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Veröffentlicht am 27.09.2018

Kann man die Liebe zurückholen?

Eine Nacht, ein Leben
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Henri, lange Zeit beim Militär, reist Anfang des 20. Jahrhunderts auf eine kleine französische Insel. Er wurde von seiner Freundin Youna, zu der er nur noch Briefkontakt hatte, „verlassen“. Sie hatte ihm ...

Henri, lange Zeit beim Militär, reist Anfang des 20. Jahrhunderts auf eine kleine französische Insel. Er wurde von seiner Freundin Youna, zu der er nur noch Briefkontakt hatte, „verlassen“. Sie hatte ihm geschrieben, dass sie alleine auf einer Insel leben wolle. Doch Henri kann das Ende ihrer Beziehung nicht akzeptieren und reist zu ihr. Er möchte sie für sich zurückgewinnen und dabei begegnet ihm das Leben.
Dieses kleine Buch ist schon von außen betrachtet liebevoll gestaltet. Das Cover mutet wie ein impressionistisches Gemälde an, die Innenseite des Buches ist in derselben Farbe wie das Meer des Covers gestaltet und auch das Lesebändchen ist perfekt darauf abgestimmt. Die Geschichte des jungen Henri, der seine Liebe Youna nicht aufgeben will, wird in lyrischer Weise beschrieben und versprüht eine Portion Melancholie. Kurze Begegnungen mit Inselbewohner und sogar mit einer Katze werden nicht nur angerissen, sondern der Leser taucht für einen Moment in deren Leben ein. Dadurch wird der Focus von Henri weg und auf andere hin gelenkt. Das gefällt mir sehr gut, denn dadurch gewinnt die Geschichte an Lebendigkeit und es wird nicht nur eindimensional über Henri geschrieben. Die lyrische Art der Geschichte lässt mich an einen Klassiker denken. Der Leser wird auf eine Insel entführt, die aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Nur hin und wieder wird der drohende Krieg thematisiert, doch das Augenmerk liegt ganz klar auf der Schönheit der Umgebung und den wenig gesprächigen Bewohner und natürlich auf Henri und Youna. Wenn ich an die Zeit, in der der Roman angesiedelt ist, denke, war es nicht alltäglich, dass sich eine junge Frau entschloss, alleine zu bleiben und damit auch noch glücklich ist.
Dieses kleine Buch ist ein Schatz für alle, die eine schöne Sprache, das Meer und eigenwillige Charaktere lieben.

Veröffentlicht am 27.09.2018

Ein leidenschaftliches Plädoyer für Italien und die Liebe

L'Osteria antica
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Nach einer Lebenskrise landet die junge Laura Sabadini in der Osteria antica ihrer Großmutter. Dort übernimmt sie mit ihrer Großmutter das Kochen und schlägt sich ganz gut als Gastgeberin. Eines Tages ...

Nach einer Lebenskrise landet die junge Laura Sabadini in der Osteria antica ihrer Großmutter. Dort übernimmt sie mit ihrer Großmutter das Kochen und schlägt sich ganz gut als Gastgeberin. Eines Tages erreicht sie ein Brief des Conte Alessandro di Valpecca, der seit vielen Jahren Stammgast in der Gaststätte ist. Auf diese Weise erfährt Laura von der heimlichen Liebe ihrer Urgroßmutter zu dem Venezianer Renzo, der in der Villa neben an jeden Sommer verbrachte.
Das extravagante Cover in Form eines modernen Gemäldes hat meinen Blick magisch angezogen und auch der Kurztext weckte meine Neugier. Ich wurde nicht enttäuscht, denn das Buch ist für mich weit mehr als ein Liebesroman verbunden mit einer Familiengeschichte und Einblicke in vergangene Zeiten – es ist vielmehr ein leidenschaftliches Plädoyer für die italienische Lebensart und die herrliche Küche Italiens. Das spricht aus jeder Zeile der Autorin und es macht sehr viel Spaß, Laura bei ihrem Leben zuzuschauen und mit ihr in das Geheimnis ihrer Großmutter einzutauchen. Der leichte und angenehme Schreibstil hat mich sofort eingefangen und vor allem die Geschichte von Marinella, die gegen die Konventionen des ausgehenden 19. Jahrhunderts verstoßen hat, haben mich fasziniert und begeistert. Eine Besonderheit sind die liebevoll zusammen gestellten Rezepte zum Ende des Buches die Lust auf eine Reise in den Süden, aufs Nachkochen oder Genießen beim Italiener um die Ecke machen. Elma verleiht ihren Charakteren Tiefe und lenkt den Blick auf deren Eigenarten und Gefühle. Ein rundum gelungener Roman, der Lust darauf macht, das nächste Buch zu lesen!

