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Veröffentlicht am 27.08.2018

Lecker, lecker, lecker

Tel Aviv by Neni. Food. People. Stories.
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„Essen überbrückt immer auch kulturelle Grenzen“
Vor allem, wenn es sich um ein Kochbuch aus Tel Aviv handelt, der Stadt, die ein Schmelztiegel verschiedenster Kulturen ist und sich zur internationalen ...

„Essen überbrückt immer auch kulturelle Grenzen“
Vor allem, wenn es sich um ein Kochbuch aus Tel Aviv handelt, der Stadt, die ein Schmelztiegel verschiedenster Kulturen ist und sich zur internationalen Trendmetropole gemausert hat. Apropos im Trend liegen, das tun auch die Autoren dieses Buches, haben sie doch mit ihren gleichnamigen Restaurants in Wien, Berlin und Amsterdam große Erfolge vorzuweisen. Die Wurzeln der Gründer liegen in Israel und so ist Tel Aviv einerseits ein Kochbuch voller spannender Rezepte, gleichzeitig auch aber ein Streifzug durch die eigene Vergangenheit; ein Ausflug in hippe Restaurants und ruhige Fischerhäfen; auf Kräutersammlung im urbanen Dschungel und zu Gast bei privaten Dinnerabenden. Viele interessante Bewohner Tel Avivs kommen zu Wort und erzählen von ihrem Leben und ihrer Küche. Sie steuern ihre Lieblingsrezepte bei, aber auch Rezepte aus den NENIküchen kommen zu ihrem Recht.
Ich habe bisher vier Rezepte(Kokoseis, Challa, Focaccia, Shakshuka mit Merguez) nachgekocht und –gebacken, alle sind gut gelungen und verdammt lecker. Die Zubereitung wird verständlich erklärt, allein bei der Zutatenliste wäre ab und an ein zusätzlich erklärendes Wort hilfreich gewesen. Nicht alle Zutaten sind im Handel so einfach zu bekommen (zumindest nicht bei mir hinterm Mond), nicht immer werden Alternativen genannt. Doch das lässt sich verschmerzen, handelt es sich hierbei doch um Ausnahmen. Die Auswahl der Gerichte finde ich sehr gelungen, von kleiner Vorspeise über opulenten Hauptgang bis hin zu feiner Nachspeise ist für jeden etwas dabei. Schnell wird auch hier klar, was die Autoren schon in diversen Interviews anklingen lassen: DIE israelische Küche gibt es nicht, sondern es ist ein gelungene Mischung aus diversen anderen. Gelungen ist auch die Aufmachung des Buches: sehr ästhetische Fotos von Gerichten, aber auch von Land und Leuten, laden zum Verweilen, Blättern und Nachkochen ein. Mir gefällt es ausgesprochen gut, und ich werde nicht nur noch einiges nachkochen, sondern auch immer wieder eine der charmanten Stories lesen.

Veröffentlicht am 23.08.2018

Tolle Geschichte

Drachenerwachen
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Janka und Johann staunen nicht schlecht als ausgerechnet die miesepetrige Frau Tossilo aus dem Urlaub mit einem Drachenei zurückkommt. Natürlich nicht ganz freiwillig, denn die Fluggesellschaft hat ihren ...

Janka und Johann staunen nicht schlecht als ausgerechnet die miesepetrige Frau Tossilo aus dem Urlaub mit einem Drachenei zurückkommt. Natürlich nicht ganz freiwillig, denn die Fluggesellschaft hat ihren Koffer vertauscht. Doch noch bevor klar ist, wem der falsche Koffer gehört, schlüpft der Drache Kurmi. Und plötzlich ist im Berliner Hochhaus nichts mehr wie zuvor.

