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Veröffentlicht am 09.10.2018

Lehrstück über Liebe, Schriftstellerei und Detektivarbeit

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
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Dieses Buch fesselt bis zur letzten der immerhin 725 Seiten. Es ist eine Mischung aus Kriminalgeschichte, Liebesgeschichte und Sachbuch über das Schreiben eines guten Buches.
Die Schriftstellerei steht ...

Dieses Buch fesselt bis zur letzten der immerhin 725 Seiten. Es ist eine Mischung aus Kriminalgeschichte, Liebesgeschichte und Sachbuch über das Schreiben eines guten Buches.
Die Schriftstellerei steht im Fokus, schon weil die beiden Protagonisten Autoren sind. Im Garten des berühmten Schriftstellers Harry Quebert in der amerikanischen Kleinstadt Aurora/New Hampshire wird im Jahr 2008 die Leiche der seit 33 Jahren vermissten Jugendlichen Nola gefunden. Bei sich hat das Mädchen das Manuskript des Romans, mit dem Quebert berühmt wurde. In ihm geht es um die Liebe zwischen einem älteren Mann und einem Mädchen. Quebert gerät unter Mordverdacht. Als sich herausstellt, dass er tatsächlich eine Liebesbeziehung zu Nola hatte, setzt sein beruflicher Niedergang ein. Queberts Schüler und Freund Marcus Goldman, der sich selbst mit einem ersten Buch einen Namen gemacht hat, jetzt aber unter einer Schreibblockade leidet, beginnt aufzuklären und schriftstellerisch zu verarbeiten, ob Quebert wirklich den Mord begangen hat. Dabei versetzt er den ganzen Ort in Aufruhr.
Das wirklich Raffinierte und Fesselnde an der Geschichte ist, wie die Auflösung des Kriminalfalls angegangen wird und sich verschiedene Verdächtige, die auch der Leser für solche halten muss, als unschuldig erweisen, und wie nach und nach zu Tage kommt, welches Wissen die Bewohner von Aurora tatsächlich jahrzehntelang mit sich trugen. Interessant sind die regelmäßig eingeschobenen Regeln darüber, was ein gutes Buch beim Schreiben erfordert, die Quebert seinem Schüler Goldman eintrichtert. Nicht zuletzt ist das Buch auch amüsant, z.B. die Telefonate von Goldman mit seiner Mutter, die ihren Sohn endlich unter die Haube kriegen will.

Dieses Buch ist wirklich lesenswert.

Veröffentlicht am 26.09.2018

Ein zum Leben ermutigendes Buch

Ich komme mit
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Wer zu diesem Buch greift, sollte wissen, dass es sich nicht mal so eben zwischendurch lesen lässt, wozu man aufgrund seines geringen Umfangs von nur 209 Seiten vielleicht verleitet sein könnte. Denn es ...

Wer zu diesem Buch greift, sollte wissen, dass es sich nicht mal so eben zwischendurch lesen lässt, wozu man aufgrund seines geringen Umfangs von nur 209 Seiten vielleicht verleitet sein könnte. Denn es ist ein Buch, das es thematisch in sich hat – es geht um Krankheit, Tod, Alterseinsamkeit und immer wieder um die philosophische, zum Nachdenken anregende Frage, was Leben ist.

Der 20jährige Student Lazy und die verwitwete, vereinsamte Vita, Anfang 70, wohnen im selben Mehrfamilienhaus. Vita kennt Lazy schon von seiner Kindheit an und mochte ihn nie. Das ändert sich, als Lazy fast hoffnungslos an Leukämie erkrankt. Vita nimmt ihn bei sich auf. Sie freunden sich an, unternehmen eine gemeinsame Reise und beschließen den gemeinschaftlichen Freitod.