Veröffentlicht am 23.08.2018

Abschiednehmen

Bevor wir verschwinden
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In „Bevor wir verschwinden“ erzählt David Fuchs die berührende Geschichte des angehenden Arztes Benjamin und dem krebskranken Ambros. In ihrer Jugend waren die beiden ein Paar und nun begegnen sie sich ...

In „Bevor wir verschwinden“ erzählt David Fuchs die berührende Geschichte des angehenden Arztes Benjamin und dem krebskranken Ambros. In ihrer Jugend waren die beiden ein Paar und nun begegnen sie sich in der Onkologie wieder. Während Benjamin sein Praktikum dort absolviert und nebenbei in einem Labor Versuche an Schweinen durchführt, ist sich Benjamin bewusst, dass er bald sterben wird. Ganz langsam kommen sich die beiden näher, während um sie herum andere Patienten ebenfalls ihrem Lebensende entgegen gehen. Die Stationsschwester Edna (Ed) und der Oberarzt Dr. Wendelin Pomp begleiten ihre Patienten auf ihre ganz eigene Weise und sorgen dafür, dass auch der Humor einen Platz in der Station findet.
Mit einem feinen Gespür für Menschen und deren Schicksal erzählt David Fuchs seine Geschichte ohne Sentimentalität mit einer Brise derben Humor, aber nie respektlos. Er ist Onkologe und weiß, wovon er schreibt. Das Thema Sterben und Abschiednehmen wird zum täglichen Begleiter, als Benjamin gezwungenermaßen ein Praktikum in der Onkologie absolviert. In seinen Experimenten mit den Schweinen hat er ebenfalls mit dem Tod zu tun. Anfangs erscheint Benjamin sehr sachlich und distanziert. Mit der Zeit offenbart er viel Gefühl und Empathie nicht nur für Ambros. So nennt er sein Schwein Adelheid und erfüllt Ambros Wünsche. Dies wird in kleinen Gesten sichtbar und auch in seinen Gedanken und Verhalten. In kurzen Rückblenden erhält der Leser einen Einblick in die Jugendzeit von Benjamin und Ambros, wobei ihre Beziehung und deren Ende nicht offengelegt werden. Ihre Gefühle hat der Autor nicht ausformuliert und doch gelingt es David Fuchs eine ganz berührende Stimmung zu erzeugen, so dass ich mal traurig, mal lachend in die Geschichte eintauchen konnte. Die Geschichte der beiden jungen Männer hat mich sehr gerührt und ich finde es gut, dass nicht alle Details ihrer Liebesgeschichte beleuchtet wurden. Es ist genug Platz für die Fantasie des Lesers und seine Interpretation der Geschichte.

Veröffentlicht am 21.08.2018

Ein absolut stimmiger, historisch fundierter und spannender Krimi

Vergessene Seelen. Ein Fall für Max Heller
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Dresden 1948: Es ist Sommer und nachdem der 2. Weltkrieg 3 Jahre zurückliegt, befindet sich das Land im Wiederaufbau – allerdings ganz langsam, unter größten Anstrengungen und immer mit der Sowjetischen ...

