Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2018

Deprimierender Roman, in dem die Einzelschicksale keine Rolle spielen, sondern die Waffengewalt im Allgemeinen im Vordergrund steht

Gun Love
0

Pearl ist 14 Jahre alt und lebt seit ihrer Geburt zusammen mit ihrer Mutter Margot in einem Ford Mercury auf einem Trailerpark in Florida. Ihre Mutter war früh schwanger und ist vor ihren Eltern geflohen ...

Pearl ist 14 Jahre alt und lebt seit ihrer Geburt zusammen mit ihrer Mutter Margot in einem Ford Mercury auf einem Trailerpark in Florida. Ihre Mutter war früh schwanger und ist vor ihren Eltern geflohen und lebt ein Leben am Rande der Gesellschaft.
In dem Park, am Rande einer Müllkippe, leben andere gescheiterte Existenzen in Wohnwagen und halten sich durch kriminelle Aktivitäten wie Drogen- und Waffenschmuggel über Wasser.
Als Margot Eli kennenlernt und mit ihm immer mehr Zeit in trauter Zweisamkeit verbringen möchte, wird Pearl regelrecht von ihr aus dem Mercury verstoßen. Sie fühlt sich einsamer denn je in ihrem Leben, nachdem sie sich auch noch mit ihrer besten Freundin April May zerstritten hat und findet dadurch Anschluss an die Mexikanerin Corazón. Wie selbstverständlich lebt sie zusammen mit einem Waffenarsenal unter einem Dach.

Dann geschieht ein Unglück und Pearl muss lernen, was es wirklich heißt, allein zu sein.

"Gun Love" ist ein deprimierender Roman über ein Mädchen, das nichts anderes als den Trailerpark kennt, ein Zusammenleben auf engsten Raum mir ihrer Mutter, ohne Kenntnis über ihre Herkunft. Für sie ist es scheinbar normal, in einem Auto ohne viel Besitz zu leben, aber als ihre Mutter einen Mann kennenlernt und sie diese Zweisamkeit offensichtlich stört und kein Platz mehr für sie ist, beginnt sie, ihr Dasein zu hinterfragen. Dabei lebt sie in einer eigenen Gesellschaft außerhalb der Norm, in der Waffen zum Alltag gehören.

Waffen und Waffenschmuggel werden im weiteren Verlauf des Romans zum zentralen Thema und lenken von der Mutter-Tochter-Beziehung ab, was ich sehr schade fand.
Die Intention der Autorin gilt klar der Kritik an dem Umgang mit Waffen in den USA. Ich hätte mir aber eine stärkere Auseinandersetzung mit dem trostlosen Leben Pearls, den weiteren Bewohnern des Trailerparks und mit dem alltäglichen Umgang mit Waffen gewünscht, statt den Roman auf den reinen Waffenschmuggel zu reduzieren, in den Pearl am Ende involviert wird.

Das Buch überrascht zwar mit der ein oder anderen Wendung, lässt aber an Spannung vermissen. Die Charaktere in dem gesellschaftskritischen Roman spielen keine individuelle Rolle und bleiben austauschbar, da man niemandem wirklich nahekommt oder vom Schicksal nachhaltig berührt wird. Zwar hadert Pearl mit ihrem Leben, fügt sich aber darin ein, selbst als sie die Chance hat, etwas zu ändern. Mir fehlte ein Held in der Geschichte.

Veröffentlicht am 01.10.2018

Gefühlsbetont, aber enttäuschend langweilig

Was das Herz nie vergisst
0

Als die 38-jährige Sabina ihren Eltern erzählt, dass sie schwanger ist, erfährt sie von ihnen, dass sie selbst adoptiert ist. Ihre Eltern machen ein Geheimnis um die Adoption im September 1973, weshalb ...

Als die 38-jährige Sabina ihren Eltern erzählt, dass sie schwanger ist, erfährt sie von ihnen, dass sie selbst adoptiert ist. Ihre Eltern machen ein Geheimnis um die Adoption im September 1973, weshalb Sabina davon ausgehen muss, dass es sich um eine Zwangsadoption gehandelt haben muss. Ihre Mutter Megan hat dann doch ein Einsehen und nennt Sabina den Namen ihrer leiblichen Mutter: Liliana Wyzlecki. Lilly hat seit 19 Jahren darauf gewartet, dass sich ihre erste Tochter bei ihr meldet. Sie ist glücklich verheiratet mit Sabinas Vater und hat mit ihm zwei weitere Kinder bekommen. Sabina lernt ihre leiblichen Eltern kennen, erfährt ihre Wurzeln und gleichzeitig verändert sich ihre Sicht ihre bisherigen Eltern, von denen sie dachte, dass diese sie abgöttisch lieben.

