Alltag und Heldentum, Ängste und Hoffnungen mutiger Menschen im Großbritannien des Jahres 1940
Zeitreisen unterliegen besonderen Gesetzen, die verhindern, dass die Zukunft verändert wird. Doch was passiert, wenn diese Gesetze nicht mehr gelten würden?
Wir befinden uns zu Beginn von Dunkelheit ...
Zeitreisen unterliegen besonderen Gesetzen, die verhindern, dass die Zukunft verändert wird. Doch was passiert, wenn diese Gesetze nicht mehr gelten würden?
Wir befinden uns zu Beginn von Dunkelheit im Jahr 2060, eine Gruppe Historiker reist durch die Zeit um als stille Beobachter Zeitgeschichte zu dokumentieren. Was dann aber folgt ist weniger Science Fiction als ein fundierter und brillant recherchierter Einblick in das Jahr 1940 zu Kriegsbeginn in Großbritannien.
Drei Zeitreisende begeben sich an drei verschiedene Orte Großbritanniens, um Heldentum zu studieren. Diese Helden werden aber nicht in den Reihen der Royal Air Force oder ähnlichem gesucht, sondern in der normalen Bevölkerung, die in der schweren Zeit des Krieges über sich hinauswächst.
Die Geschichte startet schleppend, man lernt viele Zeitreisende kennen und wenn man – wie ich – nicht Willis‘ Die Jahre des schwarzen Todes gelesen hat, ist das ganze Zeitreisen zu Beginn höchst kompliziert: Damit die Historiker zwischen all den sogenannten Gegenwärtlern nicht herausstechen, bereiten sie sich intensiv auf ihre Einsätze vor, bekommen z.B. passende Kleidung. Sie haben aber auch die Möglichkeit, sich mit Infos gefütterte Implantate einsetzen zu lassen. Diese beinhalten dann etwa einen amerikanischen Akzent oder auch geschichtliche Daten – wer könnte sich schon alle Bombeneinschläge Londons merken? Schwierig ist es, eine passende Bühne zur Landung in der entsprechenden Zeit zu finden. Der Vorhang in die Vergangenheit öffnet sich nur, wenn kein Gegenwärtler mitbekommen kann, dass sich dieser öffnet und einen Zeitreisenden ausspuckt. In äußerst turbulenten Zeiten – wie es der Zweite Weltkrieg zweifellos war – ist auch noch das Problem der Gleitung zu beachten, quasi eine Abweichung in Zeit oder Ort vom eigentlichen Ziel.
Mit diesem Wissen ausgestattet folgen wir hauptsächlich drei Zeitreisenden in die Vergangenheit:
Merope, welche sich 1939 Eileen nennt, befindet sich als Hausmädchen in Warwickshire und verfolgt die Evakuierung Londoner Kinder in die Grafschaft nördlich der Hauptstadt, da die Lady des Haushalts einem Teil dieser Kinder Obdach gewährt.
Mike wird nach einigem Hin und Her entgegen seinen bisherigen Plänen ins Dover des Jahres 1940 geschickt. Er ist als amerikanischer Kriegsberichterstatter des Omaha Observer getarnt, um die Evakuierung von Soldaten aus dem französischen Dünkirchen zu beobachten, welche von englischen Zivilisten über den Kanal durchgeführt wurde.
Polly reist ebenfalls 1940 in die Londoner Oxford Street um den Blitzkrieg zu dokumentieren. Sie soll sich dabei als Verkäuferin bewerben und die mutige Londoner Bevölkerung begleiten, die den Luftangriffen fasst gleichmütig gegenüber steht.
Im Rahmen dieser drei großen Storylines lernen wir den englischen Alltag im Zweiten Weltkrieg kennen, fundiert recherchiert und mit Willis‘ Schreibstil auch trotz oft fehlender Spannung nie wirklich langweilig. Wer hier jedoch einen aufregenden Zeitreiseroman mit geänderter Zukunft, einem toten Hitler und verrückten Zeitschleifen erwartet, der wird enttäuscht sein. Dieses mögliche Potential wurde nicht ausgeschöpft, was aber wohl auch im Sinne der Autorin ist – sonst hätte sie es gemacht.
Wie der Klappentext verrät, läuft nicht alles wie am Schnürchen. Zeitreisen bringen enorme Probleme mit sich. So gehen die Historiker in turbulenten Zeiten verloren, gefangen in den Wirren des Krieges. Werden sie zurückkehren können?
Fazit: Connie Willis schafft weniger eine Science Fiction-Geschichte als vielmehr einen fundierten historischen Einblick in das Großbritannien zu Zeiten den Zweiten Weltkrieges. Lässt man sich darauf ein, dass Dunkelheit ein Roman ist, der viel vom Alltag der Protagonisten erzählt, der viel Banalitäten beschreibt, aber auch die Hoffnungen, Ängste und den Mut der Menschen dieser Ära, wird mit einem Buch belohnt, dass vielleicht nicht immer spannend ist, aber trotzdem nie wirklich langweilig wird. Wer auf viel Action steht, dem rate ich von diesem Buch ab. Wer die Schrecken des Zweiten Weltkrieges aus der Sicht der Briten sehen möchte, wer von Mut und Menschlichkeit am Tiefpunkt des 20. Jahrhunderts lesen möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. 4 Sterne für Dunkelheit, von dem ich anderes erwartet habe, aber trotzdem überzeugt wurde. So überzeugt, dass ich den zweiten Teil Licht mit Sicherheit lesen werde.