Ich bin nun wirklich kein Jugend-/Kinderbuchleser, aber der Klappentext hatte es mir irgendwie angetan. Die Geschichte hat mich dann auch richtig überzeugt, eine sehr fantasievolle, aber auch realistische Handlung (sieht man mal vom Drachen ab grins), die auf ganz wunderbare Art und Weise erzählt wird. Es ist sicherlich kein Buch für die ganz jungen Kinder (ab Ende Grundschule würde ich mal empfehlen), denn die Autorin schneidet auch etwas schwierigere Themen an, ob es dabei um den Tod geht oder „nur“ um Johanns Computerfähigkeiten. Die Figuren und auch die Ausarbeitung des Drachen haben mir sehr gut gefallen, sie agieren realistisch und sorgen auch für den einen oder anderen Lacher. Überhaupt hat die Autorin eine ganz tolle Art zu erzählen, leicht und flüssig, aber auch mit Gehalt. Ich bin mir sicher, dass man aus ihrer Feder noch einige tolle Geschichten lesen wird. „Drachenerwachen“ hat mich auf jeden Fall schon mal überzeugt, und ich werde die Augen nach dem Folgeband offen halten.

Veröffentlicht am 29.07.2018

Geht unter die Haut

Tausend strahlende Sonnen
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Nach dem Tod ihrer Mutter wird Mariam mit dem sehr viel älteren Raschid verheiratet. Mit gerade einmal 15 Jahren muss sie ihm nicht nur eine gute, sprich gehorsame Ehefrau sein, sondern auch mit dem Verlust ...

Nach dem Tod ihrer Mutter wird Mariam mit dem sehr viel älteren Raschid verheiratet. Mit gerade einmal 15 Jahren muss sie ihm nicht nur eine gute, sprich gehorsame Ehefrau sein, sondern auch mit dem Verlust ihrer Mutter und dem Umzug in die Stadt Kabul fertig werden. Dort spürt man die politischen Umbrüche und Konflikte hautnah. Nur wenige Häuser weiter wächst Laila auf, die noch eine große Rolle in Mariams Leben spielen soll.

Khaled Hosseini hat mich mit seiner Geschichte über die zwei so unterschiedlichen Frauen wirklich sehr beeindruckt. Einerseits berichtet er von dem traurigen Schicksal der beiden, andererseits lässt er auch viele Infos über politische Gegebenheiten und Hintergründe einfließen. Diese Mischung geht nicht nur unter die Haut, sondern lässt einen auch viel Neues erfahren, was mir sehr gut gefallen hat. Die zwei Frauen könnten unterschiedlicher fast nicht sein, was natürlich auch an ihrer Herkunft liegt. Mariam wächst fast isoliert in der Provinz auf, Laila bei sehr weltoffenen Eltern in der Großstadt. Dass trotzdem beide unter der Fuchtel eines tyrannischen Mannes landen, ist umso bitterer und zeigt wie wenig Möglichkeiten Frauen in dieser Zeit geboten waren: keine nämlich. Die Verachtung, Gewalt gegen und auch die Hilflosigkeit der Frauen selbst zeigt der Autor schonungslos, viele Szenen sind unglaublich grausam und doch leider sehr authentisch. Da die Erzählperspektive zwischen den beiden wechselt, kann man die Gedanken und Gefühle beider gut nachvollziehen. Der Autor beschreibt aber nicht nur die Figuren, sondern auch ihre Umgebung sehr plastisch, sodass man Kabul und die Heimat der beiden sehr bildlich vor Augen hat. Er trifft immer den richtigen Ton, sodass schonungslos erzählt, aber nicht überdramatisiert wird. Ein kritischer und ergreifender Roman, der noch lange nachwirken wird.

Veröffentlicht am 20.07.2018

Kindheitstraum

Charlie and the Chocolate Factory
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Charlie Bucket lebt mit seiner Familie in bitterster Armut. Sein jährliches Highlight ist die geburtstägliche Tafel Schokolade aus der Fabrik von Willy Wonka. Die liegt in Sichtweite von Charlies Zuhause, ...

