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Veröffentlicht am 30.10.2018

Familienweihnachten mit Hindernissen

Sieben Tage Wir
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"Sieben Tage wir" von Francesca Hornak ist eine wunderbare Familiengeschichte, die rund um Weihnachten spielt und das Herz froh macht.
Die Familie Birch besteht aus Vater Andrew, Mutter Emma und den erwachsenen ...

"Sieben Tage wir" von Francesca Hornak ist eine wunderbare Familiengeschichte, die rund um Weihnachten spielt und das Herz froh macht.
Die Familie Birch besteht aus Vater Andrew, Mutter Emma und den erwachsenen Töchtern Phoebe und Olivia. Schon lange verbringen sie Weihnachten nicht mehr alle zusammen, weil Olivia als Ärztin in vielen Ländern unterwegs ist und humanitäre Hilfe leistet. Auch in diesem Jahr war sie bis vor kurzem bei der Haag-Epidemie in Liberia im Einsatz, aber zu Weihnachten ist ihr Einsatz vorbei und sie kommt nach Hause. Das ist für die restliche Familie auch ganz besonders und sie alle wollen Weihnachten so festlich wie möglich gestalten. Sie verbringen die Feiertage wie früher auf dem Landsitz von Emmas Familie in Norfolk, aber noch abgeschiedener als sonst: Wegen Olivias Infektionsrisiko muss sie - und alle mit denen sie zusammen sein will - 7 Tage in Quarantäne verbringen und jeden Kontakt zur Außenwelt meiden. Das ist gar nicht so einfach, denn die vier Erwachsenen haben sich nicht mehr so viel zu sagen und haben alle das ein oder andere Geheimnis angespart, das sie den anderen um keinen Preis verraten wollen: Olivia hat eine Liebesbeziehung zu ihrem Kollegen Sean begonnen - trotz striktem Kontaktverbot. Kurz nachdem sie in Norfolk ankommt erfährt sie, dass bei Sean Haag diagnostiziert wurde und er im Krankenhaus um sein Leben ringt. Sie leidet mit ihm, darf ihrer Familie aber nichts davon erzählen. Beim Emma wurde kurz vor den Feiertagen ein Knoten entdeckt und ein Krebs diagnostiziert. Das will sie aber noch keinem verraten um die Feiertagsstimmung nicht zu vermiesen. Dabei fühlt sie sich aber immer ein bisschen schwach und will das durch emsige Betriebsamkeit unterdrücken. Andrew hat schon vor Jahren einen Brief bekommen, von eine Frau mit der er während eines Auslandseinsatzes einen One-night-stand hatte, ein einmaliger Ausrutscher, er hat Emma nie davon erzählt. Sie wurde damals schwanger und hat einen gemeinsamen Sohn zur Adoption freigegeben. Andrew hat diesen Brief damals ignoriert, doch nun schreibt ihm sein Sohn auch ausgerechnet kurz vor Weihnachten, dass er ihn gerne kennenlernen möchte.

Alle miteinander haben also ihr Päckchen zu tragen und wollen gleichzeitig eine fröhliche Weihnachtssttimmung vortäuschen. Das kann auf engstem Raum natürlich nicht lange gut gehen.

Die Autorin beschreibt die Szenen wunderbar, wir erfahren die Geschichte immer abwechselnd, Kapitel für Kapitel aus der Sicht eines Familienmitglieds und bekommen so verschiedene Sichtweisen und Meinungen zu hören. Das vermittelt uns ein wunderbares und beinahe Allwissendes Bild der Szenerie und so sehen wir schon kommen, was für die einzlnen überraschend ist. Am Ende werden natürlich alle Geheimnisse aufgedeckt und die Familie versöhnt sich - ein reinigendes Gewitter lässt eine neue Vertrauensstimmung aufleben. Dazwischen fand ich die Lösung eines Falles etwas vorhersehbar, aber vielleicht hatte ich auch einfach zufällig den richtigen Riecher.
Leider ist es am Ende kein reines Happy End. Das fand ich sehr schade.

