Liebe gegen die Strenge der indischen Tradition?
Als junge Fotografin ist Eliza versucht, sich in Großbritannien der 30er Jahre einen Namen zu machen. Dank ihres Bekannten Clifford erhält sie die Chance, die Familie des Maharadscha in Indien zu porträtieren. ...
Als junge Fotografin ist Eliza versucht, sich in Großbritannien der 30er Jahre einen Namen zu machen. Dank ihres Bekannten Clifford erhält sie die Chance, die Familie des Maharadscha in Indien zu porträtieren. Doch nur allzu bald stellt Eliza fest, dass innerhalb des Palastes nichts so ist wie es scheint. Intrigen und Eifersucht durchziehen das Palastleben wie ein Netz, das auch die junge Fotografin zu umschlingen droht – vor allem als sie sich in den Bruder des Fürsten verliebt…
Dinah Jefferies Roman „Die Englische Fotografin“ entführt in die farbenprächtige, indische Kultur, lässt zwei vollkommen unterschiedliche Welten aufeinanderprallen und würzt das Ganze mit spannenden Intrigen und gefühlsbetonten Momenten.
Eliza, ihre Hauptprotagonistin, wagt sich als alleinstehende Frau in das kunterbunte Palastleben und sieht sich mit einigen Problemen konfrontiert. Nicht nur droht ihre kaum verarbeitete Vergangenheit in Indien hochzukommen; auch ihre persönliche Entwicklung wird gefordert. Sehr sympathisch geht die Protagonistin auf ihre Mitmenschen ein und bildet sich ihre ganz eigene Meinung über die indische Bevölkerung. Zwar scheint eine gewisse Naivität vorhanden zu sein, die dennoch nicht störend wirkt.
Neben Eliza wirkt Jay, der Bruder des Fürsten, manchmal etwas blass. Anfangs mit Überheblichkeit ausgezeichnet, kann man ihn dennoch als freundlich empfinden, auch wenn er seine Ziele stets vor Augen hat. Dennoch ist er nicht immer greifbar.
Die Nebencharaktere erfüllen ihre zugedachten Rollen gut. Schon bald offenbart sich ein Gegenspieler, welcher die Fäden in der Hand hält und der Protagonistin das Leben schwer macht. Weitere Nebencharaktere fungieren als Freunde und mehr oder weniger zuverlässige Konstanten, welche Eliza (teils) Halt und Unterstützung anbieten.
Als Eliza mit dem Leben in Indien konfrontiert wird, welches sie für die britische Krone zu porträtieren hat, sieht sie sich einigen Widerständen gegenüber. Einerseits die ungezähmte Wildheit Indiens mit seinen wundervollen Menschen und andererseits der Glaube an die unerbittliche Unterwerfung der Frau, welche für sie nur schwer zu begreifen ist. Im Verlauf des Buches lehnt sie die Oberherrschaft der Briten über Indien immer mehr ab, welche vor allem von Clifford vertreten wird. Neben den politischen Zerwürfnissen hat die junge Frau auch mit ungebetenen Gefühlen für Jay zu kämpfen, die sie gegen Ende in ein tiefes Loch stürzen lassen.
Inhaltlich eine glaubwürdige Handlung, auch wenn der vierte Teil in meinen Augen zu schnell abgehandelt wird. Probleme, die zuvor als unüberwindbar betrachten wurden, werden blitzschnell aus dem Weg geräumt, um einem zu erahnenden Ende Platz zu machen. Einige Entwicklungen, charakterlich wie auch vom Verlauf her, verliefen einfach zu rasch. Somit wird dem zuvor sorgfältig aufgebauten Zauber Indiens einen Teil seiner Magie geraubt, was manchen Leser enttäuschen könnte.
Dennoch schafft es Jefferies, den Leser in die wundervoll farbenprächtige Welt Indiens zu locken. Der flüssige Schreibstil garantiert einen tollen Lesefluss, auch wenn man zu anfangs etwas Zeit benötigt, um die ganzen (Orts-)Namen in Erinnerung zu behalten. Als etwas störend können auch die schnellen Kapitel- und Handlungssprünge zu anfangs empfunden werden, was jedoch im Verlauf des Buches besser wird. Sehr schön wird im ersten und zweiten Teil in die Handlung eingeführt, sodass man im dritten Teil eine Spannung spürt, die wie die Ruhe vor dem Sturm wirkt, welcher im vierten Teil losbricht.
Alles in allem ein gelungener Roman für warme Sommertage, der die Sehnsucht nach Indien weckt! Man kann die Gerüche von Ingwer und Kardamom beinahe riechen, sieht sich allerdings auch mit der harten, strengen Kultur Indiens konfrontiert. Eine schöne Liebesgeschichte mit gerissenen Intrigen, die zwar Einiges, aber nicht alles erahnen lassen. Einziges Manko ist das zu rasche Ende, das noch einige Sätze mehr verdient hätte.
Für Leser, die sich nach fernen Ländern sehnen und eine unterhaltsame Liebesgeschichte mit Konfrontationen genießen möchten.