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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2018

Klasse Kinderbuch

Mein Freund Otto, das wilde Leben und ich
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„...Otto sagt, wir sind viel zu brav. Seitdem denke ich über das wilde Leben nach. Und ob Otto recht hat. Und was wir tun sollen, wenn er recht hat. Denn dann kann es nicht so bleiben...“

Mit diesem Zitat ...

„...Otto sagt, wir sind viel zu brav. Seitdem denke ich über das wilde Leben nach. Und ob Otto recht hat. Und was wir tun sollen, wenn er recht hat. Denn dann kann es nicht so bleiben...“

Mit diesem Zitat beginnt ein humorvolles Kinderbuch, was sich aber auch ernsten Themen widmet. Matti und Otto gehen in die fünfte Klasse und kennen sich schon seit dem Krabbelalter. Sie sind beste Freunde. Während Matti den Klavierunterricht besucht, geht Otto zum Yoga. Das soll ihm helfen, weil er gern über die eigenen Füße stolpert. Das Ergebnis des Kursbesuches liest sich bei Otto so:

„...Und Otto sagt, sie haben damit völlig recht: er tut sich beim Fallen nicht mehr so weh...“

Matti ist der Ich-Erzähler. Der Schriftstil ist perfekt auf die Zielgruppe zugeschnitten. Die Jungen sagen, was sie denken und fallen dabei auf manch Klischee rein. Da Matti in passenden und manchmal auch unpassenden Momente in eine Lachsucht verfällt, kann er damit die eine oder andere Situation entschärfen.
Die Musiklehrerin hat eine ausgefallene Idee. Sie zeigt den Kindern das Video eines rappenden Jungen auf Youtube und gibt ihnen die Hausaufgabe, selbst einen Rap zu schreiben. Matti und Otto wollen die Aufgabe gemeinsam angehen. Leider kann Otto nicht singen. Zuerst einmal aber benötigen sie ein Thema. Sie denken an Horst Zimmermann, Kioskbesitzer, der Kinder nicht leiden kann und sie bei jeder Gelegenheit anbrüllt. Matti äußert sich darüber:

„...Mutter sagt immer, dass Leute, die besonders unfreundlich sind, irgendetwas Schlimmes im Leben passiert ist. Vielleicht stimmt das ja. Aber ehrlich. Weil man selbst etwas Schlimmes erlebt hat, ist das doch kein Grund, das Schlimme im Leben von anderen zu sein...“

Sehr schön wird dargestellt, wie die Freunde zueinander stehen und sich gegenseitig helfen. Dann bekommen sie mit, dass Horst Zimmermann von Immobilienhaien bedroht wird, die seine Zeitungen auf die Straße werfen. Die Jungen sehen sich nur kurz an und sammeln die Zeitungen wieder ein. Dabei lernen sie einen ganz anderen Horst Zimmermann kennen.
Ihre Einsatzbereitschaft und ihr ideenreiches Vorgehen führt die Jungen in andere Teile von Berlin, Sie gewinnen neue Freunde und lernen eine Menge für das Leben. Dabei sind nicht mehr so brav wie bisher. Das aber lässt sich verschmerzen. Nebenbei haben beide auch Probleme mit ihren Müttern. Matti mag den Freund der Mutter nicht und Otto möchte den Blog seiner Mutter am liebsten abschalten.
Einige Schwarz-Weiß-Bilder veranschaulichen die Handlung. Sie sind kindgerecht gezeichnet.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie ist mitten aus dem Leben gegriffen, enthält viele amüsante Momente und nimmt manch Klischee gekonnt auf die Schippe.

Veröffentlicht am 06.09.2018

Die Kraft des Glaubens

Espenlaub
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„...Das Hirtenleben hatte etwas Archaisches, es ist eine Berufung jenseits aller technischen Errungenschaften...“

Anton Hinteregger lebt in einem Südtiroler Bergdorf. Im Sommer zieht er mit den Kühen ...