"Was das Herz nie vergisst" ist ein emotionales Buch über drei Frauen, drei Mütter in unterschiedlichen Situationen: Megan, die sich so sehr ein Kind gewünscht hat, aber keines lebend zur Welt brachte, aber in einer Einrichtung für minderjährige Schwangere arbeitete; Liliana, die mit 16 Jahren weder heiraten noch ihr Baby behalten durfte und letztlich die schwangere Sabina, die so spät von ihrer eigenen Adoption erfährt.

Der Roman ist aus der Sicht von Sabina geschrieben, Liliana lernt man zunächst durch Briefe an ihren geliebten James kennen, als sie schwanger ist. Über Megans Situation erfährt man durch eine Rückblende in die Vergangenheit in das Jahr 1973.

Nachdem ich vom ersten in Deutschland von Kelly Rimmer erschienenen Roman "So blau wie das funkelnde Meer" so begeistert war, hat mich dieser Roman etwas enttäuscht, da mich die Schicksale der drei Frauen nicht so wie erhofft berühren konnten. Ich mochte weder Sabinas weinerliche, unnachgiebige Art, noch war mir Megans langes Schweigen verständlich. Das Thema Zwangsadoption blieb mir zu sehr an der Oberfläche. Viel mehr als die Briefe der noch sehr jungen und naiven Lilly an James hätte ich mir einen aktiven Rückblick in die Vergangenheit sowohl aus Megans als auch aus Lillys Sicht gewünscht.

Mir waren die Frauen zu sehr vom Schicksal gebeutelt und zu stereotyp als gut und böse dargestellt. Im Vergleich dazu blieben die Männer langweilig farblos, wobei auch in Bezug auf sie Megans Ehemann als der Schuldige abgekanzelt wurde, während Sabinas Ehemann übertrieben verständnisvoll mit Sabinas Stimmungen umzugehen wusste.

Ohne eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Zwangsadoptionen in den 1970er-Jahren als solche empfand ich den Roman, der sich auf die Darstellung der Enttäuschung Sabinas über ihre bisherigen Eltern und das Kennenlernen ihrer leiblichen Eltern beschränkte, zwar sehr feinfühlig dargestellt, aber enttäuschend langweilig.

Veröffentlicht am 12.09.2018

Etwas langatmiger spannungsarmer Roman über eine sonderbare Kindesentführung

Das Mädchen, das rückwärts ging
0

Die achtjährige Carmel ist mit ihrer Mutter Beth bei einem Märchenfestival, ist aber schon bald so genervt von ihrer übertriebenen Fürsorge, dass sie sich vor ihrer Mutter versteckt.
Beth sucht verzweifelt ...

Die achtjährige Carmel ist mit ihrer Mutter Beth bei einem Märchenfestival, ist aber schon bald so genervt von ihrer übertriebenen Fürsorge, dass sie sich vor ihrer Mutter versteckt.
Beth sucht verzweifelt nach ihr, aber niemand hat das Mädchen im roten Mantel gesehen. Die geschiedene Beth macht sich schwere Vorwürfe, gibt sich die Schuld am Verschwinden ihrer verträumten, etwas altklugen Tochter. Durch den Verlust kommt es zu einer freundschaftlichen Annäherung mit ihrem Exmann Paul, der ihr Halt gibt. Nach einer Phase des sozialen Rückzugs und der Verzweiflung bis hin zu einem Selbstmordversuch kommt Beth wieder zu sich und erlernt den Beruf der Krankenschwester. Auch Jahre später hat sie die Hoffnung nicht aufgegeben, ihre Tochter wiederzufinden.

Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht von Beth und Carmel geschrieben, so dass man als Leser weiß, was mit der Achtjährigen passiert ist. Die Entführung gleicht einem Roadtrip mit einer neuen Familie durch die USA.

Das Buch beginnt düster im nebligen Norfolk, wobei die Spannung vor allem dadurch aufgebaut wird, dass der Hintergrund der Entführung - ohne Spuren für die Polizei, ohne Leiche und ohne Lösegeldforderung - zunächst unklar ist. Die Verzweiflung von Beth und ihre Reaktionen auf das Verschwinden ihrer Tochter ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Auch hat mir gefallen, dass sie sich mit ihrem Exmann annähert, ohne dass amouröse Gefühle zwischen den beiden aufkamen.