Eine wunderbare Geschichte, gerade für die (Vor-)Weihnachtszeit. Sie animiert dazu, mehr miteinander zu reden und einander zu vertrauen. Außerdem senibilisiert sie dafür, nicht immer nur an die eigenen Sorgen zu denken, sondern hinter den "Launen" der anderen auch tiefergehende Probleme zu sehen und einander zu helfen.
Eine wunderbare Weihnachtsgeschichte, bis auf den kleinen Wermutstropfen ganz am Ende. Der hätte nicht sein müssen. Mir wäre ein kitschiges Happy End lieber gewesen.
Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 03.10.2018

Teil 2 in den Cevennen

Brennende Cevennen
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"Brennende Cevennen" ist der zweite Teil in der Regional-Krimi bzw. -Roman-Reihe von Anne Chaplet.
Tori hat Carls Tod und die schlimmen Ereignisse in Belleville noch nicht verwunden, da geschehen schon ...

"Brennende Cevennen" ist der zweite Teil in der Regional-Krimi bzw. -Roman-Reihe von Anne Chaplet.
Tori hat Carls Tod und die schlimmen Ereignisse in Belleville noch nicht verwunden, da geschehen schon die nächsten: Es hat wochenlang nicht geregnet, das Wetter ist heiß, der Boden ausgedörrt. Da ist nichts schlimmer als ein Brand, doch bei einem bleibt es nicht, ein zweiter kommt hinzu. Dabei sterben zwei Kinder. Sind die Feuer durch Unachtsamkeit ausgebrochen, oder war es Brandstiftung? Warum ist ausgerechnet ein Prototyp der umstrittenen Ferienhäuser abgebrannt? Und wo sind die verschwundenen Personen? Haben sie etwas mit den Bränden zu tun.
Tori hat dabei ihre eigenen Probleme - sie bekommt einen anonymen Drohbrief a la "Ausländer raus". Jan kommt für kurze Zeit zurück, doch kaum ist er bei ihr, wird er niedergeschossen. Galt der Schuss ihm oder ihr? Da hilft es wenig, dass er nicht an sein Handy geht, obwohl es ihm schon besser geht und dass ihn im Krankenhaus eine junge hübsche Frau abholt. Tori versucht sich abzulenken und geht Spuren im Brandfall nach, die die Polizei ihrer Meinung nach vernachlässigt. Es wird spannend!

Wie schon der erste Teil ist das Buch eine Mischung aus wundervoller Landschaftsbeschreibung, lokaler Geschichte, einem regionalen Gesellschaftsporträt und Krimi. Die Personen des ersten Teils werden noch weiter ausgebaut, es kommen neue hinzu.
Die Krimielemente kommen dadurch nicht zu kurz, ungewöhnlich ist nur, dass wie bei Teil eins, am Ende ein Gefühl bleibt, dass nur die wenigsten Fragen aufgelöst wurden und die Lösung wieder praktisch und einfach ist, sodass die Dorfgemeinschaft nicht in Gefahr gerät.

Ich bin ein großer Fan der Krimireihe und hoffe, dass es noch viele Teile geben wird. Trotzdem würde ich mir aber auch wünschen, dass Tori ein bisschen mehr herausfindet und hinter die Dorf-Kulissen schauen darf. Ich fürchte ja immer noch, dass hinter allem jemand steckt, der vom ganzen Dorf gedeckt wird und dem Tori eigentlich vertraut. Hoffen wir es nicht!

Veröffentlicht am 03.10.2018

Aus dem Leben gegriffen und urkomisch

Ich muss mit auf Klassenfahrt - meine Tochter kann sonst nicht schlafen!
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"Ich muss mit auf Klassenfahrt - meine Tochter kann sonst nicht schlafen!" - der Titel sagt schon alles und gibt einen Vorgeschmack auf die unvorstellbar komischen Situationen, in die man mit Helikopter-Eltern ...

