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Veröffentlicht am 30.08.2018

Eine Geschichte voller Geschichte

Königskinder
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Wie vertreibt man sich die Zeit, wenn man durch Eigenverschulden über Nacht im Schneetreiben liegen bleibt? Man erzählt sich eine Geschichte. Und so erzählt Max seiner Frau Tina, wie sich vor rund 240 ...

Wie vertreibt man sich die Zeit, wenn man durch Eigenverschulden über Nacht im Schneetreiben liegen bleibt? Man erzählt sich eine Geschichte. Und so erzählt Max seiner Frau Tina, wie sich vor rund 240 Jahren der Greyerzer Hirte Jacob in Marie verliebte, Tochter eines reichen Bauern. Und wie das Schicksal den beiden immer wieder Steine in den Weg legte, zueinander zu finden. Ähnlich den beiden Königskindern im Märchen.
Das Buch ist geschrieben wie eine Geschichte in einer Geschichte. Da ist zum Einen das Ehepaar Tina und Max, welches sich gern auf harmlose Art über Nichtigkeiten streitet und mich dabei ein wenig an Loriot erinnerte. Ein gelungenes Beispiel von "was sich liebt, das neckt sich". Und dann sind da Marie und Jacob, welche sich kurz vor der französischen Revolution ineinander verlieben, sich jedoch dank Maries Vater, der in Jacob lediglich einen Hirtentrampel sieht, immer wieder für längere Zeit aus den Augen, nicht jedoch aus dem Herzen verlieren.

"Schloss Versailles sieht aus wie abgebrannt. Und es riecht auch so. Wie ein abgebranntes Scheißhaus." (Zitat S. 108)

Die Geschichte um Marie und Jacob, welche Max als wahre Begebenheit verkauft, ist nicht nur sehr unterhaltsam erzählt, sondern vor allem auch mit wahren, historischen Ereignissen gespickt, welche teilweise mit ungewöhnlichen Details aufwarten. Zudem sind mir Marie und Jacob recht schnell sympathisch geworden, so dass ich ihr Schicksal zu den beginnenden Wirren der Französischen Revolution wirklich gerne las.
Eine sehr schöne, lebendige Geschichte um zwei Menschen, denen zu Beginn der französischen Revolution wie den Königkindern das Zusammensein lange Zeit nicht vergönnt war, versehen mit wundervollen, teils aussergewöhnlichen historischen Details.

Veröffentlicht am 28.08.2018

Vier Aussenseiter im Kampf gegen Bestie (und) Mensch

Bestias
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Mörderische Bestien kamen einst über die Welt und brachten den Tod für den Großteil der Menschheit. Davon berichten die Bestien-Chroniken, von mutigen Überlebenden aufgezeichnet. Einzig in der Stadt Kol ...

Mörderische Bestien kamen einst über die Welt und brachten den Tod für den Großteil der Menschheit. Davon berichten die Bestien-Chroniken, von mutigen Überlebenden aufgezeichnet. Einzig in der Stadt Kol lebt man durch eine magische Kuppel geschützt vor diesen Kreaturen, während ausserhalb der Stadt weiterhin Menschen ums Überleben kämpfen. Doch auch in der scheinbar sicheren Metropole ist das Leben nicht ungefährlich, denn der größte Feind ist immernoch der Mensch. Dies ist die Geschichte von vier Aussenseitern, welche im Kampf gegen das Böse antreten...
Bestias ist der erste Teil einer Trilogie um die Bestien-Chroniken. Nach und nach lernt man die Hauptfiguren kennen, deren Schicksale sich schon bald in der Metropole Kol kreuzen werden. Da wäre zum einen das Straßenkind Tarl, den man nicht nur als Leser einfach gern haben muss. Die Magistudentin Ceres, der ihr Stottern einen gewaltigen Strich durch die Karriere zieht. Barbar Balger, welcher ausserhalb von Kol lebt und schlauer ist als so manch ein Stadtbewohner. Und Magnus, bei dem die Schicksale der vier Helden schon bald zusammenlaufen. Sehr interessant fand ich, wie vor jedem Kapitel ein Auszug aus den Bestien-Chroniken nach und nach schilderte, wie alles begann, wie die Bestien das Grauen über die Menschen brachten und die Chronisten in die Stadt Kol flüchteten, in welcher sie sich anfangs sicher glaubten. Das war deutlich interessanter zu lesen als ein Prolog vorweg. Zudem fiel mir positiv auf, dass der Autor sich nicht allzu lang mit Beschreibungen der Umgebung aufhielt sondern vielmehr Andeutungen und Schlüsselworte benutzte, insbesondere, um geschickt eine Vorstellung der Stadt Kol im Kopf des Lesers entstehen zu lassen. Dies ist ihm für meinen Geschmack hervorragend gelungen, so dass Greg Walters sich mehr auf die Handlung statt auf die Beschreibung von Stadt und Land konzentrieren konnte. Und Handlung gibt es bereits im ersten Band jede Menge. Die vier Helden wachsen nach und nach zu einem Team zusammen und müssen mehrmals um ihr Leben bangen. Ebenso lernt man die verschiedenen Monsterarten kennen, wobei das fünfte Monster - neben dem Monster Mensch - das gefährlichste ist. Mir hat die Mischung aus Macht und Intrigen, Vertrauen und Verrat, Magie und Gefahr sehr gut gefallen und ich bin gespannt, was die Freunde im nächsten Teil der Trilogie erwarten wird.

