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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2018

Unbedingt lesenswert

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Irgendwie fällt es mir bei diesem Buch besonders schwer, meine Begeisterung in Worte zu fassen. Denke ich darüber nach, fällt mir selten mehr ein als "Unbedingt lesenswert!"

Allein das Setting dieser ...

Irgendwie fällt es mir bei diesem Buch besonders schwer, meine Begeisterung in Worte zu fassen. Denke ich darüber nach, fällt mir selten mehr ein als "Unbedingt lesenswert!"

Allein das Setting dieser Geschichte, der beginnenden Machtergreifung der Nazis bis hin zum zweiten Weltkrieg, weckt wahrscheinlich in jedem schreckliche Bilder (egal ob man diese Zeit noch am eigenen Leib erlebt hat oder später davon erzählt bekommen hat). Auf die Spitze getrieben wird diese Vorstellung durch die Überlegung, inwieweit sich die Geschichte geändert hätte, hätten die Menschen damals schon über die Macht des Komputers und des Internets verfügt.
Besonders anschaulich wird dies, da die Geschichte aus der Sicht zweier vollkommen gegensätzlicher Figuren erzählt wird, deren Wege sich am Knotenpunkt der Datensicherung und -sichtung kreuzen: dem Nationalen Sicherheitsamt.

Taucht man in die Geschichte ein, beginnt man schnell die eigentlich fiktiven Fragen a la "Welche gespeicherten Daten sind harmlose Daten?", "Wie können selbst die einfachsten Datensicherungen zum Mittel der Unterdrückung und vollkommenen Überwachung werden?", "Welche zur Zeit noch unwichtigen Daten können mir in der Zukunft zum Verhängnis werden?", "Wo geht Sicherheit in Kontrolle über?" in die Gegenwart zu transportieren und projiziert das Gelesene auf sein eigenes Kauf-, Mitteilungs- und Techniknutzungsverhalten.

Die Frage ist also: Wieviel Fiktion steckt eigentlich in Andreas Eschbachs "NSA" und sollten wir nicht etwas mehr Misstrauen vor dem gläsernen Menschen, unserer Offenherzigkeit im Umgang mit sozialen Medien und vernetzter Technik wie Alexa haben?

Das Buch ist grandios geschrieben, verbindet es doch perfekt Geschichte mit (noch?) Fiktion. Auch wenn einen die Anzahl der Seiten vielleicht erst einmal abschreckt, so kann ich doch sagen: keine davon ist zu viel!

Mit Helene und Eugen hat Herr Eschbach zudem zwei sehr authentisch wirkende Figuren geschaffen, die zwar nicht unbedingt Sympathie wecken, aber vielleicht doch das Verständnis für diese Zeit erleichtern. Sie treffen einen definitiv ins Herz, egal ob positiv oder negativ.

Fazit:
Wie ich schon anfangs sagte: Unbedingt lesen, mehr ist dazu nicht zu sagen!

  • Einzelne Kategorien
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  • Thema
  • Geschichte
  • Charaktere
  • Spannung
Veröffentlicht am 19.09.2018

Eröffnet neue Welten

Einkochbuch
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Selten war ich von einem Kochbuch so rundum beigestert.

Meistens findet man ein paar wenige tolle Rezepte in einem Buch, der Rest ist vernachlässigbar. Bei diesem Buch fällt es eher schwer, sich für eines ...

Selten war ich von einem Kochbuch so rundum beigestert.

Meistens findet man ein paar wenige tolle Rezepte in einem Buch, der Rest ist vernachlässigbar. Bei diesem Buch fällt es eher schwer, sich für eines der vielen außergewöhnlichen Rezepte zu entscheiden. Allein die Marmeladenrezepte klingen verführerisch, bringen sie doch in die althergebrachten Varianten Erdbeer, Kirsch und Apfel noch einen besonderen Touch und verleihen ihnen damit das gewisse Etwas. Mein geheimer Favorit ist eindeutig die Feurige Ananas mit Ingwer und Rosmarin!

