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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein ungewöhnliches Jugendbuch, das sich mit Problemen des Erwachsenwerdens auseinandersetzt

Sommernachtstraum
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Als am bischöflichen St. Hubertus Gymnasium die Schule nach den Weihnachtsferien beginnt, ist alles wie immer. Der zwergenwüchsige Goofy ist mit seinem Stullenpaket beschäftigt, während sein Banknachbar ...

Als am bischöflichen St. Hubertus Gymnasium die Schule nach den Weihnachtsferien beginnt, ist alles wie immer. Der zwergenwüchsige Goofy ist mit seinem Stullenpaket beschäftigt, während sein Banknachbar Struppi öfters schläft und der Wiederholer Iva besonders cool in Erscheinung tritt. Nur ihr Englischlehrer Ben Zimmermann hat sich für dieses Halbjahr etwas Besonderes ausgedacht. Er will mit der Neunten Shakespeares Sommernachtstraum aufführen und merkt dabei nicht, wie sein Vorhaben plötzlich alles durcheinanderbringt. Denn die antike Komödie sorgt dafür, dass die Gefühle in Wallung geraten und zu verhängnisvollen Verstrickungen führen.

„Sommernachtstraum“ ist ein Roman für jugendliche Leser, der Im Rahmen der Buchreihe mit dem blauen Band erscheinen ist, die von dem FAZ-Journalisten Tilman Speckeisen herausgegeben wird. Besonders lesenswerte Bücher werden hier in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und einem jungen Publikum vorgestellt. Dabei sind die Werke von Shakespeare nicht unbedingt die Lektüre, die jeder gerne liest. Zu schwulstig erscheint ihr Schreibstil, zu unnatürlich ihr Plot. Doch im „Sommernachtstraum“ ist alles anders. Tanya Lieske ist es gelungen mit einer moderne Shakespeare Version einen gut lesbaren Zugang zu einem der meistgespielten Bühnenstücke der Weltliteratur zu finden, in dem es um Verwechslungen verwirrter Liebespaare geht.

Aufgebaut wie ein Theaterstück in 5 Akten wird das neuzeitliche Drama erzählt, mit Figuren, die an Originalpersonen erinnern und Themen, deren Problematik an die heutige Zeit angepasst worden ist. Ob Mobbing oder schlechte Noten, Drogen oder Streit mit den Eltern. Die Bandbreite der täglichen Auseinandersetzungen ist hoch und wird von Tanya Lieske ungeschönt dargestellt. Mit einfühlsamen Worten und doch distanziert geht sie hierbei vor und so erscheint dieser Roman an manchen Stellen wie die Aneinanderreihung von Ereignissen, die ein Außenstehender beobachtet hat. Ergänzt wird das Ganze von gleichsam interessanten wie auch humorvollen Kommentaren, die als Fußnoten dargestellt sind und Anmerkungen und Meinung von Shakespeare und Oberon zum Besten geben.

Fazit:
Sommernachtstraum ist ein ungewöhnliches Jugendbuch, das sich mit Problemen des Erwachsenwerdens in einem von Shakespeare geschaffenen Rahmen auseinandersetzt. Mit einem Ende, das ganz anders verläuft, als es der englische Dichter in seinem Werk vorgesehen hat und das dadurch eine angenehme Eigenständigkeit erhält.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Kunst des gepflegten Nichtstuns

Das Beste, was wir tun können, ist nichts
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Das gepflegte Nichtstun ist das Maß aller Dinge, jedenfalls, wenn man dem Autor Björn Kern Glauben schenken kann. Einfach mal die Seele baumeln lassen, sich auf sich selbst besinnen und Unnützes weglassen. ...

Das gepflegte Nichtstun ist das Maß aller Dinge, jedenfalls, wenn man dem Autor Björn Kern Glauben schenken kann. Einfach mal die Seele baumeln lassen, sich auf sich selbst besinnen und Unnützes weglassen. Eine gute Botschaft in der heutigen, sehr hektischen Zeit. Dabei ist es nicht immer einfach, sein Tun unvoreingenommen zu betrachten und Nutzloses vom Nützlichen zu trennen. Beispiele hierfür hat der Autor genug. Und obwohl er die meisten seiner alltäglichen Episoden überspitzt darstellt, kann sich der Leser in einigen der dargestellten Erlebnisse sogar selber wiedererkennen. Denn wer hat sich nicht schon einmal über die Probleme mit einer Telefonhotline aufgeregt oder ist einem vorbeidüsenden Auto gerade noch so entkommen? Situationen, die mit einer geschickten Taktik des Nichtstuns vermieden werden können, wobei gelegentliche Rückschläge vorprogrammiert sind.

