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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.01.2019

Subtile Psychologie eines Stalkers

YOU – Du wirst mich lieben
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Ein einziger Augenblick, eine unheilvolle Begegnung und sie sind vom Schicksal füreinander bestimmt, zumindest wenn es nach Joe ginge. Als er die umwerfende Guinevere in seinem Buchladen trifft, ist er ...

Ein einziger Augenblick, eine unheilvolle Begegnung und sie sind vom Schicksal füreinander bestimmt, zumindest wenn es nach Joe ginge. Als er die umwerfende Guinevere in seinem Buchladen trifft, ist er sofort hin und weg und entwickelt eine Obsession. Fortan verfolgt er sie über ihre Social Media Kanäle und stalkt sie auch zu ihrer bis Wohnung, zur Uni, sogar zu den Treffen mit ihren Freundinnen. Geschickt räumt er alle Hindernisse, die zwischen ihnen stehen, aus dem Weg, bis sie sich ihm freiwillig hingibt, doch viel zu schnell wird aus ihrer Beziehung ein tödliches Spiel und sie begreift zu spät wer er ist...

Sofort ist mir der ungewöhnliche Erzählstil aufgefallen, der ziemlich unspektakulär aus Joes Ich-Perspektive erzählt, doch wird der Leser/die Leserin mit Du angesprochen, als wäre man Guinevere, der er all das beschreibt was geschieht. Solch ein Stil ist mir bisher nicht bekannt gewesen und konnte mich sofort catchen und überzeugen, sodass ich unglaubliche Lust hatte weiterzulesen. Diese Neugier relativiert sich allerdings im Laufe der Geschichte und die daraus resultierende Besonderheit verliert sich zunehmend. Die eigentliche Liebesgeschichte zwischen beiden entwickelt sich ziemlich langsam und es werden viele Beobachtungen, Meinungen und Angesichten von Joe sehr ausführlich beschrieben, sodass sich alles ziemlich in die Länge zieht, worunter leider auch die Spannung leidet und alles zäh wirken lässt. Joe ist in gewisser Weise berechenbar, da er außerordentlich akkurat und gründlich plant wie er die Hindernisse aus dem Weg räumen möchte, in der Praxis allerdings oft spontan reagiert, was seinen Handlungen eine Holprigkeit verleiht. Durch seine Sichtweise kann man seinen Gedankengängen gut folgen und versteht auch wie gewisse Schlüsse zieht und wie er über seine Beziehung zu Guinevere denkt. Das ist ziemlich aufschlussreich auf der anderen Seite aber auch verstörend. Er ist ein Psycho, aber keinesfalls impulsiv oder begeht Taten aus Rache oder anderen solcher niederen Gründe, was ihn mit etwas Sympathisch gemacht hat. Guinevere habe ich als einfältig, dümmlich, naiv, teilweise psychisch labil in Erinnerung. Sie war mir überhaupt nicht sympathisch. Ich weiß wirklich nicht was Joe an ihr gefunden hat. Er erfährt so viele Dinge über sie und will sie trotz allem, begeht daraufhin schlimme Taten, die teils unnötig sind, und sie ändert sich ja doch nicht, bei all dem Verständnis und der Aufrichtigkeit die er ihr entgegenbringt, mal abgesehen von seinen kriminellen Machenschaften. Wie die überhaupt in eine Beziehung geraten sind, ist mir schleierhaft. Sie passen nicht zueinander, meiner Meinung nach. Schon eine außergewöhnliche Geschichte für mich, wenn ich den Killer als sympathisch bezeichne und das eigentliche Opfer nicht leiden kann. Daran mag vermutlich auch die Perspektive seinen Beitrag haben.

Subtiler Psychoterror, der sich erst langsam entwickelt und in einem tödlichen Höhepunkt endet.

Veröffentlicht am 16.10.2018

Alltägliche Geschichten über Schuld

Schuld
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In diesem Werk stellt der Autor fünfzehn kurze Geschichten vor, in denen es zwar um Schuld geht, die Schuldigen scheinen allerdings nicht in jedem Fall eindeutig und es wird die Frage nach der Mitschuld ...

In diesem Werk stellt der Autor fünfzehn kurze Geschichten vor, in denen es zwar um Schuld geht, die Schuldigen scheinen allerdings nicht in jedem Fall eindeutig und es wird die Frage nach der Mitschuld aufgeworfen.Am Ende bleibt die Frage, wer denn nun der wahre Schuldige/die wahre Schuldige ist und was Schuld überhaupt ist.

Einige Geschichten empfand ich als ausgefallener, die meisten waren allerdings zumindest so unscheinbar, dass sie durchaus auch täglich vorkommen könnten. Und genau das macht das Buch einerseits authentisch und bringt so ausreichend Nähe zur Realität, sodass es einen dazu anregt ernsthaft darüber nachzudenken inwiefern Schuld eine Rolle im tagtäglichen Leben spielt und aus welchen Positionen diese betrachtet werden kann.