"Ich muss mit auf Klassenfahrt - meine Tochter kann sonst nicht schlafen!" - der Titel sagt schon alles und gibt einen Vorgeschmack auf die unvorstellbar komischen Situationen, in die man mit Helikopter-Eltern geraten kann. Lena Greiner und Carola Padtberg-Kruse haben viele Zuschriften bekommen und konnten hier eine zweite Sammlung an Geschichten zusammenstellen. Wir begleiten Helikopter-Eltern und ihren Nachwuchs von der Wiege bis zur Bahre - naja, zumindest fast. Schon pränatal wollen diese Eltern nichts dem Zufall überlassen und ihren (noch nicht geborenen) Nachwuchs ultimativ fördern. Danach begleiten sie ihn die ganze Schullaufbahn hindurch (und wir mit), indem sie alle Unannehmlichkeiten aus dem Weg räumen. Da wundert es uns nicht, dass sie ihn später auch noch in Uni und Beruf begleiten müssen - denn was Helikopter-Nachwuchs sicher nicht lernt ist: Selbstständigkeit.
Alle Geschichten sind mehr oder weniger saukomisch (weniger nur, wenn man Ähnliches schon hautnah erlebt hat). Besonders gut hat mir das Kapitel am Ende gefallen, ein später Brief einer Tochter an die eigene Helikopter-Mutter, ein Weckruf für alle Helikopter-Eltern, die nur das Beste für ihre Kinder wollen und ihnen dabei womöglich schlimmes antun.

Veröffentlicht am 07.09.2018

Grandioser Auftakt zu einer spannenden Familiensaga

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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„Die Schwestern von Mitford Manor – unter Verdacht“ von Jessica Fellowes ist der erste Band eìner hoffentlich bald vielteiligen Buchreihe um die Mitford-Schwestern.

Sofort als ich sah, dass Jessica Fellowes ...

„Die Schwestern von Mitford Manor – unter Verdacht“ von Jessica Fellowes ist der erste Band eìner hoffentlich bald vielteiligen Buchreihe um die Mitford-Schwestern.

Sofort als ich sah, dass Jessica Fellowes die Person ist, die die wunderbaren Begleitbücher zur Serie „Downton Abbey“ geschrieben hat, war für mich klar, dass ich diesen Roman lesen musste.

Wir schreiben das Jahr 1920 und begleiten die junge Louisa Cannon auf dem Weg, ihr Leben in glücklichere Bahnen zu lenken – ja eigentlich dabei, ihr Leben zu retten. Sie lebt in London in ärmlichen Verhältnissen, ihre Mutter arbeitet so viel sie kann als Wäscherin, ihr Vater ist vor kurzem gestorben, seitdem hat sich ihr fauler und zwielichtiger Onkel Stephen bei ihnen einquartiert. Er hat bei vielen Männern Schulden und möchte einen von ihnen mit Naturalien auszahlen – mit Louisa! Eine Nacht würde genügen, sagt er. Louisa wird speiübel. Ihr einziger Ausweg ist die Flucht. Ihre Chance: eine Freundin erzählt ihr, dass eine reiche befreundete Familie, die Mitfords, ein neues Kindermädchen sucht. Louisa bewirbt sich und tatsächlich besteht sie das Vorstellungsgespräch. Doch zur gleichen Zeit, als Louisa dort ankommt, wird im Zug eine bekannte der Familie, die Krankenschwester Florence Nightingale Shore ermordet. Die älteste Tochter der Familie, Nancy, ungefähr so alt wie Louisa, liebt spannende Geschichten in der Zeitung und beginnt sich Gedanken über den Fall zu machen. Natürlich zieht sie Louisa mit hinein und die beiden beginnen zu ermitteln. Es folgt eine lange aber kurzweilige Geschichte, mit vielen neuen Bekanntschaften, den Erfahrungen des Erwachsenwerdens und auch vielen Gefahren.