Veröffentlicht am 16.08.2018

Wer ist der Fremde in meinem Haus?

DIE WAHRHEIT
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Sarah Petersen fällt aus allen Wolken, als sie die Nachricht erhält, ihr Ehemann sei gefunden worden. Vor sieben Jahren verschwand Philip Petersen spurlos während einer südamerikanischen Geschäftsreise, ...

Sarah Petersen fällt aus allen Wolken, als sie die Nachricht erhält, ihr Ehemann sei gefunden worden. Vor sieben Jahren verschwand Philip Petersen spurlos während einer südamerikanischen Geschäftsreise, eine Lösegeldforderung ging trotz seines hohen Vermögens nie ein. Ihre Freude ist verhalten, da sie als Alleinerziehende grad kürzlich erst den Verlust überwunden hat und eine neue Beziehung wagen wollte. Am Flughafen trifft sie dann der nächste Schock: Der Mann, der aus dem Flugzeug steigt, ist ein Fremder. Und er droht, sie würde alles verlieren, sollte sie zur Polizei gehen...
Das Buch beginnt ganz harmlos, wie Sarah ihr Leben meistert mit Job und Sohn. Ihren Mann ließ sie trotz Anraten eines Geschäftsfreundes von Philip nie für tot erklären, gab bis vor kurzem die Hoffnung nicht auf. Einfühlsam beschreibt Melanie Raabe, wie geschockt Sarah schließlich auf die Nachricht reagiert, Philip käme heim. Als dieser aus dem Flugzeug steigt erkennt sie ihren Mann auch gar nicht, ist buchstäblich wie gelähmt, als ein ihr völlig Fremder als ihr Mann dargeboten wird. Natürlich glaubt ihr in all dem Freudentaumel der Presse niemand, als Sarah Zweifel anmeldet, der Mann sei ein Betrüger, der nur an Philips Vermögen wolle. Doch sobald die beiden allein daheim sind, zeigt der Mann sich ihr von der kalten Seite.

"Was war das Schlimmste, was du je in deinem Leben getan hast?" (Zitat)

Das Buch ist hauptsächlich aus Sarahs Sicht geschrieben, immer wieder kurz unterbrochen von Passagen des Fremden, der behauptet, Sarahs Ehemann zu sein. Vor allem in Sarahs Abschnitten nutzt die Autorin gekonnt die Sprache als Stilmittel, drückt Sarahs Verwirrtheit und Angst durch Wiederholungen und lange Sätze aus, die ihren Gedankenfluss in ihrer Situation verdeutlichen. Durch das Zusammenspiel von Sarah und dem Fremden schaffte Melanie Raabe es sogar, zwischenzeitlich Zweifel in mir aufkommen zu lassen, ob Sarah nicht vielleicht doch keine so reine Weste hat, wie sie bisher immer vorgab. Der Verdacht, was hinter alldem stecken könnte, wechselte sowohl in Sarahs Überlegungen wie auch in meinen, so dass ich mir bis kurz vor Schluss nicht sicher sein konnte, wer der Fremde in Sarahs Haus wirklich ist. Erschwerend kam für Sarah hinzu, dass alle sie für die hysterische Person hielten, während der Fremde charmant alle Personen auf seine Seite zu ziehen schien.
Mir hat das Wechselspiel zwischen Sarah und dem Fremden, Sarahs innere Zerrissenheit und fast panische Angst sehr gut gefallen. Die Spannung, was es mit dem Fremden auf sich hat, blieb bis zum Schluss erhalten und nicht immer war ich auf Sarahs Seite. Ebenso gefiel mir die Auflösung, die ebenso hervorragend wie überraschend war.
Das Hörbuch wird als gekürzte Fassung im Wechsel gelesen von den Schauspielern Nina Kunzendorf, Andreas Pietschmann und Devid Striesow. Besonders die Passagen des Fremden haben mir sehr gut gefallen. Nina Kunzendorf schaffte es, die teils recht langen und atemlosen Sätze aus Sarahs Part gut zu sprechen. Leider war an ihrer Betonung immer wieder zu merken, dass der Text abgelesen wird, was mich stellenweise schon etwas störte.