Andererseits hatte ich mir mehr Außergewöhnlichkeit von diesem Buch versprochen. Dazu waren die Geschichten zu unausgeführt und zu gewöhnlich. Es kam mir vor, als hätte ich die meisten Geschichten schon zahlreiche Male irgendwo in anderen Büchern oder auch in Filmen gehört/gelesen und daher erschien es mir zu einfältig und zu klassisch um irgendwie hervorzustechen und zu überzeugen.

Veröffentlicht am 16.10.2018

Überflüssige Längen und wenig Spannung

Der Abgrund in dir
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Die junge Rachel wächst unter schwierigen Bedingungen auf und verliert schon früh ihre Familie. Geplagt von Selbstzweifeln und, im späteren Verlauf, seelischen Leiden, trifft sie auf den Detektiv Brian ...

Die junge Rachel wächst unter schwierigen Bedingungen auf und verliert schon früh ihre Familie. Geplagt von Selbstzweifeln und, im späteren Verlauf, seelischen Leiden, trifft sie auf den Detektiv Brian Delacroix, der ihr bei der Suche nach ihrem Vater helfen soll, der ein gut gehütetes Geheimnis ihrer Mutter geblieben ist, das sie mit ins Grab genommen hat. Nach erfolgloser Suche dümpelt Rachels Leben so vor sich hin und sie macht Karriere bis ein beruflicher Zusammenbruch alles verändert und sie wieder alleine zurückbleibt. Jahre später trifft sie wieder auf Brian und die Farce aus Lügen, Betrug und Verrat ihren Lauf nimmt.

Da mir eines der anderen Werke des Autors (Shutter Island) mit seinem unvorhersehbaren Twist super gefallen hat, hatte ich große Erwartungen an den äußerst spannend klingenden Klappentext und hoffte auch mit einem ähnlich überraschenden und schockierenden Umschwung in der Geschichte. Doch leider konnten mich die Handlungen nicht so begeistern wie erhofft. Stellenweise gibt es viele Längen, die ausgefüllt mit irgendwelchen, in meinen Augen, unwichtigen Fakten und Geschehnissen aus Rachels Leben sind, dabei leider keinerlei Spannung aufbauen. Erst als sie und Brian sich näher kommen, beginnt die "eigentliche" Geschichte. Alles zuvor ist bloß unnötiges Geplänkel und überflüssig. Rachel war mir insgesamt nicht unbedingt sympathisch, aber sie steht für ihre Ansichten und Meinungen ein, auch wenn das bedeutet, dass sie anderen dabei auf die Füße tritt und letztendlich auch unschöne Konsequenzen tragen muss. Das bewunderte ich an ihr, wenngleich sie mir öfters psychisch labil erschien, was nicht zuletzt auch mit der seltsamen Beziehung zu ihrer Mutter zu tun hat. Mir scheint sie hat sich das perfekte (Schein-)leben aufgebaut, welches sie aber im Herzen nicht glücklich macht und nicht zu ihr passt. Und letztendlich fällt das Kartenhaus auch in sich zusammen und wieder einmal merkt sie welche verkorkste Beziehungen sie besitzt. Die Auflösung rund um Brian war sehr spannend und erregend zu verfolgen und ich wäre niemals auf die ganze Auflösung gekommen, die ich wirklich gut gelungen finde. Das macht den vorhergehenden Teil allerdings nicht wett und war meiner Ansicht nach auch nicht so verstörend und überrumpelnd wie Shutter Islands Twist. Teils wirkte das Ende an den Haaren herbeigezogen, auch wenn der Autor die Auflösung gut durchdacht zu haben schien.

Ein Werk, welches einige unvorhersehbare Wendungen bereithält, mich allerdings aufgrund der unnötigen uninteressanten Längen nicht überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 08.09.2018

Märchenhaftes, bezauberndes Buch mit einigen Schwächen

Hazel Wood
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Nach monatelanger Flucht vor dem Unglück werden Alice und ihre Mutter in New York endlich sesshaft, nachdem sie ein Brief ihrer Großmutter erreicht, der ihr Ableben mitteilt. Doch nach nur wenigen Tagen ...

Nach monatelanger Flucht vor dem Unglück werden Alice und ihre Mutter in New York endlich sesshaft, nachdem sie ein Brief ihrer Großmutter erreicht, der ihr Ableben mitteilt. Doch nach nur wenigen Tagen verschwindet Alices Mutter und eine abenteuerliche Reise beginnt für Alice und ihren Freund Finch,der ein absoluter Fan der Geschichten ihrer Großmutter Althea Proserpine ist, die irgendwo im verwunschenen Hazel Wood gelebt haben soll. Doch gibt es Hazel Wood überhaupt und was ist mit ihrem schauerlichen Märchenbuch, welches realer zu sein scheint als Märchen es normalerweise sind?

