover geworden ist, trotz der Hindernisse die ihr in den Weg gelegt wurden. Vielleicht ist Amerika ja doch noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Lesen und urteilen Sie selbst!