Emily ist ein dreizehnjähriges Mädchen, dass bei ihrem Onkel mit ihrer jüngeren Schwester lebt. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Lisa macht sie die verrücktesten Dinge und Emily liebt düstere und unheimliche Geschichten. Als sie sich eines Abends für Halloween stylt und mit ihrer Freundin loszieht, ändert sich plötzlich alles. Denn auf einmal wacht Emily als Geist wieder auf. Mitten auf dem Friedhof Père Lachaise. Für Emily ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Sie wird sich ihr Leben wiederholen und die Welt der Geister hinter sich lassen. So!
Aber das ist gar nicht so einfach und auch ziemlich gefährlich….
Neben den unheimlich toll gestalten Cover – an dieser Stelle mal ein dickes Lob an Felicitas Horstschäfer – können auch die Buchseiten mit tollen Highlights aufwarten. Zu Beginn eines jeden neuen Kapitels gab es liebevoll gruselig gestaltete Elemente, die sich an der Seite hochrankten. Damit passten sie hervorragend zu dem schönen schwarz goldenen Cover. Neben jeder Seitenzahl war auch eine Blüte abgedruckt.
Emilys Abenteuer in der Anderwelt konnte ich mithilfe des personalen Erzählers verfolgen. Der Fokus lag überwiegend auf der jungen Protagonistin, aber hin und wieder durfte ich auch mal ganz kurz die Gefühle anderer Wesen und Figuren erhaschen.
Die Geschichte beginnt schon mit der geisterhaften Emily und mit viel Feingefühl und einem guten Gespür für Humor an den richtigen Stellen, erfuhr ich Stück für Stück, was genau dazu führte, dass eine Dreizehnjährige nun auf dem Friedhof Père Lachaise ihr Dasein als Geist fristen muss. Dabei war mir Emily vom ersten Augenblick an total sympathisch. Ich mochte ihre Art sehr, denn sie hat mich ein wenig an mich selbst in jungen Jahren erinnert. Emily ist eine sehr starke Persönlichkeit, die schon eine Menge traumatische Erfahrungen erleben musste. Der Verlust von beiden Elternteilen wiegt schwer und am meisten vermisst sie den Vater. Ein erfolgloser Schriftsteller, der seinen Töchtern gern Geschichten von Wesen aus der Anderwelt erzählt hat. Und das führt zu Emilys Faszination für Vampire, Geister und Co. Der ganze Charakter Emilys wurde mit viel Detailgenauigkeit ausgearbeitet und es war spürbar, wie sie sich im Laufe der Geschichte weiterentwickelt hatte.
Aber nicht nur die Figur der Emily war eine wirklich gelungene Schöpfung, nein, auch die anderen Wesen waren eine wahre Lesefreude. Einige davon habe ich genauso ins Herz geschlossen wie Emily. Allen voran den Irrwicht Cosimo und den Vampir Balthasar. Aber auch die Gegenspieler wurden mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet und waren natürlich bei mir nicht die Sympathieträger. Was aber mit Sicherheit auch genauso gewollt gewesen ist ?.
Von dem Schreibstil der Autorin war ich total verzaubert. Dieser war unglaublich fesselnd. Er reihte nicht nur die einzelnen Wörter zu Sätzen aneinander, sondern erweckte sie zum Leben. Es war, als würde ich vor meinem inneren Auge die ganzen Szenen heraufbeschwören und wie einen Film ansehen können. Nur mit dem Unterschied, dass ich auch fühlen konnte, was Emily fühlte und die Atmosphäre war so durchdringend, als wäre ich mittendrin.
Der Wortwitz war super erfrischend und ich mochte auch Emilys Konter Sprüche super gerne.
Die entstandene Stimmung in diesem Buch war dunkel, geheimnisvoll, mit der richtigen Mischung aus Düsternis und Grusel. Und doch war da immer dieser zarte Hauch von Hoffnung, der sich durch die Seiten zog wie ein goldenes Band.
Der Aufbau der Geschichte war logisch und chronologisch, Rückblicke oder Ergänzungen aus der Vergangenheit wurden sehr geschickt und mit viel Hingabe in den entsprechenden Szenen eingearbeitet, sodass es immer ein stimmiger Leseeindruck gewesen ist.
Es gab auch eine Menge überraschender Wendungen und ich hätte nie vorhersehen können, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Auch wechselten sich spannende Szenen mit ruhigeren Sequenzen so fließend ab, dass ich kaum zum Durchatmen kam.
Diese fantasievolle Geschichte hat tolle Kernthemen in sich vereint. Hier ging es um den Tod und das Leben danach. Aber auch um die Sehnsucht nach und die Liebe zum Leben. Um Freundschaft und Verrat, Vertrauen und Angst, Mut und ganz viel Hoffnung. Diese Gegensätze hat Gesa Schwartz zu einer gewaltig schönen Welt geformt, die genauso sein könnte.
Ich fand keine Szene zu langatmig oder gar langweilig. An jedem einzelnen Wort habe ich gehangen und es tief in mich aufgesogen.
Die Leseempfehlung ab 10 Jahre finde ich passend, ich habe in dem Alter schon die Fair Street Bücher gelesen. Es kann aber nicht schaden, wenn Eltern mit ihren Kindern anschließend noch einmal über die Geschichte reden. Sie lässt sich nämlich auch super als Erwachsener lesen. Mich hat die Geschichte an meine Jugend erinnert, da hätte ich dieses Buch mit ebensolcher Begeisterung gelesen.
Fazit: Mitten in die „reale“ Welt hat Gesa Schwartz ihre eigene Fantasie zum Thema „Leben nach dem Tod“ eingepflanzt. Das war herrlich gemacht, mit jeder Menge Humor, Spitzfindigkeiten, Spannungen und ganz sympathischen Figuren.