Dresden 1948: Es ist Sommer und nachdem der 2. Weltkrieg 3 Jahre zurückliegt, befindet sich das Land im Wiederaufbau – allerdings ganz langsam, unter größten Anstrengungen und immer mit der Sowjetischen Besatzung im Nacken. Blindgänger erschüttern immer wieder die verängstigten Menschen und nach wie vor ist der Hunger ein ständiger Begleiter. Dann sind da noch die Berichte aus dem Westen Deutschlands, wo eine neue Währung – die Deutsche Mark - eingeführt wird und es den Menschen anscheinend wesentlich besser geht.
So kommt auch ein Paket von ihrem Sohn Erwin, der im Westen Jura studiert, bei Max und Karin Heller an – darin nicht nur Lebensmittel sondern auch ein Bündel Geldscheine. Für den Oberkommissar und seine kleine Familie samt der kleinen Anni und Frau Marquart, ist dieses Paket wie ein Schatz, denn es mangelt ihnen an allem Lebensnotwendigen. Und doch stellt sich Max die Frage, woher sein Sohn so viel Geld hat? Viel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, hat Max nicht, denn er wird zu einem Toten auf einer Baustelle gerufen. Es handelt sich dabei um den Jugendlichen Albert Udmann, der abgestürzt zu sein scheint. Doch es finden sich Spuren von alten Verletzungen an dem Jungen, die nicht von einem Sturz herrühren. Ob sein Tod mit den Diebesbanden, die in Dresden ihr Unwesen treiben, zusammenhängt? Ging es um eine Mutprobe oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Gewohnt hartnäckig, mit viel Mitgefühl und Umsicht macht sich Max an die Ermittlungen. Doch bald schon befindet er sich mitten in einem Strudel aus Schweigen, Ablehnung, Angst, Überlebenskampf und Misshandlungen. Er stößt auf eine Mauer des Schweigens, wird von seinem Sohn Klaus in seinen Ermittlungen ausgebremst und kann seine persönliche Einstellung zum Kommunismus kaum verbergen. Karin und er werden mit ihrem eigenen Schicksal konfrontiert und es brechen alte Wunden auf.
„Vergessene Seelen“ von Frank Goldammer ist der dritte Teil um Max Heller, der in den Trümmern von Dresden seiner Arbeit als Oberkommissar gewissenhaft, mit viel Empathie und Durchhaltevermögen nachkommt. Das Hörbuch wird von Heikko Deutschmann gesprochen, was den starken Krimi mit vielen historischen Details zu einem ganz besonderen Genuss macht. Seine Stimme ist sehr angenehm und transportiert die Stimmung im Trümmerfeld von Dresden sehr anschaulich. Beim Hören fielen mir viele Feinheiten in der Gestaltung der Geschichte und der Charaktere auf, die mich bereits beim „Angstmann“ begeistert haben. Ich wurde mitgenommen in das gebeutelte Dresden mit seinen Bewohnern, die ihre Stadt wieder aufbauen und jeden Tag aufs Neue versuchen, zu überleben. Aber auch die Gewalt und der Egoismus vieler Menschen wurden lebendig und erschreckten mich, da die Realität sicherlich noch erschütternder war. Die Aufklärung der Todesumstände von Albert rückte zeitweise in den Hintergrund und machte Platz für den privaten Max Heller, der von seinem linientreuen Sohn Klaus mundtot gemacht werden soll. Es ist eine ständige Gratwanderung zwischen Politik und der Suche nach den Hintergründen, die zum Tod des Jungen führten. Sein familiäres Umfeld spielt dabei eine ebenso große Rolle wie auch die Not vieler Männer, die versehrt – nicht nur körperlich – aus dem Krieg zurückgekehrt sind und damit nicht umgehen können. Vergessene Seelen gibt es mehr wie genug in diesem tiefgründigen Kriminalroman und so schließt sich ganz wunderbar der Kreis zum Titel des Buches.
An Max Heller mag ich, dass er nicht nur das System der Nationalsozialisten in Frage stellt, sondern sich bei dem herrschenden Kommunismus ebenfalls unwohl fühlt. Sieht er doch ähnliche Tendenzen, die Menschen zu indoktrinieren. Max ist sehr geradlinig in seinem Wesen und seinem Handeln und er verfügt über Empathie für seine Mitmenschen. Umso schwieriger ist es für ihn, dass er von seinem eigenen Sohn bei seinen Ermittlungen ausgebremst werden soll. Klaus ist der Partei beigetreten und das sorgt für Zündstoff zwischen ihm und seinem Vater.
Frank Goldammer hat in seinem dritten Fall von Max Heller erneut einen absolut stimmigen, historisch fundierter und spannender Krimi geschaffen. Die Entbehrungen der Dresdner, die Hilflosigkeit der Kriegsheimkehrer und der Wiederaufbau ihrer zerstörten Stadt wurden genauso lebendig, wie auch die Gräueltaten zwischen den Trümmern. Nicht nur einmal ist mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter gelaufen – auch dank der Stimme des Sprechers – und ich befand mich mittendrin. Das Buch hat mich erschüttert, gefesselt und fasziniert! Ich freue mich schon auf den nächsten Teil, wobei mir noch der 2. Fall „Tausend Teufel“ fehlt, den ich unbedingt noch lesen muss.

