Das traurige Schicksal einer Jüdin
Am Sterbebett gibt Jacobina ihrem jüdischen Vater das Versprechen, seine ihr bis dahin verschwiegene weitere Tochter Judith zu suchen. Diese und deren Mutter hatte er in den 30er Jahren in Paris verlassen, ...
Am Sterbebett gibt Jacobina ihrem jüdischen Vater das Versprechen, seine ihr bis dahin verschwiegene weitere Tochter Judith zu suchen. Diese und deren Mutter hatte er in den 30er Jahren in Paris verlassen, um in seine rumänische Heimat zurückzukehren. Doch erst im Jahr 2006, als Jacobina selbst alt und krank ist, besinnt sie sich ihres Versprechens und erhält Hilfe bei der Suche nach der Halbschwester von der Pariserin Béatrice, die sich ehrenamtlich um Jacobina kümmert. Deren Recherchen ergeben nach und nach, wie es Judith als Jüdin in dem von Deutschen besetzten Paris ergangen ist. Abwechselnd wird in die Zeit um 1940 in Paris zurückgeblendet, aus der Judith als Ich-Erzählerin schildert, und in die Gegenwart des Jahres 2006, in der von Béatrice Bemühungen erzählt wird sowie auch von ihrem problembelasteten Berufs- und Privatleben.
Die Autorin verarbeitet in diesem Roman einen Teil der Familiengeschichte ihres Mannes. Er ist sehr lehrreich, bringt er uns doch ein düsteres Kapitel der deutschen Geschichte während des Nationalsozialismus nahe, das manchem vielleicht gar nicht so bewusst war – auch in dem von Deutschen besetzten Frankreich gingen die Besatzer und ihre Kollaborateure erbarmungslos gegen die jüdische Bevölkerung vor. Sprachlich lässt sich der Geschichte gut folgen, und dass abwechselnd auf zwei Zeitebenen erzählt wird, macht alles umso interessanter. Die Autorin hat gut recherchiert. Ich hatte bis dato gar keine Vorstellung davon, wie viele Möglichkeiten es doch gibt, das Schicksal von deportierten und vermutlich in Konzentrationslagern umgekommenen Juden aufzuklären. Als interessanten Aspekt sehe ich es, dass die eine Protagonistin Béatrice als Pressereferentin bei der Weltbank in Washington tätig ist und auf diese Weise Kenntnisse über diese Institution vermittelt werden. Nicht ganz so überzeugend fand ich, dass es doch zu viele glückliche Fügungen und Zufälle bei der Suche nach Judith gibt. Auch das Liebesleben von Béatrice war zu dick aufgetragen.
Auf jeden Fall ein lesenswertes Buch und ein wichtiger Beitrag, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.