Irgendwie fängt irgendwann irgendwo die Zukunft an
SpätsommerfreundinnenJette steht kurz vor ihrem 49. Geburtstag und ist etwas unzufrieden mit ihrem Aussehen. Aber „Fünfzig ist das neue Dreißig. Na ja, das war vielleicht ein wenig übertrieben. Aber vierzig würde passen.“ ...
Jette steht kurz vor ihrem 49. Geburtstag und ist etwas unzufrieden mit ihrem Aussehen. Aber „Fünfzig ist das neue Dreißig. Na ja, das war vielleicht ein wenig übertrieben. Aber vierzig würde passen.“ (S. 9) meint ihre Tochter Jule. Außerdem ist sie frisch geschieden und quasi auf dem Weg in den Wellnessurlaub mit ihrer besten Freundin Eva, als sie erfährt, dass ein alter Freund ihrer Mutter gestorben ist. Statt nach Sylt geht es also zur Beerdigung nach Lünzen in der Lüneburger Heide (ihrem Geburtsort), wo ihr sofort in ihre Jugendliebe Jan über den Weg läuft. Zudem erfährt sie, dass sie das Lokal des Verstorbenen übernehmen könnte – davon hat sie früher immer geträumt ...
Seit ihrer Schulzeit war Jette nicht mehr in Lünzen, trotzdem ist das Heimatgefühl sofort wieder da. Der Ort ist recht klein, man kennt sich und es gibt keine Geheimnisse – theoretisch. Aber dann lässt die Schwester des Verstorbenen auf der Beerdigung eine Bombe platzen. Und das bleibt nicht die einzige Überraschung.
Außerdem funkt es zwischen Jette und Jan sofort wieder. Aber was will er von ihr? Eine Affäre? Eine zweite Chance? Will sie die alte Liebe wieder aufwärmen? Liebe macht verletzlich.“ (S. 22) Sie hält ihn vorerst auf Abstand, auch wenn ihr das nicht immer leichtfällt.
In „Spätsommerfreundinnen“ lässt Andrea Russo die Frauen ihrer (und fast schon meiner) Generation zu Wort kommen. Eine Altersklasse, in der man sich noch nicht richtig alt fühlt, aber eben auch nicht mehr jung. Keine 20- oder 30jährigen auf der Suche nach der großen Liebe, sondern gestandenen Frauen mitten im Leben und in Umbruchsituationen. Jette und ihre Freundinnen resümieren ungeschönt über Wechseljahre und eingeschlafene Beziehungen, sich verändernde Körper und Gelüste.
Einmal angefangen, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen und habe (wieder mal) bis nach Mitternacht gelesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht. Die Geschichte ist sehr spannend und voller unvorhersehbarer Wendungen. Und ziemlich lustig, weil Jette gern mal in das eine oder andere Fettnäpfchen tappt.
Besonders gefallen haben mir der Zusammenhalt der Frauen und die verschiedenen Arten ihrer Beziehungen. Jette und Uta haben 30 Jahre nichts voneinander gehört und sind sich fremd geworden. Jetzt sprechen sie sich aus und merken, was sie eigentlich verpasst haben.
Eva und Jette hingegen sind sich ebenbürtig und beste Freundinnen, Ratgeber für alle Lebenslagen. Sie haben sich gegenseitig durch die schlimmsten Krisen geholfen – so etwas schweißt natürlich zusammen.
Und Jette und Tochter Jule sind die „Girlmore Girls von Oberhausen“.
Andrea Russo macht mit diesem Buch aber auch Lust auf die Lüneburger Heide und Buchweizentorte .
Zum Schluss gibt’s mein Lieblingszitat: „Liebe ist der Entschluss, das Ganze eines Menschen zu bejahen, die Einzelheiten mögen sein, wie sie wollen.“ (S. 190)