Veröffentlicht am 18.08.2018

Der Armenarzt und sein Bodyguard

Dr. Knox
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In Los Angeles unterhält Dr. Knox eine Klinik für die Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Er tut es mit viel Herzblut, für wenig Geld und voller Überzeugung. Doch nachts übernimmt er mit seinem ...

In Los Angeles unterhält Dr. Knox eine Klinik für die Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Er tut es mit viel Herzblut, für wenig Geld und voller Überzeugung. Doch nachts übernimmt er mit seinem Freund Sutter ganz besondere medizinische „Aufträge“, die viel Geld einbringen, aber strengster Geheimhaltung unterliegen. Dr. Knox und Sutter werden immer dann gerufen, wenn die Schönen und Reichen in Los Angeles lieber nicht in eine Klinik gehen möchten. Eines Tages stürzt Elena mit dem Jungen Alex in seine Klinik, weil dieser einen allergischen Schock hat. Nur kurz zur Toilette will Elena, doch plötzlich ist sie verschwunden und Alex bleibt alleine zurück. Dr. Knox vermutet, dass Elena sich mit Alex auf der Flucht befindet. Auch gar keinen Fall will er Alex dem Jugendamt übergeben. Stattdessen beschließt er, Elena und Alex auf eigene Faust wieder zusammenbringen. Das wiederum führt dazu, dass er bald mehr Probleme hat, als er sich vorstellen kann. Nicht nur der skrupellose, russische Zuhälter Siggy Rostov will sein Eigentum (Elena) zurück, sondern auch die einflussreiche und millionenschwere Familie Bray schickt dem Doktor seine „Truppen“.
Der Einstieg in das Buch passt ungemein gut zu dem Charakter des Dr. Knox: es geht sofort los und es gibt keine großen Vorreden. Dr. Knox ist nicht der gesprächige Typ und er handelt schnell, ohne sich über die Konsequenzen große Gedanken zu machen. Seine Vergangenheit kommt erst nach einigen Seiten zur Sprache. Er hat einen starken Gerechtigkeitssinn und ist durchaus bereit, sein Leben zu riskieren. Angst kennt er nur im Ansatz und er handelt geradlinig nach seinen Prinzipien. Leider führt das des Öfteren dazu, dass er sich rücksichtslos gegenüber seinen Mitarbeitern verhält und somit alle in Gefahr bringt. Doch man muss Dr. Knox einfach mögen! Er ist kein Gutmensch, raucht gerne mal einen Joint und ist Alkohol nicht abgeneigt, aber er ist ein toller, zuverlässiger Arzt. An seiner Seite und immer im richtigen Moment zur Stelle ist sein Freund Sutter. Der ehemalige Söldner verdient sich sein Geld nicht nur mit legalen Immobiliengeschäften, sondern übernimmt nächtliche Einsätze, bei denen Dr. Knox Verletzungen jeglicher Art versorgt. Sutter sorgt dafür, dass sie beide jedes Mal heil nach Hause kommen. Im Laufe der Geschichte erweist sich Sutter als perfekter Bodyguard für den sturen, sarkastischen und gutherzigen Doktor. Allein schon diese beiden Charaktere machen den Roman sehr unterhaltsam und spannend. Als Leser weiß man nie, was sich Sutter als nächstes ausdenkt oder ob Dr. Knox doch noch klein beigibt. Es macht großen Spaß, die beiden zu begleiten und ihren Kampf gegen skrupellose Verbrecher und eine mächtige Familie, die Probleme mit Geld löst, zu verfolgen. Der Autor hat neben den beiden Hauptakteuren sehr unterschiedliche und interessante Charaktere geschaffen und er legt ein Tempo beim Erzählen vor, dass sich das Lesen der Schnelligkeit der Geschichte anpasst.
Peter Spiegelman ist eine fantastische und spannende Geschichte gelungen, die einen angenehmen Schreibstil mit einer tollen Handlung voller Überraschungen verbindet. Der Charakter des Dr. Knox hat mich von der ersten Seite an begeistert und bis zur letzten nicht mehr los gelassen. Im Zusammenspiel mit dem strategisch und kampftechnisch versierten Sutter ergibt sich hier ein tolles Team, von dem ich gerne mehr lesen würde. Zum Cover möchte ich noch anmerken, dass der Totenkopf umrahmt vom Stethoskop mit der Skyline von LA der absolute Knaller ist. Auch der orangefarbene Umschlag springt sofort ins Auge. Dieses Buch zählt zu meinen Highlights in diesem Jahr!