„...Das Hirtenleben hatte etwas Archaisches, es ist eine Berufung jenseits aller technischen Errungenschaften...“

Anton Hinteregger lebt in einem Südtiroler Bergdorf. Im Sommer zieht er mit den Kühen auf die Alm. Obwohl er erst Mitte 30 ist, bemerkt er, dass sich seine Bewegungen verlangsamen und die Gelenke steif werden. Er baut sich deshalb Hilfen für die Arbeit.
In London wird eine Frau von der Polizei aufgegriffen. Sie heißt Eva, ist Mitglied einer Endzeitsekte, studiert Medizin und möchte aus der Sekte aussteigen.
Dann geht die Geschichte zurück in die Vergangenheit. Ich erfahre mehr über das Leben von Anton und Eva.
Der Autor hat zwei fesselnde Lebensbilder kreiert. Anton ist Waise. Bevor er ihm Heim landen konnte, hat ihn die Bäuerin Walburga Schmidt in ihre Familie aufgenommen. Sie war eine Freundin seiner Mutter. Ihr hat es Anton zu verdanken, dass er lesen und schreiben lernt. Walburga ist in Glaubensfragen sehr offen und tolerant. Trotzdem vermittelt sie ihren Kindern und damit auch Anton eine feste Glaubensgrundlage.
Eva ist in einem gutbürgerlichen Haushalt aufgewachsen. Ihr Vater ist Betriebsdirektor und trotzdem Mensch geblieben. Evas Mutter aber plant für ihre Tochter eine sogenannte gute Partie, wenn sie ein erfolgreiches Auslandsstudium absolviert hat. Zuvor aber arbeitet Eva für zwei Jahre als Hausmädchen bei Walburga. Dort lernen sich Anton und Eva kennen und lieben. Dann aber geht Eva nach England.
Der Schriftstil des Buches ist hochwertig. Sehr detailliert wird das Leben im Dorf und auf der Alm beschrieben. Der Sommer auf der Alm ist eine Zeit harter Arbeit, aber auch geprägt von Einsamkeit.
Antons Kindheit fällt in die Zeit des 2. Weltkrieges. Was das für Südtirol bedeutete, hat der Autor kurz und treffend so formuliert:

„...Das treuherzige und politisch unmündige Bergvolk war verschaukelt worden, ohne es gemerkt zu haben...“

Berührend dargelegt werden Antons Gedanken. Trotz seiner gesundheitlichen Probleme hat er die Hoffnung auf eine Zukunft nie aufgegeben. Das heißt nicht, dass es auch Zeiten gibt, wo er mit seinem Schicksal hadert. Doch das Lesen in der Bibel und seine Beschäftigung mit guter Literatur helfen ihm, sein Leben zu spiegeln und sich im Gebet für Eva einzusetzen.. In seinen Gedanken klingt das so:

„...Wenn sie schwach war, musste er stark sein. Er musste weiter durchhalten...“

Gleichzeitig erlebe ich in London Evas Kampf gegen das Gedankengut der Sekte. Das bedeutet aber auch eine ganz persönliche Auseinandersetzung mit Glaubensfragen. Sie hatte alle Brücken hinter sich abgebrochen. Der Neuanfang verlangt wichtige Entscheidungen.
Anton erkrankt in jungen Jahren an Parkinson. Das Buch zeigt auf, wie sich die Behandlung der Krankheit im Laufe der Zeit weiter verbessert hat.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist einerseits eine Auseinandersetzung mit falschen Glaubensvorstellungen und zeigt andererseits, wozu Glaube und Liebe fähig sind.
Im Anhang gibt es eine umfangreiche Abhandlung zur Espe und den Zittern ihrer Blätter.

Veröffentlicht am 04.09.2018

Nicht nur spannende Ermittlungen

Evie Blackwell - Tote Spuren
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„...Mir gefällt dieser Job, obwohl ich aufpassen muss, es nicht zu oft zu betonen.[...] Ich werde dafür bezahlt, dass ich eine Arbeit mache, die mir Freude macht. Dieses Glück sollte jeder haben...“

Commander ...