Humorvoll geschrieben und mit mehr als nur einem Augenzwinkern erzählt, nimmt der Autor keinesfalls eine Wertung vor und versucht, richtig oder falsch herauszustellen. Vielmehr geht es darum, ein gutes Maß für sich zu finden und auf Dauer glücklich zu sein. Der eine halt mit viel Gewusel, wie sein märkischer Nachbar im Oderbruch, der andere mit weniger Tamtam, wie seine glücklichen französischen Freunde. Ein humorvolles Statement also, das aber auch einige Mankos besitzt. So werden Beobachtungen oder Erlebnissen in diesem Buch wahllos aneinandergereiht, einen roten Faden gibt es nicht und deshalb erscheint die Auswahl eher konfus, als gut durchdacht.

Fazit:
Lesen oder nicht lesen, das ist hier die Frage, die ganz einfach zu beantworten ist. Diejenigen, die ein paar nette und lustige Episoden unter dem Motto „Das Beste, was wir tun können, ist nichts“ genießen möchten, die sind hier genau richtig. Die anderen aber, die vom Autor Ratschläge zur bessern Bewältigung des mit Terminen vollgestopften Alltags erwarten, die sind mit diesem Buch schlecht beraten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Blick in das schicksalhafte Leben zweier im Kindesalter entführter Frauen

The other Girl
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Die mäßig erfolgreiche Schauspielerin Chloe Savage soll die Rolle einer Ermittlerin spielen, die das Entführungsdrama um zwei 12-jährige Mädchen erfolgreichen aufklären kann. Doch kaum hat Chloe die ersten ...

Die mäßig erfolgreiche Schauspielerin Chloe Savage soll die Rolle einer Ermittlerin spielen, die das Entführungsdrama um zwei 12-jährige Mädchen erfolgreichen aufklären kann. Doch kaum hat Chloe die ersten Zeilen des Drehbuches gelesen, merkt sie, dass es ihre eigene beschissene Geschichte ist, die hier verfilmt werden soll.
Zur gleichen Zeit wir die Anglistikdozentin Lois Lonsdale von einem Studenten mit dem gut gehüteten Geheimnis ihrer Vergangenheit erpresst. Denn im zarten Alter von 12 Jahren wurde sie zusammen mit einem anderen Mädchen entführt und hat ihre tragischen Erlebnisse unter einem Pseudonym als Thriller herausgebracht.
Zwei Frauen, deren Schicksal eng verbunden ist und die nun, nach fast 18 Jahren erneut mit vergangenem Unrecht zu kämpfen haben.

„The other Girl – Du kannst niemals ganz entkommen“ ist Roman, der amerikanischen Autorin Maggie Mitchell, die den Leser tief in die Gefühlswelt zweier gepeinigter Frauen blicken lässt. Von ihnen in der Ich-Form erzählt, erhält der Leser aus erster Hand ein vollständiges Bild der Ereignisse, die sich achtzehn Jahre zuvor in einer abgelegenen Waldhütte zugetragen haben, und taucht gleichzeitig in ihr Leben nach der schicksalhaften Entführung ein. Ein Plot, der auf einer interessanten Idee beruht und hohe Erwartungen beim Leser weckt. Doch leider versteht es Maggie Mitchell das Potenzial, das in der Geschichte steckt, nicht ausreichend zu nutzen. Zu zäh präsentiert sich der Handlungsverlauf, der vorwiegend auf der Schilderung von Ereignissen und Gedanken der beiden Frauen beruht, zu unnahbar bleiben die Figuren. Und auch die Bedrohung durch den Studenten, der die Anglistikdozentin Lois Lonsdale mit ihrer Vergangenheit erpresst, verpufft im Einerlei des Geschehens ohne die Handlung richtig aufzumischen.

Fazit:
Wer ein Blick in das schicksalhafte Leben zweier im Kindesalter entführter Frauen und die schrittweise Aufarbeitung ihres Traumas wagen möchte, dem sei dieses Buch empfohlen. Der Leser aber, der auf einen ausgeklügelten Psychothriller hofft, sollte sich nach anderer Lektüre umschauen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Pakt mit dem Mörder

Mord im Viertel
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Der Immobilienhai Joachim Engelmann wird in der Nähe seiner Villa tot aufgefunden. Ein kniffliger Fall für Kommissar Werner Jensen und sein Team, die im Umfeld einer Gruppe von Sanierungsgegnern ermitteln. ...

Der Immobilienhai Joachim Engelmann wird in der Nähe seiner Villa tot aufgefunden. Ein kniffliger Fall für Kommissar Werner Jensen und sein Team, die im Umfeld einer Gruppe von Sanierungsgegnern ermitteln. Und schon bald gibt weitere Tote, und während die Lage im Viertel immer brenzliger wird, rückt die freischaffende Journalistin Nele immer mehr in den Mittelpunkt der Ereignisse. Zu diesem Zeitpunkt wird auch den Ermittlern klar, dass es zwischen Nele und den Morden eine Verbindung gibt. Doch worin diese eigentlich besteht, bleibt lange offen.

