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Veröffentlicht am 29.10.2018

Buntes Durcheinander

Teufelsweiber
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Der Ansatz dieses Buches ist löblich. Carina Heer möchte anhand 100 ausgewählter „Teufelsweiber“ beweisen, dass Frauen keinesfalls das schwache Geschlecht sind, sondern durchaus in der Lage, die Welt auf ...

Der Ansatz dieses Buches ist löblich. Carina Heer möchte anhand 100 ausgewählter „Teufelsweiber“ beweisen, dass Frauen keinesfalls das schwache Geschlecht sind, sondern durchaus in der Lage, die Welt auf den Kopf zu stellen. Bei gut 300 Seiten haben wir pro vorgestellter Frau drei Seiten lang Gelegenheit, ihre spezielle Geschichte zu lesen, uns von der Autorin überzeugen zu lassen, warum gerade dieses Weib des Teufels sei und zu den 100 Auserwählten dieses Buches zählt.

Von der biblischen badenden Susanna bis zu Malala Yousafzai entfaltet die Autorin einen bunten Fächer ausgewöhnlicher Frauenschicksale. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die gerade diese Frau in die Geschichte eingehen ließen. Die badende Susanna wurde zum Sinnbild der keuschen Unschuld, der niemand Glauben schenkte, außer dem Propheten Daniel. Die Parallelen zu heutigen Vorwürfen, missbrauchte Frauen trügen zumindest eine Mitschuld, sind unverkennbar. Malala Yousafzai ist die mit Abstand jüngste Friedensnobelpreisträgerin der Geschichte. Sie wollte nur zur Schule gehen, obwohl die Taliban ihr und allen anderen Mädchen dieses Recht verwehrten. Zwei bewegende Schicksale, die für mich eines gemeinsam haben - der Oberbegriff „Teufelsweiber“ passt für beide nicht, ist unglücklich gewählt als Titel dieses Buches.

Kaiserin, Politikerin, Bankräuberin, Piratin, Widerstandskämpferin, Mathematikerin, Terroristin, Päpstin, Spionin ... Frauen können alles sein. Das beweist dieses Buch und dafür mag ich es. Kurzweilig und unterhaltend ist es allemal. Drei Seiten lese ich gern mal eben zwischendurch und fühle sich danach mit der Geschlechtsgenossin verbunden oder auch nicht.

Über die Auswahl bzw. Nichtauswahl bedeutender weiblicher Persönlichkeiten will ich nicht diskutieren. Selbst wenn Carina Heer tausend Schicksale beschrieben hätte, wäre das Bild “der Frauen“ immer noch unvollständig. Was mich wirklich stört, ist der ungeordnete Aufbau des Buches. Es gibt keinen roten Faden. Keine zeitliche Reihenfolge, ja nicht einmal ein alphabetisches Register. Um herauszufinden, ob beispielsweise Nina Hagen oder Marie Courie in diesem Werk Platz gefunden haben, muss man schon das komplette Inhaltsverzeichnis aufmerksam durchgehen. Es ist übrigens nur eine der beiden darin zu finden. Die von mir sehr geschätzte Coco Chanel hat es auch in dieses Buch geschafft. Allerdings nur auf einen Satz reduziert und als schlechtes Beispiel in der vorangestellten Zitatensammlung „Über Frauen“. Schade. Aber auch symptomatisch für das Gefühl, das dieses Buch bei mir hinterlässt. Tolle Idee, Umsetzung weniger geglückt.

Fazit: Historische und aktuelle Schicksale außergewöhnlicher Frauen gut recherchiert und kurzweilig aufbereitet. Leider auch chaotisch, ohne Register und zeitliche Ordnung. 3***

Veröffentlicht am 29.08.2018

Halb Roman, halb Biografie und doch kein Ganzes

Gabriele Münter
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Gabriele Münter, geboren 1877 in Berlin. Obwohl es für Frauen zu ihrer Zeit verboten war, an der Kunstakademie zu studieren, erfüllte sie sich ihren Traum und lernte die Grundlagen, das „Handwerk“ an der ...