Veröffentlicht am 16.08.2018

Wunderschönes Abenteuer ums Finden und Verlieren

Der Blumensammler
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1983: Sechs einzigartige Blumen als Symbol ihrer Liebe - diese zählte ein gewisser "J." in seinem Liebesbrief auf, welchen er einst in einer New Yorker Enzyklopädie über Blumen für seine Freundin versteckte ...

1983: Sechs einzigartige Blumen als Symbol ihrer Liebe - diese zählte ein gewisser "J." in seinem Liebesbrief auf, welchen er einst in einer New Yorker Enzyklopädie über Blumen für seine Freundin versteckte - und welcher Peter Manyweathers nun durch Zufall buchstäblich in die Hände fällt. Als willkommene Abwechslung zu seinem Job als Inhaber einer kleinen Reinigungsfirma fängt Peter an, über besondere und seltene Blumen zu recherchieren - bis ihn sein neuer Freund, Dr. Hens Berg, dazu drängt, sich gemeinsam auf Reisen rund um die Welt zu begeben und diese Blumen selbst zu suchen. Dreißig Jahre später bahnen sich in Dove Gales Kopf Erinnerungen an Peters Leben ihren Weg. Erinnerungen, welche sich der junge Londoner nicht erklären kann. Wie kann dies sein? In welchem Bezug stehen diese sich fremden Menschen zueinander?
Mit Erstaunen musste ich feststellen, dass der Roman wider Erwarten 3000 Meter unter der Meeresoberfläche begann. In einem Roman über Blumen und Weltreisen? Das machte mich natürlich besonders neugierig. Doch alles findet in diesem Roman seinen Platz, und so ist die Handlung in drei Stränge aufgeteilt: Peters abenteuerliche Reisen um die Welt, auf der Suche nicht nur nach Blumen. Doves einsames Leben und seine Erinnerungen an seine Pflegeeltern, welche ihn als Waisenkind bei sich aufnahmen. Und die Erlebnisse des Prof. Cole, der tief im Meer eine besondere Entdeckung macht.

"Der Brief hatte ihm einen ganz neuen, ungeahnten Mut verliehen. Es fühlte sich an, als wäre die Liste der Blumen ein Wegweiser, dem er unbedingt folgen musste. Als hätte der Verfasser des Briefes (...) ihm eine Marschroute vorgezeichnet, um ihm dabei zu helfen, etwas Größeres zu finden." (Zitat S. 164)