„Mord im Viertel“ ist das Debüt des Hamburgers Cord Buch, der mit der Hauptprotagonistin Nele eine Figur geschaffen hat, die nicht nur im privaten Bereich ungewöhnliche Wege geht. So ist die Journalistin an zwei Tagen in der Woche unentgeltlich für ein in den Kinderschuhen steckendes Zeitungsprojekt tätig, während sie ihren Lebensunterhalt mit freien Aufträgen finanziert. Dabei nehmen die Protestaktionen gegen die geplante Luxussanierung im Viertel einen hohen Stellenwert ein und bringen nicht nur die eigenwillige Nele in höchste Gefahr. Doch bis es so weit ist und Ermittler und Mörder gleichermaßen fixiert auf die engagierte Journalistin sind, verbringt diese ihre freie Zeit gleich mit mehreren Männern. Mit ihrem Lebenspartner Tjork schon über Jahre hinweg liiert, verbindet sie auch eine Liebesbeziehung zu einem Juristen, der für die umstrittene Sanierungsfirma tätig ist, und bandelt ganz nebenbei mit einem Computerfachmann an. Aber so richtig kompliziert wird es erst, als ein Freund aus Jugendtagen auf der Bildfläche erscheint und mit ihm die Sünden einer gefährliche Vergangenheit.

Die Geschichte einer ungewöhnlichen Mordserie versteht es lange Zeit seine Leser darüber im Unklaren zu lassen, worin denn nun eigentlich das Motiv für die verübten Verbrechen besteht. Dafür aber lässt er ihn tief in das Leben der Journalistin Nele eintauchen, die unbestritten eine entscheidende Rolle spielt. Und während er ihren Sohn Cairo kennenlernt, der einer der führenden Köpfe der Protestbewegung ist oder an Demonstrationen gegen die Luxussanierung teilhaben darf, bleibt die Spannung ein wenig auf der Strecke. Aber nur so lange, bis ein weiterer Mord geschieht und immer mehr brisante Details ans Tageslicht treten. Von nun an überschlagen sich die Ereignisse, gibt es einen Verdächtigen nach dem anderen und auch der Mörder kommt erst so richtig in Fahrt. Doch nicht nur die Krimihandlung an sich lässt den Leser plötzlich nicht mehr zur Ruhe kommen, auch die Ungereimtheiten der lokalen Sanierungspolitik entfachen seine Wut und erscheinen erschreckend real.

Fazit:
„Mord im Viertel“ ist ein Krimi-Debüt, das für alle Leser, die Wert auf eine umfangreiche Ermittlungsarbeit legen, nur bedingt empfohlen werden kann. Dafür aber ist es genau das richtige Buch für diejenigen, die am Liebsten intensiv hinter die Kulissen schauen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Agenten-Drama an Norwegens Küste

Mordkap
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Auf dem norwegischen Passagierschiff MS Midnatsol wird ein deutscher Tourist in seiner Kabine tot aufgefunden. Ein Fall für die Kollegen der Kripo, die es aufgrund eines vorherrschenden Schneesturms nicht ...

Auf dem norwegischen Passagierschiff MS Midnatsol wird ein deutscher Tourist in seiner Kabine tot aufgefunden. Ein Fall für die Kollegen der Kripo, die es aufgrund eines vorherrschenden Schneesturms nicht schaffen, zum Ort des Geschehens zu gelangen. Deshalb wird der Dorfpolizist Arne Jakobson mit den Ermittlungen betraut, was dieser auch umgehend mit der nötigen Sorgfalt in Angriff nimmt. Und schon bald die Vermutung nah, dass ein Selbstmord den Urlauber aus dem Leben riss. Allerdings nicht lange. Denn ein Zufall führt die Kollegen der Kripo auf die richtige Spur und plötzlich wird klar, dass noch immer ein Mörder auf dem Kreuzer sein Unwesen treibt. Zur gleichen Zeit werden auch verschiedene Geheimdienste aktiv und versuchen auf das fahrende Schiff zu gelangen. Ein Albtraum für den noch auf dem Passagierschiff befindlichen Dorfpolizisten, der von nun ab allein mit dem Desaster fertig werden muss.

„Mordkap“ ist das Krimi-Debüt des deutschen Autors Rainer Doh, das seine Leser in den hohen Norden entführt. Hier lernen sie nicht nur die traditionelle Postschifflinie Norwegens kennen, sondern werden Zeuge einer spektakulären Mörderjagd. Eine aufregende Reise, die Rainer Doh mit viel Fingerspitzengefühl für dramatische Szenen, glaubwürdige Figuren und dem dazu passenden Humor erdacht hat. Lediglich das Finale wirkt etwas sehr konstruiert, schafft es aber den ungewöhnlichen Kriminalfall zu einem in allen Fragen geklärten Abschluss zu bringen. Eine ganz besondere Wirkung auf den Leser hat aber die geschickt heraufbeschworene Atmosphäre des Krimis. Immer wieder fühlt er sich von den Ereignissen bedroht, leidet mit dem seekranken Dorfpolizisten mit oder genießt die Ruhe kurz vor dem erneut ausbrechenden Sturm.

Fazit:
Eine ungewöhnlich spannende Reise entlang Norwegens Küste und ein Kriminalfall, der mit einem Mord beginnt und als Agenten-Drama endet.