So besonders wie die Freundschaft zwischen einem jungen Mann und einer alten Frau ist, so ist auch das gesamte Buch. Die Autorin nimmt sich der ernsten Themen mit einer Art Galgenhumor an und lässt die beiden Protagonisten mit schönen Sprachspielen kommunizieren. Faszinierend ist auch das Spiel, das Lazy und Vita irgendwann aufnehmen. Sie tauschen immer wieder– philosophisch anmutende – Sätze darüber aus, was Leben für sie ist, z.B. „Leben ist Melodie erkennen im Summen des Kühlschranks“ oder „Leben ist lachen beim Kitzeln“.

Ein absolut lesenswertes Buch.

Veröffentlicht am 18.09.2018

Suizid an einer Eliteuniversität

Ein Winter in Paris
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Der Lehrer und Schriftsteller Victor findet nach der Rückkehr aus dem Urlaub in seiner Post einen Brief, der ihn in seine Erinnerungen an einen Winter in Paris im Jahr 1984 eintauchen lässt. Damals studierte ...

Der Lehrer und Schriftsteller Victor findet nach der Rückkehr aus dem Urlaub in seiner Post einen Brief, der ihn in seine Erinnerungen an einen Winter in Paris im Jahr 1984 eintauchen lässt. Damals studierte er im zweiten Jahr in einer Vorbereitungsklasse einer Eliteuniversität. Aus der Provinz und aus einer unteren sozialen Schicht kommend, fristet er ein Außenseiterdasein neben seinen privilegierten Kommilitonen. Er ist ohne Freunde und sonstige soziale Kontakte und lebt ausschließlich für das Lernen, um den harten Anforderungen der Einrichtung zu genügen und im gnadenlosen Konkurrenzkampf zu bestehen. Er entschließt sich, zu seinem Geburtstag einen Kommilitonen (Mathieu) aus dem ersten Studienjahr ins Restaurant einzuladen, mit dem er neuerdings gelegentlich eine Zigarette raucht. Dazu kommt es jedoch nicht mehr, weil sich Mathieu in der Universität in den Tod stürzt, wovon Victor Zeuge wird. Dieses tragische Ereignis verändert Victors Leben. Auf einmal suchen seine Kommilitonen seinen Kontakt, ebenso wie Mathieus Vater, zu dem Victor eine seltsame Beziehung entwickelt.
Der Autor prangert in diesem Roman die unmenschlichen Bedingungen der elitären Vorbereitungsklassen an mit dem zwischen den Studenten bestehenden gnadenlosen Wettbewerb und selbstherrlichen, erniedrigenden Lehrern, die zukünftige elitäre Politiker und Journalisten heranziehen wollen. Daneben werden viele weitere Themen angesprochen: Die Beziehungen zur Familie, die Berührung mit einem anderen sozialen Milieu, der Wettbewerb an der Universität, Freundschaft. Die psychischen Befindlichkeiten von Victor und den anderen Personen seines Umfelds werden sehr schön in einer einfachen, doch wirkungsvollen Sprache beschrieben.
Ein sehr lesenswertes Buch.

Veröffentlicht am 16.09.2018

Die furchtbaren Folgen einer Scheidung für das Kind

Loyalitäten
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Ein absolut lesenswerter Roman der Autorin, die ich bereits durch ihr ebenso lesenswertes Buch „Nach einer wahren Geschichte“ kannte.

Protagonist ist der zwölfjährige Théo. Er ist Scheidungskind und lebt ...

Ein absolut lesenswerter Roman der Autorin, die ich bereits durch ihr ebenso lesenswertes Buch „Nach einer wahren Geschichte“ kannte.