Die Erzählungen aus Sicht von Carmel empfand ich als zu erwachsen für ihr Alter, auch wenn sie von Beginn als sehr reif dargestellt wurde. Die Beschreibung des Umhervagabundierens mit ihrer neuen Familie war mir zu lang, der Grund für die Entführung etwas absurd und vor allem völlig unerwartet. In der Regel mag ich es, wenn mich ein Buch überraschend und ein Handlungsverlauf nicht vorhersehbar ist, zu dieser Thematik um übersinnliche Kräfte, Sekten und religiösen Fanatismus konnte ich allerdings keinen Bezug finden. Hier hätte ich mir gewünscht, wenn die Autorin mehr auf die Person des Entführers, einer Art Prediger, eingegangen wäre, als auf seine Gebrechen und die ungewöhnliche Reise mit Carmel. Weniger langatmige Ausführungen und etwas mehr Hintergrundinformationen zu der Philosophie des Predigers und seiner Anhänger hätten dem Roman mehr Spannung und Stringenz verleihen kennen.

Veröffentlicht am 10.09.2018

Zwischen Trauma und Wahnsinn - späte Entwicklung zum Psychothriller und dann vorhersehbar ohne Aha-Effekt

Was ihr nicht seht
0

Kate ist Kriegsreporterin aus Großbritannien, die zuletzt aus Aleppo in Syrien berichtet hat. Nach dem Tod der Mutter kehrt sie in ihre Heimat England, nach Herney Bay, zurück. Sie ist entsetzt über den ...

Kate ist Kriegsreporterin aus Großbritannien, die zuletzt aus Aleppo in Syrien berichtet hat. Nach dem Tod der Mutter kehrt sie in ihre Heimat England, nach Herney Bay, zurück. Sie ist entsetzt über den Zustand ihrer jüngeren Schwester, die derart dem Alkohol verfallen ist, dass sogar ihre Tochter Hannah bereits vor fünf Jahren die Flucht ergriffen und den Kontakt eingestellt hat. Ehemann Paul fügt sich scheinbar in sein Schicksal und kümmert sich um Sally, ohne ihr tatsächlich zu helfen.

Rachel hat in Syrien Schreckliches erlebt und leidet unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie hat immer wieder Bilder vor Augen und Stimmen im Kopf. Unter dem Einfluss von Medikamenten und Alkohol, die sie in rauen Mengen konsumiert, kann sie bald nicht mehr unterscheiden, was Einbildung und was Realität ist. So kommt es zu ihrer Festnahme, als sie bei den Nachbarn ihrer Mutter Hausfriedensbruch begeht, da sie meint, einen kleinen Jungen gehört und gesehen zu haben, der dort festgehalten und misshandelt werden soll. Die junge Irakerin nebenan hat allerdings gar keinen Sohn...

Der Roman ist in drei Teile untergliedert. Der längste erste Teil handelt von Rachel, ihrer Rückkehr nach England, ihrer Ingewahrsamnahme und Verhör durch die Polizei. Der zweite Abschnitt ist aus Sicht von Sally geschildert und zeigt ihre Flucht in den Alkohol, um Erinnerungen an ihre Kindheit und ihre Tochter Hannah zurückzudrängen, die sie viel zu früh als Teenager geboren hat.
Beide Frauen haben in der Vergangenheit unter ihrem alkoholabhängigen und gewalttätigen Vater gelitten, so dass ihre gegenwärtigen Zustände nur als logische Konsequenz ihrer Sozialisation erscheinen.

Rachel - zwischen Trauma und Wahnsinn, unter dem Einfluss von Alkohol, Antidepressiva und Schlafmitteln - ist es auch für den Leser nicht einschätzbar, was Erinnerungen an die Kriegsschauplätze sind, von denen Rachel berichtet hat und was sich tatsächlich nebenan in Herny Bay ereignet. Sally ist zwar benebelt vom Alkohol, hat den Bezug zur Realität aber noch nicht verloren.

Die Schwestern sind keine Sympathieträgerinnen und ich fand es phasenweise anstrengend, immer wieder über ihre Alkoholexzesse und Medikamentenmissbrauch zu lesen. Spannung kam dann auch erst im zweiten Teil auf, als Sally durch die Sorge um ihre Schwester, die wieder nach Syrien zurückgekehrt ist und dort nach einem Bombenanschlag vermisst wird, aus ihrer Lethargie erwacht und Nachforschungen zu den Nachbarn ihrer Mutter anstellt. Im dritten Teil überschlagen sich die Ereignisse; es ist der Showdown, während dem die jüngsten Ereignisse etwas ernüchternd unspektakulär und, für erfahrene Krimileser schon länger vorhergesehen, aufgeklärt werden.