„...Mir gefällt dieser Job, obwohl ich aufpassen muss, es nicht zu oft zu betonen.[...] Ich werde dafür bezahlt, dass ich eine Arbeit mache, die mir Freude macht. Dieses Glück sollte jeder haben...“

Commander Frank Forster wird eine neue Task Force unterstellt, die sich um Vermisstenfälle kümmern soll. Zum Team gehören Evie Blackwell und David Marshal. Beide werden im gleichen Ort arbeiten. Während Evie sich um eine verschwundene Studentin kümmert, befasst sich David mit einem abgängigen Privatdetektiv.
Die Autorin hat einen spannenden Kriminalroman geschrieben. Das Besondere an der Geschichte ist einerseits, dass ich als Leser an den detaillierten Ermittlungen und Gedankengängen der Protagonisten teilnehmen darf, dass andererseits aber das Privatleben der beiden Ermittler einen zusätzlichen Akzent in der Handlung setzt.
Der Schriftstil ist ausgewogen. Anfangs stellt Sharon in ihrer Gedanken das Team vor, indem sie jeden vor ihren inneren Auge vorbeiziehen lässt.
Über große Strecken dominiert exakte Ermittlungsarbeit. Da die Fälle etliche Jahre zurückliegen, müssen Beteiligte neu befragt, alte Akten gelesen, analysiert und neu geordnet werden. Gut wird beschrieben, wie unterschiedliche Evie und David an ihre Aufgabe gehen. Beide Vorgehensweisen haben ihre Vorteile, aber auch Nachteile. Evie und David harmonieren gut miteinander, tauschen sich regelmäßig aus und lernen voneinander. Das Eingangszitat stammt von David, könnte aber auch aus Evies Mund gekommen sein, denn sie mag es ebenfalls, Rätsel zu lösen.
Zu den stilistischen Höhepunkten gehören die fein ausgearbeiteten Gespräche. David ist mit einer berühmten Sängerin zusammen. Doch die Hochzeit lässt auf sich warten. David ist nach einem schweren Unfall zum christlichen Glauben gekommen. Seine Freundin lehnt den Glauben nicht ab, hat aber Probleme, an die Auferstehung Jesu zu glauben. Im Gespräch mit David sieht Evie das so:

„...Dir fällt das Glauben relativ leicht. Aber es gibt viele Menschen auf der Welt wie Maggie, für die es kein so einfach Schritt ist, die Wahrheit zu akzeptieren...“

Umfangreich erzählt David darüber, was er vor Auftritten alles tut, um Maggies Sicherheit zu gewähren. Auch das Haus, in dem die Sängerin leben will, gleicht einer Festung. Fans sind eben nicht nur begeisterte Musikliebhaber. Sie können zur Gefahr werden.
Evie ist mit dem Bankier Rob zusammen. Er tut ihr gut und gibt ihr Ruhe im ihrem stressigen Job. Trotzdem ist sich Evie innerlich nicht sicher, ob Rob der Richtige für sie ist. Dieses Mal findet David die passenden Worte:

„...Manchmal kommt die Liebe von alleine und manchmal ist sie die schwierigste Entscheidung, die ein Mensch im Leben trifft...“

Bei den Ermittlungen stellt sich heraus, dass es Überschneidungen zwischen ihren Fällen gibt. Außerdem führen die Untersuchungen über die letzten Stunden der Studentin ins Musikleben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich finde es gut, dass ich Schritt für Schritt in die Fälle einbezogen wurde. Gleichzeitig gehen die Gespräche zwischen Evie und David über Glaubensfragen in die Tiefe. Beide Protagonisten sind nicht nur begnadete Ermittler. Sie erhalten durch ihre Persönliche Lebensgeschichte, die sie im Rahmen der Handlung erzählen, ein Gesicht.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Pulverfass Berlin anno 1968

Die Tote im Wannsee
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„...Lust,, Wahnsinn, Wut, Eifersucht, Unerfahrenheit. Suchen Sie es sich aus. Wir Menschen sind die kreativsten Geschöpfe auf Gottes kleiner Erde. In jeder Hinsicht. Die Mona Lisa und das hier kommen aus ...

