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Veröffentlicht am 12.09.2018

Etwas langatmiger spannungsarmer Roman über eine sonderbare Kindesentführung

Das Mädchen, das rückwärts ging
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Die achtjährige Carmel ist mit ihrer Mutter Beth bei einem Märchenfestival, ist aber schon bald so genervt von ihrer übertriebenen Fürsorge, dass sie sich vor ihrer Mutter versteckt.
Beth sucht verzweifelt ...

Die achtjährige Carmel ist mit ihrer Mutter Beth bei einem Märchenfestival, ist aber schon bald so genervt von ihrer übertriebenen Fürsorge, dass sie sich vor ihrer Mutter versteckt.
Beth sucht verzweifelt nach ihr, aber niemand hat das Mädchen im roten Mantel gesehen. Die geschiedene Beth macht sich schwere Vorwürfe, gibt sich die Schuld am Verschwinden ihrer verträumten, etwas altklugen Tochter. Durch den Verlust kommt es zu einer freundschaftlichen Annäherung mit ihrem Exmann Paul, der ihr Halt gibt. Nach einer Phase des sozialen Rückzugs und der Verzweiflung bis hin zu einem Selbstmordversuch kommt Beth wieder zu sich und erlernt den Beruf der Krankenschwester. Auch Jahre später hat sie die Hoffnung nicht aufgegeben, ihre Tochter wiederzufinden.

Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht von Beth und Carmel geschrieben, so dass man als Leser weiß, was mit der Achtjährigen passiert ist. Die Entführung gleicht einem Roadtrip mit einer neuen Familie durch die USA.

Das Buch beginnt düster im nebligen Norfolk, wobei die Spannung vor allem dadurch aufgebaut wird, dass der Hintergrund der Entführung - ohne Spuren für die Polizei, ohne Leiche und ohne Lösegeldforderung - zunächst unklar ist. Die Verzweiflung von Beth und ihre Reaktionen auf das Verschwinden ihrer Tochter ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Auch hat mir gefallen, dass sie sich mit ihrem Exmann annähert, ohne dass amouröse Gefühle zwischen den beiden aufkamen.

Die Erzählungen aus Sicht von Carmel empfand ich als zu erwachsen für ihr Alter, auch wenn sie von Beginn als sehr reif dargestellt wurde. Die Beschreibung des Umhervagabundierens mit ihrer neuen Familie war mir zu lang, der Grund für die Entführung etwas absurd und vor allem völlig unerwartet. In der Regel mag ich es, wenn mich ein Buch überraschend und ein Handlungsverlauf nicht vorhersehbar ist, zu dieser Thematik um übersinnliche Kräfte, Sekten und religiösen Fanatismus konnte ich allerdings keinen Bezug finden. Hier hätte ich mir gewünscht, wenn die Autorin mehr auf die Person des Entführers, einer Art Prediger, eingegangen wäre, als auf seine Gebrechen und die ungewöhnliche Reise mit Carmel. Weniger langatmige Ausführungen und etwas mehr Hintergrundinformationen zu der Philosophie des Predigers und seiner Anhänger hätten dem Roman mehr Spannung und Stringenz verleihen kennen.

Veröffentlicht am 10.09.2018

Zwischen Trauma und Wahnsinn - späte Entwicklung zum Psychothriller und dann vorhersehbar ohne Aha-Effekt

Was ihr nicht seht
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Kate ist Kriegsreporterin aus Großbritannien, die zuletzt aus Aleppo in Syrien berichtet hat. Nach dem Tod der Mutter kehrt sie in ihre Heimat England, nach Herney Bay, zurück. Sie ist entsetzt über den ...

Kate ist Kriegsreporterin aus Großbritannien, die zuletzt aus Aleppo in Syrien berichtet hat. Nach dem Tod der Mutter kehrt sie in ihre Heimat England, nach Herney Bay, zurück. Sie ist entsetzt über den Zustand ihrer jüngeren Schwester, die derart dem Alkohol verfallen ist, dass sogar ihre Tochter Hannah bereits vor fünf Jahren die Flucht ergriffen und den Kontakt eingestellt hat. Ehemann Paul fügt sich scheinbar in sein Schicksal und kümmert sich um Sally, ohne ihr tatsächlich zu helfen.

Rachel hat in Syrien Schreckliches erlebt und leidet unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie hat immer wieder Bilder vor Augen und Stimmen im Kopf. Unter dem Einfluss von Medikamenten und Alkohol, die sie in rauen Mengen konsumiert, kann sie bald nicht mehr unterscheiden, was Einbildung und was Realität ist. So kommt es zu ihrer Festnahme, als sie bei den Nachbarn ihrer Mutter Hausfriedensbruch begeht, da sie meint, einen kleinen Jungen gehört und gesehen zu haben, der dort festgehalten und misshandelt werden soll. Die junge Irakerin nebenan hat allerdings gar keinen Sohn...