Der Schreibstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen. Von Anfang an war mir Louisa sofort sympathisch und ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen. Auch die anderen Figuren, wenn auch in den meisten Kapiteln aus Louisas Sicht geschildert, kann man sich wunderbar vorstellen und bekommt eine gute Vorstellung von ihrem Wesen und ihrem Charakter. Die Geschichte ist kurzweilig geschrieben, man kann das Buch über viele Seiten gar nicht mehr weglegen. Dazu tragen auch die kurzen Kapitel bei, man fliegt nur so über die Seiten.

Ich hätte – dem Klappentext nach zu urteilen – etwas mehr Krimi erwartet, aber so wie sich der Roman entwickelt hat, war das Verhältnis zwischen spannender, tragischer und glücklicher Familiengeschichte und Krimi-Ermittlung genau ausgeglichen. Der Roman hat mir sehr gut gefallen. Die Familie Mitford, Guy und natürlich allen voran Louisa sind mir sehr ans Herz gewachsen. Deswegen hoffe ich, dass wir nicht allzu lange auf den nächsten Band warten müssen und dass Louisa auch hier wieder die Hauptperson sein wird.

Veröffentlicht am 02.08.2018

Spannende Medizingeschichte

Der Horror der frühen Medizin
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"Der Horror der frühen Medizin" von Lindsey Fitzharris ist eine Mischung aus einem lehrreichem Sachbuch, einer spannenden Roman und einer Biografie.
Sie berichtet, welchen riesigen Wandel die Medizin ...

"Der Horror der frühen Medizin" von Lindsey Fitzharris ist eine Mischung aus einem lehrreichem Sachbuch, einer spannenden Roman und einer Biografie.
Sie berichtet, welchen riesigen Wandel die Medizin im Allgemeinen und die Chirurgie im Besonderen im 19. Jahrhundert mitgemacht hat. Am Anfang stehen Chirurgen, die weder Lesen noch Schreiben können und ihr Handwerk nur so gut beherrschen wie der Vorgänger von dem Sie es gelernt haben. Am Anfang stehen Chirurgen, die in vollbesetzten Räumen vor Schaulustigen in Straßenkleidung operieren und dabei mit bloßen ungewaschenen Händen in den offenen Wunden herumstochern. Dann kommt ein langsames Umdenken und stetige Verbesserungen, bis am Ende studierte Mediziner als Chirurgen in penibel sauberen Operationsräumen Wunden mit antiseptischen Mitteln behandeln und mit desinfizierten Werkzeugen operieren.
Das meiste von diesem Wandel verdanken wir Joseph Lister, der im 19. Jahrhundert sein Studium zum Mediziner und Chirurgen durchlief, verschiedene Stellen in Großbritannien annahm und dabei seine Techniken immer weiter verbesserte, bis er am Ende sein ganzes Fach revolutionierte.

Lindsey Fitzharris schreibt dabei so spannend und detailliert, dass wir uns sehr gut in die damalige Zeit und besonders in die damaligen Krankenhäuser und Lehrsäle hineindenken können. Sie versäumt es nicht, dabei auch Dinge zu schildern, die nur am Rande mit Listers Geschichte zu tun haben, uns aber helfen die Umstände und Lebenssituation der Menschen damals zu verstehen. Es werden viele wissenschaftliche Fachbegriffe verwendet und die meisten davon auch erklärt. Manche Begriffe, die nicht oder schon an viel früherer Stelle erklärt wurden, habe ich absichtlich nicht nachgesehen um mir das Ganze nicht zu bildlich vorzustellen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Autorin übertrieben dramatisiert oder besonders ekelige Stellen hervorhebt. Die grundlegende Übelkeit beim Lesen ist einfach den damaligen Umständen und besonders der Diskrepanz zwischen den damaligen und den heutigen Praktiken geschuldet.

Ich möchte das Buch allen empfehlen, die ein grundlegendes Interesse am menschlichen Körper und der Behandlung desselben haben. Man lernt durch das Buch erst schätzen, was die Medizin heute, so kurz nach der geschilderten Zeit, alles leisten kann.
Das Buch ist spannend und lehrreich zugleich - man sollte nur nicht zu zart besaitet sein.