Aber auch Rezepte zu herzhaften Soßen, Cremes und Dips, sowie Anleitungen für allerlei Flüssiges werden angeboten. Auch sehr hilfreich ist die kurze Einführung in das Thema Einkochen, inklusive Tipps zu Gerätschaften und Zutaten.

Besonders schön finde ich die Tipps zu Verwendung und Abwandlung, die einem zu jedem Rezept angeboten werden.

Einziges Manko sind für mich die relativ groß gewählten Mengenangaben. Sie sind für einen Zwei Personen-Haushalt nur wenig geeignet, lassen sich aber relativ leicht abwandeln.

Veröffentlicht am 30.08.2018

Spiegel vorgehalten

Die Hochhausspringerin
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Auf den ersten Blick scheint "Die Hochhausspringerin" eindeutig eine Dystopie zu sein:

In einer vollkommen auf maximale Leistung getrimmten Gesellschaft ist das oberste Ziel, die eigene Person der Allgemeinheit ...

Auf den ersten Blick scheint "Die Hochhausspringerin" eindeutig eine Dystopie zu sein:

In einer vollkommen auf maximale Leistung getrimmten Gesellschaft ist das oberste Ziel, die eigene Person der Allgemeinheit unterzuordnen. Es gibt Sportlerinnen wie Riva und andere Personen des öffentlichen Interesses, die sich zur Unterhaltung der Masse präsentieren. Und es gibt "Arbeitsbienen" wie Hitomi, die dafür sorgen, dass diese Menschen auch weiterhin funktionieren.

Als Riva, DIE eine Hochhausspringerin, plötzlich nicht mehr springt, wird Wirtschaftspsychologin Hitomi von Rivas Sponsoren engagiert, um ihre Investition zu schützen und das Produkt Riva wieder zum Laufen zu bringen.

Diese Erde der Zukunft, die Frau von Lucadou hier erschaffen hat, zeigt einen vollkommen gläsernen Menschen, der seinen Körper mithilfe von Aktivitätstracking und Achtsamkeitsübungen auf ein Maximum trimmt, um im Sinne der Wirtschaftlichkeit das beste zu leisten.

Anders als in anderen Dystopien ist diese Welt nicht politisch angetrieben, sondern wird vollkommen von der Wirtschaft bestimmt.

Was im ersten Moment wie eine gruselige, wenn doch auch weit entfernte Zukunft erscheint, weist von Kapitel zu Kapitel immer mehr Parallelen zu unserem heutigen Leben auf und hält uns so den Spiegel vor: auf diese Zukunft bewegen wir uns zu, wenn wir nicht bald die Bremse ziehen!

Die klaustrophobische Enge dieser Welt wird umso mehr durch den klaren, schnörkellosen Schreibstil der Autorin verdeutlicht: keine Ausflüchte durch Metaphern und beschönigende Formulierungen. Diese Welt bietet, ebenso wenig wie die Worte der Autorin, Platz für überflüssige, störende Emotionen. Die werden beim Leser dafür umso mehr im Kopf ausgelöst.

Fazit:
Für mich ein wirklich großartiges Stück Gegenwartsliteratur im Deckmantel der Fantatstik, der den Leser in Sicherheit wiegt, bis es ihn von hinten packt.

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  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Idee
Veröffentlicht am 30.08.2018

Eine Reise ins Ungewisse

Der Blumensammler
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"Der Blumensammler" erzählt aus dem Leben dreier Männer, deren Wege scheinbar keinerlei Berührungspunkte haben und sich doch in mancher Hinsicht ähneln.

Peter findet eines Tages in einem alten Wälzer ...

"Der Blumensammler" erzählt aus dem Leben dreier Männer, deren Wege scheinbar keinerlei Berührungspunkte haben und sich doch in mancher Hinsicht ähneln.