Der Roman ist in drei Teile untergliedert. Der längste erste Teil handelt von Rachel, ihrer Rückkehr nach England, ihrer Ingewahrsamnahme und Verhör durch die Polizei. Der zweite Abschnitt ist aus Sicht von Sally geschildert und zeigt ihre Flucht in den Alkohol, um Erinnerungen an ihre Kindheit und ihre Tochter Hannah zurückzudrängen, die sie viel zu früh als Teenager geboren hat.
Beide Frauen haben in der Vergangenheit unter ihrem alkoholabhängigen und gewalttätigen Vater gelitten, so dass ihre gegenwärtigen Zustände nur als logische Konsequenz ihrer Sozialisation erscheinen.

Rachel - zwischen Trauma und Wahnsinn, unter dem Einfluss von Alkohol, Antidepressiva und Schlafmitteln - ist es auch für den Leser nicht einschätzbar, was Erinnerungen an die Kriegsschauplätze sind, von denen Rachel berichtet hat und was sich tatsächlich nebenan in Herny Bay ereignet. Sally ist zwar benebelt vom Alkohol, hat den Bezug zur Realität aber noch nicht verloren.

Die Schwestern sind keine Sympathieträgerinnen und ich fand es phasenweise anstrengend, immer wieder über ihre Alkoholexzesse und Medikamentenmissbrauch zu lesen. Spannung kam dann auch erst im zweiten Teil auf, als Sally durch die Sorge um ihre Schwester, die wieder nach Syrien zurückgekehrt ist und dort nach einem Bombenanschlag vermisst wird, aus ihrer Lethargie erwacht und Nachforschungen zu den Nachbarn ihrer Mutter anstellt. Im dritten Teil überschlagen sich die Ereignisse; es ist der Showdown, während dem die jüngsten Ereignisse etwas ernüchternd unspektakulär und, für erfahrene Krimileser schon länger vorhergesehen, aufgeklärt werden.

Während der erste Teil den Leser bewusst im Dunkel tappen lässt und sehr ausführlich Rachels Traumata schildert, erzeugte der zweite Teil zwar mehr Spannung und das Buch entwickelte sich endlich zum Psychothriller, jedoch sind die daran anschließenden Ereignisse zu vorhersehbar, die Auflösung menschlich schockierend, aber ohne Wow-Effekt.
Das seelische Leid, das die beiden Schwestern ertragen mussten - sei es in der Beziehung zu Mutter, Vater oder (Ex-)partnern - war mir in der Kombination mit Rachels posttraumatischen Belastungsstörungen aufgrund ihrer Tätigkeit als Journalistin an Kriegsschauplätzen - einfach zu viel Drama.

Veröffentlicht am 01.09.2018

Dramatische Liebesgeschichte vor historischer Kulisse - für meinen Geschmack etwas übertrieben tragisch und zu vorhersehbar

Das Mädchen im roten Kleid
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Ein Soldat, dem man den Namen Tom Jones gegeben hat, befindet sich nach Ende des Ersten Weltkrieges in einem Krankenhaus und hat aufgrund eines Schützengraben-Traumas keine Erinnerung mehr an die Zeit ...

Ein Soldat, dem man den Namen Tom Jones gegeben hat, befindet sich nach Ende des Ersten Weltkrieges in einem Krankenhaus und hat aufgrund eines Schützengraben-Traumas keine Erinnerung mehr an die Zeit vor seinem Einsatz in Ypern/ Westflandern.

Im Krankenhaus lernt er Eden Valentine kennen, die im Schneideratelier ihres Vaters arbeitet und einen Anzug ausliefert. Der junge Soldat erinnert sie an ihren verstorbenen Bruder Daniel und sie hat Mitleid mit ihm, weshalb sie ihm hilft, das Krankenhaus heimlich zu verlassen, um abseits des Traumas ein neues eben anzufangen. Die beiden verlieben sich ineinander, Eden ist aber bereits seit ihrer Kindheit Benjamin Levi, der befreundeten jüdischen Familie versprochen.

Alexander Wynter ist der Erbe eines Industrie-Imperiums und des Landsitzes Larksfell Hall. Als seine Familie in Trauer um den verstorbenen Vater ist, überrascht er sie mit unerwartet positiven Nachrichten und fügt sich wenig später schicksalsergeben in die Heirat mit einer entfernten Cousine ein, die er mag, aber nicht liebt.

