Späte Liebe?
Die letzte Pirsch„Wer bringt sich denn in dem Alter noch um? Das rentiert sich doch nimma!“ (S. 89) meint Aufsichtsjäger Sepp Flattlacher, als er vom Selbstmord von Gerfried Ragger (85) hört. Eigentlich könnte ihm der ...
„Wer bringt sich denn in dem Alter noch um? Das rentiert sich doch nimma!“ (S. 89) meint Aufsichtsjäger Sepp Flattlacher, als er vom Selbstmord von Gerfried Ragger (85) hört. Eigentlich könnte ihm der egal sein, aber Irmi (Irmgard Leitner) die neue Obfrau des Jagdvereins, war mit dem Toten verwandt und bittet ihn um Hilfe, denn sie meint, es war Mord!
Genau so sieht es auch Polizist Martin, aber seine Kollegen glauben ihm nicht und die Obduktion des Toten ergibt nichts Ungewöhnliches. Doch Gerfried hatte kurz zuvor bei der Polizei angerufen und gemeldet, dass er sich von seiner eigenen Familie bedroht fühlt. Allerdings bilden sich die Kollegen der Polizeiinspektion gerade im Umgang mit Demenzkranken weiter und Gerfried passte genau in das Raster ...
„Die letzte Pirsch“ ist schon der dritte Krimi von Alexandra Bleyer rund um den grantigen Aufsichtsjäger Sepp Flattlacher. Da ihr Mann selber Jäger ist, weiß sie genau, wovon sie bei den Jagdszenen und Sitzungen des Jagdvereins schreibt.
Sepp hat es dieses Mal besonders schwer. Er schießt auf der Jagd daneben (am Gewehr liegt’s aber nicht, meint der WaffenDoc), jemand legt in seinem Revier Apfeltester aus, um das Wild anzulocken, und außerdem macht sich der „schleimige“ Anwalt / Jagdbruder Dr. Mayerbrugger an Irmi ran. Dabei liebt Sepp die Streitgespräche mit ihr inzwischen doch so sehr!
Auch Polizist Martin hat an dem Fall zu knabbern. Die Familie des Toten ist ihm nicht geheuer, wirkt bei den Befragungen eiskalt. „Andere Familien haben die Leichen im Keller, bei uns hängen sie hålt am Baum.“ (S. 148). Allerdings kommt er Dank Irmi bald dahinter, dass die Ursache des Ganzen wahrscheinlich in der Vergangenheit liegt. Doch die Betroffenen schweigen: „Nur a Gulasch wird besser, wenn man´s aufwärmt.“ (S. 123)
Privat gibt´s bei Martin auch so einige Probleme. On/Off-Freundin Bettina ist gerade mal bei ihm eingezogen, schon fragen ihre Eltern nach Hochzeit, Hausbau und Kindern.
Diesmal greift Alexandra Bleyer sehr kontroverse Themen auf. Es geht u.a. um Demenz und den Umgang der Gesellschaft bzw. der Familien mit „ihren Alten“. Gibt man sie in ein Heim, wo sich Fremde liebevoll um sie kümmern oder ziehen sie ins Auszugsstiberl und kapseln sich so von allem ab? Beides ist für die Betroffenen leidvoll. Auch die Erbfolge auf den kleinen Höfen und deren Folgen wird ausführlich behandelt. Durch diese schweren Themen fehlte mir die Leichtigkeit, die in den Vorgängerbänden herrschte. Zudem waren mir der Täter ist und sein Motiv zu schnell klar.
Trotzdem ist Sepp an sich wieder sehr unterhaltsam und nimmt zur Belustigung des Lesers so ziemlich jedes Fettnäpfchen mit. Sei es, dass er Irmi Wechseljahresbeschwerden unterstellt oder Kinder über den Weihnachtsmann aufklären will – da bleibt kein Auge trocken. Ich bin schon sehr gespannt auf Sepps nächstes Abenteuer und hoffe, dass er und Irmi sich noch näher kommen ...
PS: Wer wie ich nicht der Kärntener Dialekts mächtig ist, dem lege ich das Glossar ans Herz.