Protagonist ist der zwölfjährige Théo. Er ist Scheidungskind und lebt im wöchentlichen Wechsel bei seinem verarmten, depressiven Vater und seiner Mutter, die nur noch Hass für ihren Ex-Mann verspürt. Théo trinkt regelmäßig hochprozentigen Alkohol bis zur Besinnungslosigkeit. Im Wechsel mit drei weiteren Romanfiguren kommt er zu Wort. Sein einziger Freund Mathis trinkt zunächst aus Solidarität mit, bis ihm Bedenken kommen. Ihre Lehrerin Hélène hat in ihrer eigenen Kindheit Gewalt erfahren und hat nun eine feine Antenne dafür, dass mit Théo irgendetwas nicht stimmt. Sie vermutet Misshandlungen und ist schon fast besessen davon, die Sache aufzuklären. Cécile ist die Mutter von Mathis, Tochter eines Alkoholikers. Sie entdeckt ein Geheimnis ihres Mannes.

Der Buchtitel „Loyalitäten“ ist passend gewählt. Alle Romanfiguren wollen sich auf irgendeine Weise loyal gegenüber anderen verhalten. Théo will es beiden Elternteilen recht machen; Mathis will gegenüber seinem Freund loyal sein und geht sogar so weit, dass er noch schweigt, als Théo in eine lebensbedrohliche Situation gerät; Cécile will sich selbst und Hélène ihren Schülern gegenüber loyal sein. Das behandelte Thema eines an der Scheidung seiner Eltern zerbrechenden Kindes, das sich in den Alkohol flüchtet, macht betroffen und nachdenklich. Die Erzählsprache ist dem Thema entsprechend angemessen.

Veröffentlicht am 03.09.2018

Charmanter Roman über eine Lottomillionärin und eine Muslima

Zwei unter einem Schirm
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Diesen Roman würde man nicht unbedingt als aus der Feder eines männlichen Autors kommend vermuten. Denn seine beiden wichtigsten Romanfiguren sind Frauen - die lebenslustige, bislang nicht gerade vom Leben ...

Diesen Roman würde man nicht unbedingt als aus der Feder eines männlichen Autors kommend vermuten. Denn seine beiden wichtigsten Romanfiguren sind Frauen - die lebenslustige, bislang nicht gerade vom Leben verwöhnte Lottomillionärin Lotta und die gläubige Muslima Gülcan. Die eine versteht es, den plötzlichen Hauptgewinn unter die Leute zu bringen, zumal sie dabei von falschen Freunden tatkräftig „unterstützt“ und ausgenommen wird. Die andere begibt sich in eine überstürzte, arrangierte Ehe mit einem türkischen Landsmann, der sie zur Arbeit in seinem neuen Hähnchenimbiss verpflichtet und misshandelt. Sie läuft von ihm fort und trifft zufällig auf Lotta, die sie als Putzfrau und Butler anstellt.

Die Geschichte besticht vor allem durch zuvor skizzierte Protagonistinnen. Lotta bedient so manches Klischee, das man gemeinhin von einem bis dato Normalbürger hat, der unvermittelt zu Reichtum kommt. Vieles, was sie mit dem Geld anstellt, ist recht amüsant zu lesen. Die ernsthafte, tief in ihrer Religion verwurzelte Gülcan, steht dazu im Gegensatz. Beide Frauen lernen voneinander, aber auch der Leser von den Frauen, etwa durch Gülcans Einblicke in ihr Leben als muslimische Kopftuchträgerin und ihre türkischen Wurzeln. Allerdings würde ich das Verhältnis von Lotta und Gülcan nicht als eine „wunderbare Freundschaft“ bezeichnen, wie es auf dem Buchrücken heißt. Gülcan ist eben doch nur Lottas Angestellte und wird durchaus als solche behandelt; zudem steht zwischen ihnen ein Mann, der gebildete, nach einem Burnout psychisch lädierte Herr Konrad, eine weitere wichtige Romanfigur. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass mir die gelegentlichen Spitzen auf die Wiener (Möchtegern-)Schickeria gut gefallen haben. Überhaupt wohnt der Geschichte der typische Charme eines österreichischen Autors inne.

Ein durchweg lesenswertes Buch und ein beachtlicher Debütroman.

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