Gabriele Münter, geboren 1877 in Berlin. Obwohl es für Frauen zu ihrer Zeit verboten war, an der Kunstakademie zu studieren, erfüllte sie sich ihren Traum und lernte die Grundlagen, das „Handwerk“ an der Phalanx, einer privaten Kunstschule, wo auch Kandinsky lehrte. Ihre Herkunft aus reichem Fabrikantenelternhaus und verständnisvolle ältere Geschwister ermöglichten ihr dieses. Gabriele Münter, auch Ella genannt, hatte großes Talent, ein Gefühl für das Wesentliche, das sie auf ihren eindrucksvollen Bildern festhielt. Wassili Kandinsky erkannte und förderte dies nicht nur, er verliebte sich in Ella, beide waren über 15 Jahre ein Paar. Trotz der Vorteile, die Gabriele Münter aus dieser Verbindung zog (z.B. Zugang zu anderen Künstlern und Galerien, Mitbegründerin des „Blauen Reiters, usw.) blieb Münter während dieser Beziehung immer im Schatten Kandinskys. Wie sehr sie emotional und in ihrer Kreativität von Kandinsky abhängig war, zeigte die jahrelange Schaffenskrise, in die Gabriele Münter nach der für sie schmerzhaften Trennung stürzte. Erst mit Hilfe ihres neuen Gefährten Johannes Eichner, Kunsthistoriker, fand sie wieder zur Malerei zurück und wurde eine eigenständige Künstlerin.

Das Buch will eine Romanbiografie sein und ist somit beides - Roman und Biografie - nur halb. Für einen Roman mit so vielen Fakten gespickt, dass diese in der Geschichte untergehen. So sehr ich die Akrebie bewundere, mit der diese vielen kleinen Puzzleteile zusammengetragen wurden - Briefzitate, Daten, Personen - hätten viele Hintergründe, wie Geburtsdaten der zahlreichen Personen und Künstler, denen Gabriele Münter während ihres Lebens begegnete, für mich besser in ein leider nicht vorhandenes Personenverzeichnis im Anhang gepasst. Verwirrend fand ich die Sprünge zwischen den verschiedenen Zeitformen der Erzählung. Größtenteils Vergangenheit, dann plötzlich ein Absatz in der Gegenwart, ohne für mich erkennbaren logischen Grund, oder gar Zukunft (... dann und dann würde sie das und das getan haben). Einfach zu lesen ist dieses Buch nicht. Es enthält 15 schwarzweiße Abbildungen, historische Fotos von nicht bester Qualität, die auf dem verwendeten Papier des Buches noch an Aussagekraft verlieren. Ich kam nicht umhin, parallel nach Bildern zu googeln.

Fazit: Gabriele Münter war eine faszinierende Künstlerin, die es verdient hat, dass man sich an sie erinnert. Dieses Buch hat trotz der beschriebenen Schwierigkeiten mein Interesse an ihr geweckt. Es gibt auf dem Markt allerdings leichtere Zugangswege zum Leben und Werk dieser Frau. 3***

Veröffentlicht am 25.06.2018

Weder Krimi noch Psychodrama

Trügerische Nähe
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Zwei befreundete Paare Mitte 40 ziehen gemeinsam von Berlin hinaus aufs Land auf einen restaurierten Bauernhof. Ein Bauerngarten, gemeinsame Mahlzeiten draußen unter der alten Buche, ein Badesee in nur ...

Zwei befreundete Paare Mitte 40 ziehen gemeinsam von Berlin hinaus aufs Land auf einen restaurierten Bauernhof. Ein Bauerngarten, gemeinsame Mahlzeiten draußen unter der alten Buche, ein Badesee in nur zweihundert Meter Entfernung ... Idylle pur, könnte man meinen. Doch dann kommt ein Gast und wirbelt all die negativen Gefühle auf - Eifersucht, Selbstzweifel, Neid, Misstrauen. Bereits der Prolog des Buches verrät, dass es am Ende eine Leiche geben wird.