Peter findet eines Tages in einem alten Wälzer in der Bibliothek einen Liebesbrief, der die Angebetete mit seltenen Blumen vergleicht.

Dove erlebt die Erinnerungen eines Fremden, der um die habe Welt reist, immer auf der Suche nach seltenen Pflanzen.

Und Cole entdeckt den Flugschreiber eines lange verschollenen Flugzeugs im Bauch eines Wals.

Was diese Geschichten miteinander verbindet erfährt man erst im Laufe des Buches.
Bis dahin erlebt man drei Männer, die irgendwie fehl am Platze in der Gesellschaft wirken: sie haben Probleme, sich anderen Menschen zu nähern, ihre Gefühle auszudrücken und Kontakte zu knüpfen. Alle drei scheinen ihren sozialen Defiziten auszuweichen , indem sie sich in fremde Welten stürzen (seien es Forschungen, die welt der Blumen oder eine fremde Gedankenwelt).

Als kleiner Biologe war ich natürlich zu allererst von diesem bezaubernden Cover und dem Klappentext gefesselt- seltene Blumen zu entdecken klingt aber auch unheilich spannend!

Dass es aber eher eine Geschichte über die seltsamen und ungewöhnlichen Wege der Liebe ist, macht das Buch nur umso schöner.

Der Schreibstil trägt sein übriges dazu bei, dass dieses Buch zum puren Lesevergnügen wird. Er ist etwas skuril und kurios, enthält aber bezaubernde Metaphern, die den Blumen die schönsten Eigenschaften zuschreiben.

Fazit:
Man muss sich auf dieses Abenteuer einlassen, denn das Buch ist stellenweise nicht gerade leichte Kost. Man kann es eher wie ein Abenteuer sehen: wenn man den Mut aufbringt, ins Ungewisse zu starten, findet man am Ende die schönsten Überraschungen!

Veröffentlicht am 30.08.2018

Tragikomisch

Guten Morgen, Genosse Elefant
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Christopher Wilson hat mit Juri eine berührend lustige, einfache Figur geschaffen, die einem die Gräuel der sowjetischen Diktatur auf eine ganz besondere Weise nahe bringt.

Juri ist ein 12-jähriger Junge, ...

Christopher Wilson hat mit Juri eine berührend lustige, einfache Figur geschaffen, die einem die Gräuel der sowjetischen Diktatur auf eine ganz besondere Weise nahe bringt.

Juri ist ein 12-jähriger Junge, der mit seinem Vater im Zoo lebt und seit einem Unfall geistig etwas beeinträchtigt ist. Als Vorkoster für Stalin erlebt er dessen letzte Tage im Dunstkreise seiner engsten Vertrauten und weiß doch nie, wem er trauen kann.

Die Geschichte wird komplett aus Sicht des jungen Juri erzählt. Seine naive, gutgläubige Art und sein Unvermögen, die Hintergedanken und Wortspiele seiner Mitmenschen zu verstehen, machen dieses Buch zu etwas ganz Besonderem. Sie schildern das Leben in der Sowjetunion aus Sicht eines hilflosen, gestrandeten Kindes und machen die Erlebnisse damit umso reeler und unabwendbarer.

Für mich wurde das Lesevergnügen (denn das ist es trotz des ernsten Themas wirklich) dadurch umso eindringlicher, erfährt man doch die Machtlosigkeit und Tristesse durch Juris Augen umso schonungsloser.

Christopher Wilson gelingt dabei ein sehr unterhaltsames Spiel mit Worten und Metaphern, allein die vielen Namen, die er Stalin verpasst, ohne auch nur einmal seinen richtigen Namen zu nennen, machen wirklich Spaß. Man merkt, dass er ein Meister des humorösen Metiers ist und es weiß, dessen Wirkung gezielt einzusetzen.

Fazit:
Ein Buch, das unbedingt gelesen werden will und ein Protagonist, dem mit Leichtigkeit das Vertrauen und das Herz des Lesers zufliegt.