Der Roman spielt im Nachkriegs-London sowie im idyllischen Sussex von 1918 bis in die 1920er-Jahre und verbindet die Schicksale von Tom, Edie und Alex. Er handelt von zwei Liebenden, die sich unter widrigen Umständen begegnen, alles riskieren,um zusammen sein zu können und durch einen Schicksalsschlag wieder auseinandergerissen werden.
Es ist eine Geschichte voller Leidenschaft und Dramatik, die mir an den entscheidenden Wendepunkten zu klischeehaft und gefühlsduselig war. Mir ging auch die Liebesgeschichte von Edie und Tom - vom Kennenlernen bis zum Heiratsantrag innerhalb weniger Tage - zu schnell. Dagegen wurden andere Nebensächlichkeiten wie die neue Frisur Edies oder die Rasur Toms vergleichsweise episch ausgeführt. Weiterhin störte mich, dass für diese junge Liebe mit so einer Leidenschaft gekämpft wurde, während sich mit allen anderen Schicksalsschlägen zu schnell abgefunden wurde. So hinterfragt Tom nach seiner Flucht aus dem Krankenhaus seine eigene Identität nicht mehr und Edie gibt nach dem Verlust zweier geliebter Menschen zu schnell auf, ohne nach der Wahrheit zu suchen.

Auch wenn die Schicksale der Charaktere aufgrund der Dramatik und der schier unüberwindbaren Hürden, mit denen die Protagonisten konfrontiert werden, berühren und es bis zum Schluss spannend bleibt, nicht ob, sondern wie Edie und Tom wieder zueinander finden, empfand ich den Roman als eine etwas unausgeglichene Mischung aus ermüdenden Beschreibungen von Banalitäten und übertriebener Melodramatik in den entscheidenden Momenten.
Wer dramatische Liebesgeschichten vor historischer Kulisse liebt und sich für Design und Mode interessiert, wird dieser Roman sicher gefallen, sollte allerdings nicht schon den Roman "Gefundene Jahre" ("Random Harvest") von James Hilton kennen, da sich die beiden Romane doch sehr ähneln...

Veröffentlicht am 27.08.2018

Zu oberflächlich - blieb hinter meinen Erwartungen an einen Roman über eine besondere Frauenfreundschaft zurück

Die Frauen von Long Island
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Maggie ist alleinerziehende Mutter einer zweijährigen Tochter und arbeitet als Putzfrau in New York. Überraschend hat sie ein Haus in Sag Harbor, in den Hamptons, von ihrer Freundin Liza geerbt, zu der ...

Maggie ist alleinerziehende Mutter einer zweijährigen Tochter und arbeitet als Putzfrau in New York. Überraschend hat sie ein Haus in Sag Harbor, in den Hamptons, von ihrer Freundin Liza geerbt, zu der sie nach einem Streit seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Das Haus wird noch von Lizas Mutter, der 82-jährigen Edith bewohnt, die an Alzheimer erkrankt ist.
Maggie zieht mit Töchterchen Lucy bei ihr ein und nach anfänglichen Startschwierigkeiten nähern sich die beiden Frauen, die den Suizid der manisch-depressiven Liza noch nicht begreifen können, an und helfen einander, unausgeräumte Konflikte zu bewältigen und ihre jeweilige Vergangenheit aufzuarbeiten.

Zu Beginn war die Abneigung Ediths gegenüber Maggie sehr deutlich zu spüren. Als diese jedoch stürzt und verletzt auf Hilfe angewiesen ist, arrangieren die beiden sich sehr schnell miteinander und vertrauen der jeweils anderen ihre Probleme der Vergangenheit an, über die sie sonst mit noch niemandem gesprochen haben. Mir ging diese Öffnung zu schnell und auch die Konflikte, die seit Jahren bestanden, wurden sehr schnell als gelöst abgewickelt. Beide suchen die Nähe zu Personen, von denen sie meinen, etwas schuldig zu sein und erleichtern sich ihre Gewissen. Ich vermisste einen intensiveren Diskurs mit den Geistern ihrer Vergangenheit und eine emotionale Tiefe bei ihrer Auseinandersetzung.
Darüber hinaus empfand ich das Geplapper der kleinen Lucy sehr anstrengend. Statt viele Worte mit den Zwischenrufen der sehr reif wirkenden Zweijährigen zu verschwenden, hätte ich mir mehr Raum für den Rest der Geschichte gewünscht. So war der eigentlich malerische Ort in den Hamptons nicht spürbar von Belang und auch die Alzheimererkrankung von Edith nur eine Randnotiz. Auch der Selbstmord von Liza blieb bis zum Ende rätselhaft. Selbst wenn man ihre Depressionen als Grund heranzieht, hätte mich interessiert, warum sie ausgerechnet zum gegenwärtigen Zeitpunkt ihrem Leben ein Ende setzte.