Der Klappentext und der Button „Ein meisterhaftes Psychodrama“ auf dem Cover weckten mein Interesse für dieses Buch. Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, mit den Figuren warm zu werden, und das blieb leider auch so. Zwar wurde immer wieder die Perspektive gewechselt und abwechselnd aus Sicht der Hauptakteure erzählt, aber sie blieben für mich doch blass, ihre Motive nicht nachvollziehbar. Viele Hintergründe schienen mir unklar, manche sogar unlogisch. ACHTUNG SPOILER! z.B. Marlis - warum riss sie die Rosensträucher wieder raus? Und wieso blühen sie während der weiteren Erzählung trotzdem vor Noras Fenster? Wer kauft sich ein Pferd, wenn er nicht mal das Geld hat, der Tochter ein Bahnticket zu zahlen? Johannes, Alex, ihr Verhältnis zueinander. Waren sie jemals beste Freunde und falls nicht, warum ziehen sie dann zusammen? Die Zeitabläufe: Marlis Geburtstag, sie will nächsten Tag das Pferd holen. Tatsächlich holt sie es zwei Wochen später. Warum? Epilog: Erben, Verkaufen, Aus- und Einzug, Dorfbewohner von den neuen Besitzern schon auf einen Wein eingeladen ... alles in nur sechs Wochen? In Deutschland unmöglich. ENDE SPOILER

Die Hauptakteure blieben mindestens bis zur Hälfte des Buches so verwechselbar, dass ich immer wieder innehalten und mir die Konstellation klarmachen musste. Wer sind Livias, wer Lukas‘ Eltern? Das lag sicher auch daran, dass sie alle in ihrem Handeln inkonsequent blieben und niemand wirklich klar seine Motive verfolgte. Mit keiner der Figuren konnte ich mich identifizieren, sie blieben mir fremd. Dieses ganze Hin- und Her ihrer Gedanken, wer gerade wieder was über den Anderen dachte. Fast schon ein bisschen Kindergarten. Keiner kam auf die für mich naheliegenste Idee, sich zusammen unter die Buche zu setzen und die Dinge anzusprechen, jeder kochte sein eigenes Süppchen aus Vorurteilen, Misstrauen und Eigensinn.

Fazit: Auch wenn es eine Leiche gibt, weder die Bezeichnung „Krimi“ noch „Psychodrama“ wird diesem Roman gerecht. 3***

Veröffentlicht am 07.01.2018

Spannend mit offenen Fragen

Tickende Zeitbombe
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»Tickende Zeitbombe« ist der sechste Baccus-Borg Krimi der Saarländer Autorin Elke Schwab. Durch das zuvor gelesene Prequel »Gewagter Einsatz«, war ich mit den beiden Hauptfiguren bereits vertraut, was ...

»Tickende Zeitbombe« ist der sechste Baccus-Borg Krimi der Saarländer Autorin Elke Schwab. Durch das zuvor gelesene Prequel »Gewagter Einsatz«, war ich mit den beiden Hauptfiguren bereits vertraut, was den direkten Sprung zum 6. Fall der Reihe erleichterte. Es beginnt mysteriös - ein verunfallter Hausmeister, eine verschwundene Putzfrau, beide im selben Fitnessstudio. So kommen Lukas Baccus und Theo Borg wieder in Kontakt mit Lukas‹ altem Freund Dierk, dem Besitzer des Fitnessstudios und beginnen dort mit dem Training, zu dem sie auch noch den Staatsanwalt Renske mehr oder weniger mitschleifen. Es beginnt ganz harmlos, was sich bald zu einer lang geplanten Straftat ausweitet, in die unsere drei Fitnessneulinge mitten hineinstolpern. Bewaffnete Männer nehmen alle Besucher des Fitnessstudios als Geiseln. Zunächst ist überhaupt nicht klar, was die Geiselnehmer bezwecken, und auch ihre erste Forderung will nich so recht zu diesem Riesenaufgebot an krimineller Energie passen. Und wer steckt hinter den mysteriösen, von Gewaltphantasien strotzenden, wahnsinnigen Gedanken, die wir immer wieder kursiv gedruckt zwischen den Kapiteln lesen dürfen?