Charlie Bucket lebt mit seiner Familie in bitterster Armut. Sein jährliches Highlight ist die geburtstägliche Tafel Schokolade aus der Fabrik von Willy Wonka. Die liegt in Sichtweite von Charlies Zuhause, könnte aber nicht weiter entfernt sein, denn niemand darf hinein. Bis Mr Wonka eines Tages goldene Tickets unter die Menschheit bringt; goldene Tickets, die einen ganzen Tag lang Aufenthalt in der verrückten Firma versprechen. Und Charlie? Der findet eines davon…
Ich gebe ja zu die Geschichte vor allem durch ihre Verfilmungen zu kennen, höchste Zeit also auch die Originalstory nachzuholen. Enttäuscht wurde ich nicht. Dahls Erzählung über den genialen, exzentrischen, schwarzhumorigen und sehr witzigen Wonka hat mich wirklich begeistert. Seine Firma ist ein Kuriosum und ein Paradies für Naschkatzen. Das eine oder andere hätte ich gerne selbst probiert. Die Figuren sind kindgerecht, trotzdem hat man auch als Erwachsener seine Freude daran, ebenso am Erzählstil. Der ist einfach gehalten, aber trotzdem mit einem feinen Witz versehen. Sehr schön sind auch die Illustrationen aus der Feder von Quentin Blake, der Dahls Vorlage ganz wunderbar mit Zeichnungen untermalt. Eine rundum gelungene Geschichte also, die dem berühmten Schlaraffenland Konkurrenz macht. Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 18.06.2018

Ganz großes Kino

Sag den Wölfen, ich bin zu Hause
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June ist gerade einmal 15 als ihr Onkel Finn an AIDS stirbt. Der Finn, der ihr die Sonntage versüßte. Der Finn, der als Einziger in der Familie ihre Leidenschaft für das Mittelalter verstand, mit dem sie ...

June ist gerade einmal 15 als ihr Onkel Finn an AIDS stirbt. Der Finn, der ihr die Sonntage versüßte. Der Finn, der als Einziger in der Familie ihre Leidenschaft für das Mittelalter verstand, mit dem sie Streifzüge durch das New York der 80er Jahre machte, mit dem sie lachte und weinte. Und in den sie heimlich verliebt war. Auch Finn war verliebt. In Toby. Eine Liebe, von der June nichts wusste.

Ich bin sonst für gefühlsduselige Coming-of-Age-Romane so gar nicht zu haben. Doch dieser Roman hat mich voll erwischt. Eben weil er gefühlvoll ist ohne gefühlsduselig zu sein. Und weil er zwar von einem Teenager handelt, aber eben ohne den YA-Stempel aufgedrückt zu bekommen. Brunt hat eine sehr rührende, traurige, aber gleichzeitig kraftvolle Geschichte rund um June und ihre Familie geschrieben. June ist ein etwas seltsames Mädchen, eine Einzelgängerin, die sich nicht gut in die breite Masse ihrer Altersgenossen einfügen kann. Die einem aber trotz ihrer Eigenheiten schnell sympathisch ist. Finn stirbt nach Kapitel eins und doch hat man das Gefühl, dass er June, Toby und den Leser noch sehr lange begleitet. Ich war direkt etwas traurig ihn nicht persönlich gekannt zu haben, so sympathisch und faszinierend ist seine Figur. Aber auch Toby mochte ich sehr gerne, den man gemeinsam mit June neu kennen lernt.
Die Autorin schreibt sehr einfühlsam und poetisch, unendlich große Trauer und Melancholie ziehen sich durch die Geschichte, die trotzdem auch unglaublich fröhliche Momente hat. Dabei wirkt nichts davon aufgesetzt, sondern alles sehr echt. Ihre Art mit den großen Themen Verlust und Tod umzugehen, aber auch mit der Stigmatisierung HIV-Erkrankter in jener Zeit, hat mich sehr beeindruckt. Ein wundervoller Roman, der mit leisen Tönen doch eine durchdringende Botschaft verbreitet. Und eine Autorin, die sich schnell in mein Leserherz geschrieben hat.