"Der Blumensammler" ist nicht nur ein Roman über das abenteuerliche Auffinden besonderer Blumen, welches ich mit großem Interesse verfolgte. Zugleich ist es auch ein Buch über die verschiedenen Arten der Einsamkeit und des Verlustes. Peter ist ein Mensch mit einem guten Herzen, daher war er mir von Beginn an sympathisch. Dennoch lebt er in Einsamkeit, weil er sich darin sicher fühlt, ohne jemandem zu schaden. Sein Freund Hens hingegen hat sich seine Einsamkeit nicht selbst gewählt, trägt jedoch durch sein Verhalten dazu bei, diesen Zustand eher zu verschlimmern statt zu verbessern. Auf gewisse Weise waren Peter und Hens wie zwei Magneten, die sich immer mehr voneinander abstießen. Dove wuchs als Findelkind auf und trägt seit seiner Kindheit eine immense Angst vor dem Verlassenwerden in sich, welche sein Verhalten bis heute starkt prägt.
In einer äußerst bildhaften Sprache versteht es David Whitehouse, zu beschrieben, wie Peters bisher eintöniges Leben nach Entdecken des Briefes zu einem regelrechten Abenteuer wächst. Wie Freundschaften entstehen und durch Verrat zerbrechen, wie verschieden Menschen mit ihrer Form der Einsamkeit umgehen und wie die Liebe ungeahnte Kräfte in einem Menschen weckt. Und zum Schluss fließen alle drei Handlungsstränge an einem Punkt zusammen, wie drei einzelne Flüsse, welche gemeinsam ins große Meer strömen.
Mir hat dieses Buch sehr gefallen. Mit Begeisterung folgte ich Peters Abenteuern, welche nicht immer ungefährlich waren und einen Großteil des Romans ausmachten. Zudem war ich natürlich gespannt, wie sich Doves mysteriöse Erinnerungen erklären ließen und welche Verbindung Prof. Coles Entdeckung in der Tiefsee zu Peters Abenteuern hat. Am Schluss greift alles wie bei einem komplett gelösten Puzzle ineinander und wartete sogar mit einer kleinen Überraschung auf, mit welcher ich nicht gerechnet hatte. Ein wunderschönes Buch, welches ich nicht nur Blumenliebhabern ans Herz legen kann.

Veröffentlicht am 12.08.2018

Drachenzähmen - nicht leicht gemacht!

Carim Drachentöter
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Carim ist ein zurückgezogener Einzelgänger. Carim ist kein typischer Held. Carim tötet Drachen.
Und das kann er wie kein anderer. Als er ein Drachenei klaut, schlüft der Drache versehentlich, bevor er ...

Carim ist ein zurückgezogener Einzelgänger. Carim ist kein typischer Held. Carim tötet Drachen.
Und das kann er wie kein anderer. Als er ein Drachenei klaut, schlüft der Drache versehentlich, bevor er das Ei verkaufen kann. Und in Carim wächst der Plan, den Drachen als Waffe für seine Pläne zu benutzen.
Zugegeben, Carim ist zu Beginn wirklich kein Sympathieträger. Sein fast schon barbarischer Blutdurst schreckte mich erstmal ab. Als er jedoch dem Jungdrachen in seiner Höhle fernab in den Bergen gegenübersteht, begann der Protagonist mich langsam zu faszinieren. Drachenzähmen? Alles andere als leicht gemacht! Umso spannender war es zu beobachten, wie Carim und Vlynnar, ein doch recht wilder und feuriger Drache, langsam und unerwartet zu einem Team zusammenwachsen. Und als der König auf Carims Fähigkeiten aufmerksam wird und mit ihm einen höchst interessanten Deal - auch für den Leser - aushandelt, wird einem nach und nach klar, dass nicht nur Carims Körper, sondern auch dessen Seele von tiefen Narben gezeichnet ist und unter der rauen Schale ein gar nicht mal so übler Kerl versteckt ist.
In erster Linie hat mich an diesem Roman die Welt der Drachen fasziniert. Es sind wilde und gefährliche Tiere, vor denen die Menschen nicht ohne Grund gewaltigen Respekt haben. Mit dieser unbändigen Macht kämpft Carim, der ein Leben abseits der Menschen gewählt hat. Warum, wird einem nach und nach klar, da werd ich jetzt nichts vorweg nehmen. Doch auch, wie er mit seinem Drachen Vlynnar langsam zu einem Team zusammenwächst ist sehr spannend und einfach kein Vergleich zu anderen Mensch-Drachen-Freundschaften in der Fantasy-Literatur. Carim selbst wirkte auf mich zu Beginn brutal, abstoßend und arrogant. Und auch hier verstand es die Autorin, ihren Antihelden Entwicklungen durchlaufen zu lassen, durch welche er im inneren Konflikt mit sich selbst steht, hin- und hergerissen zwischen der Person, welche er seit Jahren ist und dem Menschen, den er vor langer Zeit dafür aufgab. Wer die Welt der Drachen mal nicht nur durch eine rosarote Brille sehen will und keine Scheu hat, einen Antihelden bei seinen blutigen Abenteuern zu begleiten, wird mit Carim definitiv seinen Spaß haben. Ein gelungener Einstieg in eine aussergewöhnliche Drachen-Trilogie.