Der Roman hat sein Potenzial für mich nicht ausgeschöpft und blieb hinter meinen Erwartungen an einen Roman über eine besondere Frauenfreundschaft vor einem tragischen Hintergrund zurück.

Veröffentlicht am 24.08.2018

Die magische Wirkung von Blumen lassen Poppy und den gesamten Ort St. Felix wieder aufblühen - etwas kitschig statt zauberhaft

Rosies wunderbarer Blumenladen
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Die 30-jährige Poppy erbt nach dem Tod der Großmutter ihr Blumengeschäft "Daisy Chain" in Cornwall. Poppy ist das schwarze Schaf der Familie und hat sich bisher nie für die Geschäfte der Floristen-Familie ...

Die 30-jährige Poppy erbt nach dem Tod der Großmutter ihr Blumengeschäft "Daisy Chain" in Cornwall. Poppy ist das schwarze Schaf der Familie und hat sich bisher nie für die Geschäfte der Floristen-Familie Carmichael interessiert, sogar eine regelrechte Phobie vor Schnittblumen.
Als sie jedoch nach St. Felix gelangt, ohnehin arbeitslos und ohne einen engeren Freundeskreis, wird sie warmherzig in die Gemeinschaft des Ortes aufgenommen, die von Rosie und der Magie ihres Blumenladens schwärmen. Trotz trauriger Erinnerungen fühlt sich Poppy so wohl, dass sie beschließt zu bleiben und den Einwohnern zuliebe das Geschäft wieder als Blumenladen zu eröffnen. Unterstützung erhält sie dabei von Jake, der schon Rosie mit Blumen beliefert hat, aber auch von Amber, einer Floristin aus New York, die Poppys Mutter nach St. Felix geschickt hat.

Poppy wirkt auf den ersten Blick unnahbar und mit ihrer düsteren Kleidung alles andere als für einen bunten Blumenladen geeignet. Schnell wird dem Leser klar, dass mehr hinter Poppys Abneigung gegenüber Blumen und ihrer Angst vor Menschenansammlungen stecken muss. Ein trauriges Erlebnis aus ihrer Vergangenheit in St. Felix scheint sie nie überwunden zu haben und seit Jahren zu quälen, dass selbst Therapien bisher für keine Abhilfe sorgen konnten. Aus Angst vor Schmerz wagt sie es nicht, sich anderen Menschen zu öffnen und nah an sie heranzulassen, aber möglicherweise kann die Magie von Rosies Blumenladen, an die die Einwohner von St. Felix fest glauben, auch bei Poppy seine Wirkung zeigen und für die Linderung ihres Traumas sorgen.

Lange bleibt verborgen, was Poppy aus der Vergangenheit quält, was aber nur dafür sorgt, dass die Spannung künstlich erzeugt wird. Poppy hatte bisher nie Ambitionen, in die Fußstapfen ihrer Ahnen zu treten und galt als die Rebellin in der Familie. Mit diesem Hintergrund fügt sie sich für mich viel zu schnell und selbstverständlich in St. Felix ein und auch das Zusammenleben mit Amber klappt für die Einzelgängerin reibungslos.
Die Autorin verwendet eine bildhafte Sprache, was bereits durch die Namensgebung "St. Felix ("Glück"), Rose oder Poppy (Mohnblume) deutlich wird.
Der Roman bietet eine nette Unterhaltung in einem malerischen Küstenstädtchen mit unvoreingenommenen, hilfsbereiten Menschen. Dabei ist die Geschichte, in der nicht nur Pflanzen, sondern auch Tiere wie Jakes Äffchen Miley oder Rosies älterer Basset Hound Basil eine wichtige Rolle spielen, allerdings recht kitschig.
Die symbolhafte Bedeutung der Blumen, ihre "viktorianische Sprache", die Magie entstehen lassen kann, hat mir gut gefallen. Der Zauber des Blumenladens und die Wirkung der von Amber gebundenen Blumensträuße hätten dabei noch mehr Raum einnehmen können, stattdessen entwickelte sich eine etwas abenteuerliche Geschichte um eine alte Fehde, Neid und Missgunst aus der Vergangenheit, die Poppy smart aufklärte.

"Rosies wunderbarer Blumenladen" ist eine süße Geschichte über einen Neuanfang, die nicht ganz so vorhersehbar war wie zunächst angenommen, die mir insgesamt aber etwas zu glatt verlaufen ist und mit Poppy, Amber und Jake zu viele traumatisierte Personen auf einmal aufeinander treffen.