„...Lust,, Wahnsinn, Wut, Eifersucht, Unerfahrenheit. Suchen Sie es sich aus. Wir Menschen sind die kreativsten Geschöpfe auf Gottes kleiner Erde. In jeder Hinsicht. Die Mona Lisa und das hier kommen aus der gleichen Quelle...“

Wir befinden uns im Berlin des Jahres 1968. Die Stadt gleicht einem Pulverfass. Auf der einen Seite gibt es nach dem Tode von Bruno Ohnesorg zunehmend Studentenunruhen. Andererseits hält die Kriegsgeneration an alten Feindbildern fest. Nicht zuletzt ist die Stadt ein Sammelbecken von Agenten jeglichen Couleur. Dann wird eine tote Frau im Wannsee gefunden. Der Pathologe zählt 28 Messerstiche. Auf die Frage des ermittelnden Kommissars Wolf Heller erhält er das obige Zitat als Antwort.
Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Doch das Buch ist nicht nur durch die spannende Handlung geprägt, es zeichnet außerdem ein anschauliches Bild von Westberlin.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen und variiert entsprechend des konkreten Geschehens. Schon nach wenigen Seiten ist klar, dass Mitglieder staatlicher Organe in den Fall verstrickt sind. Wolf merkt das daran, dass man ihm geschickt Steine in den Weg legt. Dazu gehört auch das Angebot einer möglichen Beförderung. Doch Wolf ist seinem Berufsethos verpflichtet. Er möchte den Fall aufklären. Dass er damit auch Eingriffe in sein Privatleben in Kauf nehmen muss, ahnt er nicht.
Sehr detailliert werden die Gedankengänge der Studenten wiedergegeben. Sie sind auf Krawall gebürstet, können sich aber nicht von alten Denkstrukturen lösen. Das bringt Louise auf die Palme. Sie lebt in einer Studenten-WG und muss erleben, dass auch dort Frauen für das Kochen und Putzen verantwortlich sind. In ihren Gedanken klingt das so:

„...Sie war für die Verpflegung zuständig, was ihr gehörig auf den Geist ging, weil die Kerle die gleiche Rollenverteilung verfügt hatten wie ihr Vater zuhause...“


Wolf Heller allerdings stellt sich angesichts der Studentenproteste eine andere Frage.

„...Heller fragte sich wie viele andere in der Stadt auch, ob die Studenten wirklich ernsthaft so etwas wie die DDR wollten...“

Beide Zitate belegen, dass der Autor die Sprache seinen Protagonisten anpasst. Sie unterscheidet sich grundlegend zwischen den Studenten und bürgerlichen Kreisen.
Wolf Heller ist nicht nur in seinen Ermittlungen gründlich. Er kann mit Menschen umgehen und bringt den Betroffenen viel Empathie entgegen. Leider ist die Stimmung im Team eher negativ. Vor allem Kommissar Doll kann sich spitze und unqualifizierte Bemerkungen nicht verkneifen und reißt dabei bei Wolf alte Wunden auf.
Wolfs Vorgesetzter will ein schnelles Ergebnis. An Wahrheit ist ihm weniger gelegen. Der Mann der Toten scheint der geeignete Täter.
Im Buch begegneten mir einige bekannte Namen, sei es der Anwalt Otto Schily, der Geheimdienstler Markus Wolf oder der Sänger Reinhard Mey.
Immer wieder kommen Geschichten aus der Vergangenheit hoch. Es ist erstaunlich, wie viele ehemalige SS – Angehörige Karriere gemacht haben. Auch Wolfs Vater erzählt ihm das dunkelste Kapitel seines Leben.
Gut gestaltete Gespräche, die die politische Situation auf den Punkt bringen, gehören zu den stilistischen Feinheiten der Geschichte.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Mit einem Zitat möchte ich meine Rezension beenden:

„...Die Zehn Gebote, die so oder ähnlich in allen Religionen vorkommen, sind doch ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es mit dem Gutsein des Menschen nicht so weit her ist, sonst müsste Gott uns nicht immer wieder daran erinnern, dass wir nicht morden, stehlen, fremdgehen und lügen dürfen...“

Veröffentlicht am 30.08.2018

Brisant und hochaktuell

Hass im Fadenkreuz
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„...Alle, die Bescheid wussten, haben dicht gehalten. Die Polizei hatte keinen Namen, keine Gesichter. Es war relativ gefahrlos zurückzukommen...“

Nach den letzten Anschläge (Die sind Inhalt des ersten ...

„...Alle, die Bescheid wussten, haben dicht gehalten. Die Polizei hatte keinen Namen, keine Gesichter. Es war relativ gefahrlos zurückzukommen...“

Nach den letzten Anschläge (Die sind Inhalt des ersten Bandes) hat sich Lys nach Kambodscha zurückgezogen. Dort arbeitet er als Helfer in einer Kinderarztpraxis. In Deutschland aber macht Daniel Kraußler erfolgreich Propaganda für seine rechtsgerichtete Partei. Daraufhin beschließen Lys` Vorgesetzte, die Aktivisten nach Deutschland zu holen. Lys nutzt die Chance, um Esther wiederzusehen. In dem Zusammenhang fällt das Eingangszitat.
Die Autorin hat erneut einen brisanten Krimi geschrieben. Ähnlich wie im ersten Teil geht es um die Frage, ob man Gewalt mit Gewalt bekämpfen kann.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Einerseits unterstützt er die rasante Handlung, andererseits lässt er Platz für tiefgründige Diskussionen.
Schnell wechselnde Handlungsorte und Personen sorgen ebenfalls für einen hohen Spannungsbogen. Wie geschickt Massen zu manipulieren sind, macht Kraußler seinen Mitstreitern mit folgenden Worten klar:

„...Natürlich äußern wir uns kritisch über die Islamisierung, die EU und greifen die Ängste der Bürger auf. Aber wir müssen seriös bleiben. Wir können nicht als dumpfe rechte erscheinen...“

Esther liebt Lys. Doch sie kann und will so nicht mehr leben. Sein Schweigen macht ihr Angst. Sie vermutet, dass er neue Anschläge gegen die rechte Szene plant. Sie lehnt diese Gewaltspirale ab. Dabei ahnt sie nicht im mindesten, dass sie selbst mittlerweile zur Zielscheibe von Lys` Gegnern geworden ist. Sie versucht, Lys` ins Gewissen zu reden:

„...Ich kann das nicht einfach so hinnehmen. Ich will nicht, dass du dich ständig in Gefahr begibst und diese falschen Dinge tust...“

Gekonnt thematisiert die Autorin die Verführungsgewalt charismatischer Führer mit einfachen Parolen, aber auch die Sinnlosigkeit von Gewalt und Gegengewalt. Gerade Esther macht selbst in schwierigsten Situationen deutlich, dass sie Gewalt und Selbstjustiz ablehnt und dass das Gewaltmonopol in die Hände der Polizei und nicht in die selbstgewählter Gerechter gehört. Dabei wird klar, dass auch Lys und seine Freunde von höheren Chargen instrumentalisiert werden.
An manchen Stellen hatte ich fast den Eindruck, dass die Gegenwart die Geschichte des Buches schon überholt hat.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ein Zitat aus Esthers Mund fasst das Fazit zusammen:

„...Niemand hat das Recht zu töten. Ihr stellt euch auf die gleiche Stufe, auf der diese Terroristen stehen...“