Es beginnt geheimnisvoll mit Ella und Althea, deren Geschichte selbst in ein Märchen eingebettet zu sein scheint. Dann folgt die ernüchternde Realität viele Jahre später, in der Alice und ihre Mutter Ella vor etwas nicht Greifbarem fliehen und es scheint beinahe als würde die ominöse und gefährliche Welt der Märchen sie verfolgen. Ich fand Alice nicht sehr greifbar. Sie liebt ihre Mutter über alles und versucht ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, aber irgenwie ist der Funke nicht übergesprungen und ich fand sie nicht unbedingt sympathisch. Ganz anders sieht es bei Finch aus, der sehr lebendig und fröhlich wirkt, immer für allerlei Unsinn zu haben. Super gefallen haben mir die Märchen, die in Kurzform erzählt werden, weil sie so schön düster und böse sind, dass es einem kalt den Rücken runterläuft. Einfach herrlich! Die Idee mit den Märchenfiguren und das Hinterland fand ich ebenso großartig. Aus diesem Grund finde ich, dass die Geschichte sich bis zum letzten Drittel sehr zieht und wenig Spannung bereit hält. Dafür dann aber gegen Ende mächtig aufholt und nochmal alles rausholt, was bis dahin versäumt wurde. Der Schreibstil ließt sich flüssig, auch wenn ich zwischendurch mehr durch die Geschichte gestolpert bin, als dass ich ihr problemlos folgen konnte. Schade empfand ich die Tatsache, dass es kaum Hintergrundinformationen über das Hinterland gibt oder wie Althea und Ella überhaupt dorthin gelangt sind. Erst ganz zum Schluss werden so elementare Informationen gegeben, die mir während des Lesens gefehlt haben und dem ganzen keine Ernsthaftigkeit und keinen roten Faden gegeben haben.

Tolle märchenhafte Idee, die allerdings nicht optimal umgesetzt wurde und gerade am Anfang und in der Mitte viel Potential verschwendet.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Ein Thriller anderer Art

Opfer
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In der Einkaufshalle Champs-Élysées geschieht ein ziemlich brutaler Raubüberfall eines Juweliergeschäftes. Unglücklicherweise gerät Anne Forestier den Tätern genau in die Schusslinie und wird schwer verletzt ...

In der Einkaufshalle Champs-Élysées geschieht ein ziemlich brutaler Raubüberfall eines Juweliergeschäftes. Unglücklicherweise gerät Anne Forestier den Tätern genau in die Schusslinie und wird schwer verletzt und traumatisiert zurückgelassen. Kurz darauf muss sich Kommissar Camille Verhoeven auf den Überwachungsvideos das Geschehen anschauen und stellt mit Schrecken fest, dass die Frau auf dem Video seine Lebenspartnerin ist. Er tut alles um sie vor den Tätern zu schützen, die die einzige lebende Zeugin, die ihr wahren Gesichter gesehen hat, aus dem Weg räumen wollen. Dabei greifen sie zu drastischen Mitteln...

Die Geschichte wird chonologisch innerhalb von drei Tagen erzählt. Dabei werden die einzelnen Ereignisse zeitlich markiert, um dem Verlauf genau folgen zu können. Auffällig ist Lemaitres einzigartiger Schreibstil, den ich bereits aus einem anderen seiner Werke kenne und liebe. Etwas wie einen Überfall beschreibt er in einer anmutenden, literarisch anspruchsvollen Art und Weise, wobei er genau auf seine Worte achtet und besondere Metaphern und Beschreibungen nutzt, die mir sehr gut gefallen haben, wenngleich sie ungewöhnlich sind. In seinen Worten stecken so viele philosophische Aspekte, dass es ein Vergnügen ist sich gedanklich weiter mit ihnen zu beschäftigen. Leider bleibt aufgrund der außergewöhnlichen Schreibstils die Spannung auf der Strecke, die erst gegen Ende zunimmt. Die Protagonisten bleiben distanziert und es ist schwierig eine Beziehung zu ihnen aufzubauen oder überhaupt einen direkten Bezug zu de Geschehnissen. Aufgrund der Sprache schien es mir manchmal verwirrend und schwer nachvollziehbar zu verstehen warum jemand gerade das denkt oder tut, da hinter jedem ein tieferer Sinn gesucht wird, der die rasche Entwicklung der Geschichte behindert.

Ein sprachlich besonders ausgereifter Thriller mit distanzierten, ungewöhnlichen Protagonisten, einer Geschichte, welche die Sinnhaftigkeit und Tiefe des Schicksals zu erklären versucht, dadurch allerdings an Spannung verliert.