Die Geschichte hat ein paar sehr überraschende Wendungen und wartet am Ende mit einem sehr ungewöhnlichen Motiv für die Geiselnahme auf. Insofern blieb es bis zum Schluss spannend. Trotzdem ließ mich das Buch zwiegespalten zurück. Das Ermittlerduo Baccus/Borg scheint sich in den Jahren seit dem Prequel kaum weiterentwickelt zu haben. Immer noch sehr draufgängerisch, sich selbst in Gefahr bringend. Die Nebenfiguren konnten mich ebenfalls nicht ganz überzeugen: ihre Motive wurden zwar am Ende erklärt, ihre Wandlungen konnte ich jedoch nicht immer nachvollziehen. Der Staatsanwalt beispielsweise wurde als interessante Figur aufgebaut, nur um danach wieder in der Masse zu verschwinden. Pascal blieb mir ein Rätsel. Einige Wendungen und Ereignisse waren mir einfach zu krass, erst recht die Art des Umgehens damit. So würde das im wahren Leben nie ablaufen! Von wem die kursiven Gedanken stammten, hatte ich am Ende des Buches immer noch nicht verstanden bzw. falsch vermutet.

Fazit: Eine spannende Geschichte mit einigen offenen Fragen. 3***

Veröffentlicht am 26.09.2017

Teilweise ergreifend, aber zu viel Drumherum

Das Geschenk eines Sommers
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Clara lebt mit der Hoffnung, dass ihr geliebter Martin sich ganz zu ihr bekennen und dafür seine Frau verlassen wird. »Ich bin doch kein Friseurtermin«, beschreibt den Stand ihrer Beziehung am Anfang des ...

Clara lebt mit der Hoffnung, dass ihr geliebter Martin sich ganz zu ihr bekennen und dafür seine Frau verlassen wird. »Ich bin doch kein Friseurtermin«, beschreibt den Stand ihrer Beziehung am Anfang des Buches ziemlich treffend. Plötzlich jedoch verlieren Claras Liebesleben und sogar ihr Job an Bedeutung, denn ihre Mutter Ruth ist schwer erkrankt. Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium, Ruth bleibt nur noch dieser Sommer. Ich fand es unheimlich traurig, die lebenslustige, humorvolle Ruth am Rande des Sterbens sehen zu müssen. Ihr (schwarz-) humoriger Umgang mit der Situation gefiel mir. Ebenso, dass Clara Job und Beziehung hinten anstellt und den Sommer über nur für ihre Mutter da sein will. Interessant der unterschiedliche Umgang Ruths nächster Angehöriger mit der Diagnose. Trauriges Nichtloslassenwollen durch Nähe auf der Seite von Clara, Rückzug, Sprachlosigkeit, Verweigerung, Nichtwahrhabenwollen bei Ruths Ehemann. Beides extreme, aber menschliche Reaktionen.

Die Autorin spricht Vieles an, was den Alltag eines Krebskranken angeht. Sie beschreibt Ruths körperlichen Verfall so detailliert, dass es wehtut, umso mehr, wenn man weiß, dass eigenes Erleben der Anlass für dieses Buch war. Plötzlich verschieben sich Wertigkeiten im Leben, darüber lohnt es sich auch als gesunder Mensch nachzudenken. Bis dahin war ich voll gefangen von Ruths immer wieder Aufbegehren gegen die Krankheit, ihrem »Galgen-«Humor, Claras Schwanken zwischen Dankbarkeit für diese Nähe und Verzweiflung vor dem drohenden Verlust. Dann wurde es mir im Drumherum etwas zu viel des Guten. Der verschwiegene Tod von Ruths Eltern, der Bruder, die ehemals beste Freundin, Philipp, der Mister Perfekt in Weiß ... Für mich wäre Ruths Erkrankung und deren Auswirkung auf die Beziehung zur Tochter und zum Mann genug Stoff für dieses Buch gewesen, dazu Martin als Nebenfigur mit Klärungsbedarf. Ich hätte mich gern auf diese Konstellation konzentriert, den Hauptfiguren über die Schulter geschaut, wie sie diese Herausforderung meistern. Das wäre Drama genug gewesen, und ein Happy End erwartet wohl niemand bei so einer Geschichte.

Fazit: Teilweise ergreifend, aber zu viel Drumherum 3***

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