Während der erste Teil den Leser bewusst im Dunkel tappen lässt und sehr ausführlich Rachels Traumata schildert, erzeugte der zweite Teil zwar mehr Spannung und das Buch entwickelte sich endlich zum Psychothriller, jedoch sind die daran anschließenden Ereignisse zu vorhersehbar, die Auflösung menschlich schockierend, aber ohne Wow-Effekt.
Das seelische Leid, das die beiden Schwestern ertragen mussten - sei es in der Beziehung zu Mutter, Vater oder (Ex-)partnern - war mir in der Kombination mit Rachels posttraumatischen Belastungsstörungen aufgrund ihrer Tätigkeit als Journalistin an Kriegsschauplätzen - einfach zu viel Drama.

Veröffentlicht am 01.09.2018

Dramatische Liebesgeschichte vor historischer Kulisse - für meinen Geschmack etwas übertrieben tragisch und zu vorhersehbar

Das Mädchen im roten Kleid
0

Ein Soldat, dem man den Namen Tom Jones gegeben hat, befindet sich nach Ende des Ersten Weltkrieges in einem Krankenhaus und hat aufgrund eines Schützengraben-Traumas keine Erinnerung mehr an die Zeit ...

Ein Soldat, dem man den Namen Tom Jones gegeben hat, befindet sich nach Ende des Ersten Weltkrieges in einem Krankenhaus und hat aufgrund eines Schützengraben-Traumas keine Erinnerung mehr an die Zeit vor seinem Einsatz in Ypern/ Westflandern.

Im Krankenhaus lernt er Eden Valentine kennen, die im Schneideratelier ihres Vaters arbeitet und einen Anzug ausliefert. Der junge Soldat erinnert sie an ihren verstorbenen Bruder Daniel und sie hat Mitleid mit ihm, weshalb sie ihm hilft, das Krankenhaus heimlich zu verlassen, um abseits des Traumas ein neues eben anzufangen. Die beiden verlieben sich ineinander, Eden ist aber bereits seit ihrer Kindheit Benjamin Levi, der befreundeten jüdischen Familie versprochen.

Alexander Wynter ist der Erbe eines Industrie-Imperiums und des Landsitzes Larksfell Hall. Als seine Familie in Trauer um den verstorbenen Vater ist, überrascht er sie mit unerwartet positiven Nachrichten und fügt sich wenig später schicksalsergeben in die Heirat mit einer entfernten Cousine ein, die er mag, aber nicht liebt.

Der Roman spielt im Nachkriegs-London sowie im idyllischen Sussex von 1918 bis in die 1920er-Jahre und verbindet die Schicksale von Tom, Edie und Alex. Er handelt von zwei Liebenden, die sich unter widrigen Umständen begegnen, alles riskieren,um zusammen sein zu können und durch einen Schicksalsschlag wieder auseinandergerissen werden.
Es ist eine Geschichte voller Leidenschaft und Dramatik, die mir an den entscheidenden Wendepunkten zu klischeehaft und gefühlsduselig war. Mir ging auch die Liebesgeschichte von Edie und Tom - vom Kennenlernen bis zum Heiratsantrag innerhalb weniger Tage - zu schnell. Dagegen wurden andere Nebensächlichkeiten wie die neue Frisur Edies oder die Rasur Toms vergleichsweise episch ausgeführt. Weiterhin störte mich, dass für diese junge Liebe mit so einer Leidenschaft gekämpft wurde, während sich mit allen anderen Schicksalsschlägen zu schnell abgefunden wurde. So hinterfragt Tom nach seiner Flucht aus dem Krankenhaus seine eigene Identität nicht mehr und Edie gibt nach dem Verlust zweier geliebter Menschen zu schnell auf, ohne nach der Wahrheit zu suchen.

Auch wenn die Schicksale der Charaktere aufgrund der Dramatik und der schier unüberwindbaren Hürden, mit denen die Protagonisten konfrontiert werden, berühren und es bis zum Schluss spannend bleibt, nicht ob, sondern wie Edie und Tom wieder zueinander finden, empfand ich den Roman als eine etwas unausgeglichene Mischung aus ermüdenden Beschreibungen von Banalitäten und übertriebener Melodramatik in den entscheidenden Momenten.
Wer dramatische Liebesgeschichten vor historischer Kulisse liebt und sich für Design und Mode interessiert, wird dieser Roman sicher gefallen, sollte allerdings nicht schon den Roman "Gefundene Jahre" ("Random Harvest") von James Hilton kennen, da sich die beiden Romane doch sehr ähneln...